Shiva verschafft Parvati ein Haus

Lord Shiva und Parvati lebten am Gipfel des Himalayas. Manchmal lebten sie auf dem Berg Kailash und manchmal auf einem anderen Berg namens Mandara. Eines Tages sagte Parvati zu ihrem Gemahl: „Mein Herr, jeder hat ein Haus. Können wir nicht auch ein Haus haben? Wenn das Wetter hier auf der Bergspitze heiß ist, leide ich so sehr. Du bist in Trance, doch ich kann mich an der Trance nicht so erfreuen wie du, also leide ich unsäglich. Bitte gib mir ein Haus, um darin zu leben.“

Shiva war in seiner eigenen Welt und er schenkte der Bitte seiner Frau keine Beachtung. Ein paar Jahre vergingen und Parvati brachte die Sache nochmals zur Sprache. „Mein Herr, bitte lass uns ein Haus haben“, bat sie.

„Ich bin so arm“, antwortete Shiva. „Wie kann ich dir ein Haus geben? Lass uns unser Lager am Fuß eines Baumes aufschlagen. Da wirst du Schatten finden. Der Baum wird uns schützen.“

„Ja“, sagte Parvati, „ein Baum kann zu einem gewissen Grad Schatten und Schutz spenden. Doch was kann der Baum tun, wenn es stark regnet? Was wird geschehen, wenn Wirbelstürme, Zyklone oder Monsune über das Land fegen? Der Regen wird herabprasseln und alles zerstören.“

„Ich bin sehr, sehr arm. Was kann ich tun?“, antwortete Shiva.

„In der Tat, du bist arm!“, antwortete seine Frau. „Aber du hast so viele Menschen reich gemacht. Wie kann es sein, dass du andere reich gemacht hast und du selbst arm geblieben bist? Sie können sich glücklich schätzen. Sie können alles, was sie wollen, von dir bekommen, weil sie dir ergeben sind. Aber wenn ich etwas für mich möchte, verweigerst du es mir – und ich bin deine Frau!“ Parvati begann bitterlich zu weinen. Dann fuhr sie fort: „Ich bitte dich, mein Herr, bitte besorge uns ein Haus. Sonst kann ich dem Regen nicht entfliehen. Ich kann die Hitze ertragen, aber nicht den Regen.“

Shivas Herz schmolz dahin. Er sagte zu seiner Frau: „Weil ich so arm bin, kann ich dir kein geeignetes Haus geben. Aber da ich so viele Jahre gebetet und meditiert habe, kann ich dir diesen Gefallen erweisen. Lass uns unser Wohnlager wechseln. Verlassen wir diesen Baum auf dem Berggipfel. Wir werden nicht länger auf dem Kailash oder dem Mandara bleiben. Wir werden in die Wolken einziehen. Von nun an werden die Wolken unser Heim sein. Wir werden in ihnen bleiben und wir werden überhaupt nicht auf der Erde sein. Wir werden den Boden nicht berühren. Daher wird uns der Regen nichts anhaben; nichts wird uns etwas anhaben können.“

Also traten Shiva und Parvati in die Wolken ein, um dort zu leben. Ein Name von Shiva ist Jimutabahin, was bedeutet: ‚einer, der in der Wolke ist’. Lord Shiva und Parvati leben noch immer in den Wolken, weil sich Shiva kein anderes Haus leisten kann.

From:Sri Chinmoy,Die Erd-Erleuchtungs-Trompeten der göttlichen Heimat, Teil 2, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/eit_2