Brahma versucht Vishwamitra und Vashishta zu erleuchten

Der Weise Vashishtha meditierte zwölf Jahre unter Wasser. Er wollte die spirituell machtvollste Person werden. Als er aus dem Wasser kam, sah er, dass sein liebster Schüler Harishchandra in ernsten Schwierigkeiten war.

Der Weise Vishwamitra war zu Harishchandras Palast gekommen und hatte ihn beauftragt, bestimmte Dinge zu tun. Weil Harishchandra seine Versprechungen nicht einhalten konnte, musste er sein Königreich verlassen, seine Frau und sein Kind verkaufen und eine Arbeit als Leichen­be­statter annehmen.

Als Vashishtha sah, welche Leiden Harishchandra durchmachte, verfluchte er Vishwamitra: „Mein geliebter König leidet durch deine Hand“, sagte er. „Du bist grausam. Ich verfluche dich! Du sollst ein Vogel werden!“

Im Gegenzug sprach Vishwamitra auch einen Fluch auf Vashishtha aus: „Auch du sollst dich auf der Stelle in einen Vogel verwandeln!“

O Gott, beide verwandelten sich in riesige Vögel und sie begannen am Himmel zu kämpfen! Während sie mit ihren Flügeln schlugen, zerstörten sie Bäume, Häuser, einfach alles. Die ganze Schöpfung wurde in Stücke gebrochen, weil sie so gnadenlos kämpften.

Als Brahma die Zerstörung sah, die von diesen beiden großen Vögeln angerichtet worden war, beschloss er etwas zu tun. Er stutzte ihre Flügel, damit sie nicht mehr fliegen konnten. Doch obwohl sie nicht fliegen konnten, setzten die beiden Vögel ihren Kampf am Boden von Angesicht zu Angesicht fort. Ihr Zorn ließ nicht nach.

Brahma beobachtete sie nochmals und sagte: „Was ich getan habe, ist nicht genug! Selbst ohne Flügel versuchen sie immer noch, sich gegenseitig zu vernichten. Ich sehe, dass meine Schöpfung durch sie vernichtet wird. Ich muss noch mehr tun.“

Brahma meditierte viele Tausend Jahre lang, um Kraft zu sammeln und schlussendlich konnte er die beiden Vögel in Menschen zurückverwandeln. Nachdem sie wieder menschliche Gestalt angenommen hatten, sagte Brahma zu ihnen: „Schämt ihr euch nicht? Ihr habt euch gegenseitig verflucht, Vögel zu sein und euch gnadenlos bekämpft. Ihr habt die ganze Welt wegen eures persönlichen Kampfes zerstört. Bleibt wenigstens jetzt normale Menschen. Nicht einmal normale Menschen kämpfen so, wie ihr gekämpft habt. Ich verlange nicht, dass ihr zu Heiligen werdet, benehmt euch einfach wie normale Menschen.“

Auf diese Weise versuchte Brahma, die zwei Weisen zu erleuchten. Sie umarmten sich und gaben sich das gegenseitige Versprechen, künftig nicht mehr zu kämpfen. Leider sind sie ihrem Vorsatz nicht treu geblieben. Sie nahmen ihren Kampf wieder auf. Sehr viele Leute sagen, dass Vishwamitra die größere Weisheit besaß, während andere sagen, dass er es war, der den Streit begonnen hatte. Jeder Weise hat seine eigenen Anhänger. Obwohl sie beide großartig waren, hatte keiner von ihnen den Zorn überwunden.

From:Sri Chinmoy,Die Erd-Erleuchtungs-Trompeten der göttlichen Heimat, Teil 2, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/eit_2