Obwohl Krishna für den Sturm verantwortlich war, tat er so, als ob er von nichts wüsste. Er begann zu weinen und zu schreien und klammerte sich schutzsuchend an seinen Vater.
Nanda versuchte verzweifelt sein Kind zu schützen und auch das Vieh. Er stellte fest, dass er beides nicht gleichzeitig tun konnte und so befand er sich in einer schrecklich misslichen Lage. Er musste einerseits seinem geliebten Kind helfen und andererseits das Vieh in Sicherheit bringen. Nanda sah keinen Weg, sowohl das Vieh als auch das Kind sicher nach Hause zu bringen.
Plötzlich tauchte eine wunderschöne Frau auf. Nanda war sehr erleichtert, als er diese unbekannte Frau erblickte, die gerade im entscheidenden Augenblick gekommen war. „Würdest du bitte auf mein Kind aufpassen?“ fragte er. „Ich muss das Vieh heimbringen. Dann komme ich wieder. Ich bin sicher, dass du meinen Sohn beschützen kannst.“
Die Frau versicherte Nanda: „Sei unbesorgt. Ich werde gewiss gut auf dein Kind aufpassen.“
Nanda machte sich mit dem verschreckten Vieh auf den Heimweg. Als Krishna und die Frau alleine waren, tat Krishna etwas Ungewöhnliches. Er schuf eine sehr bezaubernde Kulisse und nahm die Form eines Jünglings an. Dieser Jüngling war dunkelhäutig, er trug ein orangefarbenes Gewand und seine Stirne war mit einer Pfauenfeder geschmückt. In seiner Hand hielt er eine Flöte, auf der er ganz ergreifend spielte. Krishna sah die Frau an und fragte sie: „Erinnerst du dich an diesen Vorfall, als wir im Himmel waren?“
Die unbekannte Frau war Radha, die Krishnas treueste Geliebte war.
Radha antwortete: „Ich erinnere mich daran. Es ist mir sehr vertraut.“ Krishna zeigte Radha eine Szene aus ihrem gemeinsamen Leben im Himmel, bevor sie Inkarnationen auf der Erde angenommen hatten. Er wollte Radha an ihr immerwährendes Einssein erinnern.
Die Zeit verstrich zu schnell und Krishnas Vater würde bald zurückkommen, um seinen Sohn nach Hause zu holen. Krishna beendete die Vorstellung im Himmel und wurde wieder ein kleines Kind. Er begann bitterlich nach seinem Vater zu weinen. Nach geraumer Zeit begann Radha sich zu sorgen, da Nanda noch immer nicht zurückgekommen war. Sie überlegte, was sie tun sollte, als sie eine Stimme vernahm, die ihr sagte, sie solle das Kind zu Nandas Haus bringen.
Radha war traurig und unglücklich, dass sie Krishna zu seinen Eltern zurückbringen musste, nachdem sie mit ihm auf der Erde wieder vereint war. Sie fürchtete, dass sie ihn nicht mehr sehen würde. Aber die Stimme sagte zu ihr: „Bring das Kind zurück zu Nanda und Yashoda. Wenn du auf mich hörst, versichere ich dir, dass du deinen Lord Krishna jeden Abend besuchen kannst. Du wirst ihn treffen und er wird für dich auf seiner Flöte spielen. Ein Teil deines Herzens wird immer mit ihm sein.“
In diesem Augenblick erschien Brahma, der Schöpfer. Seit sechzigtausend Jahren hatte Er zum Höchsten gebetet, nur um einen flüchtigen Blick auf Radha werfen zu können. In seiner Meditation hatte er Krishna und Radha zusammen auf der Erde gesehen und er war tief bewegt. Deshalb kam Brahma persönlich, um Radha zu besuchen, welche die Verkörperung der Universellen Kraft ist.
Radha gehorchte der inneren Botschaft, die sie von der Stimme erhalten hatte und brachte das Kind zurück zu Nandas Haus. Danach kam sie jeden Abend und besuchte Krishna.
Das ist eine Version der Geschichte, wie Krishna und Radha sich das erste Mal trafen. Es gibt noch eine andere Version dieser Geschichte. In der zweiten Version glaubt man, dass Radhas Vater ein sehr reicher König war. Als Radha noch ein kleines Mädchen war, beschloss er, dass es für sie an der Zeit war zu heiraten. Er traf alle notwendigen Vorbereitungen für die Heirat mit einem Nachbar-Prinzen.
Doch Radha wollte nicht heiraten, sie wollte nur bei Krishna sein. Deshalb nahm sie ihre Seele aus ihrem Körper und ließ nur einen Teil von sich, einen Schatten ihres wirklichen Daseins, in ihrem Körper. Der Prinz, für den sie bestimmt war, heiratete einen Schatten.
Radha brachte ihre Seele zu Nandas Familie, weil sie wusste, dass Lord Krishna dort aufwuchs und nahm eine Geburt in Nandas Familie an. Radha und Krishna wurden Bruder und Schwester, und waren einander innig verbunden.From:Sri Chinmoy,Die Erd-Erleuchtungs-Trompeten der göttlichen Heimat, Teil 3, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/eit_3