Shiva beleidigt seine Frau

Es gab einen Asura, der unsterblich werden wollte, deshalb betete und meditierte er viele, viele Jahre. Schließlich erschien Brahma vor ihm, um ihm einen Gefallen zu gewähren und der Asura bat um die Gabe der Unsterblichkeit.

Brahma sagte: „Ich kann dir diesen Wunsch nicht erfüllen, doch eines kann ich zumindest für dich tun: Kein Mann wird die Fähigkeit besitzen, dich zu töten.“

Der Asura war sehr glücklich, denn er würde nun der stärkste und mächtigste unter den großen Kämpfern sein. Er drang sofort in den Himmel ein und warf Indra hinaus. Dann begann er den Himmel zu zerstören und vertrieb alle kosmischen Götter, einen nach dem anderen.

Die kosmischen Götter eilten zu Brahma und beklagten sich: „Was hast du nur getan, mein Lord? Jetzt musst du uns retten!“

Brahma sagte: „Ich bin der Schuldige. Ich habe diesen Wunsch gewährt, doch jetzt besitze ich nicht die Stärke, euch zu schützen. Ich muss zu Shiva gehen. Nur er kann euch aus dieser misslichen Lage befreien. Ich werde zu Shiva gehen und ihn fragen, was zu tun ist.“

Daraufhin ging Brahma zu Shiva und erklärte ihm die ganze Situation. Er sagte: „Ich schenkte diesem Asura die Gabe der Unbesiegbarkeit, und nun hat er Indra und alle anderen kosmischen Götter aus dem Himmel vertrieben. Es gibt nur einen einzigen Weg, wie er besiegt werden kann und das ist durch ein weibliches Wesen. Hast du nicht ein sehr mächtiges weibliches Wesen, das imstande ist, diesen Asura zu töten?“

Shiva dachte einen Augenblick nach. „Das ist eine sehr schwierige Aufgabe“, sagte er schließlich, „aber ich will mein Bestes versuchen. Ich werde sehen, was ich für dich tun kann.“

Während Shiva nachdachte, wie dieses Problem zu lösen war, kam zufällig Parvati vorbei. Parvati war wunderschön und hatte einem hellen Teint. Ganz plötzlich sprach Shiva sie aus einem nicht bekannten Grund mit ‘Kali’ an. Sobald Parvati hörte, dass ihr Mann sie mit Kali anredete, wurde sie wütend.

„Warum rufst du mich bei diesem Namen?“, schrie sie. „Du hast mich geheiratet, weil ich so schön war. Warum verunglimpfst du mich nun? Bin ich dunkel geworden? Bin ich nicht mehr so schön? Ich verabscheue dich! Wer hat dich gebeten mich zu heiraten? Ich werde nicht bei dir bleiben. Wenn du denkst, dass ich dunkelhäutig bin, werde ich dich augenblicklich verlassen!“

Shiva unternahm keinen Versuch, seine Worte zurückzunehmen und so verließ Parvati ihn und ging in den Wald. Sie begann zu beten und zu meditieren und widmete sich strengen spirituellen Übungen. Eines Tages näherte sich ihr ein Tiger, als sie dasaß und meditierte. Er wollte sie töten und verschlingen. Als sie den Tiger sah, dachte Parvati: „Wie gut dieser Tiger ist! Ich meditiere hier ganz alleine und er ist gekommen, um mich zu beschützen.“ Sie trat in die Seele des Tigers ein und entfernte aus lauter Dankbarkeit und Liebe alle wilde Qualitäten des Tigers. Der Tiger blieb an ihrer Seite und wurde ihr ergebenster Anhänger.

Parvati meditierte weiterhin auf Brahma. Schließlich kam er sie besuchen. Er sagte: „Ich bin sehr zufrieden mit dir. Nun, was kann ich für dich tun?“

„Ich wünsche mir einen schöneren Teint“, sagte Parvati. „Shiva hat mich Kali genannt. Was für eine Beleidigung! Das heißt, meine Haut ist nicht mehr schön. Ich kann es nicht ertragen, wenn man mich dunkelhäutig bezeichnet. Ich möchte schöner sein.“

„Gut“, sagte Brahma, „ich werde dir diesen Wunsch erfüllen. Aus den Zellen deines Körpers wird ein dunkles Wesen heraustreten. Es wird fast schwarz sein. Wenn dein Körper von diesem Wesen befreit ist, wirst du schön, schöner, am schönsten werden. Von nun an wird man dich als ‚Gauri’ kennen, die, die den schönsten Teint hat.“

Sofort trat ein sehr dunkles und sehr mächtiges Wesen aus den Zellen von Parvatis Körper. Es nahm eine weibliche Form an und Brahma stattete es mit allen Arten spiritueller und okkulter Kräfte aus. Dieses Wesen kämpfte gegen den Asura und besiegte ihn. Dann kehrten Indra und alle anderen Götter zurück in den Himmel und lebten wieder in vollkommener Freude. Unterdessen ging Parvati zu Shiva zurück und auch sie waren wieder sehr glücklich zusammen.

From:Sri Chinmoy,Die Erd-Erleuchtungs-Trompeten der göttlichen Heimat, Teil 3, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/eit_3