Bhrigu begann zuerst seinen Vater zu prüfen. Während Brahma die Heiligen Schriften las, trat Bhrigu sehr hochmütig vor ihn, ohne sich zu verbeugen. Brahma sagte: „Was! Du betrittst mein Gemach und zeigst keinen Respekt? Ich hätte nicht gedacht, dass du so unverschämt und ungöttlich sein kannst!“ Er schimpfte seinen Sohn gnadenlos aus.
Still ging Bhrigu weg und sagte zu sich: „Das beweist, dass mein Vater nicht der Größte von den Dreien sein kann.“
Darauf hin machte sich Bhrigu auf den Weg zu Shiva. Als Shiva Bhrigu kommen sah, wusste er nicht, wie er ihn begrüßen sollte. Warum? Weil Shiva sehr ungepflegt, um nicht zu sagen schmutzig war. Trotzdem riss Shiva Bhrigu an sich und umarmte ihn. „Du bist so dreckig und schmutzig! Warum musst du mich auch schmutzig machen?“, protestierte Bhrigu.
Shiva wurde wütend. „Du heißt mich dreckig und schmutzig? So dankst du mir meine Umarmung! Ich habe dich mit großer Zuneigung umarmt! Ich liebe dich! Du bist Brahmas Sohn und du sagst solche Dinge über mich?“ Shiva wurde so wütend, dass er Bhrigu töten wollte.
Bhrigu entfernte sich hastig aus Shivas Gegenwart. Währenddessen schlussfolgerte er: „Wie mein Vater ist auch Shiva nicht gut. Beide haben ihren Zorn noch nicht überwunden. Wenn sie ihren Zorn noch nicht besiegt haben, welche Art der spirituellen Größe besitzen sie dann?“
Vishnu war das letzte Mitglied der Dreieinigkeit, das Bhrigu prüfen wollte. Als Bhrigu Vishnus Reich betrat, schlief Vishnu fest. Bhrigu dachte: „Da beide, mein Vater und Shiva, wütend geworden sind, will ich nun sehen, ob ich auch Vishnu erzürnen kann. Ich bin sicher, das wird ziemlich leicht sein.“
Bhrigu begann den schlafenden Vishnu sanft mit dem Fuß zu treten. Vishnu wachte nicht auf. Daraufhin trat Bhrigu Vishnu äußerst fest in die Brust. Vishnu wachte auf und umfasste sofort Bhrigus Fuß. „Hast du dir weh getan mein Kind, hast du dich verletzt, mein Kind? So sag’ doch! Du hast mich so stark getreten! Ich mache mir ernsthafte Sorgen, dass du dir selbst weh getan hast. Bitte sage mir, was ich für dich tun kann?“
Bhrigu erwiderte: „Mein Herr, unter der Dreieinigkeit – Brahma, Vishnu und Shiva – bist du bei weitem der Größte.“
Das war Bhrigus Erkenntnis. Sein Vater hatte mit ihm geschimpft, weil er seinem Vater keinen Respekt gezeigt hatte; Shiva war wütend geworden, weil Bhrigu ihn beleidigt hatte; aber Vishnu vergab Bhrigu und brachte ihm trotz der unbarmherzigen Tritte Mitgefühl und Anteilnahme entgegen.
Man sagt, dass der Abdruck von Bhrigus Fuß noch immer auf Vishnus Brustkorb zu sehen ist. Wegen dieses Vorfalls wurde Bhrigu als Pada Bhrigu bekannt. ‚Pad’ bedeutet Fuß, Pada Bhrigu’ bedeutet also ‚Der Weise, der seinen Fuß gebrauchte, um die Götter zu prüfen’.Shiva war in seiner eigenen Welt und er schenkte der Bitte seiner Frau keine Beachtung. Ein paar Jahre vergingen und Parvati brachte die Sache nochmals zur Sprache. „Mein Herr, bitte lass uns ein Haus haben“, bat sie.
„Ich bin so arm“, antwortete Shiva. „Wie kann ich dir ein Haus geben? Lass uns unser Lager am Fuß eines Baumes aufschlagen. Da wirst du Schatten finden. Der Baum wird uns schützen.“
„Ja“, sagte Parvati, „ein Baum kann zu einem gewissen Grad Schatten und Schutz spenden. Doch was kann der Baum tun, wenn es stark regnet? Was wird geschehen, wenn Wirbelstürme, Zyklone oder Monsune über das Land fegen? Der Regen wird herabprasseln und alles zerstören.“
„Ich bin sehr, sehr arm. Was kann ich tun?“, antwortete Shiva.
„In der Tat, du bist arm!“, antwortete seine Frau. „Aber du hast so viele Menschen reich gemacht. Wie kann es sein, dass du andere reich gemacht hast und du selbst arm geblieben bist? Sie können sich glücklich schätzen. Sie können alles, was sie wollen, von dir bekommen, weil sie dir ergeben sind. Aber wenn ich etwas für mich möchte, verweigerst du es mir – und ich bin deine Frau!“ Parvati begann bitterlich zu weinen. Dann fuhr sie fort: „Ich bitte dich, mein Herr, bitte besorge uns ein Haus. Sonst kann ich dem Regen nicht entfliehen. Ich kann die Hitze ertragen, aber nicht den Regen.“
Shivas Herz schmolz dahin. Er sagte zu seiner Frau: „Weil ich so arm bin, kann ich dir kein geeignetes Haus geben. Aber da ich so viele Jahre gebetet und meditiert habe, kann ich dir diesen Gefallen erweisen. Lass uns unser Wohnlager wechseln. Verlassen wir diesen Baum auf dem Berggipfel. Wir werden nicht länger auf dem Kailash oder dem Mandara bleiben. Wir werden in die Wolken einziehen. Von nun an werden die Wolken unser Heim sein. Wir werden in ihnen bleiben und wir werden überhaupt nicht auf der Erde sein. Wir werden den Boden nicht berühren. Daher wird uns der Regen nichts anhaben; nichts wird uns etwas anhaben können.“
Also traten Shiva und Parvati in die Wolken ein, um dort zu leben. Ein Name von Shiva ist Jimutabahin, was bedeutet: ‚einer, der in der Wolke ist’. Lord Shiva und Parvati leben noch immer in den Wolken, weil sich Shiva kein anderes Haus leisten kann.Der Weise Vishwamitra war zu Harishchandras Palast gekommen und hatte ihn beauftragt, bestimmte Dinge zu tun. Weil Harishchandra seine Versprechungen nicht einhalten konnte, musste er sein Königreich verlassen, seine Frau und sein Kind verkaufen und eine Arbeit als Leichenbestatter annehmen.
Als Vashishtha sah, welche Leiden Harishchandra durchmachte, verfluchte er Vishwamitra: „Mein geliebter König leidet durch deine Hand“, sagte er. „Du bist grausam. Ich verfluche dich! Du sollst ein Vogel werden!“
Im Gegenzug sprach Vishwamitra auch einen Fluch auf Vashishtha aus: „Auch du sollst dich auf der Stelle in einen Vogel verwandeln!“
O Gott, beide verwandelten sich in riesige Vögel und sie begannen am Himmel zu kämpfen! Während sie mit ihren Flügeln schlugen, zerstörten sie Bäume, Häuser, einfach alles. Die ganze Schöpfung wurde in Stücke gebrochen, weil sie so gnadenlos kämpften.
Als Brahma die Zerstörung sah, die von diesen beiden großen Vögeln angerichtet worden war, beschloss er etwas zu tun. Er stutzte ihre Flügel, damit sie nicht mehr fliegen konnten. Doch obwohl sie nicht fliegen konnten, setzten die beiden Vögel ihren Kampf am Boden von Angesicht zu Angesicht fort. Ihr Zorn ließ nicht nach.
Brahma beobachtete sie nochmals und sagte: „Was ich getan habe, ist nicht genug! Selbst ohne Flügel versuchen sie immer noch, sich gegenseitig zu vernichten. Ich sehe, dass meine Schöpfung durch sie vernichtet wird. Ich muss noch mehr tun.“
Brahma meditierte viele Tausend Jahre lang, um Kraft zu sammeln und schlussendlich konnte er die beiden Vögel in Menschen zurückverwandeln. Nachdem sie wieder menschliche Gestalt angenommen hatten, sagte Brahma zu ihnen: „Schämt ihr euch nicht? Ihr habt euch gegenseitig verflucht, Vögel zu sein und euch gnadenlos bekämpft. Ihr habt die ganze Welt wegen eures persönlichen Kampfes zerstört. Bleibt wenigstens jetzt normale Menschen. Nicht einmal normale Menschen kämpfen so, wie ihr gekämpft habt. Ich verlange nicht, dass ihr zu Heiligen werdet, benehmt euch einfach wie normale Menschen.“
Auf diese Weise versuchte Brahma, die zwei Weisen zu erleuchten. Sie umarmten sich und gaben sich das gegenseitige Versprechen, künftig nicht mehr zu kämpfen. Leider sind sie ihrem Vorsatz nicht treu geblieben. Sie nahmen ihren Kampf wieder auf. Sehr viele Leute sagen, dass Vishwamitra die größere Weisheit besaß, während andere sagen, dass er es war, der den Streit begonnen hatte. Jeder Weise hat seine eigenen Anhänger. Obwohl sie beide großartig waren, hatte keiner von ihnen den Zorn überwunden.Unglücklicherweise waren über die Jahre Krishnas Verwandte und andere, die ihm nahestanden, sehr ungöttlich geworden. Weil sie Krishna lieb waren, erhielten sie gewöhnlich alles, worum sie baten. Die Folge davon war, dass sie durch das vergnügungssüchtige Leben verdorben wurden. Sie tranken, stritten sich und taten die unmöglichsten Dinge.
Einige Mitglieder von Krishnas unmittelbarer Familie zeigten keinerlei Respekt vor den Weisen und Heiligen, die gekommen waren, um Krishna zu huldigen. Diese Verwandten fühlten, dass solange sie Krishna hatten, dies ausreichend sei. Allen anderen spirituellen Menschen gegenüber zeigten sie keinerlei Achtung.
Krishnas Sohn Samba war fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig Jahre alt. Obwohl er kein Kind mehr war, beschlossen er und einige andere junge Männer, den drei Weisen einen Streich zu spielen. Sambas Freunde banden einen irdenen Krug an seinen Bauch und zogen ihm einen schönen Sari an. Dann brachten sie ihn zu den Weisen.
Die jungen Männer sagten zu den Weisen: „Könnt ihr uns eine Frage beantworten bevor Krishna kommt? Diese Frau bekommt ein Kind. Könntet ihr uns vielleicht sagen, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird?“
Die Weisen, die okkulte Schau besaßen, sahen sofort, dass diese jungen Männer sie verspotteten. Sie wurden wütend: „Ihr seid Krishnas Verwandte! Du, Samba, bist sein einziger Sohn! Du wagst es, uns einen Streich zu spielen? Ja, diese Frau wird gebären, und zwar eine eiserne Stange. Diese Stange wird Zerstörung über Krishnas ganze Sippe bringen. Du hast keinen Respekt vor spirituellen Leuten. Wir sind große Weise und du verspottest uns.“
In diesem Augenblick trat Krishna in die Halle. Er war zutiefst traurig, als er den Fluch der Weisen hörte. Aber er wusste, dass seine Verwandten es verdienten. Den Weisen tat es auch leid, dass sie einen so schrecklichen Fluch ausgesprochen hatten, aber sie besaßen nicht genug Fähigkeit oder Vergebungskraft, um ihn zu widerrufen. Trotz dieses unglücklichen Vorfalls blieb Krishna und unterhielt sich lange mit den Weisen; sie erhielten seinen Segen. Krishna war über allem erhaben. Er gab ihnen Ratschläge; dann reisten die Weisen ab.
Im Laufe der Jahre wurde der Fluch Wirklichkeit und Krishnas Sohn gebar eine schwere, keulengleiche Eisenstange. Samba und seine Cousins erkannten, dass ihre Zerstörung bevorstand. Sie gingen zu Krishna und baten um Rettung. Krishna sagte: „Du hast etwas absolut Unverzeihliches getan.“ „Was soll ich tun?“ „Nun gut, zermahle die ganze eiserne Stange zu Pulver. Das wird sehr, sehr lange dauern. Wenn alles zu Pulver geworden ist, musst du das Pulver ins Meer werfen.“
Mit großem Enthusiasmus und Eifer begannen die jungen Männer, die Stange zu zermahlen. Doch nach kurzer Zeit hörten sie auf und warfen die Stange einfach ins Meer. Sie hatten nicht die ganze Stange zu Pulver zerrieben, wie Krishna es ihnen aufgetragen hatte.
Viele, viele Jahre später, nach der Schlacht von Kurukshetra, wurde die eiserne Stange an die Oberfläche des Meeres geschwemmt; die Vorhersage der Weisen wurde wahr. Krishnas Familienmitglieder begannen heftig zu trinken und untereinander zu kämpfen. Krishnas allerliebster Freund, Satyaki, der so tapfer während der Schlacht an der Seite der Pandavas gekämpft hatte, wurde in einem Streit getötet. Alle großen Krieger aus Krishnas Familie, einer nach dem anderen, wurden in solchen Raufereien getötet.
Als Krishna sah, dass sein geliebter Satyaki getötet worden war, sagte er: „Es gibt für mich keinen Grund mehr, noch länger auf der Erde zu bleiben.“ Krishnas Bruder, Balarama, hatte das ganze Gerangel beobachtet. Er sah das Niveau, auf das sich die großen Helden herabgelassen hatten und war angewidert. „Genug, genug!“ sagte er, „unsere Familie ist so verdorben!“ Er ging in den Wald und in seiner Meditation gab er seinen Lebensatem auf.
Als Krishna hörte, dass Balarama seinen Körper verlassen hatte, sagte er: „Auch meine Zeit ist gekommen. Ich will gehen und mich ihm anschließen.“ Krishna begab sich an einen wunderschönen Ort. Dort setzte er sich unter einen Baum und begann zu meditieren; er wollte sein Leben aufgeben.
Ein Jäger kam vorbei. Er sah Krishnas Gestalt und dachte, es sei ein prächtiger Hirsch. Ihm erschien Krishnas linker Fuß aus wie das Ohr eines Hirsches. Der Jäger richtete seinen Pfeil auf das Ohr und schoss. Der Pfeil drang durch die linke Fußsohle in Krishnas Körper ein – dies war die einzige Schwachstelle an Krishnas Körper. All seine anderen Glieder und Körperteile waren unverwundbar, nur sein linker Fuß war verwundbar. Wann immer er gekämpft hatte, hatte er diesen Fuß gut geschützt, denn er wusste, dass es seine Schwachstelle war und auch Balarama wusste es.
Als der Jäger kam, um den Hirsch an sich zu nehmen, sah er Krishna, dessen Fuß der Pfeil getroffen, am Boden liegen. Der Jäger weinte bitterlich und bat um Vergebung. Krishna jedoch antwortete ihm: „Nein, es ist nicht deine Schuld. Meine Zeit ist gekommen. Deshalb hat es sich so zugetragen.“
„Weshalb ist es vorherbestimmt?“, fragte der Jäger.
„Dies ist der Fluch von Gandhari“, erzählte ihm Krishna.
Während der Schlacht von Kurukshetra wurden Gandharis einhundert Söhne von den Pandavas getötet. Ihr Herz war gebrochen. Nach der Schlacht sagte sie zu Krishna: „Du weißt nicht, durch welches Leid ich gehe! Ich verfluche dich. Dasselbe wird deinen Liebsten widerfahren. Sie werden streiten und untereinander kämpfen bis alle tot sind.“
Krishna sagte zu Gandhari: „Mutter, ich bin nicht für den Tod deiner Söhne verantwortlich. Ich bat sie, nicht zu kämpfen. Ich bat sie nur darum, den Pandavas fünf Dörfer zu überlassen, aber sie wollten nicht auf mich hören. Von Anfang bis Ende waren deine Söhne ungöttlich.“
Gandhari antwortete ihm: „Nein, nein! Ich weiß, du bist Gott. Du hättest den Krieg abwenden können, wenn du gewollt hättest. Du hättest meine Kinder und alle meine Lieben retten können. Aber wegen deiner Vorliebe für die Pandavas hast du es unterlassen. Deshalb verfluche ich dich. Genau dasselbe wird dir widerfahren. Alle deine Lieben werden sich gegenseitig töten.“
Gandharis fürchterlicher Fluch wurde wahr und Krishnas Sippe wurde völlig ausgelöscht. Man kann sich fragen, wie Gandhari eine Persönlichkeit wie Krishna verfluchen konnte. Tatsache ist, dass Krishna den Fluch hätte aufheben können, aber er beschloss ihn anzunehmen. Seine Haltung war: Wenn du mich schlagen willst, dann schlage zu.Eines Tages sagte Shiva: „Man bittet stets Brahma, Vishnu und mich um diese und jene Sache. Wozu müssen sie betteln? Ich habe beschlossen, dass sie mich nur einmal zu bitten brauchen und ich werde ihnen sofort den Wunsch erfüllen. Wenn ich ihnen etwas Gutes tun kann, sobald sie ihr Gebet gesprochen haben, dann wird man mich natürlich als den größten und gütigsten kosmischen Gott betrachten.“
Auf diese Weise wollte Shiva beweisen, dass er der Größte und auch der Beste unter den Göttern war. Zu anderen Göttern muss man 60 000 Jahre beten, bevor einem eine Bitte erfüllt wird, Shiva aber versprach, dass er jeden Wunsch sofort erfüllen würde, nachdem das Gebet ausgesprochen war.
Eines Tages besuchte ein König Shiva. Dieser bestimmte König war sehr grausam und rücksichtslos. Er sagte zu Shiva: „Bitte segne mich mit der Erfüllung eines Wunsches.“
Ich werde dir jeden Wunsch gewähren, den du hast“, antwortete Shiva.
Sogleich sagte der König: „Dies ist mein Wunsch: Jeder, der von mir berührt wird, soll sich in Asche verwandeln.“
„Ach, das ist sehr einfach“, sagte Shiva. „Ich erfülle dir diesen Wunsch. In dem Augenblick, in dem du deine Hand auf jemandes Kopf legst, wird diese Person zu Asche zerfallen.“
Der grausame König war überglücklich. Er sagte zu Shiva: „Ich bin dir so dankbar. Nun werde ich meine Hände auf deinen Kopf legen, um zu sehen, ob du mir die Wahrheit sagst.“
Shiva lief so schnell er konnte davon, doch der König verfolgte ihn. Nun war Shiva in ernsthaften Schwierigkeiten.
Shiva wusste, dass er sofort zu Asche verbrennen würde, wenn der König seiner habhaft wurde und die Hände auf seinen Kopf legte. Shiva lief so schnell er konnte. Schließlich erreichte er Vishnus Reich.
„Vishnu, Vishnu, was habe ich getan? Rette mich, rette mich!“ rief er.
Mit seinem dritten Auge sah Vishnu, was geschehen war und er sagte zu Shiva: „Sei unbesorgt. Geh und verstecke dich in meinem privaten Gemach. Es ist niemandem erlaubt, diesen Raum ohne meine Erlaubnis zu betreten. Ich werde mich um diesen Kerl kümmern.“
Einige Augenblicke später erreichte auch der König Vishnus Reich. Er rief Vishnu fordernd zu: „Wo ist Shiva? Er hat mir einen Wunsch gewährt und nun lässt er es nicht zu, dass ich es an ihm ausprobieren kann.“
Vishnu antwortete: „Wie ich feststellen muss, kennst du Shiva nicht wirklich. Er ist ein Lügner. Wann hat er diese Art von spiritueller Kraft erhalten? Er ist mein bester Freund. Ich kenne ihn sehr gut. Er hat dir mit Sicherheit eine Lüge erzählt. Deswegen läuft er davon. Das ist der Beweis! Wenn er dir die Wahrheit gesagt hätte, würde er nicht fürchten, entlarvt zu werden. Ich sage dir, Shiva ist ein Lügner und ein Feigling ersten Ranges. Er hat keine Moral! Du vergeudest deine Zeit, wenn du ihn verfolgst. Ich kann dir leicht beweisen, dass er ein Lügner ist. Lege einfach deine Hände auf deinen eigenen Kopf und du wirst sehen, dass nichts passieren wird, absolut gar nichts – ich versichere es dir.“
Der König glaubte Vishnu. Er legte die Hände auf seinen Kopf und sofort verbrannte er zu Asche. Auf diese Weise rettete Vishnu seinen besten Freund Shiva.Bali war entschlossen einen Weg zu finden, um beliebt zu werden. Er kam zu dem Schluss, dass er von jedem geliebt, bewundert und verehrt werden würde, wenn er ein bestimmtes Opfer darbringen würde, welches ‚yajna’ genannt wird. ‚Yajna’ wird nur von großen Königen vollzogen.
Sobald die kosmischen Götter von Balis Absicht hörten, wurden sie sehr eifersüchtig. Sie glaubten, dass man Bali anbeten würde, sobald er sein Opfer vollendet hätte und den kosmischen Göttern keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt würde. Sie baten Vishnu um Hilfe: „Bitte, bitte unternimm etwas“, baten sie. „Bali ist so mächtig auf der Erde! Bald wird die ganze Welt ihn würdigen, bewundern und verehren und unser Ruhm wird schwinden.“
Vishnu tröstete sie: „Seid unbesorgt“, sagte er. „Ich werde mich um Bali kümmern.“
König Bali begann unter der Leitung seines Gurus Shukracharya die Opferzeremonie. Viele Menschen strömten herbei, um die Feier zu beobachten und daran teilzuhaben. Bali beschloss, dass es Teil des Opferritus sein sollte, dass er jedem, der ihn darum bat, einen bestimmten Gefallen erweisen würde. Er würde der Person sofort das geben, was sie wollte.
Plötzlich gesellte sich ein Zwerg zur Versammlung und begann aus den Veden, den Upanishaden und anderen heiligen Schriften zu rezitieren. Bali war überglücklich, eine so winzige Person zu sehen und er bewunderte den Vortrag des Zwerges. Er fragte den Zwerg: „Gibt es etwas, das du von mir möchtest?“
„Ja, da gibt es etwas“, sagte der Zwerg. In dem Augenblick flüsterte Shukracharaya Bali zu: „O mein Gott, ich kann fühlen, dass das kein Zwerg ist! Es ist Vishnu, der mit schändlichen Beweggründen hierhergekommen ist. Ich flehe dich an, erfülle seinen Wunsch nicht! Worum auch immer er dich bittet, du musst es zurückweisen. Als dein Lehrer sage ich dir, gewähre ihm seinen Wunsch nicht.“
„Nein, nein,“ wandte Bali ein. „Ich habe ein Versprechen gegeben und ich muss es halten.“
„Ich bin dein Lehrer“, sagte Shukracharya. „In diesem Fall musst du auf mich hören.“
„Du magst mein Guru sein, aber ich habe ein Versprechen gegeben und ich stelle mein Versprechen über alles“, sagte Bali. Hier sehen wir, wie ungehorsam Bali war! Anstatt sich seinem Guru unterzuordnen, hat er sich an sein Versprechen gebunden.
Shukracharya liebte seinen Schüler und war entschlossen, ihn zu retten.
Shukracharya besaß ein großes Herz und zudem unendliche Weisheit. Er sagte zu Bali: „Bevor du etwas gibst, musst du eine kleine Zeremonie abhalten. Zumindest in diesem Fall musst du auf mich hören. Was immer du ihm geben willst, kannst du geben. Ich weiß nicht, worum er dich bitten wird. Aber bevor du seinen Wunsch gewährst, musst du einige Tropfen Wasser auf die Füße des Zwerges spritzen. Nur dann wird alles gereinigt sein.“
Die Weisen bewahrten gewöhnlich ihr heiliges Ganges-Wasser in einem irdenen Krug, ‚Kamandalu’ genannt. Shukracharya stieg okkult in den Kamandalu hinein, den Balis Frau gebracht hatte und verschloss mit seinem Körper die Öffnung. Er glaubte, wenn er den Wasserfluss stoppt, könne die Reinigungszeremonie nicht stattfinden und Bali wäre nicht in der Lage, den Wunsch des Zwerges zu erfüllen.
Bali wusste nicht, dass sein Guru in dem irdenen Krug war. Als Bali zu Füßen des Zwerges saß und versuchte das Wasser auszugießen, entdeckte er, dass das Mundstück des Kruges verschlossen war. „O mein Gott“, sagte er. „Was mache ich jetzt?“
Bali hielt Ausschau nach einem Gegenstand, mit dem er die Öffnung durchbohren konnte. Ihr werdet vielleicht denken, dass sich ein Messer dazu am besten geeignet hätte. Aber stattdessen nahm er nur einen Strohhalm! Er stocherte mit dem Strohhalm in die verschlossene Öffnung. Unglücklicherweise durchbohrte der Strohhalm ein Auge seines Gurus und ließ diesen auf einem Auge erblinden. Natürlich wusste Bali nicht, dass es das Auge seines Gurus war, in das er hineinstach. Doch als Shukracharya aus dem Krug zum Vorschein kam und sein linkes Auge hielt, fühlte sich Bali ausgesprochen elend.
Er sagte zu dem Zwerg: „Ich bin dafür verantwortlich, dass mein eigener Guru auf einem Auge erblindet ist, nur weil ich mein Versprechen halten wollte. Ich bin tief betrübt, aber ich möchte dir dennoch deinen Wunsch erfüllen. Das Wasser kann jetzt ungehindert aus dem Krug fließen. Ich werde etwas Wasser auf deine Füße sprenkeln und dann kannst du mich um alles bitten, was du möchtest.“
Nachdem Bali die Zeremonie eingehalten hatte, fragte er den Zwerg nach seinem Wunsch.
„Du siehst, wie winzig ich bin. Gewähre mir bitte soviel Grund, wie ich mit drei Schritten durchmessen kann“, sagte der Zwerg.
Bali lachte über den Wunsch des Zwerges. „Du bist so klein! Welche Strecke kannst du mit nur drei Schritten zurücklegen? Gut, ich erfülle dir deine Bitte. Mache deine drei Schritte in irgendeine Richtung, die du möchtest.“
Als er Balis Worte hörte, nahm der Zwerg, der Gott Vishnu selbst war, seine universale Form an. Mit einem Schritt durchmaß er die ganze Welt; er tat einen zweiten Schritt und durchschritt ‚Brahmaloka’ oder die himmlische Welt. Er tat einen dritten Schritt und nun gibt es zwei unterschiedliche Versionen von der Geschichte.
Die eine Version besagt, dass es drei Welten gibt: die hiesige Welt, die höhere Welt und die niedere Welt. In Sanskrit heißen diese Welten: ‚bhulok’, ‚bhuvarloka’ und ‚svarloka’. Nachdem Gott Vishnu die hiesige und die höhere Welt überschritten hatte, sagte er zu Bali: „Nun sage mir bitte, wohin ich meinen Fuß setzen soll? Ich kann noch einen Schritt tun.“
Bali antwortete: „Es ist kein Platz für deinen dritten Schritt, setze also bitte deinen Fuß auf meinen Rücken.“ Gott Vishnu setzte seinen Fuß auf Balis Rücken und Bali wurde auf der Stelle vernichtet.
Eine andere Version der Geschichte besagt, dass Vishnu, nachdem er die drei Welten durchschritten hatte, sah, dass der arme Bali keinen Platz mehr zum Stehen hatte. Bali, der auf der Erde allmächtig gewesen war, hatte nun gar nichts. Vishnu sagte zu ihm: „Von Geburt bist du ein Dämon. Dein eigentliches Zuhause ist die niedere Welt. Ich möchte, dass du zur niederen Welt zurückkehrst, so dass Indra und die anderen kosmischen Götter sich in ihrem eigentlichen Königreich im Himmel erfreuen können. Du hast all deinen Besitz und jegliche Macht verloren. Nun gibt es für dich hier auf Erden keinen Platz mehr.“
Bali war überglücklich. Er sagte: „Mein Herr, du hast mich mit deiner unendlichen Gnade gesegnet, indem du mir erlaubt hast, deine himmlische Form zu sehen. Ich war von Macht und Besitz geblendet. Aber nun freue ich mich sehr, dass du mich wieder in meine wahre Heimat - die Unterwelt - zurückschickst. Ich werde in jener Welt glücklich sein und die kosmischen Götter, besonders Indra, werden wieder in der höheren Welt glücklich sein. Ich weiß nicht, wie ich dir für deine Freundlichkeit mir gegenüber danken kann.“ Das ist die Geschichte von Gott Vishnus Inkarnation als Zwerg, der ‚Vamana’ genannt wurde. Für mich ist der schmerzlichste Teil der Geschichte der, als Bali das Auge seines Gurus durchbohrte, während er versuchte, Wasser aus dem Krug zu erhalten. Deswegen ist Shukracharya dafür bekannt, auf einem Auge blind zu sein. Zu dieser Tragödie kam es nur deshalb, weil Bali seinem Meister gegenüber ungehorsam war. Wenn es einen Konflikt zwischen Meister und Schüler gibt, dann stößt sehr oft dem Körper des Meisters etwas zu.Die spirituellen Meister der indischen Vergangenheit kamen entweder aus der Brahmin-Klasse oder der Kshatriya-Klasse. Sri Ramachandra, Sri Krishna, Sri Chaitanya, Sri Ramakrishna und Sri Aurobindo, um nur einige zu nennen, waren alle entweder Brahmins oder Kshatriyas.
Sowohl Brahmins als auch Kshatriyas sind ungeheuer stolz auf das Ansehen, das sie in der Gesellschaft genießen. Obwohl Vaishyas die Familie unterstützen, besitzen sie nicht so viel Stolz. Sie fühlen, dass sie nicht die Andacht der Brahmins oder die Stärke und Tapferkeit der Kshatriyas besitzen. Die Shudras sind als Diener-Kaste völlig frei von Stolz.
Diese Geschichte handelt vom Zorn des Sohnes eines Brahmins auf die ganze Kshatriya-Klasse.
Es war einmal ein König, der zu Brahma betete, damit er ihn äußerst mächtig macht. Brahma gab ihm zahllose Waffen und der König war wahrlich allmächtig auf der Erde. Eines Tages ging der König mit seinem Gefolge jagen. Nachdem er einige Zeit auf der Jagd war, wurde der König müde. Er entdeckte in der Nähe eine kleine Hütte und ging hin, um ein Glas Wasser zu trinken.
Die Hütte war von einem Weisen namens Jamadagni bewohnt. Dieser Weise sagte zum König: „Du hast mich nur um etwas Wasser gebeten. Aber du bist der König. Wenn du und deine Soldaten auch essen wollt, bin ich in der Lage, euch allen Essen zu geben.“
Der König war vollkommen überrascht. „Du bist bettelarm! Wie kannst du uns allen Essen geben? Siehst du nicht, wie viele Soldaten mich begleiten?“
Der Weise gab nicht nach. „Ich kann euch bestimmt alle verpflegen“, sagte er. „Bitte lasst eure Soldaten kommen.“
Auf den Befehl des Königs kamen die Soldaten und setzten sich nieder. Jamadagni servierte ihnen ein köstliches Mahl. Unterdessen wurde der König neugierig, wie der Weise so viele Menschen bewirten konnte. Der König sah, dass der Weise nichts besaß außer einer Kuh. Der Name dieser Kuh war Kamadhenu. ‚Dhenu’ heißt Kuh und ‚Kama’ heißt Wunsch. Diese Kuh konnte jeden Wunsch erfüllen.
Der Weise hatte die Kuh gebeten, ein Festessen für die Armee des Königs bereitzustellen und sie hatte Essen und Trinken in Fülle hervorgebracht. Der König sagte zu dem Weisen: „Eine Kuh wie diese sollte allein einem König gehören. Bitte gib sie mir.“„Auch wenn du der König bist, ich kann mich von der Kuh nicht trennen“, erklärte der Weise.
Der König war sprachlos über die abschlägige Antwort des Weisen. Er flehte den Weisen an, ihm die Kuh zu überlassen, aber der Weise wollte sie nicht hergeben. Letztendlich beschloss der König, der ein Kshatriya war, Gewalt anzuwenden, um in den Besitz der Kuh zu gelangen. Er und seine Soldaten kämpften mit dem Weisen, aber der Weise war sehr mächtig. Mit seinen göttlichen Waffen tötete er viele Soldaten des Königs und besiegte den König.
Wutentbrannt kehrte der König in sein Reich zurück und stellte eine stärkere Armee zusammen. Ein paar Monate später kehrte er zurück, um den Weisen nochmals anzugreifen und die Kuh in seinen Besitz zu bringen. Unglücklicherweise wurde der Weise während des folgenden Kampfes getötet und die Kuh wurde gestohlen.
Es begab sich, dass Jamadagnis Sohn Parashuram während des Kampfes nicht im Hause seines Vaters war. Als er zurückkam, seinen Vater tot auffand und entdeckte, dass die Kuh weg war, wurde Parashuram wütend. Er legte ein Gelübde ab, dass er alle Kshatriyas töten werde. „Jeden aus dieser Kaste, der mir unter die Augen kommt, werde ich töten“, sagte er.
Gemäß unserer indischen Mythologie wurden alle Kshatriyas einhundertzwanzigmal von Parashuram getötet, weil der König seinen Vater getötet hatte. Nachdem er die ganze Kshatriya-Linie ausgelöscht hatte, sagte Para-shuram: „Nun ist es Zeit für mich zu meditieren.“ Er begann zu meditieren und gab seinen Lebensatem im Trancezustand auf.
Doch irgendwie war unsere Kshatriya-Linie wiedererweckt worden und so wurden selbst sehr hochstehende spirituelle Meister in Kshatriya-Familien geboren.```
Aum bhur bhuvah svahtat savitur varenyam
bhargo devasya dhimahidhiyo yo nah pracodayat
```> Wir meditieren
> auf die transzendentale Herrlichkeit> der Höchsten Gottheit,
> die im Herzen der Erde ist,> im Leben der Luft
> und in der Seele des Himmels.> Möge Sie unseren Geist
> erwecken und erleuchten.Gayatri ist eine sehr hochstehende Göttin. Sie wird von Brahma, Vishnu, Shiva und all den anderen kosmischen Göttern verehrt. Diese Göttin wohnt im Innern jedes menschlichen Herzens in der Form eines Schwanes. Wenn du meditierst und tief in dich gehst, wirst du einen Schwan sehen, das ist die Göttin Gayatri. Der Schwan ist das Symbol der Gott-Verwirklichung.
Es heißt, wenn du das Gayatri-Mantra siebenmal äußerst seelenvoll wiederholen kannst, werden alle deine Sünden weggewaschen; all dein schlechtes Karma der Vergangenheit wird aufgehoben. Es heißt weiter, wenn du das Mantra zehnmal höchst seelenvoll wiederholen kannst, wirst du das Höchste erkennen; du wirst Gott-Verwirklichung erreichen. Wenn du es schließlich siebzehnmal höchst seelenvoll wiederholen kannst, wirst du über die Gott-Verwirklichung hinausgehen.
Auch unsere Philosophie ist Selbst-Transzendenz. Aber im Falle des Gayatri-Mantras ist das, was auf Gottverwirklichung folgt, gemäß unserer Tradition ziemlich ungewöhnlich. Es heißt, wenn du das Mantra siebzehnmal wiederholst, wirst du von der Sünde befreit sein, eine Kuh oder einen Brahmanen getötet zu haben. Diese zwei Sünden werden als die schlimmstmöglichsten Sünden betrachtet; also wird ihre Aufhebung in der Reihenfolge der Wichtigkeit sogar über die Gott-Verwirklichung gestellt.
Das geht jedoch auf den Streit zwischen Brahmins und Kshatriyas zurück. Da die Kshatriyas stark sind, fürchten die Brahmins, von ihnen getötet zu werden. So haben sie einen geheimen Weg gefunden, um sich zu schützen.Als er das erste Mal vom Himalaya herunterkam, verfing er sich in Shivas Haar. Dann bahnte er sich einen Weg durch sein Haar und wurde zum Ganges.
In jener Zeit, als das Wasser in Shivas geflochtenem Haar verwickelt war, liebte Shiva das Wasser sehr. Er schenkte ihm so viel Aufmerksamkeit, dass seine Gemahlin Parvati schrecklich eifersüchtig wurde.
„Mein Mann spielt die ganze Zeit mit seinem Haar“, sagte sie, „Er kümmert sich überhaupt nicht mehr um mich.“
Parvati verzehrte sich vor Eifersucht und sie bat Shiva, sich irgendwie von dem Wasser zu befreien, welches sich in seinem Haar verfangen hatte. Shiva wollte ihrer Bitte nicht nachkommen. Er genoss es, das Wasser in seinem Haar zu haben.
Ihr Sohn Ganesha sah, dass Parvati äußerst unglücklich war und sie tat ihm leid. „Ich kann es nicht ertragen, wenn meine Mutter traurig und missgelaunt ist.“ sagte er. „Ich muss etwas tun.“
Ganesha erinnerte sich an einen bestimmten Weisen namens Goutama. Einmal, während einer Hungersnot, gab es keine Nahrung - weder auf der Erde noch im Himmel. Nur dieser Weise hatte Vorräte und so kamen die kosmischen Götter zu ihm, um zu essen. Sie liebten und verehrten ihn alle. Ganesha fühlte, dass dieser Weise der Einzige war, der ihm helfen konnte, den Ganges von seines Vaters Kopf zu befreien und ihn hinunter aufs Land fließen zu lassen. Ganesha beschloss, zu dem Weisen zu gehen.
Bevor er sich aufmachte, trat er zu einer Gehilfin seiner Mutter. Ihr Name war Jaya. Er sagte zu ihr: „Bitte erweise mir einen Gefallen.“
„Sicherlich“, antwortete Jaya. „Ich will dir jeden Gefallen erweisen, um den du mich bittest.“
Ganesha erzählte ihr seinen Plan: „Ich werde zum Ashram des Weisen Goutama gehen, der während der Hungersnot Vorrat für die kosmischen Götter hatte. Du müsstest dann bitte die Form einer Kuh annehmen. Wenn der Weise am Morgen seine Kühe zum Grasen bringt, wirst du alles Korn, welches auf den Feldern in der Nähe seiner Hütte wächst, zerstören. Du musst seine ganzen Kornfelder vernichten.“
Ganesha ging zu dem Weisen und er wurde mit großer Freundlichkeit und Gastfreundschaft empfangen. Der Weise fühlte sich tief geehrt, dass ein kosmischer Gott zu ihm gekommen war.
Als der Weise am nächsten Morgen seine Kühe zum Grasen hinausließ, kam eine fremde Kuh und begann alle Kornfelder zu zerstören. Der Weise bat die Kuh, das Korn nicht zu zerstören, da das Korn die Grundlage seiner Lebensversorgung war. Aber die Kuh war erpicht darauf, alles zu vernichten. Der Weise war nicht in der Lage es zu verhindern.
Schließlich nahm der Weise einen Grashalm und berührte damit den Körper der Kuh. Die Kuh fiel zu Boden und starb an Ort und Stelle. Ganesha und andere eilten herbei.
„Du bist ein Weiser“, rief Ganesha. „Wie konntest du eine Kuh töten? Es ist die schlimmstmögliche Sünde, eine Kuh zu töten, zumal du ein Brahmin bist! Du musst Buße tun für deine Missetat!“
Der Weise bereute seine Tat und sagte: „Ich möchte diese unrechte Tat wieder gutmachen. Ich bin gewillt, jede Strafe anzunehmen, die du vorschlägst. Bitte sage mir, was ich jetzt tun soll!“
Ganesha sagte: „Rufe Lord Brahma an. Was immer er dir rät, wird das Beste sein.“ Der Weise rief Lord Brahma und Brahma kam.
Nun, Brahma wusste, wie sehr Parvati wegen Shivas ausschließlicher Beschäftigung mit seinem Haar litt. Brahma riet dem Weisen: „Wenn du für das, was du getan hast, Vergebung möchtest, musst du den Ganges aus Shivas Haar befreien. Lass das Wasser zur Erde hinunterfließen und anschließend musst du ein Bad im Fluss Ganges nehmen. Dann werden alle deine Sünden weggewaschen und du wirst gereinigt sein.“
Der Weise hörte auf Brahma. Er gebrauchte seine spirituelle Kraft, um das Wasser zur Erde hinunter zu leiten. Als der Ganges richtig floss, badete er darin und wurde gereinigt. Ganeshas Plan war gelungen.
Sobald der Ganges nicht mehr in Shivas Haar verwickelt war, hatte Parvati Shiva wieder für sich alleine und war von Glückseligkeit erfüllt.Als Vashishtha ihn noch immer nicht mit diesem Namen ansprechen wollte, tötete Vishwamitra einhundert Schüler Vashishthas, die er seine Söhne nannte.
Noch immer wollte Vashishtha nicht erklären, dass Vishwamitra den Status eines Brahmarshi erreicht hatte. Seine Frau Arundhati sprach zu ihm: „Was tust du da?
Was ist schon dabei, wenn du nur sagst, dass Vishwamitra das Höchste erreicht hat? Er hat alle deine Schüler getötet. Ich fürchte, dass er dich ebenfalls töten wird, wenn du seinem Wunsch nicht nachkommst.“Trotz der Bitte seiner Frau blieb Vashishtha standhaft: „Nein, das kann ich nicht tun“, sagte er. „Ich bin bereit zu sterben, wenn es nötig ist.“
Seltsam genug, in dieser Nacht kam Vishwamitra um Vashishtha zu töten. Als er vor der Türe zu Vashishthas Hütte stand, hörte er Vashishthas Frau sagen: „Warum willst du ihm nicht sagen, dass er die höchste Wahrheit erreicht hat?“
Dann hörte er Vashishtha antworten: „Weil ich ihn liebe. Wenn ich ihm auf dieser Stufe seines Lebens sage, dass er das Höchste erreicht hat, dann wird es eine Lüge sein. Er wird denken, dass er das Höchste erreicht hat und nicht in der Lage sein, die Resultate des Höchsten zu erhalten. Weil ich ihn liebe, kann ich ihm keine Lüge erzählen.“
Vashishthas Worte berührten Vishwamitras Herz und sofort fiel er zu Vashishthas Füßen und bat um Vergebung. Sofort vergab ihm Vashishtha. Als er Vashishthas Füße berührte, erreichte Vishwamitra das Höchste.
Zu jener Zeit besaßen die Weisen diese spirituelle oder okkulte Kraft. Sri Aurobindo schrieb eine Geschichte über diese Episode. Sie heißt: „Das Ideal der Vergebung“. Er beschreibt, wie Vashishtha Vishwamitra vergab, obwohl Vishwamitra einhundert seiner Schüler getötet hatte.Krishna fuhr fort, Samba auf diese Weise zu beschimpfen und zu beleidigen, Krishnas Frau Jambavati war auch zugegen. Schließlich erreichte Krishnas Zorn seinen Höhepunkt. Er sagte: „Du widerst mich so sehr an, dass ich dich verfluche. Du wirst an Lepra erkranken.“
Siehe da, Samba erkrankte augenblicklich an Lepra. Die Krankheit entstellte seinen Körper über Nacht und er litt dadurch entsetzliche Qualen.
Lord Krishnas Frau konnte es nicht länger ertragen, ihren Sohn so leiden zu sehen. Mit tränenüberströmten Augen wandte sie sich an ihren Ehemann. „Was hast du getan?“ sagte sie. „Ich ertrage es nicht, Samba derart leiden zu sehen. Er ist trotz allem unser Sohn.“
Krishna ließ sich erweichen und sagte zu seinem Sohn: „Nun gut, um dich zu heilen, musst du Folgendes tun: Zuerst musst du zu Surya, dem Sonnengott beten. Dann musst du im Chandrabhaga-Fluss baden. Wenn du vollständig in das Wasser des Flusses eingetaucht bist, wirst du geheilt sein.“
Zu jener Zeit konnte Samba nicht einmal aufstehen. Er klagte: „Wie kann ich in diesem Zustand dorthin gelangen, Vater?“
„Du musst zum Fluss gehen“, antwortete Krishna mit ernster Stimme.
Samba flehte Krishna an: „Ich weiß, dass du die Fähigkeit hast, mich zu heilen. Bitte hebe deinen Fluch auf.“
„Ich werde dich nicht heilen“, sagte Krishna.
Jambavati wandte sich an ihren Ehemann: „Du bist schuld an seiner Krankheit. Darum musst du ihn entweder zum Fluss bringen oder hier an Ort und Stelle heilen.“
Schließlich willigte Krishna ein, seinen Sohn zum Fluss zu bringen. Weil Samba nicht mehr gehen konnte, trug ihn Krishna den ganzen Weg. Als sie das Ufer des Flusses erreicht hatten, betete Samba zum Sonnengott und stieg anschließend in den Fluss. Krishna badete seinen Sohn im Wasser und als sich Samba erhob, sah er, dass er völlig geheilt war. Krishnas Fluch war aufgehoben.
Zu jener Zeit war ein Fluch etwas Schreckliches! Heutzutage verfluchen sich Leute jede Sekunde gegenseitig, aber ihre Flüche haben keinerlei Wirkung. Sonst hätten sich bereits viele schlimme Katastrophen ereignet. Aufgrund der zahlreichen Fehler, die wir im täglichen Leben begehen, wären wir schon lange gestorben, wenn uns wirklich ein Fluch getroffen hätte. Glücklicherweise ist kein Feuer mehr in den Worten, wie es in jenen antiken Zeiten der Fall war.Shiva und Parvati waren überglücklich, die Bitte ihrer Söhne erfüllen zu dürfen. „Wir werden für euch beide wunderschöne Frauen finden“, versprachen sie.
Leider hatten Ganesha und Kartikeya einen heftigen Streit. Jeder von ihnen wollte zuerst heiraten. Ganesha wollte vor Kartikeya heiraten, weil er der Ältere von beiden war und Kartikeya wollte vor Ganesha heiraten, weil er dachte, dass der Jüngere die erste Chance bekommen sollte.
Nun hatten Shiva und Parvati ein ernsthaftes Problem. Sie konnten sich nicht entscheiden, wem sie den Vorzug geben sollten. Schließlich sagte Shiva: „Lasst uns Folgendes tun: Wer das Ende der Welt bereisen kann und als Erster zurückkommt, wird zuerst heiraten.“
Kartikeya brach sofort auf. Sein Fortbewegungsmittel war ein Pfau. Drei Jahre vergingen, ohne dass er das Ende der Welt erreicht hatte.
Währenddessen blieb der dickbäuchige Ganesha zuhause und ließ es sich gut gehen. Er wusste, dass er nicht darauf hoffen konnte, mit seinem athletischen Bruder Schritt zu halten.
Als Shiva sah, dass Ganesha sich noch nicht einmal auf den Weg gemacht hatte, sagte er zu seinem Sohn: „Was tust du? Du hast die Reise noch nicht einmal begonnen! Jeden Tag, jeden Augenblick kann Kartikeya zurückkommen. Was ist los mit dir?“
Genesha rührte sich nicht und Shiva fuhr fort: „Ich weiß, was du denkst. Solange du heiraten kannst, ist es genug. Es kümmert dich nicht länger, wer der Erste und wer der Letzte ist. Deswegen bist du nicht in Eile. Du hast deine Niederlage hingenommen.“
Ganesha lächelte seinen Vater einfach an und fuhr mit seinem gewöhnlichen Tagesablauf fort. Eines Tages kam ihm ein Gedanke: „Ich bin sicher, dass mein Bruder bereits die weiteste Strecke um die Erde zurückgelegt hat und nun auf dem Weg nach Hause ist. Nun ist es für mich an der Zeit zu handeln.“
Er ging zum Fluss baden und dann lief er um seine Mutter Parvati herum. Nachdem er einmal um sie herumgelaufen war, badete er noch einmal und umkreiste seine Mutter abermals. Siebenmal badete er und siebenmal umkreiste er seine Mutter.
„Was tust du, mein Sohn?“ fragte Parvati.
„Hast du unsere heiligen Schriften nicht gelesen?“ antwortete Ganesha „Die Shastras sagen, dass du die Göttliche Mutter bist; du bist die ganze Welt, das ganze Universum. Ich habe dich nicht nur einmal, sondern siebenmal umrundet. Das heißt, ich bin siebenmal um die Welt gegangen. Bin ich also nicht berechtigt, zuerst zu heiraten?“
„Was ist das für eine Logik?“, wandte Shiva ein. Ganesha argumentierte: „Wenn du meine Mutter nicht als die Göttliche Mutter ansiehst, wenn du nicht an die Veden glaubst, warum sagst du dann, man solle die Veden ehren? Du sagst immer, die Veden seien absolut vollkommen. Wie willst du dich nun rechtfertigen?“
Shiva erkannte, dass sein Sohn recht hatte. Parvati war das ganze Universum. Um zu zeigen, dass sie Ganeshas Tat guthießen, fanden Shiva und Parvati nicht nur eine, sondern gleich zwei wunderschöne Frauen für ihn. Ganesha nannte seine Söhne Labha und Laksha. Er war sehr stolz auf seine Familie und sie führten ein sehr glückliches Leben.
Die Großeltern Shiva und Parvati waren ebenfalls sehr zufrieden mit ihren neuen Enkeln. Aber zuweilen waren sie etwas traurig, wenn sie an den armen Kartikeya dachten. Er war schon viele Jahre weg und sie wussten nicht, wann er zurückkommen würde.
Als Kartikeya sich der Heimat näherte, sah er den Weisen Narada. Er sagte zu Narada: „Wie geht es euch? Erzähle mir einige Neuigkeiten.“
„Wie es uns geht?“, wiederholte Narada. „Wieso kommst du so spät?“
„Was meinst du?“, fragte Kartikeya. „Ist Ganesha schon heimgekehrt?“
„Ja“, sagte Narada. „Er ist verheiratet, er hat zwei Frauen und jede von ihnen hat ihm einen Sohn geschenkt. Wie konntest du zulassen, dass er dich besiegt?“
Als er Naradas Neuigkeiten hörte, wurde Kartikeya wütend. Er akzeptierte Ganeshas Auslegung der Shastras ganz und gar nicht. Bei seiner Rückkehr sah er mit seinen eigenen Augen, dass Ganesha mit seinen Frauen und Söhnen äußerst glücklich war.
Shiva und Parvati taten ihr Bestes, um Kartikeya zu trösten. Sie versprachen, für ihn eine wunderschöne Frau zu finden. Aber Kartikeya kochte vor Wut. Er sagte: „Nein, ich lege einen Eid ab. Da ihr mich alle zum Narren gehalten habt, werde ich in diesem Leben überhaupt nicht heiraten.“
Von nun an war Kartikeya bekannt als Kumara, was bedeutet: einer, der unverheiratet ist.
Nachdem er seinen Eid abgelegt hatte, verließ er sein Elternhaus, um alleine zu leben. Er wollte nicht länger bei seiner Familie bleiben, weil er fühlte, dass sie ihn alle betrogen hatten.
Kumara weigerte sich zurückzukehren, geschweige denn, seine Eltern zu besuchen.
Sie vermissten ihn sehr und fragten ihn daher, ob sie ihn besuchen dürften. Er willigte ein, dass Shiva ihn bei Neumond, wenn die Nacht am dunkelsten ist, besuchen konnte und Parvati ihn bei Vollmond, wenn der Mond am vollsten war. Er empfand solche Abscheu für seine Familie, dass er ihr einen Besuch nur zu jenen Gelegenheiten erlaubte.From:Sri Chinmoy,Die Erd-Erleuchtungs-Trompeten der göttlichen Heimat, Teil 2, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/eit_2