Sehr oft beten Sucher für nahe stehende Personen und schaffen damit wirkliche Probleme in der inneren Welt. Obwohl sie wissen, dass ihre Eltern oder Lieben äußerst gewöhnlich sind und kein inneres Streben haben, beten sie höchst aufrichtig für sie. Die Kinder beten für ihre Eltern und Lieben, weil sie glauben, es ist ihre Pflicht – und zum Teil ist es eine wirkliche Pflicht. Was passiert, wenn Kinder zu Gott beten, damit Er ihre Eltern von einer Krankheit heilt? Wenn sie geheilt sind, tauchen sie tiefer in die Unwissenheit hinein und schaffen Probleme für ihre Kin- der, die spirituell sind.
Wenn wir um Licht, Reinheit, Frieden und Seligkeit beten kommen wir Gott bewusst oder unbewusst näher. Das ist der Unterschied zwischen Wunsch und innerem Streben. Durch unser Wünschen versuchen wir zu besitzen und besessen zu werden, doch in unserem inneren Streben treten wir in unser unendliches Selbst, wo es nichts zu besitzen gibt und nichts, von dem wir besessen werden können. Alles ist bereits unser und wir sind Teil von allem.
Was werden wir daher tun? Wir werden versuchen zu streben und nicht zu wünschen. Im gewöhnlichen menschlichen Leben wünschen wir, aber im spirituellen Leben streben wir. Wünschen war in unserem früheren Leben notwendig, aber die Kraft des Wunsches ist äußerst begrenzt. Jetzt benötigen wir inneres Streben, das uns zu Gott trägt. Heute ist ein Wunsch erfüllt, morgen ein anderer und übermorgen ein weiterer. Es ist wie ein endloser Zug. Schon mit einem Bestreben können wir nach oben gehen wie eine emporsteigende Flamme und das Höchste be- rühren; mit einem Bestreben können wir Gott verwirklichen.
Wenn wir zu Gott beten, entsteht eine göttliche Annäherung, die vom spirituellen Standpunkt aus der normalen Annäherung unendlich überlegen ist. Wenn wir mit unserer menschlichen Liebe beten, handeln wir sehr oft, obgleich nicht immer, wie Bettler. Wir haben einen bewussten und einen unbewussten Wunsch, um etwas von Ihm zu bekommen. Solange zwei verschiedene Wünsche vorhanden sind, wird der Sucher keinen Frieden finden. Das Beste ist, zu Gott nur um die Erfüllung Seines Willens in uns und durch uns zu beten. Dann erwarten wir nichts von Ihm, nicht einmal unbewusst. Dadurch geben wir Ihm die Verantwortung und wir werden Beobachter. Wir beten darum, wovon Gott fühlt, dass es für uns das Beste ist. Wenn der Sucher aufrichtig sagen kann: „Mein Wille ist meines Vaters Wille“, wird sein Gewissen frei sein, weil er sich mit dem Willen des Höchsten, des Ewigen Vaters, identifiziert.
Einige Leute beten für Verständigung zwischen den Generationen. Sie sagen aufrichtig: „Wir müssen uns selbst ändern, bevor wir die Welt ändern können. Danach müssen wir uns der Art der anderen anpassen.“ Es wird nicht immer Konflikte und Missverständnisse zwischen der alten Generation und der neuen Generation geben, wenn jeder aufrichtig und wahrhaftig in seinem inneren und äußeren Fortschritt ist. Jeder muss versuchen die Wahrheit zu sehen, die der andere zu offenbaren versucht. Wahrheit ist allgegenwärtig und zur gleichen Zeit ist Wahrheit mannigfaltig. Jeden Augenblick wird Wahrheit zu einem anderen Zweck gebraucht.Wir dürfen nie zu Gott beten, dass Er die Ansicht eines anderen Menschen ändert, nur weil wir wollen, dass dessen Ansicht mit der unseren übereinstimmt. Wenn wir fühlen, dass jemand Fehler macht, sollten wir zu Gott beten, damit Er ihn auf göttliche Art so leitet und formt, wie Er es für richtig hält. Ein Mensch hat jedes Recht zu Gott zu beten, um seinen Sohn zu einem brillanten, aufrichtigen, ehrlichen und wirklichen Bewohner der Erde zu machen, zum Stolz der Menschheit. Aber er hat kein Recht, zu Gott zu beten, dass die Ansichten seines Sohnes immer mit der eigenen Meinung übereinstimmen. Das ist vergeudete Zeit. In Wirklichkeit weiß er nicht, was das Beste für seinen Sohn ist, aber sein Verstand erzählt ihm, dass das, was er denkt, das Beste ist. Das ist selbstsüchtiges Gebet. Aber wir können frei zu Gott beten, damit Er unseren Sohn, unsere Frau oder eine andere Person, die uns nahe steht, in jeder Hinsicht zum besten Menschen der Erde macht: physisch, vital, mental und spirituell. Diese Art von Gebet ist immer gut und ist niemals vergeudete Zeit. Es ist ein aufrichtiger Wunsch zum Besten für die Person, um die wir uns sorgen. Also lasst uns versuchen, nicht unsere eigenen Wege zu rechtfertigen, sondern lasst uns zu Gott beten, damit er die Jüngeren unter uns in göttlicher Weise, in Seiner eigenen Weise, leitet und formt.
Im spirituellen Leben sollten wir nur zu Gott beten, um Ihn auf Seine eigene Weise zu erfreuen. Wenn Gott uns als Sein Werkzeug erwählt, schön und gut. Wenn Gott jemand anderen als Sein bevorzugtes Werkzeug erwählt, müssen wir gleicher- maßen zufrieden sein. Wenn ein Sucher Gott nicht auf Gottes eigene Weise erfreuen kann, dann ist es das Nächstbeste zu versuchen, Ihn innerhalb gewisser Grenzen zu erfreuen. Wir können versuchen Gott anstatt der Dunkelheit und der Unwissenheit zu erfreuen. Dann werden wir allmählich Inspiration und inneres Streben im Überfluss entwickeln, um Gott auf Seine eigene Art und Weise zu erfreuen.
Wofür sollte man am besten beten? Das beste Gebet ist, Gott zu bitten, dass Er uns die Fähigkeit schenkt, Ihn auf Seine eigene Art und Weise zu erfreuen. Du kannst versuchen, Gott auf deine eigene Weise zu erfreuen und Gott wird bis zu einem gewissen Grad erfreut sein. Aber wenn du Ihn auf Seine eigene Art und Weise erfreuen kannst, dann kann Gott an dich als Sein auserwähltes Werkzeug denken, weil Er weiß, dass Er dich zu jeder Zeit in das Schlachtfeld des Lebens schicken kann. Wofür? Um gegen Furcht, Zweifel, Sorgen, Unvollkommenheit, Bindungen und Tod zu kämpfen. Das ist es, was du in dem Augenblick tun wirst, in dem du dich vollkommen und bedingungslos Gottes Willen hingibst. Wenn du sagen kannst: „Dein Wille geschehe“, wird Gott sagen: „Nun bist du bereit. Ich kann dich als mein auserwähltes Werkzeug annehmen.“
Was wird geschehen, wenn das nicht der Fall ist? Wenn Gott vor dir steht, wirst du Ihm sofort eine große Girlande bringen und vor Seine Füße legen. Du wirst dir vorstellen: „Ich bin sicher, dass Gott erfreut ist, weil Er Blumen mag und ich Ihm Blumen gebracht habe, um Ihn zu ehren.“ Aber wenn Gott zu diesem Zeitpunkt durstig war und ein Glas Wasser von dir wollte, glaubst du, dass Ihn deine Blumen wirklich erfreut haben? Er war durstig, aber du hast nur Blumen gebracht. Der Gedanke, dass Gott Wasser und keine Blumen möchte, kam dir nicht in den Sinn. Aber dein Verstand sagte dir, dass es das Beste ist, Gott mit Blumen zu ehren, deshalb brachtest du Blumen und legtest sie Ihm zu Füßen. In diesem Augenblick hast du von Gott erwartet, dass Er sich an dir erfreut und bis zu einem gewissen Grad hat sich Gott an deiner eigenen Weise, Ihn zu ehren, erfreut. Aber der arme Gott war durstig und Er wollte Wasser von dir. Wenn du Gott gefragt hättest: „Bitte sage mir, was Du von mir haben willst“, hätte Gott dir geantwortet: „Bring mir bitte ein Glas Wasser.“ Dann hättest du es getan und du hättest Gott auf vollkommene Weise erfreut. Wir müssen immer auf Gottes Anweisung warten. Wir müssen immer wachsam, strebsam und liebevoll sein. Dann kann Gott uns mitteilen, dass Er für unsere Dienste bereit ist. Er kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt bereit sein, um uns Anweisungen zu erteilen. Unsere Seele hört auf Gottes Anweisungen, aber unser Verstand, unser Vitales und unser Kör- per sind eigensinnig. Sie sind oft nicht gewillt, auf Gottes Gebote zu hören. Was passiert dann? Es gibt einen Kampf in der Familie. So wie sich in unserer irdischen Familie die Mitglieder sehr oft zanken und streiten, so stellen sich unser Körper, unser Vitales und unser Verstand oft gegen unser Herz. Das arme Herz will sich auf die Seite der Seele stellen, aber wenn das Vitale und der Körper Druck auf das Herz ausüben, gibt es oft nach und verliert den Kampf.
Bete immer zu Gott, Ihn zu erfüllen. Um das zu tun, müssen wir Ihn erst bewusst verwirklichen. Er ist in uns und Er ist in allem und in jedem. Im Augenblick ist es für uns ein theoretischer Gedanke, doch die Zeit wird kommen, wo es ein bewusstes Gefühl sein wird. Wir werden bewusst der Existenz des Höchsten in uns und in jedem Menschen gewahr sein. Wir müssen das Höchste als die höchste Wirklichkeit fühlen. Solange wir nicht Gottes Anwesenheit in jedem Einzelnen bewusst fühlen können, wird es für uns unmöglich sein, Ihn vollkommen auf Seine eigene Art und Weise zu erfüllen. Zuerst müssen wir spüren, dass Er in jedem Menschen ist. Ansonsten werden wir an unseren Freunden, Nachbarn und Verwandten ständig Fehler finden und, wenn Gott uns bittet, Ihm in ihnen zu dienen, sind wir widerwillig. Jeder hat in einem Buch gelesen oder von anderen gehört, dass jemand mit dem Namen Gott existiert, aber das ist für sie keine Wirklichkeit. Wenn wir ein lebendiges Ge- fühl für Gottes Existenz in uns haben, können wir aufrichtig beten: „Gott, ich möchte Dich auf Deine eigene Art und Weise erfreuen und erfüllen.“ Das ist bei weitem das beste Gebet, das wir dem Höchsten anerbieten können.From:Sri Chinmoy,Gebetswelt, Mantrawelt, Japawelt, The Golden Shore Verlagsges.mbH, 2018
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/pwm