Dr. Davis: Doch ich entnahm das Mantra einem Buch. Trifft dann das Ganze ebenfalls zu?
Sri Chinmoy: Es ist dasselbe. Auch wenn Sie es von einem Buch haben, das Mantra ist heilig für Sie. Sie geben dem Mantra die angemessene Bedeutung in Ihrem Leben, und das macht es von selbst heilig. Alles, was wir ernst nehmen, wird in unserem Leben früher oder später heilig. Ernsthaftigkeit und Heiligkeit gehen zusammen. Es gibt so vieles, das Sie gelesen haben, das Sie sich aber nicht gemerkt oder immer wieder rezitiert haben. Doch dieses Mantra haben Sie sich ausgewählt. Sie erhalten davon eine immense Freude und ein Gefühl der Befriedigung und Erfüllung. Aus diesem Grunde muss dieses Mantra in Ihrem Herzen heilig gehalten werden; sonst verliert es seine Kraft.
Sobald Sie es jemandem mitteilen, ganz gleich, wie freundlich Ihnen diese Person gesinnt ist, können Eifersucht und andere negative Kräfte sofort eintreten. Wenn die Person, der Sie es sagen, es nicht verdient, kann diese Person das Mantra zerstören. Es ist, als hätte man es mit einem Äffchen zu tun. Nehmen wir einmal an, Sie hätten eine wunderschöne Blume und Sie erfreuten sich an der Schönheit und dem Duft dieser Blume. Wenn Sie nun Ihre Blume einem Äffchen geben, wird es einfach die Blätter abreißen, denn das liegt in seiner Natur. Ebenso verhält es sich mit Menschen, denen Sie Ihr Mantra verraten. Menschen, die weder beten noch meditieren, die unter Rastlosigkeit und Selbstzweifel leiden, werden die Heiligkeit des Mantras zerstören. Sobald sie es berühren, werden seine Schönheit, seine Reinheit und seine Göttlichkeit verschwinden.
Dr. Davis: Das habe ich nicht gewusst. Ich meinte, eher das Gegenteil wäre der Fall. Ich dachte, ich könnte wachsen, wenn ich es mit jemandem teilen würde.
Sri Chinmoy: Es gibt einige Dinge, die man mit anderen teilen kann; es gibt aber auch ein paar Dinge, die man nicht mit anderen teilen sollte. Wenn Sie innerlich ständig Gottes Liebe, Gottes Zuneigung, Gottes Mitleid und Gottes Gnade erhalten, wenn Sie einen freien Zugang zu diesen göttlichen Reichtümern haben, dann sollten Sie diese gemäß der Notwendigkeit mit Ihren Lieben teilen. Sie können ihnen innerlich Ihre reinste Liebe und Freude anbieten. Doch Sie sollten ihnen Ihren geheimen Weg, wie Sie diesen Reichtum erhalten, nicht äußerlich mitteilen. Das muss sehr geheim und heilig gehalten werden; das geht die anderen nichts an. Die Menschen brauchen das, was Sie ihnen geben. Doch wie Sie in der inneren Welt zum Multi-Millionär werden, müssen sie nicht unbedingt wissen.
Sie müssen sich auch dessen bewusst sein, wie viel Empfänglichkeit jemand besitzt. Ein fünfjähriges Kind kann nur mit einem Dollar umgehen. Wenn man ihm fünfzig oder hundert Dollar schenkt, weiß es wahrscheinlich nicht, was es damit machen soll und wirft das Geld vielleicht weg. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könnte der spirituelle Standard Ihrer Schüler noch sehr begrenzt sein. Vielleicht sind sie noch nicht dazu bereit oder reif dafür, Ihr Weisheitslicht aufzunehmen. Sie können für ein Kindergartenkind keinen Universitätskurs abhalten. Nein, zuerst muss es das Alphabet lernen, das ABC. Sonst können Sie ihm nicht weiterhelfen, und Sie würden das Kind nur verwirren.From:Sri Chinmoy,Sri Chinmoy antwortet, Teil 4, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/sca_4