In dem Augenblick, wo du dein Geheimnis deinem Meister mitteilen kannst, hast du bereits einen Schritt nach vorn getan. Dann sagt der Meister: „Nun sollst du zehn Schritte, hundert Schritte vorwärts gehen und damit aufhören, das Falsche zu tun.“ Zwei Jahre, zehn Jahre oder zwölf Jahre lang versuchst du, ein Problem zu verbergen, sagen wir, in dir zu verbergen. Weil du die Türe deines Herzens unter Verschluss gehalten hast, herrscht dort Dunkelheit, Dunkelheit, Dunkelheit. Wenn du mir nun dein Geheimnis erzählst, ist es, als ob du deine Herzenstüre öffnen und frische Luft und Licht hereinlassen würdest. Und zu diesem Zeitpunkt bin ich so stolz auf dich; du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich deine Aufrichtigkeit bewundere und schätze.
Doch wenn du nun dein Herz schon ein wenig geöffnet hast, warum öffnest du es nicht vollständig? Viele Menschen vertrauen mir ihre Geheimnisse an; ich höre Millionen von Geheimnissen. Doch den nächsten Schritt gehen sie nicht: Gehorsam. Sie sind bereit, mir ihre unrechten Taten einzugestehen. Doch wenn ich ihnen Ratschläge gebe und ihnen sage: „Macht das nicht mehr“, so sind sie nicht bereit, darauf zu hören. Du solltest wissen, dass es nicht einfach nur Ratschläge sind, die ich ihnen gebe. Wenn ich dich bitte, etwas nicht mehr zu tun, so gebe ich dir auch die Kraft, es nicht mehr zu tun. Ich gebe dir die innere Kraft, deinen Fehler nicht mehr zu wiederholen. Doch du willst sie nicht annehmen.
Die meisten Probleme der Schüler beginnen durch Ungehorsam, und durch mangelnde Bereitschaft dauern sie an. Zuerst machst du etwas, von dem du weißt, dass dein Meister es nicht gutheißen wird. Aufgrund irdischer Versuchung oder wegen der Gier nach weltlichem Ruhm und Anerkennung oder weil du glaubst, du könntest dein Leben irgendwie glücklicher gestalten, brichst du die göttlichen Regeln und handelst unspirituell. Daraufhin begehst du den Fehler, dass du es geheim hältst und es dem Meister nicht erzählst. Jene Schüler, die ihr Einssein mit mir etabliert haben oder ihr Einssein mit mir etablieren wollen, werden sich nicht davor fürchten, mir ihre Schwierigkeiten und Probleme zu erzählen. Wenn sie schweigen, weil sie befürchten, ich würde wütend werden, wo bleibt dann ihre Liebe für mich; wo ist ihr Einssein mit mir?
Wenn dann endlich deine Aufrichtigkeit hervorbricht, um dich vor deinem Ungehorsam zu retten, erzählst du mir deine Probleme oder die Gründe, warum dein Bewusstsein gefallen ist. Doch wenn ich dir dann sage, was du tun sollst, tauchen plötzlich Trotz und Widerstand auf, und du hörst nicht auf mich. Was geschieht dann? Deine Aufrichtigkeit ist zerbrochen. Wenn du nicht auf den Meister hörst, verrätst du nur deine eigene Spiritualität.
Einige meiner Schüler befinden sich vollständig in ihrer eigenen Welt, die Millionen, Millionen Meilen von der göttlichen Welt entfernt ist. Sie haben für sich die Hölle geschaffen und erfreuen sich daran. Deshalb versuchen sie, mich zu täuschen und zum Narren zu halten. Wenn sie irgendwann schließlich erkennen, dass sie in der Hölle leben, erzählen sie mir, dass ihr Geheimnis sie quält und sie so sehr darunter leiden. Ich sage zu ihnen: „Bitte, bitte, bleibe nicht in der Hölle. Jahrelang habe ich versucht, für dich den Himmel zu schaffen, doch du wolltest nicht dort bleiben. Statt dessen wolltest du in der Hölle leben. Nun willst du wieder göttlich werden, also gebe ich dir die Fähigkeit dazu. Genau genommen bin ich deine Fähigkeit.“ Doch diese Menschen hören nicht auf mich und dann sind wir beide die Leidtragenden.
Zuerst vermeidest du den Doktor. Letzten Endes erzählst du dem Doktor aber: „Irgend etwas stimmt nicht mit mir.“ Der Doktor sagt: „Es ist Krebs. Nimm Medikamente.“ Doch du erwiderst: „Nein, ich werde die Medikamente nicht nehmen. Ich will das Leben auf meine Weise genießen. Ich will mich an meinem Krebs erfreuen.“ Aber ein spiritueller Meister ist nicht wie ein gewöhnlicher Arzt. Wenn ein Patient stirbt, weil er seine Medikamente nicht eingenommen hat, sagt der äußere Arzt einfach: „Das ist nicht meine Schuld.“ Doch der innere Arzt, der Meister, ist nicht wie ein Arzt in der äußeren Welt. Er leidet und weint, weil der Schüler nicht auf ihn gehört hat. Wenn die Spiritualität des Schülers stirbt, sagt der Meister: „Hätte diese Person meinem Ratschlag gefolgt, hätte ich ihn retten können.“
Jene Sucher und Schüler, die ihre vitalen und anderen inneren Probleme meistern konnten, waren nur aufgrund ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Bereitschaft, spirituelle Ratschläge anzunehmen, dazu in der Lage.
In deinem Meister kannst du den Supreme erkennen, den Höchsten. Wenn der Höchste deine Probleme nicht lösen kann, wer sollte sie dann für dich lösen können? Wenn der Meister sich auf der physischen Ebene befindet, dann ist das deine goldene Gelegenheit, den schnellsten Fortschritt zu erzielen. So wie Sri Ramakrishna sagte: „Die Milch der Kuh befindet sich im Euter. Wenn du Milch willst, musst du das Euter der Kuh melken, nicht das Ohr oder den Schwanz.“ Genau auf die gleiche Weise musst du dich, wenn du ein spirituelles Problem lösen willst, an die richtige Person wenden.
Der Meister ist die richtige Person, um dir Weisheit zu geben. Wenn du ein Problem hast, dann hast du die goldene Gelegenheit, zum Meister zu gehen und das Problem lösen zu lassen. Wenn sich der Meister auf der physischen Ebene befindet, so ist das für euch die günstigste Zeit, Spiritualität zu entwickeln. Der Meister ist das Euter der Kuh, welche die universelle Wirklichkeit darstellt. In einem Haus gibt es einen bestimmten Platz für den Altar. Im Garten gibt es einen bestimmten Platz für die schönste Rose.
Wenn es dir gelingt, mit dem Willen des Meister eins zu werden, solange er sich noch auf der physischen Ebene aufhält, wird es dir möglich sein, dein Einssein aufrecht zu erhalten, wenn der Meister das Physische verlässt. Doch wenn du hier kein Einssein mit dem Meister entwickeln kannst, glaubst du, dass du dazu in der Lage sein wirst, nachdem er gestorben ist? Es ist dann unendlich viel schwieriger. Wenn ich hier auf der physischen Ebene bin und manche Schüler mir gegenüber ungehorsam sind – werden sie das Rechte tun, wenn ich mich in der Seelenwelt befinde? Wenn ihr nach meinem Tod eine Einsseinsbrücke zu mir haben wollt, dann müsst ihr sie jetzt, hier vor mir, errichten.From:Sri Chinmoy,Sri Chinmoy antwortet, Teil 5, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2004
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/sca_5