Frage: Du gibst uns den Rat, dir jene Dinge zu geben, die uns belästigen. Doch ich habe das Gefühl, dass ich dich angreife und dir Schmerzen zufüge, wenn ich das tue.

Sri Chinmoy: Vergiss nicht, ich bin der Ozean und du bist der Tropfen. Du kannst den Frieden, die Liebe und Freude, die ich habe und die ich verkörpere, nicht zerstören. Wenn es sich um ein ernstes Problem handelt, so muss ich es manchmal zuerst auf der physischen Ebene annehmen, bevor ich es in das universelle Bewusstsein werfe. Wenn ich mich mit den Problemen von jemandem auf die übliche Weise befasse, so dauert es ein paar Monate oder ein Jahr, bis die Situation bereinigt ist. Doch wenn der Schüler sehr stark angegriffen wird und wenn es ein ernster Fall ist, tritt mein Mitleid manchmal so in Erscheinung, dass ich das Problem sofort lösen will. Also nehme ich die Kräfte, die den Schüler angreifen in meinen Körper auf. Dann leide ich körperlich vielleicht einen oder zwei Tage, doch dieses zusätzliche Leiden ist es wert, wenn ich dadurch das spirituelle Leben des Schülers retten kann.

Sehr oft ergreife ich auch die Mächte, die die Schüler attackieren und lasse sie unmittelbar danach wieder fallen. Kein Schüler sollte bekümmert sein, mir seine mentalen und emotionalen Probleme zu geben. Sobald ich sie ergreife, ist es für mich eine Angelegenheit von Sekunden, Minuten oder möglicherweise einem Tag, bis ich sie wieder loswerden kann. Wenn ich meinen spirituellen Kindern helfen kann, so werde ich immer wieder dazu bereit sein. Das ist der Grund, warum ich auf die Erde kam: um der Menschheit zu dienen.

Das Problem mit den meisten Menschen ist, dass sie zwar bereit sind, Gott ihr Leid zu übergeben, aber nicht ihre Freude und ihr Glück. Wenn zum Beispiel jemand in einem Wettlauf nicht Erster wird, so ist er mehr als bereit, Gott dafür zu beschimpfen: „Ich habe monatelang dafür trainiert und nun habe ich verloren!“ Wir sind mehr als bereit, Gott unseren Zorn, unser Unglück und andere negativen Gefühle zu geben. Doch wenn wir aufrichtig sind, werden wir erkennen, dass wir sie nicht wirklich Gott geben; wenn wir es täten, würde es eine gewisse Zeit dauern, bis sie wieder zu uns zurückkämen. Stattdessen halten wir in gewisser Weise an diesen Gefühlen fest, weil es uns gefällt, Gott zu beschuldigen.

Wenn wir andererseits in irgendeinem Bereich Erfolg haben, so zeigen wir Gott vielleicht für fünf Sekunden unsere Dankbarkeit, und dann vergessen wir Ihn sofort. Das Glück, das wir empfangen, dauert ein paar Stunden oder ein paar Tage an; wir halten es in uns fest. Doch in unseren Herzen erblüht keine Dankbarkeit und wir fahren nicht fort, unser Glück mit Gott zu teilen oder ihm unsere Dankbarkeit anzubieten. Wenn wir wirklich aufrichtig wären, würden wir Gott unsere Freude auf genau dieselbe Art und Weise anbieten, wie wir Ihm unsere Probleme und unser Leid geben. Aber nein, unsere Freude wollen wir für uns selbst behalten. Nur wenn wir an etwas scheitern bringen wir Gott ins Spiel. Und zu diesem Zeitpunkt attackieren und beschuldigen wir Ihn auf vielfältige Weise.

From:Sri Chinmoy,Sri Chinmoy antwortet, Teil 6, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2004
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/sca_6