Frage: Was können Anfänger gegen all die Gedanken unternehmen, die während der Meditation auftauchen?

Sri Chinmoy: Alles hängt von unserer Willenskraft ab. Manche Menschen verfügen über eine enorme Entschlossenheit und einen starken Willen, manche aber nicht. Aber die Entschlossenheit alleine ist auch nicht genug. Wir müssen auch die Fähigkeit erlangen, den Willen Gottes fröhlich anzunehmen. Angenommen im Augenblick wird deine Meditation durch unpassende Gedanken gestört. Vielleicht hat Gott beschlossen, dass Er dich in sechs Monaten oder in zehn Monaten mit einem Verstand segnen wird, der von Frieden überflutet ist. Wenn dieser Fall eintritt, wirst du extrem glücklich und dankbar sein. Und wenn es länger dauern sollte, so solltest du glücklich und zufrieden sein, weil Er dir noch immer die Inspiration gibt, jeden Tag gewissenhaft zu meditieren.

Das bedeutet nun aber nicht, dass du faul oder inaktiv sein wirst, bis die Stunde Gottes für dich schlägt. Es ist falsch, einfach nur für zwei Minuten oder fünf Minuten zu beten und dann aufzugeben, wenn du siehst, dass dein Verstand noch voller Gedanken ist oder wenn du siehst, dass sich Rastlosigkeit in deinem Verstand, in deiner vitalen und physischen Existenz befindet. Es ist auch falsch zu erwarten, dass dein Verstand ruhig und still wird, nur weil du zwei oder drei Minuten meditiert hast.

Was können wir tun, um die Gedanken zu unterbinden? Betrachten wir die Gedanken als Persönlichkeiten und den Verstand als Raum, in dem wir leben und den wir besitzen. Wir müssen die Tür zu unserem Ver­standes­raum von innen verriegeln und dürfen keinem, wer immer auch kommt, erlauben einzutreten. Wir sperren nicht nur unsere Feinde aus, welche die schlechten Gedanken sind, sondern auch unsere Freunde, die guten Gedanken. Wir sind entschlossen, nur die Stille zu genießen, vollkommene Stille. Sagen wir, ein paar Augenblicke später, beginnt ein Gedanke an deine Tür zu klopfen. Wir können entweder unser Mitleid ausüben oder unsere Weisheit. Die Weisheit erinnert uns an das feierliche Versprechen, das wir uns selbst gaben, dass wir niemandem gestatten würden, unseren Verstandesraum zu betreten. Doch wenn wir beginnen unser Mitleid anzuwenden, könnten wir sagen: „Wer weiß, wer kommt? Vielleicht ist es einer meiner guten Freunde?“ Dann werden wir natürlich die Tür öffnen. Und leider, in dem Moment, wo wir die Türe öffnen, können wir einen ungöttlichen Gedanken einlassen. Dieser ungöttliche Gedanke kann in einer flüchtigen Sekunde all die guten Empfindungen stehlen, die wir die letzten fünfzehn oder zwanzig Minuten lang hegten.

Also ist es am besten, die Tür unter keinen Umständen zu öffnen. Später, nach einer gewissen Zeit, werden uns all die schlechten Gedanken aus eigenem Antrieb verlassen. Sind die Gedanken ungöttlich, so besitzen sie auch alle ungöttlichen Eigenschaften. Sie werden nicht die Geduld aufbringen zu warten, bis wir die Türe öffnen. Nachdem sie draußen einige Minuten gewartet haben, werden diese Gedanken sagen: „Es liegt unter unserer Würde, hier noch länger zu warten. Wenn er uns nicht sehen will, so werden wir an die Tür eines anderen klopfen und diesen belästigen.“

Wenn ein guter Gedanke kommt, ein wahrer und echter Freund, wird dieser Gedanke sagen: „Ach, vielleicht ist mein Freund so beschäftigt und macht gerade etwas Besonderes. Sonst hätte er sicher die Tür geöffnet. Ich werde noch länger geduldig warten.“ Wir bringen den guten Gedanken dazu, fünfzehn oder dreißig Minuten lang draußen zu warten. Nachdem wir für ungefähr eine halbe Stunde unser friedvolles Stillschweigen bewahrt haben, sagen wir: „Nun wollen wir sehen, wer zur Tür gekommen ist.“ Dann finden wir nur unsere ganz engen Freunde vor, die auf uns warten. Diese Freunde sind unsere göttlichen, kraftspendenden und erfüllenden Gedanken.

Wenn wir auf diese Weise unseren Verstand fünfzehn Minuten oder eine halbe Stunde lang völlig stillhalten können, werden die dunklen, unstrebsamen Kräfte am Ende unserer Meditation nicht mehr da sein, und somit können sie nicht in uns eintreten. So gelingt es uns, nur gute Gedanken von unserer Meditation zu erhalten. Zuerst müssen wir den Verstand völlig blockieren und dürfen keinen, wie auch immer gearteten Gedanken in uns eintreten lassen. Wenn wir dann tief nach innen gelangt und in das Meer des Friedens eingetreten sind, finden wir, wenn wir die Tür unseres Verstandes öffnen, nur gute und göttliche Gedanken vor, die auf uns warten.

From:Sri Chinmoy,Sri Chinmoy antwortet, Teil 6, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2004
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/sca_6