Wenn dich also jemand kritisiert, musst du dich selbst davon überzeugen, dass du weitaus stärker bist als die Kritik, die du erhältst.
Wenn du selbst an jemanden Kritik üben willst, fühle sofort, dass der Störfaktor in dieser Person eine Art Schwachstelle in ihr ist. Fühle auch, dass ihre falschen Handlungen aus einer bedauernswerten Schwäche heraus entstehen. Versuche nun zu fühlen, dass deine Kritik ihre Schwäche nur vergrößert und es schlimmer macht. Du musst auch fühlen, dass deine Kritik alle möglichen Arten von Leiden in dieser Person verursacht. Versuche dann dieses Leiden in dein eigenes System zu holen – in deine Hände, deine Beine, in deinen Kopf. Du wirst sofort sagen: „Mein Gott, das ist so schmerzhaft, so schmerzhaft!“ Dann wirst du erkennen, wieviel Pein du dieser Person verursachst.
Du kannst dir auch vorstellen, dass deine kritisierenden Worte wie Pfeile sind, die du auf diese Person abschießt und dass nun ihr gesamtes Wesen blutet. Wenn du sie bluten siehst, wird dich dein mitfühlendes Einssein elend fühlen lassen. Es ist jene Art mitfühlenden Einsseins, die Lord Buddha mit dem Vogel empfand, der von einem Pfeil verwundet wurde. Wenn du dich selbst mit dem Leid der anderen Person identifizierst, wirst du empfinden: „Ganz gleich wie nutzlos und wertlos diese Person auch ist, so habe ich doch kein Recht, dieses Leid in ihr hervorzurufen. Ich habe diese Welt betreten, um mein Einssein mit den anderen Menschen zu errichten und nicht um sie mit meiner Kritik zu zerstören.“ Dein Einsseins-Herz wird dann jede weitere Kritik an dieser Person verhindern. Diese Ideen, die ich euch hier mitteile, sind sehr praktisch.
Du kannst noch etwas anderes tun. Du kannst fühlen, dass die Kritik, der du in deinem Wesen gegenüber einer anderen Person pflegst, eigentlich eine sehr schwere Last ist. Und dass auch die Kritik, die gegen dich gerichtet ist, eine sehr schwere Last darstellt, die durch die andere Person auf dich geworfen wurde. Wie kannst du dich bewegen oder auch nur atmen, wenn du zwei sehr schwere Lasten auf deinen Schultern trägst? Du musst dich beider Lasten entledigen. Du musst sie abwerfen, damit du auf dem schnellsten Weg deiner Bestimmung entgegenlaufen kannst.
Hier ist noch eine weitere Möglichkeit. Fühle jedes Mal, wenn du jemanden kritisierst, dass du einen schwarzen Fleck auf dem Mond seines Herzens erschaffen hast. Du vermagst niemals wahrhaftige Freude zu erlangen, indem du die Schönheit seines inneren Herzens-Mondes schmälerst. Du musst auch fühlen, dass, wenn du ihn kritisierst, er auch dich kritisieren und dadurch die Schönheit deines inneren Mondes zerstören wird. Keiner von euch kann glücklich sein, indem ihr gegenseitig eure innere Schönheit zerstört. Deshalb solltest du fühlen, dass sich dein Glück nur gemeinsam mit dem Glück der anderen Person einstellt; es muss simultan sein. Wenn du seinen Mond nicht verdunkelst, wird er auch deinen Mond nicht verdunkeln und ihr werdet beide glücklich sein.From:Sri Chinmoy,Sri Chinmoy antwortet, Teil 7, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2006
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/sca_7