Leben ist Evolution. Evolution ist die Entfaltung von innen her. Jedes Leben ist eine Welt in sich selbst. In Wirklichkeit ist jedes Leben ein Mikrokosmos. Was immer im weiten Universum atmet, atmet auch in jedem einzelnen Leben.
Es gibt zwei Leben: ein inneres und ein äußeres. Das äußere Leben spricht über seine Prinzipien und versucht dann zu handeln. Es verspricht ohne Unterlass, führt jedoch sehr wenig aus von dem, was es verspricht. Das innere Leben spricht nicht. Es handelt. Sein spontanes Handeln ist die bewusste Offenbarung Gottes.
Unser Leben hat zwei Wirklichkeiten: eine exoterische und eine esoterische. Die exoterische Wirklichkeit befasst sich mit der äußeren Welt. Die äußere Wirklichkeit versucht, sich selbst zu erfüllen, indem sie Wünsche nährt und Leidenschaften stimuliert. Die esoterische oder innere Wirklichkeit findet ihre Erfüllung in der Beherrschung der Leidenschaften und in der Überwindung der Wünsche. Dann schwimmt sie im weiten Meer der Befreiung.
Leben ist Existenz. Die gewöhnliche Existenz kommt von einer tieferen Existenz. Existenz kann nicht von Nicht-Existenz kommen. Leben kommt von Gott. Leben ist Gott. Zwei Dinge sollten wir tun: Wir sollten das Leben ergeben studieren und es göttlich leben.
Zwei Dinge müssen wir haben: Vorstellungskraft und Inspiration. Ein Leben ohne Vorstellungskraft ist ein Leben im Gefängnis. Wir müssen mit den Schwingen der Vorstellungskraft in das Jenseits zu fliegen versuchen. Ein Leben ohne Inspiration ist ein Leben der Stagnation. Durch die Dynamik unaufhörlicher Inspiration werden wir dem Leben einen neuen Sinn geben und das Leben unsterblich machen.
Das Ziel des Lebens ist, Gott zu verwirklichen. Verwirklichung kann nie zu dem kommen, der untätig ist. Wir müssen um die Verwirklichung kämpfen. Wir müssen den Preis dafür bezahlen. Es gibt keine Alternative. Etwas ist sehr wichtig: Du kannst wohl andere überzeugen, wenn du ihnen erzählst, du seist eine verwirklichte Seele, du kannst sogar dein eigenes Herz täuschen, doch Gott kannst du nicht täuschen.
Für Gott-Verwirklichung braucht man als erstes Frieden. Frieden basiert auf Liebe: Liebe für die Menschheit und Liebe zu Gott. Frieden gründet auch auf Nicht-Verhaftetsein. Kein Durst nach Gewinn, keine Furcht vor Verlust - siehe, der Frieden ist dein. Frieden basiert auch auf Verzicht. Dieser Verzicht ist nicht der Verzicht auf weltliche Besitztümer, sondern der Verzicht auf Beschränkungen und Unwissenheit. Dies ist wahrer Frieden, der nicht vom Getöse der äußeren oder inneren Welt beeinträchtigt wird.
Wenn du diese Art von Frieden hast, kann die Verwirklichung nicht umhin, an die Tür deines Herzens zu klopfen. Um genauer zu sein: Der Lotus der Verwirklichung wird in deinem Herzen zu blühen beginnen und ein Blütenblatt nach dem anderen wird sich entfalten. Um Gott zu verwirklichen, sind Tempel, Kirchen und Synagogen nicht unbedingt notwendig. Noch ist ein Kunterbunt von Schriften und Predigten erforderlich. Unerlässlich ist jedoch eines: Meditation. Diese Meditation wird dich Gott, den Unendlichen, in deiner Seele, in deinem Herzen, in deinem Verstand und in deinem Körper verwirklichen lassen.
Das Ziel des Lebens ist, dass wir ein göttliches Leben führen. Wir leben in dieser Welt. Wir wissen, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt. Er braucht die Seele, um in der Welt von Gottes Wirklichkeit zu leben. Die Seele allein hat die Fähigkeit, das Bekannte und das Unbekannte, das Existierende und das Nicht-Existierende, den Traum der Vergangenheit, die Errungenschaften der Gegenwart und die Hoffnung der Zukunft zu sehen und zu fühlen.
Lasst uns das innere Leben, das spirituelle Leben annehmen. Es ist unvermeidlich, dass uns auf unserer Reise Fehler unterlaufen. Erfolg ohne Bemühung ist vollkommen unmöglich. Ohne Arbeit kein Fortschritt. Wir müssen die Erfahrung willkommen heißen, da wir ohne Erfahrung nicht lernen können. Erfahrung kann ermutigend oder entmutigend sein. Aber erst die Erfahrung macht uns zu einem wirklichen Wesen und zeigt uns die wahre Bedeutung unseres Daseins.
Wir wollen alle wahrlich spirituell sein. Wir wollen Gott durch unsere ständige Gemeinschaft mit Ihm erkennen. Wir brauchen keine besondere Zeit und keinen besonderen Ort für unsere Meditation. Wir müssen über die Notwendigkeit von Zeit und Raum hinausgehen. Wenn wir tief in uns gehen, fühlen wir, dass sich ein Moment nicht vom anderen, ein Ort nicht von einem anderen trennen lässt. Lasst uns danach streben, im ewigen Jetzt der Gott-Verwirklichung zu leben, im ewigen Jetzt von Gottes Traum und Wirklichkeit. Dieser Traum ist der Traum der ewig fortschreitenden Transzendenz. Diese Wirklichkeit ist die Wirklichkeit der immer blühenden Enthüllung.From:Sri Chinmoy,Yoga und das spirituelle Leben, The Golden Shore Verlagsges. mbH, Nürnberg, 2007
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/ysl