Verwirklichung bedeutet die Enthüllung Gottes in einem menschlichen Körper. Verwirklichung bedeutet, dass der Mensch selbst Gott ist.
Unglücklicherweise ist der Mensch nicht allein. Er hat Wünsche und Wünsche haben eine große Macht. Trotzdem gelingt es ihnen nicht, dem Menschen bleibende Freude und Frieden zu geben. Wünsche sind endlich. Wünsche sind blind. Sie versuchen, den Menschen zu begrenzen, der von Geburt aus grenzenlos ist. Gottes Gnade, die durch den Menschen für Gottes volle Manifestation arbeitet, ist unendlich.
Verwirklichung entspringt der Selbst-Eroberung. Sie wächst in ihrem Einssein mit Gott. Sie erfüllt sich selbst, indem sie das Endliche und das Unendliche umarmt.
Wir sind Sucher nach Gott. Was wir brauchen, ist absolute Erkenntnis. Mit ein bisschen Erkenntnis können wir höchstens wie eine Katze handeln. Mit absoluter Erkenntnis können wir der Unwissenheit wie ein brüllender Löwe entgegentreten.
In dem Augenblick, wo ich sage „mein Körper“, trenne ich mich vom Körper. Dieser durchläuft Säuglingsalter, Kindheit, Jugend, Reife und hohes Alter. Er ist nicht wirklich mein Ich. Das wirkliche „Ich“ bleibt ewig unveränderlich. Wenn ich sage, ich sei dick oder dünn geworden, ist es der Körper, der dick oder dünn geworden ist und nicht das innere „Ich“, das ewig und unsterblich ist.
Verwirklichung sagt, dass es so etwas wie Knechtschaft und Freiheit, auf die wir uns in unserem täglichen Leben so oft beziehen, nicht gibt. Was wirklich existiert, ist Bewusstsein - Bewusstsein auf verschiedenen Ebenen, Bewusstsein, das sich selbst an seinen verschiedenen Manifestationen erfreut. Solange wir glauben, dass wir in der Knechtschaft der Unwissenheit leben, steht es uns frei zu glauben, dass wir ebensogut in Freiheit leben könnten, wenn wir wollten. Wenn wir aus der Knechtschaft heraus das Gefühl erhalten, die Welt sei ein Ort des Leidens, dann kann uns die Freiheit zweifelsfrei fühlen lassen, dass die Welt nichts anderes als das selige Bewusstsein des Brahman ist. Sarvam khalvidam Brahma: „Alles, was Ausdehnung besitzt, ist Brahman.“
Um zu wissen, was Verwirklichung ist, müssen wir zuerst unser inneres Selbst lieben. Der zweite Schritt ist, die Verwirklichung zu lieben. Dies ist die Liebe, die unser Bewusstsein erleuchtet. Liebe und du wirst geliebt werden. Verwirkliche dich und du wirst erfüllt werden.
Verwirklichung ist unsere innere Lampe. Wenn wir die Lampe brennen lassen, wird sie der ganzen Welt ihren leuchtenden Schein übermitteln. Wir haben alle ohne Ausnahme die Kraft zur Selbst-Verwirklichung oder in anderen Worten, zur Gott-Verwirklichung. Wenn wir diese Wahrheit nicht anerkennen, täuschen wir uns selbst erbarmungslos.
Wir erkennen die Wahrheit nicht nur, wenn Freude unseren Verstand erfüllt, sondern auch, wenn Sorge unser Herz umwölkt, wenn der Tod uns in seiner finsteren Brust willkommen heißt und wenn die Unsterblichkeit unser Dasein in den Schoß der Verwandlung legt.
Wie weit sind wir von der Verwirklichung entfernt? Wir können die Antwort in dem Ausmaß wissen, in dem wir uns Gottes Willen hingegeben haben. Es gibt keinen anderen Weg, es zu erfahren. Auch müssen wir wissen, dass jeder einzelne Tag mit einer neuen Verwirklichung dämmert. Das Leben ist eine ständige Verwirklichung für jeden, dessen inneres Auge offen ist.
Warum wollen wir Gott verwirklichen? Wir wollen Gott verwirklichen, weil wir uns selbst zu Kanälen gemacht haben, durch die die Früchte der Gottes-Erkenntnis fließen können. Unser Körper ist eine göttliche Maschine. Daher muss er geölt werden. Die Verwirklichung ist ein göttliches Schmieröl, das sein Werk äußerst wirksam verrichtet.
Verwirklichung kann durch die Gnade Gottes, die Gnade des Gurus und das Streben des Suchenden erreicht werden. Gottes Gnade ist der Regen. Die Gnade des Gurus ist die Saat. Das Streben des Suchenden ist der Akt des Kultivierens. Siehe, die reiche Ernte ist Verwirklichung.From:Sri Chinmoy,Yoga und das spirituelle Leben, The Golden Shore Verlagsges. mbH, Nürnberg, 2007
Quelle https://de.srichinmoylibrary.com/ysl