Trinkt, trinkt den Nektar meiner Mutter

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Es gibt keinen Gott

Besetzung

NAREN

BHAVANANDA

BHUPEN, jüngerer Bruder von Naren

1. AKT 1. SZENE

(Naren meditiert in seinem Zimmer, Bhavananda tritt ein.)

NAREN (steht auf): Komm herein. Bitte, komm herein. Ich freue mich so, dich zu sehen. Ich habe dich schon so lange nicht mehr gesehen. Es gibt viele Dinge, die ich gerne mit dir besprechen würde. Die erste Frage, die ich dir stellen möchte, ist diese: gibt es einen Gott, Bruder? Es scheint mir, dass es keinen Gott gibt. Und selbst wenn es Ihn gäbe, so würde es keinen Unterschied für mich machen. Er erhört uns nie und er fühlt nie die schrecklichen Schmerzen der Armen. Er fühlt nie das Leiden der blutenden Menschheit. Ein Gott, der die Hungernden nicht mit einem Stück Brot nähren kann, ist ein gleichgültiger Gott, ein grausamer Gott. Wer kann schon daran glauben, dass er von so einem Gott allumfassende Glückseligkeit und Zufriedenheit in der anderen Welt erhalten wird?

BHAVANANDA: Naren, bist du verrückt geworden? Was ist los mit dir? Was für einen Unsinn redest du da? Warum sagst du so etwas?

NAREN: Warum nicht? Warum nicht? Weißt du, Bruder, was sich heute morgen zugetragen hat? Früh am Morgen, als ich aufstand, wiederholte ich äußerst seelenvoll den Namen Gottes. Da sagte meine Mutter zu mir: „Sei still! Seit deiner Kindheit hast du zu Gott gebetet und auf Gott meditiert. Und nun sieh dir an, was uns Gott angetan hat. Dein Vater hat diese Welt verlassen, und wir wurden von Unglück, Leiden und Armut erfasst. Wir haben kein Essen, kein Geld, keine Mittel, um unsere Familie zu erhalten. Das bricht mein Herz in Stücke. Ich kann nicht einmal meinen kleinen Kinder, meinen süßen Kinder etwas zu Essen geben. Ich will nichts mit einem Gott zu tun haben, der unsere Leiden nicht wegnehmen kann.“ Nun sag mir, Bruder, was soll ich meiner Mutter sagen?

BHAVANANDA: Naren, wir sollten Gott nicht kritisieren. Es wird zu einigen schlimmen Katastrophen in deiner Familie kommen, wenn du an Gott etwas auszusetzen hast. Ich warne dich.

NAREN: Ich fürchte mich vor nichts. Soll das schlimmste Unglück geschehen. Das kümmert mich nicht im geringsten. Mir ist das gleichgültig.

BHAVANANDA: Naren, bitte statte Thakur von Zeit zu Zeit einen Besuch ab. Thakur wird sehr betrübt sein, wenn er hört, was sich in deinem Leben abspielt. Er ist der Einzige, der imstande ist, dir Trost zu spenden.

(Bhupen tritt ein.)

BHUPEN: Bruder, bitte bring mir heute ein paar Süßigkeiten mit. Ich mag Süßigkeiten so gerne. Bitte vergiss es nicht.

NAREN: Bitte Bhupen, lass mich in Ruhe. Wir haben ein sehr ernstes Gespräch. Bitte geh hinaus, Bhupen. Störe uns jetzt nicht.

BHUPEN: Ich werde gehen, aber zuerst musst du mir versprechen, dass du mir Süßigkeiten mitbringst. Du musst mir unbedingt Süßigkeiten bringen.

(Bhupen tritt ab.)

NAREN: Nun, Bruder, siehst du? Ich bin sein älterer Bruder, und ich werde sein liebendes Verlangen nicht erfüllen können. Ich habe überhaupt kein Geld, nicht einmal genug, um etwas Süßes für ihn zu kaufen. Jemand, der nicht einmal ein so einfaches Verlangen seines jüngeren Bruders erfüllen kann, ist es nicht wert, ein älterer Bruder genannt zu werden. Sein Leben ist eine echte Schande. Warum sollte ich mich also um Gott kümmern? Nein! Wir Hindus verehren steinerne Götter, daher hat unser Gott ein steinernes Herz bekommen.

BHAVANANDA: Sage so etwas nicht, Naren. Gott ist voller Mitgefühl. Wie ich sehe, ist es wahr, was ich von anderen über dich gehört habe: du bist zum Atheisten geworden.

(Bhavananda tritt ab.)

NAREN: In der Tat, ein echter Freund! Er kam hierher, um mich zu prüfen. Er kam nicht, um seine Sorge um mich zu bekunden, sondern um zu sehen, welche Art von Leben ich führe. Er kam nicht als ein Freund, sondern als Kritiker, als Schurke, als Detektiv. Nein, ich werde nicht mehr zu Thakur gehen. (Hält inne.) Doch ach nein, was mache ich nur? Was mache ich nur? Ist nicht Gottverwirklichung das einzig Wichtige in meinem Leben? Geld zu verdienen, eine Familie zu ernähren, kann niemals das Ziel meines Lebens sein. Ich muss der Welt entsagen. Es gibt keinen anderen Weg. Ich muss der Welt entsagen und nach Gott suchen. Es kann keinen anderen Weg geben.

/(Naren singt.)

Tamasa rate nayan pate
herile jadi amar pane
apan kare amai laho
he dayamoy karuna dane
tomar ami abodh shishu
ekla chali gahan pathe
duhate more jariye dharo
bhasiye jena na jai srote

(In dunkler und dichter Nacht
wirfst Du Deinen gütigen Blick auf mich.
Nimm mich und mach mich Dein eigen,
indem Du mir Dein Mitgefühl schenkst.
Ich bin Dein treuherziges Kind.
Alleine wandere ich auf einen verwucherten,
kaum Licht beschienenen Pfad entlang.
Umarme mich mit deinen beiden Armen.
Schütze mich, damit ich nicht
von den turbulenten Strömungen des Lebens
ertränkt und hinweggespült werde.)

Mein Naren kann niemals ein Atheist sein

Besetzung

SRI RAMAKRISHNA

RAKHAL

BHAVANANDA

TARAK

JOGIN

ANDERE SCHÜLER

NAREN

2. AKT 1. SZENE

(Sri Ramakrishna mit seinen Schülern in Dakshineshwar.)

RAKHAL: Hast du in letzter Zeit etwas von unserem Naren gehört? Alle sprechen schlecht über ihn. Alle sagen, er sei ein Atheist geworden. Doch das kann ich nicht glauben.

BHAVANANDA: Du glaubst es nicht? Ich traue ihm nicht. Heute morgen war ich bei ihm zuhause. Er spricht wie ein richtiger Atheist.

SRI RAMAKRISHNA: Seid still! Ich verbiete euch so zu reden! Meine Mutter Kali hat mir gesagt, dass das niemals der Fall sein kann. Mein Naren kann niemals ein Atheist sein. Wenn ich noch einmal von euch Leuten höre, dass mein Naren zum Atheisten geworden ist, will ich eure Gesichter niemals wieder sehen! Niemals!

TARAK: Unser Naren kann niemals ein Atheist sein. Ich kenne ihn.

JOGIN: Unmöglich! Unser Naren kann niemals ein Atheist sein. Selbst wenn ich irgendeinen Fehler in Naren sehen sollte, werde ich dem keinen Glauben schenken. Ich werde denken, dass es die Schuld meiner eigenen Augen ist. Wenn ich irgendetwas Schlechtes über Naren hören sollte, werde ich denken, es sei die Schuld meiner eigenen Ohren. Unser Naren kann niemals etwas falsch machen.

TARAK: Genau, genau. Das sollte unsere Einstellung sein. Er ist unser wahrer Freund. Unser Naren ist rein. Es ist sehr selten, dass jemand solch einen gottähnlichen Charakter besitzt wie Naren.

SRI RAMAKRISHNA: Wunderbar. Wunderbar. (Indem er auf seinen eigenen Körper zeigt.) Es ist wegen Naren, dass ich hier in diese Welt gekommen bin. Versucht, Naren zu erkennen. Eines Tages wird er die ganze Welt erobern. In dem spirituellen Meister Keshab Sen sehe ich nur eine einzige Wissens-Sonne, aber in Naren sehe ich achtzehn Wissens-Sonnen.

(Naren tritt ein. Er wirft sich vor Ramakrishna zu Boden. Ramakrishna legt seine Hand auf Narens Kopf.)

SRI RAMAKRISHNA: Meine Mutter segnet dich.

NAREN: Heute habe ich eine besondere Bitte.

SRI RAMAKRISHNA: Gibt es irgendeine Bitte von dir, die ich nicht erfüllen würde?

NAREN: Dann erfülle mir bitte dieses Anliegen: Meine Mutter und meine kleinen Geschwister hungern, sie haben praktisch nichts zu essen. Wir sind von bitterer Armut heimgesucht worden. Nach dem Tod meines Vaters haben sich all unsere Verwandten gegen uns gewandt. Nun besitzt meine Familie keine Mittel mehr, um den täglichen Unterhalt zu bestreiten. Ich bin das älteste Mitglied meiner Familie, und ich kann nichts für sie tun. Wenn du eine besondere Bitte an die Mutter richtest, dass sie mich aus diesen finanziellen Schwierigkeiten befreit, wird sie sicherlich auf dich hören. Ich bin mir sicher, wenn du die Mutter darum bittest, wird sie auf dich hören.

SRI RAMAKRISHNA: Naren, ich bin bereit, für dich von Tür zu Tür betteln zu gehen. Glaubst du, dass ich meine Mutter noch nicht über dich befragt habe? Aber was kann ich tun? Du glaubst nicht an sie; deshalb schenkt sie meiner Bitte keinerlei Gehör. Also gut. Ich habe eine wunderbare Idee. Heute ist Dienstag. Geh heute noch zum Tempel der Mutter Kali und rufe sie an. Bete zur Mutter. Ich versichere dir, was immer du willst, sie wird es dir gewähren.

NAREN: Schon gut. Heute werde ich deine hartherzige Mutter auf die Probe stellen, Thakur.

SRI RAMAKRISHNA: Mein Kind, sage so etwas nicht. Sie ist nicht hartherzig. Sie ist voller Liebe. Sie ist voller Mitgefühl.

Mutter, gib mir das Licht des Wissens, das Licht der Unterscheidungskraft und das Licht der Entsagung

Besetzung

NAREN — VIVEKANANDA

SRI RAMAKRISHNA

SCHÜLER VON SRI RAMAKRISHNA

3. AKT 1. SZENE

(Es ist Nacht. Naren meditiert im Kali-Tempel. Nach einiger Zeit wirft er sich vor der Statue der Mutter Kali zu Boden.)

NAREN: Jnana viveka vairagya de ma! Mutter, gib mir das Licht des Wissens, das Licht innerer Unterscheidungskraft und das Licht der Entsagung, so dass ich Dich unaufhörlich sehen kann!
(Sri Ramakrishna tritt eilends ein.)

SRI RAMAKRISHNA: Naren, hast du die Mutter um Geld für deine Familie gebeten? Was hast du getan?

NAREN: Was für eine Überraschung! Das habe ich vollkommen vergessen.

SRI RAMAKRISHNA: Das macht nichts. Ich werde dir noch eine Chance geben. Bitte sie um Geld, um materiellen Reichtum. Mutter wird es dir gewähren.

(Naren wendet sich der Statue zu und beginnt wieder zu meditieren.)

NAREN: Mutter, gib mir das Licht des Wissens, das Licht der Unterscheidungskraft und das Licht der Entsagung. Mutter, meine Mutter, Mutter meines Herzens und meiner Seele.

SRI RAMAKRISHNA: Schon wieder das gleiche? Warum vergisst du, dass deine Mutter und deine Geschwister alle hungern? Bitte die Mutter darum, deine Familie vor der Armut zu retten. Jetzt ist der einzige Zeitpunkt, zu dem du sie darum bitten kannst. Ich werde dir diese Gelegenheit nicht jeden Tag geben können. Ich bin bereit, sie dir jederzeit zu gewähren, aber Mutter wird es nicht erlauben. Heute habe ich es dir versprochen, weil mir Mutter gesagt hat, dass sie deine Gebete heute erfüllen werde, gleichgültig, worum du sie bittest. Nun hast du deine zweite Gelegenheit verpasst. Aber ich will dir noch eine weitere Chance gewähren. Mein Sohn, bitte vergiss es diesmal nicht. Denk daran, du musst die Mutter um materiellen Reichtum bitten. Das ist es, was du brauchst. Im Augenblick benötigst du keinen spirituellen Reichtum.

NAREN: Nein, ich werde keine weiteren Gelegenheiten mehr wahrnehmen. Ich brauche keine materiellen Reichtümer. Ich brauche Nektar von der Mutter und nicht irgendetwas anderes. Ich werde sie nicht um Melonen und Kürbisse bitten. Ich kann nur um die Nektar-Frucht bitten.

SRI RAMAKRISHNA: Da du die Mutter nicht um materiellen Reichtum und Wohlstand bitten kannst, möchte ich dir sagen, dass du niemals ein bequemes Leben haben wirst. Aber von nun an wird es dir gelingen, die Lage zu meistern. Du und deine Familie, ihr werdet nicht hungern. Ihr werdet zumindest von der Hand in den Mund leben können. Soviel wird die Mutter für euch tun. (Er ruft.) Kommt, alle die ihr hier seid! Ganz gleich wo ihr seid! Kommt! Alle meine Schüler, kommt!

(Die Schüler treten ein.)

SRI RAMAKRISHNA: Ihr habt mir erzählt, dass mein Naren ein Atheist geworden ist. Seht her! Er konnte die Mutter nicht um materiellen Reichtum bitten. Wisst ihr, dass er hungert? Seine Mutter und seine Geschwister haben Zuhause nichts zu essen. Und dennoch konnte er Mutter Kali nicht um materielle Güter bitten. Nirgendwo auf der Erde werdet ihr jemanden finden, der meinem Naren ebenbürtig ist. Er ist euer Anführer. Er wird euch führen und leiten. Er wird euch behüten. Dieser, mein Körper, wird seine Aufgabe bald erfüllt haben. Schon bald werde ich der anderen Welt angehören. (Spricht zu Vivekananda.) Naren, mein Kind, sing ein Lied. Ich werde meditieren, während du singst.

(Naren singt. Sri Ramakrishna meditiert in tiefer Versenkung.)

Sundara hate sundara tumi
nandana bana majhe
nishidin jena antare mor
tomari murati raje
tumi chhara mor nayan andhar
sakali mithya sakali asar
chaudike mor bishwa bhubane
bedanar sur baje
pabo kigo dekha nimesher tare
ei jibaner majhe

(Du bist schön, schöner, am schönsten,
unvergleichliche Schönheit im Garten Eden.
Möge sich Deine Gestalt Tag und Nacht
in den Tiefen meines Herzens niederlassen.
Ohne Dich sehen meine Augen nichts.
Alles ist Täuschung, alles ist leer.
Überall um mich, innen wie außen
höre ich die Melodie düsterer Schmerzen.
Die Welt ist von unsagbaren Schmerzen erfüllt.
O Herr, o mein schöner Herr,
o mein Herr der Schönheit,
möge ich in diesem Leben, wenn auch nur
für eine flüchtige Sekunde mit der Gnade gesegnet sein,
Dein Gesicht zu erblicken.)

Frag ihn, ob er mir dient oder mich kontrolliert

Besetzung

VIDYASAGAR (EIN GELEHRTER UND WEISER)

VAISHNAB CHARAN PUNDIT (EIN FREUND VIDYASAGARS)

HRIDAY (NEFFE UND BEGLEITER VON SRI RAMAKRISHNA)

SRI RAMAKRISHNA

4. AKT 1. SZENE

(Vidyasagars Haus in Kalkutta. Vidyasagar befindet sich in seinem Zimmer und widmet sich mit größter Aufmerksamkeit seinen Studien. Vaishnab Charan Pundit tritt ein. Beide verbeugen sich voreinander und tauschen Begrüßungen aus.)

PUNDIT: Ich bin bereits seit einigen Tagen hier in Kalkutta. Ich bedaure es sehr, dass ich nicht früher kommen konnte, um dir meine respektvolle Ehrerbietung zu erweisen.

VIDYASAGAR (lächelnd): Ich bin so froh, so stolz, dass du doch noch zu mir nach Hause gekommen bist. Läuft alles zufriedenstellend bei dir? Bitte nimm doch Platz.

PUNDIT (setzt sich hin): Alles ist bestens, durch Gottes Gnade. Wie steht es um deine Gesundheit, Vidyasagar?

VIDYASAGAR: Nicht gut. Mein Körper will nicht mehr so recht funktionieren. Ich bin alt. Ich bereite mich nun auf die andere Welt vor.

PUNDIT: Sage so etwas nicht, Vidyasagar. Bist du dir nicht bewusst, dass durch deine Abwesenheit abertausende Menschen vaterlos sein werden? Du solltest diese Gesundheit, diesen Körper mindestens einhundert Jahre erhalten.

VIDYASAGAR: Verfluche mich nicht, Bruder, verfluche mich nicht. Bereits jetzt geschehen Dinge in meiner Familie, die verkehrt laufen. Mein Sohn ist ungehorsam geworden. Er lässt unserer Familie in einem schlechtem Licht erscheinen. Ich weiß nicht, wie viel mehr Leid noch auf mich wartet.

PUNDIT: Undankbarkeit ist an der Tagesordnung. Die Bengalen sind zu einem bedauernswerten Objekt geworden, da sich Undankbarkeit in ihrem Leben breit gemacht hat. Erst vor einigen Tagen hatten wir eine besondere Zusammenkunft von Gelehrten, und auf diesem Treffen sagte der Gelehrte Panchanan, dass du die Hindu-Religion ruiniert hättest. Er behauptete, dass du mit Hilfe von einer Gruppe Jugendlicher das ganze Land zerstörst. Er sagte, es läge nichts Göttliches in deinen Handlungen, kein wahres Gefühl, beziehungsweise sei kein Selbstopfer in deinem selbstlosen Dienst für Bengalen. Er hat das Gefühl, dass das alles nur für Ruhm und Ehre geschieht. Es tut mir so leid, dass ich dir das erzählen muss. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich gelitten habe und wie ich seit Tagen darunter leide, nachdem ich von all diesen Leuten, ausgerechnet von Panchanan gehört habe, wie er sich gegen dich wendet.

VIDYASAGAR: Es gibt nichts, was du bedauern solltest. Alles ist Gottes Spiel. Ich tue nichts, mein Freund. Gott ist es, der in mir und durch mich arbeitet. Ich bin einfach nur ein Instrument: Nimmita matram. Doch ich habe das Gefühl, dass dir ein Fehler unterlaufen ist. Ich nehme an, dass du etwas falsch verstanden hast.

(macht eine Pause)

Ich habe diesem Gelehrten niemals einen Dienst erwiesen. Wie kommt es dann, dass er schlecht über mich spricht? Ich bin zu der Schlussfolgerung gelangt, dass nur diejenigen, denen ich einmal auf irgendeine Weise behilflich war, mich kritisieren werden. Und dass jene, denen ich in keiner Weise behilflich war, mich niemals kritisieren. Und ich bin mir ganz und gar sicher, dass ich Panchanan in keiner Weise geholfen habe. Daher bin ich mir sicher, dass er über jemand anderen gesprochen haben muss.

(Hriday tritt ein.)

HRIDAY: O Weiser, mein Onkel mütterlicherseits betet und meditiert ohne Unterlass auf Gott. Dadurch, dass er ständig an das Göttliche denkt und im Gebet versunken ist, ist er verrückt geworden. Heute ist ihm danach, euch zu sehen, Vidyasagar.

PUNDIT: Dein Onkel? Der Thakur von Dakshineshwar?

HRIDAY: Ja, er wartet draußen.

PUNDIT: Draußen! Warum hast du ihn nicht herein gebracht? (Vaishnab Charan Pundit geht hinaus und bringt Ramakrishna herein. Anschließend spricht er zu Vidyasagar.) Heute ist Paramahansa, die große befreite Seele, die verwirklichte Seele, zu dir gekommen. Du kannst überaus stolz sein, dass er zu dir gekommen ist.

(Sri Ramakrishna verbeugt sich vor Vidyasagar. Vidyasagar verbeugt sich seinerseits und bietet Ramakrishna einen Sitzplatz an.)

SRI RAMAKRISHNA: Seit so langer Zeit habe ich in einem kleinen Teich gelebt. Heute bin ich zum Ozean gekommen.

VIDYASAGAR: Nachdem Ihr zum Ozean gekommen seid, so nehmt bitte mit etwas salzigem Wasser vorlieb. Das ist alles, was ich euch anbieten kann.

SRI RAMAKRISHNA: Vidyasagar, du tust das Richtige. Es ist gut, Liebe und Mitgefühl zu zeigen. Verhaftung hingegen ist etwas sehr Schlechtes. Wenn jemand nur die Mitglieder seiner eigenen Familie liebt, so ist das Verhaftung. Man muss Gott in allen Menschen sehen. Wenn jemand die Gegenwart Gottes in jedem Einzelnen sieht, bezeichnet man das als Mitgefühl. Ich bin hierher gekommen, da ich sehe, dass du Gott in allen Menschen dienst. Ich bin gekommen, um deine göttliche Weisheit zu bewundern. Oder denkst du etwa, dass dir Hörner gewachsen sind und das der Grund ist, weshalb ich hierher gekommen bin?

VIDYASAGAR: Heute ist mein Heim durch deine Füße geweiht worden. Heute ist mein Heim zu einem Ort der Wallfahrt geworden.

PUNDIT (zu Vidyasagar): Er verkörpert ganz und gar göttliche Liebe. Seine Verrücktheit ist die Trunkenheit göttlicher Liebe. Er tritt wie Sri Chaitanya in den großen Samadhi, die transzendentale Trance, ein.

VIDYASAGAR: Ja, ich weiß. Ich kann es sehen. Ich kann es fühlen. (zu Ramakrishna): Dieser Junge hier, dient er dir?

(indem er auf Hriday deutet.)

SRI RAMAKRISHNA: Frag ihn, ob er mir dient oder ob er mich kontrolliert. Ich habe fürchterliche Angst vor ihm.

HRIDAY: Onkel, das ist wirklich nicht nett von dir, so etwas zu sagen. War ich dir gegenüber jemals ungehorsam? Habe ich je versucht, über dich zu bestimmen? Hörst du jemals auf mich? Du schenkst der äußeren Welt keinerlei Aufmerksamkeit. Du achtest nicht auf das Wetter, du achtest nicht darauf, etwas zu essen. Daher passe ich auf dich auf. Ab und zu befehle ich dir freundlich, einige wenige Dinge zu tun, aber das ist nur um deiner Gesundheit willen. Bringe mich nicht ständig in die Lage, dass ich mich schämen muss, wenn wir in der Öffentlichkeit sind, sonst werde ich weg gehen. Ich muss dir nicht helfen, und wenn dir nichts an meinem Dienst liegt, werde ich nicht länger bei dir bleiben.

(Hriday ist im Begriff zu gehen)

SRI RAMAKRISHNA: O Hriday, geh nicht, geh nicht! Lass mich nicht alleine.

(zu Vidyasagar und Pundit)

Mein Neffe ist so nett. Er liebt mich Tag und Nacht. Wer hätte auf mich aufgepasst, wenn er nicht gewesen wäre? Ich vergesse sogar, meine Kleidung anzuziehen. Wenn er mich nicht kontrollieren würde, wie könnte er sein Gesicht dann in angesehener Gesellschaft sehen lassen? Ich würde ihm und meiner ganzen Familie Schande bringen.

(Hriday kommt zurück und setzt sich beschwichtigt nieder.)

Vidyasagar, ich möchte dir noch einmal sagen, dass du das Richtige tust. Du dienst Gott in der Menschheit. Du dienst Gott mit größter Liebe. Darum ist Gott mit dir zufrieden. Die Welt wird für immer das Gedenken an dein Lebens der Aufopferung bewahren.

(Ramakrishna steht auf. Vidyasagar und Pundit stehen auch auf und verbeugen sich vor Ramakrishna. Ramakrishna verbeugt sich vor ihnen. Ramakrishna und Hriday gehen weg.)

PUNDIT: Er ist wahrhaftig ein großer spiritueller Meister. Ich habe viel über ihn gehört, und innerlich kann ich fühlen, was er ist.

VIDYASAGAR: Auch ich fühle, was er ist. Er ist wahrlich groß. Er ist nicht nur der Stolz Bengalens und Indiens, sondern der Stolz der ganzen Welt. (Er macht eine Pause.) Arbeit, Arbeit, Arbeit! Ach, meine Tage sind gezählt. Und doch ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, Gott hingebungsvoll und seelenvoll zu dienen. Es ist mir nicht möglich, an meinen Inneren Führer zu denken, weil ich ständig daran denke, anderen Leuten zu helfen. Und die Leute sprechen nicht einmal gut über mich. Sie schätzen mich nicht einmal. Wenn ich meinen Inneren Führer nicht in mein Leben bringe, wird mein Dienst an der Menschheit nutzlos sein.

PUNDIT: Vidyasagar, du bist wahrhaft groß. Deine Aufrichtigkeit hat mich tief im Herzen berührt. Du erfüllst deine Aufgabe mit solcher Ergebenheit, höchst seelenvoll. Der Schöpfer in dir ist wirklich groß, doch leider bereitet der Kritiker in dir Probleme. Sei nicht der Kritiker, sondern sei ein Liebender der Menschheit. Du bist der Schöpfer, der Liebe in den Menschen erschafft. Du willst Vollkommenheit, und Vollkommenheit ist es, die Gott dir geben wird. Es wird dein ständiger Dienst sein, den du Ihm und der Menschheit widmest, der dir Vollkommenheit schenken wird. Du bist tätig. In deinen Aktivitäten wird die Selbst-Vervollkommnung dämmern. Selbstkritik wird dir niemals Vollkommenheit geben. Vidyasagar, ich erteile dir Ratschläge, aber eigentlich bist du es, der mir jede Sekunde meines Lebens Ratschläge geben sollte.

VIDYASAGAR: Nein, Gott spricht in und durch dich. Ich bin dir so dankbar, Pundit. Von nun an, jetzt, da ich Ramakrishna gesehen habe, werde ich meinem spirituellen Leben mehr Aufmerksamkeit schenken. Mein spirituelles Leben und mein Leben der Widmung an die Menschheit werden Hand in Hand gehen. Mein Leben der Verwirklichung und mein Leben der Widmung, welche die Manifestation der Liebe und des Lichtes auf Erden ist, werden von nun an Hand in Hand gehen.

PUNDIT: Vidyasagar, ein Mann wie du ist sehr selten zu finden. Bengalen ist gesegnet, weil es dich sein Eigen nennen kann. Mutter Erde ist gesegnet, weil sie dich ihren auserwählten Sohn nennen kann.

Die Synthese aller Religionen

Besetzung

SRI RAMAKRISHNA — THAKUR

HRIDAY (NEFFE UND BEGLEITER VON THAKUR)

NAREN, RAKHAL, BABURAM, TARUP (SCHÜLER VON THAKUR)

5. AKT 1. SZENE

(Es ist Nacht. Thakur spaziert in einer kontemplativen Stimmung unter den Bäumen des Panchavati-Hains. Hriday tritt ein.)

HRIDAY: Onkel, lass uns nach Hause gehen. Es ist kalt und es weht ein sehr rauher Wind. Die ersten Nebenschwaden bilden sich bereits. Du kümmerst dich nicht um dich selbst.

THAKUR: Geh du schon. Ich komme nach.

(Hriday geht weg.)

(Thakur meditiert. Hriday tritt erneut auf.)

HRIDAY: Bleibe nicht zu lange, Onkel, komm nicht zu spät. Du vergisst alles, und ich bin dann derjenige, der später darunter leidet.

THAKUR: Was kann ich machen? Meine Mutter hat mich hierher bestellt. In dem Augenblick, wo sie mich bittet, nach Hause zu gehen, werde ich gehen. Glaubst du, dass ich nicht darunter leide, wenn ich dich um meinetwillen leiden lasse?

HRIDAY: Ich gehe jetzt, aber komm nicht zu spät.

(Hriday tritt ab.)

THAKUR: Die Synthese aller Religionen, die Vereinigung von Ost und West, Selbst-Weihung, Selbst-Aufopferung: Das sind alles große, große Worte, große Theorien, große Ideen, große Ideale. Aber wo sind sie, Mutter? Mutter, du sprichst zu mir über all diese Dinge. Das sind so hohe Ideale. Aber wo sind deine geweihten Soldaten? Mutter, du belügst mich niemals. Wo sind sie? Wo sind deine auserwählten Kinder? O aus-erwählte Kinder meiner Mutter Kali, mein Herz verzehrt sich nach euch. Kommt! Kommt! Verrichtet die Arbeit der Mutter. Ihr müsst die Mutter auf der Erde erfüllen. Ihr müsst die Mutter auf der Erde manifestieren.

(Naren tritt auf.)

THAKUR (voller Zuneigung und Liebe): Ah, Naren, du bist gekommen. Nach so langer Zeit bist du zu mir gekommen. Seit so langer Zeit habe ich zu weltlichen Leuten gesprochen. Vom Hören der ständigen Beschwerden und dem unstrebsamen Geplapper gewöhnlicher Leute bin ich praktisch taub geworden. Die Leute werfen all ihre weltlichen Begierden in mich. Im Augenblick habe ich niemanden, zu dem ich über mein inneres Leben sprechen kann. Ich habe keinen, dem ich erzählen kann, was in meinem Herzen vor sich geht. Naren, sag mir, wann wirst du wieder kommen?

NAREN: Sobald sich eine Gelegenheit bietet, werde ich wieder zurück sein. Warum denkst du so viel an mich? Warum sprichst du ständig zu anderen über Naren, Naren, Naren? Kennst du nicht die Geschichte aus den Puranas über König Bharata, der ständig an sein Reh dachte? Schließlich wurde er in seiner nächsten Inkarnation zu einem Reh.

THAKUR: Du hast recht. Aber was kann ich machen? Ich kann meinen Verstand nicht von dir abwenden. Die ganze Zeit denke ich an dich. Wenn ich dich nicht sehe, fühle ich mich miserabel. (Er schließt die Augen und spricht zu Mutter Kali.) Mutter, hör dir an, was mir Naren sagt. (Nach einiger Zeit öffnet er die Augen und spricht zu Naren.) Ich werde nicht auf dich hören. Was du sagst stimmt nicht. Mutter sagt, dass ich dich als Narayan sehe, ich sehe dich als die Inkarnation von Gott. An dem Tag, an dem ich dich nicht als die Inkarnation Gottes sehe, werde ich dir nicht einmal mehr ins Gesicht sehen.

NAREN: Wenn das wahr ist, warum hast du mich dann über einen so langen Zeitraum ignoriert? Ich bin zu dir gekommen, und du hast mich gemieden und mich gnadenlos ignoriert. Bei meinen letzten Besuchen hast du mir gegen-über solche Geringschätzung entgegen gebracht.

THAKUR: Mutter, Mutter, hör dir diesen Knaben an! (zu Naren) Kann ich dich meiden? Kann ich dich ignorieren? Kann ich dir Geringschätzung entgegen bringen? Unmöglich! Du hast keine Ahnung; du kannst mein inneres Wirken nicht erfassen. Naren, beantworte mir eine Frage. Zugegeben, ich war nicht freundlich zu dir. Ich war sehr lieblos und gemein zu dir. Warum kommst du dann immer noch zu mir?

NAREN: Ich komme hierher, um dir zuzuhören. Ich verehre dich. Ich bete dich an. Thakur, ich will dich sehen, selbst wenn du unfreundlich zu mir bist. Ich liebe deine Gegen-wart. Ich liebe deine kontemplative Stimmung. Ich liebe deine Trance. Ich liebe alles, was du tust, einfach weil ich dich liebe.

THAKUR: Mein Sohn, ich habe dich geprüft. Ich wollte sehen, was geschehen würde, wenn ich dir keine Zuneigung und Liebe entgegenbringen würde – ob du bei mir bleiben würdest oder nicht. Nur du allein kannst solch Gleichgültigkeit und Geringschätzung von mir ertragen. Wäre es jemand anderes gewesen, so wäre diese Person nicht mehr zu mir gekommen. Niemand außer dir wäre bei mir geblieben. Wen immer ich so behandelt hätte wie dich, diese Person hätte mich bis zum Ende ihres Lebens gehasst.

NAREN: Es ist nur deines Mitgefühls und deiner Liebe zu verdanken, dass ich geblieben bin. Du weißt, dass ich sehr schnell zornig werden kann. Doch du hast mir in deinem Herzen Zuflucht gewährt. Du hast mich in deine Seele aufgenommen und zu deinem wahren Sohn gemacht.

THAKUR (lächelnd): Naren, ich habe okkulte Kräfte, okkulte Kräfte in Hülle und Fülle, alle okkulten Kräfte. Aber was mache ich mit ihnen? Ich trage ja nicht einmal Kleider. Wer wird diese Kräfte nutzen? Ich denke daran, der Mutter zu sagen, dass ich dir gerne alles übertragen möchte, all meine okkulten Kräfte. Du musst viel Arbeit für die Mutter leisten. Wenn ich dir diese Kräfte gebe, wirst du in der Lage sein, äußerst effektiv für die Welt zu arbeiten. Was hältst du von dieser Idee?

NAREN: Sag mir bitte, werden mir diese okkulten Kräfte dabei helfen, Gott zu verwirklichen?

THAKUR: Nein, sie können dir nicht dabei helfen, Gott zu verwirklichen. Aber wenn du beginnst, für Gott zu arbeiten, werden sie sehr nützlich sein.

NAREN: Dann möchte ich sie nicht. Zuerst möchte ich Gott. Nach der Gottverwirklichung ist es deine und Gottes Entscheidung, mir okkulte Kräfte zu gewähren.

THAKUR: Ausgezeichnet, ausgezeichnet! O mein Naren, wer sonst ist wie du? Wer sonst ist ohne Gier, so wie du es bist? Die meisten Sucher sehnen sich nach okkulten Kräften, doch ich bin begierig, dir meine okkulten Kräfte zu geben, und du willst sie nicht. Du willst Gott, mein Sohn, und nicht meine okkulten Kräfte, und Gott ist das Einzige, das wir alle brauchen.

(Rakhal, Baburam und Tarup treten auf. Sie verbeugen sich vor Thakur.)

THAKUR: Man muss so hundertprozentig Gott hingegeben sein wie Naren. Nur dann kann man Gott verwirklichen.

RAKHAL: Ich weiß. Seine Aufrichtigkeit hat mich außer-ordentlich beeindruckt. Mein Bruder ist voller Liebe zu dir, voller Liebe zu Gott. Darf ich dir heute eine Frage stellen?

THAKUR: Selbstverständlich, selbstverständlich. Wenn ich deine Frage nicht beantworte, wessen Frage sollte ich sonst beantworten?

RAKHAL: Bitte erkläre mir den Kern der Vaisnava Philosophie.

THAKUR: Die Vaisnava Philosophie ist sehr einfach. Liebe die Menschheit, diene der Menschheit: das ist die Philosophie.

RAKHAL: Bitte erkläre es mir genauer. Es ist mir nicht ganz klar.

THAKUR: Behalte den Namen Gottes in deinem Gedächtnis. Die Wahrheit und der Besitzer der Wahrheit sind eins. Krishna der Gott und sein wahrer Verehrer sind eins. Die ganze Welt des Verehrers besteht aus Krishna, dem Gott und sonst nichts. Krishna ist für ihn zu allem geworden. Das ist es, was ein wahrer Vaisnava denkt und woran er glaubt, und es ist vollkommen wahr. Wir müssen allen Menschen Mitgefühl entgegenbringen. (macht eine Pause) Nein, ich habe unrecht. Wer sind wir denn, dass wir allen Menschen Mitgefühl entgegenbringen könnten? Wir sind unbedeutender als Ameisen. Welches Recht, welche Fähigkeit haben wir, der Menschheit zu helfen? Wir müssen allen Menschen dienen, in dem Wissen, dass sie alle Manifestationen Gottes sind. Dies ist die richtige Einstellung. Wir müssen allen Menschen dienen, indem wir uns bewusst sind und es auch fühlen, dass sie alle Manifestationen Gottes sind.

TARUP: Sag mir bitte, wie ich Reinheit besitzen kann.

THAKUR: Liebe die Menschheit und diene der Menschheit so ergeben wie möglich. So wirst du automatisch Reinheit erlangen. Du solltest in jedem Menschen Gott sehen. Nur dann wirst du Ergebenheit erlangen. Und wenn du Ergebenheit, wahre Ergebenheit gegenüber Gott hegst, wird dein Herz rein sein.

NAREN: Wenn Gott mir jemals die Möglichkeit und die Fähigkeit gibt, werde ich vor der ganzen Welt predigen. Ich werde zur ganzen Welt sprechen; die Reichen und die Armen, die Brahmanen und die Chandalas werden deine Botschaft von mir hören. Ich möchte deine Botschaft der ganzen Welt anerbieten. Bitte segne mich, so dass mein Verlangen erfüllt werde.

THAKUR: Mein Segen ist bereits hier. Er ist für euch, für euch alle. Er ist in den letzten Jahren auf euch herab geregnet. Mutter spielt in und durch euch alle ihr eigenes Spiel. Ihr seid alle einfach nur Instrumente der Mutter.

(Hriday tritt auf)

HRIDAY: Onkel, ich ertrage dich nicht länger. Es ist unmöglich. Du bist wirklich verrückt geworden. Nun weiß ich, dass du unter dieser Erkältung leiden wirst, und ich werde noch viel mehr leiden.

THAKUR: Ach, das habe ich ganz vergessen. Hriday, vergib mir, vergib mir. Kommt, kommt alle, kommt!

(Alle außer Naren treten ab. Naren setzt sich mit gefalteten Händen auf den Boden und singt.)

Jago amar swapan sathi
jago amar praner pran
jago amar chokher jyoti
rishi kabi murtiman
jago, jago, jago
jago amar bishwal hiya
byapta jaha bishwamoy
jago amar sei chetana
bishwatite shesh ja noy
jago, jago, jago
jago amar dhyani-swarup
jago amar baddhwa jib
sarba jiber tandra tuti
jago amar mukta shib
jago, jago, jago

(Erhebe dich, erwache, o Freund meines Traumes.
Erhebe dich, erwache, o Atem meines Lebens.
Erhebe dich, erwache, o Licht meiner Augen.
Oh Seher-Dichter in mir, offenbare dich in und durch mich.
Erhebe dich, erwache, o weites Herz in mir.
Erhebe dich, erwache, o mein Bewusstsein,
das ständig über das Universum und
sein eigenes Leben des Jenseits hinauswächst.
Erhebe dich, erwache,
o Form meiner transzendentalen Meditation.
Erhebe dich, erwache, o gefesselte Göttlichkeit in der Menschheit.
Erhebe dich, erwache, o Shiva, Befreier meines Herzens,
und befreie die Menschheit von ihrem Unwissenheits-Schlaf.)

Trinkt, trinkt den Nektar meiner Mutter

Besetzung

SRI RAMAKRISHNA

SCHÜLER

HAUPTMANN (EIN SCHÜLER)

EIN VEREHRER

6. AKT 1. SZENE

(Ramakrishna mit seinen Schülern. Der Hauptmann kommt herein.)

SRI RAMAKRISHNA: Kommt herein, Hauptmann. (Der Hauptmann verbeugt sich vor Sri Ramakrishna.) Ich weiß, dass du die Bhagavad Gita viele, viele Male gelesen habt. Ich würde von dir so gerne etwas über die Gopis* hören.

HAUPTMANN: Als Krishna in Vrindavan war, hatte er keinen Besitz, doch die Gopis liebten ihn inniger als ihr eigenes Leben. Ihre Liebe zu Krishna war so rein, so echt, so göttlich. Sie brachten ihm sowohl ihre vitalen Begierden, als auch das intensive Streben ihres inneren Wesens dar. Sie gaben ihm alles.

SRI RAMAKRISHNA: Krishna, Krishna… (Fällt in Trance.) Hauptmann, erzähle mir mehr darüber.

HAUPTMANN: Selbst die großen Yogis können keinen freien Zugang zu Krishnas Herzen haben, von gewöhnlichen Yogis ganz zu schweigen. Doch aufgrund ihrer hingebungsvollen Liebe und ihrer bedingungslosen Hingabe an ihn, hatten die Gopis ständig freien Zugang zu Krishnas Herzen.

EIN VEREHRER: Thakur, unser berühmtester Romanautor, Bankim Chandra, hat erst kürzlich ein exzellentes Buch über Krishna geschrieben.

SRI RAMAKRISHNA: Tatsächlich. Wisst ihr, dass Bankim nicht an Radha glaubt? Er glaubt nur an Krishna.

HAUPTMANN: Das bedeutet, dass er nicht an Krishnas göttliche Lila glaubt.

SRI RAMAKRISHNA: Bankim sagt aber auch, dass das Sexualleben notwendig ist.

HAUPTMANN: Es ist sehr eigenartig, dass er auf der einen Seite denkt und fühlt, dass das Sexualleben notwendig ist, während er auf der anderen Seite nicht an göttliche Lila, das göttliche Spiel glaubt. Ich sehe nichts als Widersprüche in ihm.

SRI RAMAKRISHNA: Du nennt es Widersprüche und ich nenne es einen Mangel an Erkenntnis. Reines Bücherwissen und Gottverwirklichung können niemals, niemals dasselbe sein. Für Gottverwirklichung müsst ihr beten, müsst ihr meditieren. Ihr müsst schreien wie ein kleines Kind. Ein Kind schreit nach seiner Mutter und findet ihr Gehör. Wenn ihr wie ein Kind nach dem Nektar der göttlichen Mutter schreit, werdet ihr ihn ohne Zweifel bekommen. Trinkt, trinkt den Nektar meiner Mutter Kali, trinkt soviel ihr davon wollt. Seid unsterblich, meine süßen Kinder.

Dieser Körper wird nicht sehr lange hier verweilen

Besetzung

SRI RAMAKRISHNA

RAKHAL

NAREN

ANDERE AUSERWÄHLTE SCHÜLER

7. AKT 1. SZENE

(Sri Ramakrishna mit einigen seiner auserwählten Schülern.)

SRI RAMAKRISHNA: Meine Gesundheit verschlechtert sich sehr schnell.

RAKHAL: Bitte sag uns, was wir tun können, damit du deine Gesundheit wieder erlangst.

SRI RAMAKRISHNA: Das hängt vom Willen Gottes ab.

NAREN: Ich weiß, dass dein Wille untrennbar eins mit dem Willen Gottes geworden ist.

SRI RAMAKRISHNA: In diesem Körper leben zwei Personen: Gott in Form eines Avatars und Gott in Form eines Verehrers. Die Verehrer eines Avatars kommen mit ihm und gehen mit ihm fort.

RAKHAL: Dann darfst du nicht allein fortgehen und uns zurücklassen.

SRI RAMAKRISHNA: Die Bettelmönche und Pilger-Sänge r tauchen völlig unerwartet aus dem Nichts auf. Sie singen und tanzen und verschwinden dann wieder völlig unerwartet. Kaum jemand erkennt ihr inneres Streben. In ähnlicher Weise tauchen spirituelle Meister auf und verschwinden wieder, ohne erkannt zu werden. (Ramakrishna schließt eine Minute lang die Augen.) Ich sage euch allen, dass ein Leben ohne Entsagung überhaupt kein Leben ist. Entsagt eurer Unwissenheit. Entsagt eurem Wissen. Verzichtet auf das, was ihr habt, und verzichtet auf das, was ihr seid.

NAREN: Wenn ich über Entsagung spreche, reagieren einige Zuhörer ziemlich verärgert.

SRI RAMAKRISHNA: Naren, hab keine Angst vor ihnen. Sage, was du zu sagen hast. Es ist durch Entsagung, dass du Gott verwirklichen kannst und wirst. (liebkost Naren.) Viel.

NAREN: (mit einem Lächeln): Was meinst du mit „viel“?

SRI RAMAKRISHNA: Dass du bereits viel Entsagung errungen hast. Naren, ich habe dir viele Male gesagt, dass du für mich in die Welt gekommen bist.

NAREN: Ich verstehe nicht ganz, was du sagst. Bitte erkläre es mir.

SRI RAMAKRISHNA: Du bist hier auf Erden, um mich zu manifestieren. Ich habe dir bereits alles gegeben, was ich habe. Ich habe nichts mehr übrig.

NAREN: Heißt das, dass ich alles glauben muss, was du mir sagst?

SRI RAMAKRISHNA: Du wirst mir nicht nur glauben, sondern du wirst die ganze Menschheit dazu bringen, daran zu glauben, wer ich bin.

NAREN: Du redest. Ich höre zu.

SRI RAMAKRISHNA: Das ist wahr. Aber in naher Zukunft wirst du handeln.

NAREN: Vom Staub deiner Füße allein kannst du Millionen von Narens wie mich zum Leben erwecken.

SRI RAMAKRISHNA: Hör auf, hör auf. Vom Herzen Gottes selbst, ja vom Atem Gottes selbst bist du gekommen. Naren, mein Naren, mit dir bin ich vollständig.

NAREN: Thakur, in deinem Herzen bin ich erfüllt. Zu deinen Füßen bin ich vollkommen.

(Er wirft sich Ramakrishna zu Füßen.)

Sri Ramakrishnas Abschied

Besetzung

SRI RAMAKRISHNA

SARADA DEVI

ERSTER SCHÜLER

ZWEITER SCHÜLER

DRITTER SCHÜLER

ANDERE SCHÜLER

NAREN

8. AKT 1. SZENE

(Der Tag von Sri Ramakrishnas Hinscheiden. Seine Schüler und seine Gefährtin, Sarada Devi, stehen neben seinem Bett. Drei Schüler stehen etwas abseits von den anderen.)

ERSTER SCHÜLER: Es schmerzt mich, unseren Meister so zu sehen. Seine gebrechliche Hülle scheint weniger verlässlich als ein vom Sturm gepeitschtes Floß.

ZWEITER SCHÜLER: Und dennoch, wenn man tief in sich geht, kann man immer noch seine göttliche Persönlichkeit entdecken. Selbst jetzt kann man unmöglich an seiner Größe zweifeln. Seiner Lehre wohnt ein gewaltiger Wille inne, der die Welt erzittern lassen kann.

DRITTER SCHÜLER: Kein junger Inder der sich erhebenden Generation kann davon träumen, dem subtilen Einfluss von Sri Ramakrishna Paramahansa zu entgehen.

ERSTER SCHÜLER: Ramakrishna wird dem einen als ein Mann überschäumender Gefühle erscheinen, dem zweiten als ein Mann glühenden Strebens, dem dritten als ein Mensch voll philosophischer Weisheit, und dem vierten als ein Mensch von einmaliger Aufrichtigkeit.

ZWEITER SCHÜLER: Es ist unvermeidlich, dass verschiedene Personen unterschiedliche Auffassungen über seine Persönlichkeit haben. Denn in einem Fall wie diesem ist eine fehler-hafte intellektuelle Analyse unmöglich und all unsere menschliche Urteilskraft wird kläglich darin versagen, eine brauchbare Antwort zu liefern. DRITTER SCHÜLER: Doch niemand wird jemals zögern, ihn als das meist geliebte Kind der göttlichen Mutter Kali zu bezeichnen. Das einzige Ziel in seinem Leben war nichts zu haben außer einem ständigen Einssein mit Mutter Kali. Dieses Ziel erfüllte er. Wir können die Botschaft seines Lebens in einem Wort zusammenfassen: Mutter.

ERSTER SCHÜLER: Es ist auch Ramakrishna, der die größte Achtung für Frauen gezeigt hat, die die Welt jemals gekannt hat. Er fühlt, dass die Frauen die Verkörperung der göttlichen Mutter sind, und er behandelt sie als göttlich. Seine eigene Partnerin, Sarada Devi, verehrt er als die Göttliche Mutter selbst.

ZWEITER SCHÜLER: Das höhere Bewusstsein, das ständig durch den Verstand und durch das Herz von Ramakrishna fließt, übt nicht nur einen einzigartigen Einfluss auf uns, seine Schüler aus, sondern auch auf alle Personen um ihn herum. Es hebt alle über die gewöhnliche Ebene hinaus, um uns an der Süße des Himmels teilhaben zu lassen. Sein Leben selbst ist die wirkungsvollste Widerlegung des Halb-Gläubigen und des Nicht-Gläubigen an das Göttliche.

DRITTER SCHÜLER: Hier ist der Mann, dessen entschiedene Stimme erklärt hat, dass er nicht nur den Allmächtigen gesehen hat, sondern dass er Ihn auch seinem geliebten Schüler, Naren, zeigen kann.

(Narens Namen hörend, öffnet Ramakrishna leicht seine Augen.)

Sri RAMAKRISHNA (pathetisch): Naren … Naren, warum bist du still? Du schaust verwirrt aus, fast wie vor den Kopf gestoßen. Ich habe deine Gedanken gelesen. Naren, zweifelst du noch immer an mir?

(Naren kommt näher zu seinem Meister heran, doch er verharrt in Stille.)

Sri RAMAKRISHNA: Derjeniger, der Rama ist, derjenige der Krishna ist, ist in einer Form Ramakrishna.

(Tränen vergießend verbeugt sich Naren vor Sri Ramakrishna und berührt seine Füße.)

NAREN: Ich werde dich nicht mehr anzweifeln, Thakur. In deiner Gegenwart habe ich herausgefunden, dass ein Mensch selbst in diesem Körper vollkommen sein kann. O Meister, der Zweck der Herabkunft von Avataren wie dir ist für das Emporheben und den weiteren Fortschritt der Menschheit im Prozess der Evolution. Du fährst fort, in deinem weltlichen Körper Gutes für die Menschheit zu tun, solange es dem Interesse der Menschheit dient. Du bist frei von den Ergebnissen deiner Handlungen, gut oder schlecht, groß oder klein.

SARADA DEVI: Nun, da meine Kali-Ramakrishna dabei ist, hinter den Vorhand der Ewigkeit zu treten, quält ein entsetzlicher Schmerz mein Herz.

(Sie beginnt bitterlich zu weinen.)

(Zur Überraschung von allen erhebt sich Ramakrishna leicht.)

RAMAKRISHNA: Warum weinst du so bitterlich? Ich lasse deinen Naren hier bei dir zurück.

SARADA DEVI: Ja, mein Göttlicher Herr, es ist wahr. Du bist der Same, der im Nährboden der Erde gesät wurde, und unser Naren ist die reife Frucht, welche die Menschheit ernten wird. Thakur ist die Inspiration, sein Naren ist ihr Ausdruck. Und so wird die Menschheit beides, Inspiration und Ausdruck, als ihre einzigartigen Besitztümer haben. (Sie verbeugt sich vor Ramakrishna.) Ehre sei dir, Thakur. In dir sehen wir ein triumphierendes lebendes Beispiel der Wahrheiten, die du verkündest. Dir bringen wir unsere tiefste Ehrerbietung dar. Unsere Herzen fühlen, dass das, was du besitzt, die Unendlichkeit ist, und dass die Unendlichkeit das ewige Heim deines Herzens ist.

(Sri Ramakrishna verlässt den Körper.)

Vivekananda wartet auf eine innere Botschaft

Besetzung

VIVEKANANDA

EIN BOTE

9. AKT 1. SZENE

(Madras. Vivekananda befindet sich in seinem Zimmer.)

VIVEKANANDA (spricht zu sich selbst): Es ist nicht, um die Neugier meines Verstandes zu befriedigen, dass ich beschlossen habe, nach Amerika zu segeln. Nein, es geschieht nicht aus dem Wunsch heraus, um in der Welt Aufsehen zu erregen. Der stille Segen meines Meisters hat das Inspirations-Feuer in mir entfacht, sein Licht mit der Erde und der Seele Amerikas zu teilen. Kein Land ist anderen Ländern in allen Bereichen des Lebens überlegen. In Bezug auf Spiritualität sind uns die Amerikaner weit unterlegen, doch in Bezug auf ihre Gesellschaft sind sie uns weit überlegen. Der Osten hat sich vertan, indem er sich vom Materialismus abwandte; der Westen hat sich vertan, indem er die Spiritualität außer Acht lies. Mein tiefstes inneres Gefühl sagt mir, dass eine glückliche Verbindung dieser beiden für die Welt von größter Notwendigkeit ist. Ein Leben ohne Spiritualität ist ebenso armselig wie ein Leben ohne materiellen Rückhalt. Daher muss der Osten mit der Dynamik des Westens aufgeladen werden, und der Westen muss mit der alten Weisheit des Ostens erleuchtet werden. Wir werden ihnen unsere Spiritualität lehren und werden selbst das Beste aus ihrem Gesellschaftssystem aufnehmen. Sri Ramakrishna hat die meisten der großen Weltreligionen durch seine direkte und unmittelbare Verwirklichung der Wahrheit dargestellt. Er ist tief ins Herz jeder einzelnen Religion vorgedrungen, hat die Essenz in sich aufgenommen und ist zur vollkommenen Verkörperung jedes einzelnen Weges zum Höchsten geworden. Seine Prinzipien sind in den einfachsten Worten formuliert, in Worte, die direkt in die Herzen der Menschen vordringen. Die Segnungen, die nicht nur Indien, sondern die ganze Welt von ihm, von seiner universellen Anteilnahme empfangen hat und empfangen wird, sind unvergleichlich. Ich betrachte die Welt als mein geliebtes Mutterland, und die Menschheit als meine wahren Brüder und Schwestern. Komme was wolle, ihnen mit der Seelen-erhebenden Botschaft meines Meisters zu dienen, ist meine geschätzte Religion.

Aber nun, kurz vor meiner Abreise nach Amerika, habe ich beschlossen, dass ich nur, wenn ich einen konkreten Hinweis meines Meisters erhalte, das Meer überqueren werde. Ich bin mir sicher, mein Thakur hätte meiner Reise nach Amerika zugestimmt, wäre er noch im Körper. Doch nun werde ich auf ein Zeichen von ihm warten.

2. SZENE

(Eine Woche später.)

VIVEKANANDA: In der vergangenen Woche habe ich so sehr auf ein konkretes Zeichen meines Meisters gewartet und gewartet, doch alles vergeblich. (Macht eine Pause.) Da meine spirituelle Mutter und mein Meister ein und dasselbe sind, werde ich sie um die Erlaubnis bitten, ins Ausland zu gehen. Ich werde von hier in Madras einen Brief an Sri Sarada Devi schreiben.

(Er setzt sich und beginnt, den Brief zu schreiben.)

3. SZENE

(Einige Wochen später.Naren singt:)

Ore mor kheya ore mor neye
ore ananda bani
niye jao mor trishita kshudhita
supta chitta khani

(O mein Boot, oh mein Fährmann,
o Botschaft transzendentaler Glückseligkeit,
trage mich.
Mein Herz ist durstig und hungrig,
und es liegt zugleich in tiefem Schlaf.
Trage mein Herz zum anderen Ufer.)

VIVEKANANDA: Bis jetzt habe ich noch immer keine Antwort von meiner göttlichen Mutter erhalten. Doch erst letzte Nacht hatte ich einen höchst bedeutungsvollen Traum, in dem ich Sri Ramakrishna über Wellen und Wasser gegen Westen ziehen sah. Dies betrachte ich als seine Zustimmung zu meinem Plan.

(Ein Bote tritt ein. Er übergibt Vivekananda einen Brief.)

VIVEKANANDA: Vielen Dank.

(Der Bote geht wieder.)

VIVEKANANDA: Ah! Von meiner göttlichen Mutter! (Er liest den Brief.) Der Brief enthält die Zustimmung meiner spirituellen Mutter. Sie hat aus vollem Herzen zugestimmt. Nun ist es mir möglich, meine Reise nach Amerika mit doppeltem Vertrauen anzutreten. Eine spirituelle Kraft von der Stärke Sri Ramakrishnas wird ihre Dynamik für immer beibehalten. Sie wird sich weit über die engen Grenzen einer kleinen Provinz, eines Landes, eines Kontinents hinaus ausdehnen. Der Ruf der spirituellen Lehre meines Meisters wird sich über alle Breitengrade hinweg verbreiten, er wird das Herz der Welt berühren und ihre schlummernde Seele erwecken.

Naren, du bist Thakurs Verheissung

Besetzung

NAREN

RAKHAL

EINIGE SPIRITUELLE BRÜDER

10. AKT 1. SZENE

(Naren ist soeben am Bahnhof angekommen. Er ist von einem triumphalen Besuch im Westen zurückgekehrt. Rakhal ist mit einigen seiner spirituellen Brüder gekommen, um ihn willkommen zu heißen. Sie alle loben ihn überschwänglich. Rakhal und die anderen Bruder-Schüler singen:)

Deshe deshe ghure berai deshe deshe
premer shikha bahan kare hese hese
sakal desher gopan katha
sakal praner byakulata
ek halo aj asim pathe
alinganer alor brate
hiya tarir majhi tomai bhalobese

(Von Land zu Land ziehen wir,
strahlend und lächelnd,
die Flamme göttlicher Liebe in uns tragend.
Der geheime Gedanke eines jeden Landes
und das Sehnen jedes Lebens werden hier eins.
Auf der Straße der Unendlichkeit,
in der Umarmung der Zusage
des erhabenen Lichtes,
oh Fährmann unseres Herzens-Bootes,
indem wir dich lieben, tun wir all dies.)

(Rakhal überreicht Naren eine Blumengirlande.)

NAREN: Rakhal, du bist es, der diese Girlande verdient. Du bist Thakurs Sohn. Thakur hat nur dich seinen Sohn genannt. Guruvat guru putreshu. „Der Sohn eines Gurus ist wie der Guru selbst.“ Daher bist du es, der diese Girlande verdient.

RAKHAL: Jaishtha vrata sama pita. „Ein älterer Bruder ist wie der eigene Vater.“ Du bist älter als ich. Du bist wie mein Vater. Du bist es, der diese Girlande verdient. Und ich werde sie dir umlegen.

NAREN: Nein, Rakhal. Thakur pflegte zu sagen, dass du die höchsten Erfahrungen hattest. Deine Erfahrungen haben all unsere Erfahrungen übertroffen. Du bist der Raja, der König. Ich bin so stolz auf dich, auf deine spirituellen Errungenschaften.

RAKHAL: Naren, Thakur sagte zu uns, du würdest unser Anführer sein. Wir sollten dich stets als unseren geliebten Anführer betrachten. Wir sollten dir stets zu Diensten sein. Dir zu dienen, dich zufrieden zu stellen, auf dich zu hören, einzig das wird es sein, das uns Freude schenkt.

NAREN: Rakhal, mit der Erhabenheit deiner Seele und mit der Dynamik meiner Seele werden wir unseren Herrn, Sri Ramakrishna, in jedem Winkel Indiens offenbaren. Und nicht nur in Indien, sondern rund um die ganze Welt. In dir ist Thakurs Ruhe und Frieden.

RAKHAL: In dir ist Thakurs Stolz und Erfüllung. Du bist Thakurs Verheißung.

Naren, du bist meine Freude; du bist mein Stolz

Besetzung

SARADA DEVI

ERSTER SCHÜLER

EINIGE ANDERE ENGE SCHÜLER

NAREN

11. AKT 1. SZENE

(Sarada Devi mit einigen ihrer engen Schüler.)

SARADA DEVI: Ich bin so gespannt, meinen Naren zu sehen. Ich habe gehört, dass er bald hier sein soll. Ihr wisst, wie hart er in Amerika für Thakur gearbeitet hat. Durch ihn wird Thakur auf der ganzen Welt bekannt werden. Ich bin so stolz auf meinen Naren.

ERSTER SCHÜLER: Mutter, das ist alles nur deiner Gnade, es ist alles nur Thakurs Gnade zu verdanken. Aufgrund eurer Gnade war Naren in Amerika, im Westen erfolgreich. Er war nichts, absolut nichts, bevor er in euer Leben gekommen ist.

SARADA DEVI: Nein, er war alles. Thakur hatte ihn von der höchsten Welt herunter gebracht. Thakur hatte ihm alles gegeben, bevor er in diese Welt kam. Und dass Thakurs Name über die ganze Welt bekannt ist, ist nur der unaufhörlichen Widmung und dem intensiven inneren Streben meines Naren zu verdanken.

(Naren kommt herein.)

NAREN: Mutter, ich bin gekommen. (Er wirft sich Sarada Devi zu Füßen.) Mutter, ich werde deine Füße nicht berühren, und ich werde von nun an auch niemand anderem mehr erlauben, deine Füße zu berühren. Wir berührten Thakurs Füße und gaben ihm all unsere Unreinheiten und all unsere vitalen Begierden. Er nahm unsere Unreinheiten und unsere Unwissenheit bedingungslos an und starb daran. Deshalb möchte ich deine Füße nicht berühren und ich möchte nicht, dass irgendjemand anderes deine Füße berührt. Wenn wir deine Füße berühren, das weiß ich, wirst du augenblicklich all unsere Sünden von uns nehmen, so wie Thakur es getan hat. Und wenn du all unsere Sünden weg-nimmst, werden wir dich bald verlieren. Mutter, ich will dich nicht verlieren.

SARADA DEVI (indem sie ihn segnet): Du bist Thakurs liebster Sohn. Du wirst für immer sein liebster Sohn bleiben.

NAREN: Mutter, viele, viele, viele Male habe ich an Thakur gezweifelt. Selbst an dem Tag, an dem er die Erdarena verließ, zweifelte ich an ihm. Doch aus seiner unendlichen Güte heraus, überzeugte er mich an seinem Sterbebett davon, wer er ist. Mutter, ich bin der kleinste Tropfen des Mitgefühl-Meeres, das Sri Ramakrishna verkörpert. Mutter, ich bin so stolz, dass ich niemals an dir oder deiner Verwirklichung auch nur eine Sekunde lang gezweifelt habe. Mutter, in diesem Leben wirst du das einzige Objekt meiner Verehrung sein. Deine Verehrer, deine Schüler, deine Kinder allein werden die auserwählten Werkzeuge Gottes sein. In dir fühle ich die lebende Anwesenheit von Mutter Kali. Ich sehe dich als die Mutter des Universums. Ich betrachte dich als die Eine, die höchste Göttin. Ich sehe dich als Thakur. Du trägst das Banner von Thakurs Licht. Mutter, du hast dich im Verborgenen gehalten. Aber wie kannst du dich nun vor all deinen liebenden Kindern verbergen? Du kannst es nicht. In dir ist die reinste und vollkommenste Manifestation Gottes. In dir, Mutter, ist meine Verwirklichung.

SARADA DEVI: Naren, Thakur schenkte dir seine unendliche Liebe und seine unendliche Anteilnahme. Er gab dir sein All. Mein Naren, ich schenke dir meine unendliche Freude und meinen unendlichen Stolz. Ich gebe dir mein All.

(Naren singt:)

He karuna sindhu
ami taba bindu
charan tale thai
nitya jena pai
jani janani jani
tomai ami hani
ananda indu

(O Ozean des Mitgefühls,
ich bin Dein winzigster Tropfen.
Zu Deinen Füßen suche ich
stets meinen Zufluchtsort.
Ich weiß, Mutter, ich weiß,
Dich schlage ich, Dich verletze ich.
mein Mond der Licht-Glückseligkeit.)

Zwei Mütter und ein Sohn

Besetzung

SARADA DEVI (GÖTTLICHE GEFÄHRTIN VON SRI RAMAKRISHNA UND SPIRITUELLE MUTTER VON VIVEKANANDA)

VIVEKANANDA

BHUVANESHWARI (LEIBLICHE MUTTER VIVEKANANDAS)

EINE FREUNDIN VON BHUVANESHWARI

12. AKT 1. SZENE

(Sarada Devi und Vivekananda sind draußen am Belur Math.)

SARADA DEVI: Naren, erzähl mir etwas über deine Mutter.

VIVEKANANDA: Göttliche Mutter, dein unendliches Mitgefühl erleuchtet mein Leben der Unwissenheit. Du willst, dass ich etwas über meine physische Mutter erzähle. In meiner Kindheit fand ich meine Vertraute in niemand anderem als meiner Mutter. Ich vertraute ihr alles an. Nur sehr selten, in sehr außergewöhnlichen Situationen verlor sie ihre Geduld und ihr Vertrauen. Ich habe ihr Güte und ihre Süße oft über das Maß beansprucht, so wie ich jetzt dein Mitgefühl und deine Vergebung über das Maß beanspruche.

SARADA DEVI: Naren, süßer als das Süßeste ist das Lächeln der physischen Mutter. Tiefer als das Tiefste ist ihre Zuneigung. Mächtiger als das Mächtigste ist die Macht ihres Segens. Weiter als das Weiteste ist ihre Hoffnung für ihre Kinder. Von deiner physischen Mutter hast du nicht nur moralische Reinheit und einen schöngeistigen Sinn geerbt, sondern auch viele intellektuelle Fähigkeiten und ein unvergleichliches Gedächtnis. Ihr Einfluss hat dein Leben auf bedeutende Weise geformt, und dein Einfluss lässt die Welt erbeben.

VIVEKANANDA: Mutter, meine liebste spirituelle Mutter, Mutter meiner Seele und meines ewigen Lebens, ganz gleich wie großartig die weltliche Mutter auch sein mag, ihre Liebe ist kein Vergleich zur selbstlosen Liebe der spirituellen Mutter. Es ist absolut notwendig, dass wir fühlen, dass unsere spirituelle Mutter unsere wahre Mutter ist und dass wir ihre wahren Kinder und göttlichen Krieger sind.

(Bhuvaneshwari und eine ihrer Freundinnen treten auf. Sie spazieren auf Vivekananda und Sarada Devi zu, bemerken sie aber nicht.)

BHUVANESHWARI: Ich bin froh, dass du mit mir zum Belur Math gekommen bist, um das Werk meines Sohnes Naren, seine großen Errungenschaften zu sehen.

FREUNDIN: Ja, all diese neu erbauten Gebäude und so eine wunderschöne Umgebung.

BHUVANESHWARI: Mein Naren hat all dies geschaffen.

(Vivekananda hört seine Mutter und wendet sich ihr augenblicklich zu.)

VIVEKANANDA: Mutter, ich muss dich korrigieren. Nicht dein Naren, sondern ihrer. (Indem er auf Sarada Devi zeigt, die meditiert.) Dein Naren ist unter keinen Umständen zu solchen Errungenschaften fähig. Ich befinde mich zwischen zwei Extremen: einer äußersten Unfähigkeit und einer allmächtigen Kraft. Dein Naren ist voller Unfähigkeit. Er konnte nach dem Tod seines Vaters nicht einmal für seine Mutter und die jüngeren Familienmitglieder sorgen. Der Naren meiner göttlichen Mutter ist voller Fähigkeiten. Ihr bedingungsloser Segen allein ist es, der mich zu dem gemacht hat, was ich jetzt bin. Mein wahrer Ursprung ist ihr Herz. Mein einziges Ziel sind ihre Füße.

(Naren singt:)

Ekla ami tomar kachhe jabona ma jabona
ekla ami tomai kabhu bandhbona ma bandhbona
tomar hiyar mauna bhasha
ei dharanir dipta asha
tomar praner premer dhara
moder lagi bandhan hara
ekla ami tomar kachhe jabona ma jabona
sabar sathe tomai pabo ei shudhu mor sadhana

(Alleine werde ich nicht zu dir kommen,
Mutter, ich werde nicht kommen.
Alleine werde ich dich nicht binden,
ich werde dich nicht binden.
Die Stille-Sprache deines Herzens,
die erleuchtende Hoffnung dieser Welt
und der Nektar-Fluss deines Herzens
sind stets in Fülle für uns da.
Alleine werde ich nicht zu dir kommen,
Mutter, ich werde nicht kommen.
Mit allen werde ich dich erreichen:
dies ist das einzige tiefe innere Streben meines Lebens,
die einzige Meditation meines Lebens,
das einzige Ziel meines Lebens.)

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