Sri Chinmoy antwortet, Teil 7

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Teil I

Frage: Ist es jemals vorgekommen, dass nach der Geburt eines Babys die Seele ihre Einstellung zu einer bestimmten Reinkarnation geändert hat und das Baby deswegen gestorben ist?

Sri Chinmoy: Ja, Dinge dieser Art sind schon vorgekommen. Und wenn die Seele den Körper länger als elf Stunden verlässt, kehrt sie normalerweise nicht mehr zurück.

Frage: Wenn eine Seele schon einen Körper angenommen hat und dann beschließt, ihn zu verlassen, könnte dann eine andere Seele ihren Platz einnehmen?

Sri Chinmoy: Nein, so wird es zwar in einigen mythologischen Geschichten aus Indien beschrieben, aber es funktioniert nicht auf diese Weise. Nur wenn die Seele ihren Plan ändert, bevor sie in einen Körper eintritt, kann eine andere Seele ihren Platz einnehmen.

Frage: Hat ein Meister jemals das Geschlecht einer Person verändert?

Sri Chinmoy: Äußerst selten trat der Fall ein, dass zwar ein femininer Körper mit einer femininen Seele geboren wurde, aber in der okkulten Welt, sagen wir Mutter Kali, einen maskulinen Körper mit einer maskulinen Seele wünschte. Dazu musste ein spiritueller Meister seine höchste, schnellste und stärkste okkulte Kraft aufbringen. Länger als sieben Stunden musste der Meister damit ringen, denn es ist überaus schwierig, wenn der materielle Körper bereits geformt ist. Man muss das Herz völlig verändern und die Seele entfernen, damit eine andere Seele eintreten kann.

Frage: Wäre ein spiritueller Meister imstande, den Verstand einer erwachsenen Person vollständig zu entfernen und einen anderen Verstand an dessen Stelle zu setzen?

Sri Chinmoy: Nehmen wir an, du seiest vierzig Jahre alt und Gott wünscht, dass du noch weitere fünfzig Jahre hier auf der Erde verbringst. Vielleicht sind dein Herz, dein Vitales und dein Körper außerordentlich gut, doch dein Verstand will sich dem Willen Gottes nicht hingeben. Du könntest den schnellsten Fortschritt erzielen, doch dein Verstand ist dir im Wege. In solch einem Fall könnte Gott einen spirituellen Meister bitten, deinen Verstand durch einen neuen Verstand zu ersetzen. Es wird mit bester Absicht und unendlicher Gnade vollbracht. Wenn so etwas stattfindet, ist das eine Art Experiment. Funktioniert es, so ist es wie ein Wunder. Doch manchmal weigert sich der alte Verstand zu gehen; er kommt zurück. Wenn der Meister einen neuen Verstand einsetzt, so ist es, als würde er eine neue Maschine einsetzen, die mehr Fähigkeiten und ein größeres Potential als die alte Maschine besitzt. Du erwartest von der neuen Maschine bessere Leistungen, doch manchmal funktioniert auch sie nicht.

Doch diese Dinge geschehen sehr, sehr selten, denn sie verfehlen die Absicht Gottes. Wenn Gott einen anderen Verstand einsetzen muss, so entspricht das nicht dem Plan, den Er hatte, als Er der Person den ursprünglichen Verstand gab.

Frage: Wenn zwei Seelen zueinander in Verbindung stehen, nehmen sie dann auch zur gleichen Zeit Inkarnationen an?

Sri Chinmoy: Ja, sie fassen in der Seelenwelt den Entschluss, dass sie gemeinsam auf die Erde kommen werden, zum Beispiel als Vater und Sohn oder Mutter und Tochter. Es ist kein Zufall, dass ein großer Tennisstar in die Familie eines weiteren großen Tennisstars geboren wird. Schon in der Seelenwelt hatten sie beschlossen, Tennis zu spielen, und so kommt eine Seele als Vater und eine als Sohn auf die Erde herab.

Frage: Wenn du von zwei Personen als Zwillingsseelen sprichst, bedeutet das, dass sie in einer früheren Inkarnation Zwillinge waren?

Sri Chinmoy: Es bedeutet nicht, dass sie Zwillinge waren. Es bedeutet, dass beide in früheren Inkarnationen ähnliche Neigungen und Interessen hatten. Zwillingsseelen sehen die Wahrheit aus einer ähnlichen Perspektive.

Frage: Was sind Gruppenseelen?

Sri Chinmoy: Einige Seelen kommen gemeinsam herab und bleiben zusammen, während sie sich auf der Erde befinden.

Eine Gruppe von Seelen kam herab, um sich Sri Rama­krishna anzuschließen; sie standen einander sehr, sehr nahe. Äußerlich mögen sie Unsicherheit empfunden haben und aufeinander eifersüchtig gewesen sein, aber im Grunde waren sie einander zugeneigt.

Frage: Ist sich die Erde dessen bewusst, wenn eine große Seele geboren wird und erscheint dann ein Zeichen, wie zum Beispiel ein Stern. Ist das der Wille der Seele?

Sri Chinmoy: Die Seele interessiert es nicht, ob der Stern diese Bahn oder eine andere zieht. Wenn ein König kommt oder wenn er geht, ehren ihn seine Untertanen mit Trompeten und Fanfaren, doch der König kümmert sich nicht darum.

Frage: Wenn die Seele eine Inkarnation annimmt, sind für sie die astrologischen Kräfte dann ebenso ausgewählt oder ist die Seele mehr oder weniger in jenen astrologischen Konditionen gefangen, die zur Zeit ihres Herabkommens herrschen?

Sri Chinmoy: Die Seele ist nicht gefangen. Die Seele steigt herab und die Planeten zeichnen die Geschehnisse auf, vergleichbar mit einer Person, die dich beobachtet, wenn du zum Beispiel zur Bank gehst. Auf dem Weg dahin begegnen dir verschiedenen Menschen und einer von ihnen beobachtet deine Bewegungen. Doch du siehst die Person nicht bzw. schenkst ihr keine Aufmerksamkeit, weil deine Aufmerksamkeit ganz auf dein Ziel gerichtet ist. Wenn die Seele herabsteigt, ist die Erde ihr Ziel. Man kann nicht sagen, dass die Seele von den Planeten zum Herabkommen gezwungen wird oder dazu, einen bestimmten Körper anzunehmen. Die Planeten haben nichts damit zu tun; sie zeichnen nur auf, was geschieht.

Das ist auch der Grund für meine Behauptung, dass die Astrologie eines Menschen aufgehoben werden kann. Sie ist wie eine Kassette. Du nimmst etwas auf eine Kassette auf; doch wenn du es löschen willst, so kannst du das Gesprochene mit etwas Neuem überspielen. Wenn die Seele herabkommt, lädt sie nicht die Leute ein, zu beobachten und ein Buch darüber zu schreiben. Die Astrologen fertigen eine Tabelle von den Planeten an und sagen voraus, was geschehen wird. Manchmal erfüllen sich ihre Prophezeiungen; doch wenn Gottes Gnade wirkt, kann alles aufgehoben werden.

Frage: Die Seele arbeitet also nicht mit den Planeten zusammen?

Sri Chinmoy: Die Seele kommt von einer Ebene, die jenseits der Reichweite der Planeten liegt. Es entspricht nicht den Tatsachen, wenn wir glauben, die Seele träfe sich mit den Sternen und den Planeten, um ihre Zusammenarbeit zu beschließen. Nein. Bevor die Seele auf die Erde herabkommt, wird sie mit dem Supreme, dem Höchsten, ein Gespräch über den Fortschritt in ihrer nächsten Inkarnation führen. Der Supreme teilt der Seele mit, was Er von ihr in ihrer nächsten Inkarnation erwartet. Zu diesem Zeitpunkt wird die Seele entweder vom Supreme selbst oder von einem Seiner Boten geführt. Die Seele verspricht, dass sie für den Supreme, während sie auf der Erde verweilt, gewisse Dinge vollbringen wird. Der Supreme sagt: „Ich hoffe darauf, dass du dies tun wirst. Ich glaube an dich.“ Die Seele gibt also dem Supreme ein Versprechen und die Hoffnung des Supreme liegt im Versprechen der Seele.

Frage: Wenn du einem Schüler seinen Seelennamen gibst, steht der Name dann mit dem Versprechen in Verbindung, das die Seele Gott in der Seelenwelt gab?

Sri Chinmoy: Der Seelenname, den ich gebe, ist sehr oft der äußere Hinweis auf das Versprechen der Seele. Wenn ich dir einen spirituellen Namen gebe, welcher die Qualität deiner Seele beschreibt, wird dir dieser Name behilflich sein, dich deiner inneren Qualitäten zu erinnern, damit du bewusst versuchen kannst, sie zu manifestieren. Innerlich teilt dir deine Seele ständig mit, was zu tun ist. Doch wenn du dir deiner Seelenqualitäten auch äußerlich bewusst bist und versuchst, sie zu manifestieren, dann werden dein Verstand und deine Seele in Einklang sein. Die Botschaft kommt von der Seele und der physische Verstand empfängt sie und versucht sie zu erfüllen.

Frage: Wenn die Seele in einem neuen Körper wiedergeboren wird, kann sie dann noch immer mit früheren Familienmitgliedern kommunizieren?

Sri Chinmoy: Wenn die Seele mit den Familienmitgliedern früherer Leben eine Verbindung aufrechterhalten will, so kann sie das. Sie könnte die Verbindung nicht nur aufrechterhalten, sondern auch genau in dieselbe Familie wiedergeboren werden. Allerdings wird sie dann zu der übrigen Familie nicht mehr im selben Verwandtschaftsverhältnis stehen. Nehmen wir an, du warst in einer bestimmten Inkarnation jemandes Tochter. In zukünftigen Inkarnationen könntest du die Mutter oder die Schwester dieser Person sein.

Frage: Wenn die Seele eine Inkarnation auswählt, was ist ausschlaggebender für sie, die Familie oder der Ort?

Sri Chinmoy: Die Familie ist wichtiger als das Land, aber das Land spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. In meinem Fall war es deswegen so einfach für mich, in den Sri Aurobindo Ashram einzutreten, weil ich in eine spirituelle Familie geboren wurde. Später, als Gott die Absicht hatte, kam ich nach Amerika, einem jungen Land, erfüllt von Lebendigkeit und Versprechen. Amerika ist ein ausgezeichneter Platz, doch für mich wäre es ein Fehler gewesen, eine Inkarnation in Amerika anzunehmen.

Da ich in einem kleinen Dorf geboren wurde, in dem Religion und das spirituelle Leben mit äußerster Aufrichtigkeit und Demut praktiziert werden, ist mein spiritueller Hintergrund sehr solide. Der Seelensamen wurde am richtigen Ort ausgesät und später wurde er dann auch am richtigen Ort, dem Sri Aurobindo Ashram, gehegt und gepflegt. Wäre ich in Amerika geboren worden, hätte ich vielleicht einen anderen Weg eingeschlagen und hätte kein spirituelles Leben geführt. Es war also für mich absolut notwendig, eine Inkarnation in einer spirituellen Familie in Indien anzunehmen.

Frage: Welche Umstände bestimmen den genauen Zeitpunkt, an dem die Seele den Körper verlässt?

Sri Chinmoy: Die letzte Note des Liedes wird entweder von der Seele selbst oder von einem Wesen beziehungsweise einem Vertreter des Supreme gespielt. Man könnte es vergleichen mit einer Maschine, die in einer Fabrik abgeschaltet wird. Es gibt viele Arbeiter, die wissen, wie man die Maschine ausschaltet. Die Maschine läuft eine längere Zeit und irgendwann befiehlt der Manager: „Einer von euch schaltet die Maschine ab!“ Er zeigt nicht auf eine bestimmte Person und sagt: „Schalte sie sofort ab!“ Er sagt einfach: „Jetzt werden wir aufhören.“ Manchmal vergehen ein paar Tage oder sogar ein paar Monate, bevor es tatsächlich passiert. In manchen Fällen wird der Manager sagen: „Schalte sie sofort aus!“ Dann könnte der Tod sehr rasch eintreten. Doch in anderen Fällen sagt Er: „Einer von euch schaltet die Lebensmaschine ab.“ Die Arbeiter teilen sich ihre Zeit ein und der Manager ist nicht so streng. Nach einiger Zeit werden dann ein, zwei Arbeiter sagen: „Der Manager hat uns befohlen, die Maschine abzuschalten. Wir werden es jetzt tun, sonst wird er böse.“ Dann macht sich einer an die Arbeit und schaltet die Maschine ab.

Frage: Das ist der Fall bei jemandem, der allmählich stirbt. Aber wie verhält es sich bei einem Flugzeugabsturz oder bei einem Unglück, bei dem viele Menschen involviert sind?

In der Seelenwelt wurde es bereits im Voraus festgelegt, dass diese Menschen gemeinsam an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Stunde sterben werden. Es ist wie ein Spiel. Entweder spielst du alleine oder gemeinsam mit anderen. Zu Hause jonglierst du zum Beispiel ganz alleine für dich oder du kannst mit ein paar anderen gemeinsam ein anderes Spiel spielen. Hier verhält es sich genauso. Diese bestimmten Seelen sind vielleicht mit den anderen Seelen in keinster Weise verbunden; ihnen ist nur eine gemeinsame Todesstunde vorausbestimmt. Folglich werden diese Seelen zusammen im Flugzeug sein.

Frage: Wenn eine Seele in einen bestimmten Körper geboren wird, verbleibt sie immer in diesem Körper, bis dieser stirbt, oder übernimmt manchmal eine weiter entwickelte Seele diesen Körper, um eine bestimmte Mission zu erfüllen?

Sri Chinmoy: Normalerweise ist eine Seele genug, aber jede Regel hat ihre Ausnahme. Ganz, ganz selten – vielleicht ein einziger Fall. Bei einer Milliarde oder einer Trillion von Fällen kann – wenn es der Wille des Supreme ist - die Seele entfernt und eine andere Seele auf ihren Platz gesetzt werden. Wenn es der Wille des Supreme ist, kann nicht nur die Seele, sondern auch das Herz ausgetauscht werden; Okkultisten sind in der Lage das zu tun. Das Herz versucht immer auf die Seele zu hören, doch manchmal scheitert es, weil durch das Vitale und durch den Verstand ein enormer Druck auf das Herz ausgeübt wird. Dann ist das Herz verwirrt und es gelingt ihm nicht, das Licht zu sehen. Wenn nun jemand das spirituelle Leben angenommen hat und das Herz keinen schnellen Fortschritt macht, kann der Supreme, wenn es Sein Wille ist, das Herz austauschen und ein anderes Herz dafür einsetzen. Dieser Austausch kann aus den verschiedensten Gründen erfolgen.

Wenn das Herz nicht auf die Seele hört oder wenn der Verstand, das Vitale oder der Körper nicht auf die Seele hören, wird die Reise der Seele verzögert. Wenn das der Fall ist, vermag die Seele nicht den schnellsten Fortschritt zu erzielen oder den Willen Gottes zu manifestieren. Die Seele, das Herz, das Vitale, der Verstand und der Körper sind wie Mitglieder einer Familie. Wenn du vier Kinder hast, hören vielleicht ein oder zwei Kinder auf dich, aber deine anderen Kinder nicht. Gelegentlich – zu deinem großen Kummer – revoltieren alle Kinder gleichzeitig. Im Falle des Suchers könnten nicht nur der Verstand, sondern auch das Vitale und der Körper revoltieren. Und sogar das Herz könnte in Finsternis gehüllt sein. Die Situation wäre dann wirklich bedauernswert, wenn alle Kinder ungehorsam sind. Doch in fast allen Fällen handelt die Seele wie ein äußerst mitgefühlsvolles Elternteil. Die Seele ist bereit zu warten, unendlich lange zu warten, in der Hoffnung, dass die Kinder eines Tages zu guten Kindern werden. Sie wird dreißig, vierzig, fünfzig, sechzig, siebzig Jahre lang in der Hoffnung warten, dass der Körper, das Vitale, der Verstand und das Herz gute Mitglieder der spirituellen Familie werden.

Frage: Wenn jemand ein neues Herz, einen neuen Verstand oder ein neues Vitales erhält, ist er sich dessen bewusst?

Sri Chinmoy: Derjenige wird nicht wissen, dass sein Herz ersetzt wurde, doch er wird bessere Empfindungen, höhere Empfindungen haben. Jemand hatte jahrelang einen schlechten Verstand, doch nun hegt er gute Gedanken, ermutigende Gedanken, edle Gedanken. Er wird den Unterschied wohl erkennen, doch er wird nicht wissen, wie es zustande gekommen ist. Er wird nicht wissen, ob es Gottes Gnade oder des Meisters Gnade war oder ob eine göttliche Macht gehandelt hat.

Eine Person kennt ihren eigenen Verstand. Sie weiß, welche Art von Verstand sie vor zwei Jahren oder vor zwanzig Jahren hatte. Sie kennt ihre Schwächen. Sagen wir, jemand litt jahrelang unter Unsicherheit und Eifersucht. Doch nun empfindet diese Person kaum noch Eifersucht und sehr wenig Unsicherheit. Wie konnte das über Nacht geschehen? Sie betete nicht einmal darum, doch nun ist alles verändert.

Frage: Manche Schüler haben ein enormes Einssein untereinander. Haben diese Seelen von Geburt an eine Verbindung oder ist diese Verbindung etwas, das sich erst entwickelt?

Sri Chinmoy: In einer einzigen Inkarnation ist es nicht möglich, eine sehr nahe Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen. Die Nähe oder die Vertrautheit, die einige Schüler zueinander oder mit ihrem Meister haben, ist in den meisten Fällen auf ihre Verbindung, die sie in früheren Inkarnationen aufgebaut haben, zurückzuführen. Die Nähe zum Meister kann das Resultat einiger Inkarnationen sein, in denen der Schüler eine enge Beziehung zum Meister hatte oder auch das Ergebnis des schnellen Fortschritts, den eine Person in einer oder zwei Inkarnationen erzielt hat.

Frage: Wie hilfst du der Seele?

Sri Chinmoy: Ich gebe der Seele was sie von mir braucht und will. Manchmal kommt die Seele zu mir, um Trost zu finden, weil der Körper, das Vitale, der Verstand und das Herz nicht auf sie hören. Manchmal kommt sie, um Frieden zu finden, weil es im Körper, im Vitalen und im Verstand keinen Frieden gibt. Jede Seele kommt aus ihrem eigenen, besonderen Grund. Viele, viele Seelen kommen zu mir, Seelen von Menschen, die nicht meine Schüler sind. Auf irgendeine Weise haben diese Seelen einen Zugang zu meiner Seele hergestellt und diese Seelen wissen in der inneren Welt, wer ich bin.

Frage: Wenn wir uns während der Nacht in einem guten Bewusstsein befinden, können wir es spüren, wenn du kommst, um unserer Seele zu helfen?

Sri Chinmoy: Auf jeden Fall! Wenn du irgendwann ohne besonderen Grund in den Nachtstunden aufwachst und du dir deine Augen, deine Ohren und deine Nase wäscht und fünf Minuten lang auf deinem Bett meditierst, wirst du etwas empfinden. Du musst dich nicht vor deinem Altar und auch nicht mit gekreuzten Beinen hinsetzen, aber du musst ordentlich sitzen – das Rückrat aufrecht.

Stell dir dann eine bestimmte Farbe vor. Wenn du Gottes unendliche Liebe für dich entdecken willst, so denke an die Farbe Blau. Wenn du Gottes unendliche Energie und Stärke willst, denke an die Farbe Purpur. Du kannst dir jede beliebige Farbe vorstellen. Die Farbe Blau ist sehr gut geeignet, weil Blau die Unendlichkeit repräsentiert. Wenn du die Unendlichkeit anrufst und sie erkennt, dass dein Gefäß sehr begrenzt ist, versucht sie, deine Empfänglichkeit zu vergrößern, indem sie dir mehr Enthusiasmus oder Bereitschaft gibt. Zu diesem Zeitpunkt handelt sie wie eine Mutter. Das Kind hätte so gerne die Fähigkeit zehn Pfund hochzuheben, doch es hat nur die Fähigkeit, fünf Pfund hochzuheben. Also gibt die Unendlichkeit, die Mutter, dem Kind sofort die Stärke, die Energie, die Freude und die Begeisterung, damit es die zehn Pfund hochheben kann.

Frage: Sollte der Jahrestag des Seelenabschiedes von der Erde genauso gefeiert werden wie der Geburtstag?

Sri Chinmoy: Es gibt Menschen, die an ihren Eltern oder Kindern hängen und es gibt Menschen, die nicht an ihrer Familie hängen. Auf ähnliche Weise halten einige Seelen nach dem Tod eine sehr nahe Beziehung zu ihren Familienangehörigen aufrecht. Sie kommen öfters, auch unter dem Jahr, nicht nur um dem Jahrestag ihres Abschieds zu gedenken. Manche Seelen versuchen, die geliebten Menschen, die sich noch auf der Erde befinden, zu inspirieren, damit sie bessere Menschen werden – nicht aus Anhaftung, sondern aus Zuneigung und wahrer Liebe. Diese Seelen tauchen auf, wenn ihre Lieben meditieren. Andere Seelen wiederum erscheinen kein einziges Mal, denn sie wollen nicht, dass ihre Lieben zu sehr an ihnen hängen. Sie wollen, dass ihre Lieben nur an den Höchsten, nur an Gott denken anstatt an all ihre Verwandten.

Wenn man hier auf der Erde die Seele einer nahestehenden, bereits verstorbenen Person an deren Todestag aufrichtig anruft, wird die Seele in den meisten Fällen, sofern sie sich nicht auf einer sehr hohen Ebene aufhält, erscheinen. Sehr weit entwickelte Seelen wollen manchmal nicht kommen, denn die Distanz ist zu groß. Die Reise fällt ihnen schwer, weil es uns an Reinheit mangelt. Gewöhnliche Menschen sind von Begierden erfüllt. Sogar wenn sie ihre geliebten Angehörigen anrufen, halten sie ihr Bewusstsein nicht rein oder es gelingt ihnen nicht, es rein zu halten. Der Korridor zwischen den Gebeten des Verwandten und dem Mitgefühl der Seele ist wie eine Spalte aus Licht. Ist das Licht nicht rein, fällt es einer entwickelten Seele sehr schwer, durch diesen Korridor zu reisen. Andererseits gibt es Seelen, die sehr mutig sind. Sobald sie die aufrichtige Einladung vernehmen, kommen sie, ganz gleich auf welche Schwierigkeiten sie treffen mögen. Doch wenn die Person auf der Erde mit reiner Zuneigung und reinem Herzen betet, ist es für die Seele sehr einfach zu kommen.

Gewöhnlich gedenken die Menschen einmal im Jahr ihren Lieben und beten seelenerfüllt für sie, zumeist an deren Todestag. Wenn ihre Gebete intensiv sind, dann besitzen sie wahrscheinlich auch Reinheit. Wenn sich jemand intensiv auf etwas konzentriert, dann schaut er nicht umher und er lässt es auch nicht zu, dass Gedanken, die von außen kommen, in seinen Verstand eindringen. Die Intensität bringt also oft vollständige Reinheit mit sich. Um eine Seele in der Seelenwelt zu rufen, benötigt man beides – Reinheit und Intensität. Mit der Reinheit machst du einen Schritt, mit der Intensität machst du zehn Schritte.

Doch wenn es sich bei den Hinterbliebenen um Sucher handelt, brauchen sie nicht ein Jahr vergehen zu lassen, bevor sie die Seelen ihrer Lieben anrufen. Wenn sie die Anwesenheit des geliebten Menschen fühlen wollen, können sie es jederzeit versuchen. Es ist nicht ratsam, ein Jahr vergehen zu lassen, bevor man sie ruft oder an sie denkt. Man sollte sich auch bewusst sein, dass die meisten Seelen nach einigen Ruhejahren wieder eine menschliche Inkarnation annehmen.

Wenn man einer Person nach zehn oder zwanzig Jahren noch immer an deren Todestag gedenkt und den Glauben hegt, sie befände sich immer noch im Himmel, wird man wahrscheinlich keinen Besuch von dieser Seele erhalten, da sie sich mit ziemlicher Sicherheit bereits in einer anderen Familie reinkarniert hat. Sobald die Seele wieder einen menschlichen Körper angenommen und die normale Welt betreten hat, ist es ihr nicht mehr möglich zu reisen, auch nicht unter Schwierigkeiten, um diejenigen zu besuchen, die sie anrufen.

Frage: Nimmt sich die Seele normalerweise wieder denselben Verstand, wenn sie sich neu inkarniert?

Sri Chinmoy: Wenn die Seele in die Seelenregion zurückkehrt, wird sie den menschlichen Teil des Verstandes nicht mitnehmen. Sie wird den Verstand auf der mentalen Ebene zurücklassen. Alle guten und schlechten Eigenschaften des Verstandes bleiben dort. Wenn die Seele dem Verstand vergibt und ihn wieder aufnehmen will, so steht ihr diese Möglichkeit offen. Ansonsten wird der Verstand einer anderen Seele übergeben. Im Normalfall wählt die Seele nicht denselben Verstand. Doch wenn sie es wünscht, dann erhält sie das Vorzugsrecht.

Frage: Wenn man es in Prozent ausdrückt, wie oft wird die Seele denselben Verstand annehmen?

Sri Chinmoy: Das geschieht nicht so oft, vielleicht zwanzig oder dreißig Prozent. Man kann das nicht generell sagen, denn es existieren unzählige Seelen.

Frage: Wenn der Verstand von einer anderen Seele angenommen wird, trägt der Verstand das Karma seines vergangenen Lebens mit sich?

Sri Chinmoy: Der Verstand wird die Essenz all seiner schlechten Eigenschaften behalten; das ist seine Bestrafung oder sein Karma. Diese Essenz der schlechten Eigenschaften wirkt wie eine sehr, sehr hohe Dosis homöopathischer Medizin; sie besitzt eine enorme Potenz. Du nimmst zwei Kügelchen homöopathischer Medizin ein und in einer Sekunde wird dein Geschwür aufbrechen! Stelle dir diese Potenz vor! Genauso trägt der Verstand die volle Potenz seiner schlechten Eigenschaften mit sich. Das ist der Grund, warum sich der Verstand kaum weiterentwickelt und nur ein geringes Ausmaß an Erleuchtung besitzt. Darin liegt auch der Grund, weshalb der Verstand keine plötzliche Erleuchtung erlangt, wenn er in die Welt des Verstandes eintritt. Wenn man bis jetzt nur einen Dollar verdient hat, kann man nicht erwarten, plötzlich eintausend Dollar zu bekommen.

Folglich leidet der Verstand die meiste Zeit. Nur wenn die Person einen Unfalltod stirbt, wie zum Beispiel bei einem plötzlichen Autounfall, wird der Verstand nicht bestraft. Wenn eine Person lange lebt, besteht für den Verstand die Möglichkeit, sein Karma aufzuheben. Angenommen eine Person hegte zehn oder zwanzig Jahre lang sehr schlechte Gedanken oder benahm sich anderen Menschen gegenüber sehr grausam. Wenn diese Person nun mit Gebet und Meditation beginnt und versucht, die folgenden zwanzig Jahre ein gutes Leben zu führen, dann kann sie die schlechten Qualitäten ihres Verstandes reinigen, erleuchten oder auch völlig aufheben, während sie sich hier auf der Erde befindet. Doch bei vielen Menschen verhält es sich leider genau umgekehrt. Solange sie jung sind, haben sie einen reinen, offenen und mitfühlenden Verstand und entwickeln dann langsam, Schritt für Schritt, einen gierigen und zerstö­rerischen Verstand. Auf diese Weise werden all die guten Eigenschaften des Verstandes aufgehoben.

Frage: Ist das Vitale nicht genauso zerstörerisch wie der Verstand?

Sri Chinmoy: Das Vitale ist zerstörerisch – das ist wahr. Doch das Vitale hört eher auf das Herz als der Verstand. In vielen Fällen vermag das Vitale das Herz zu berühren oder das Herz vermag das Vitale zu berühren. Bei manchen Menschen ist das Vitale sehr stark ausgeprägt, sie sind sehr rastlos und voller Zerstörungswut. Doch wenn das Herz das Vitale berührt und dieses die Freude und die Liebe des Herzens erkennt, gibt sich das Vitale dem Herzen hin. Dem Herzen fällt es hingegen unglaublich schwer, den intellektuellen, raffinierten Verstand zu berühren.

Darin liegt auch der Grund, weshalb es spirituellen Menschen so schwer fällt, sich mit mentalen Menschen zu befassen; diese sind am schlimmsten! Der Verstand des mentalen Menschen beginnt sofort, den Meister zu beurteilen; er will dessen Weisheit genau überprüfen anstatt zu versuchen, mit der Weisheit eins zu werden. Der nutzlose, drittklassige Student ist verloren, sobald er damit anfängt den Professor zu beurteilen und zu kritisieren. Wenn der Student, der kein Wissen besitzt, den Professor als unwissend empfindet, wird es ihm niemals möglich sein, vom Professor zu lernen.

Aber wenn der Verstand erleuchtet werden kann, ist das eine ganz außerordentliche Errungenschaft; doch die meiste Zeit ist es sehr schwierig, mit dem Verstand auszukommen.

Frage: Wie kann sich der Verstand entwickeln?

Sri Chinmoy: Der Verstand muss fühlen, dass das Herz und die Seele ihm überlegen sind. Wenn der Verstand demütig oder bescheiden wird und fühlen kann, dass etwas Höheres als er selbst existiert, wird durch die Demut und Reinheit dem Verstand Fortschritt, Anteilnahme, Mitgefühl und das Gefühl des Einsseins ermöglicht.

Frage: Von welchem Wesensteil erhalten die meisten Menschen ihr Gefühl zur Identifikation?

Sri Chinmoy: In den meisten Fällen erhalten sie es durch den Verstand, vor allem Menschen, bei denen der Intellekt vorherrscht. Doch selbst wenn der Intellekt nicht sehr entwickelt ist, findet die Identifikation normalerweise durch den Verstand statt.

Frage: Wenn wir den Körper verlassen, gibt es da ein Empfinden von Fortbestand?

Sri Chinmoy: Ja, doch es ist der Fortbestand der Seele. Alles ist die Erfahrung der Seele, des Göttlichen in uns. Die Seele ist zu hundert Prozent göttlich, während das Herz, der Verstand und das Vitale nicht vollständig göttlich sind. In jeder Inkarnation versucht die Seele, das Herz, den Verstand und das Vitale zu erleuchten. Die Seele hat die Herausforderung angenommen, alle Familienangehörige zu vervollkommnen. Manchmal ist es sehr schmerzlich: die Seele bittet den Verstand, göttlicher zu sein, doch der Verstand gehorcht nicht.

Frage: Warum sehen sich Menschen, die eine Seelenverbindung haben, ähnlich?

Sri Chinmoy: Wenn sich zwei Menschen wirklich nahestehen, so trachten beide danach, die guten Eigenschaften des anderen auch zu haben oder vielleicht sogar zu übertreffen, damit sie zu würdigeren Menschen werden. Wenn sie sich wirklich gerne haben, wird der eine nur das Beste über den anderen sagen. Eine Frau wird also sagen: „Sie ist wunderschön. Da ich ihre Freundin bin, werde ich versuchen, genauso schön zu sein wie sie.“ Ein Mann wird sagen: „Er ist ein fantastischer Kämpfer; er ist ein begnadeter Sänger. Ich werde versuchen, wie er zu sein.“ Sie empfinden dermaßen viel für den Anderen, dass sie so wie der Andere sein wollen. Sie empfinden ihr Einssein und wollen unzertrennlich sein. Wenn man also jemandem wirklich nahesteht und dieser Person enorme Liebe entgegenbringt, so wird man ihr sogar auf der physischen Ebene ähnlich sein wollen. Sehr, sehr oft kann man die Seelenverbindung am Gesicht erkennen. Aber in vielen Fällen existiert nicht die geringste physische Ähnlichkeit. Zwei Menschen können eine sehr starke Seelenverbindung haben, aber völlig unterschiedlich aussehen.

Frage: Warum wird die Seele von äußeren Umständen in Mitleidenschaft gezogen?

Sri Chinmoy: Die Seele wird nicht in Mitleidenschaft gezogen. Wenn du Tinte berührst, empfindest du, dass deine Hand beschmutzt wurde. Wenn du genug Weisheit besitzt, wirst du deine Hand waschen, damit die Tinte verschwindet und deine Hand wieder rein ist. Wenn du die Tinte dann nicht mehr berührst, wird deine Hand rein bleiben. Die Seele besitzt eine enorme Leuchtkraft. All deine ungöttlichen Taten sind wie Tinte. Wenn die Seele all die ungöttlichen Taten des Physischen, des Vitalen und des Verstandes abwaschen will, so steht ihr diese Möglichkeit offen. Die Seele besitzt innere Weisheit, inneres Licht. Genauso einfach, wie du die Tinte von deiner Hand abwaschen kannst, kann die Seele jeden Augenblick ihre eigene Erleuchtung wieder erlangen.

Teil II

SCA 272-278. Folgende Fragen wurden am 21. März 1996 beantwortet:

Frage: Wenn Geschworene ein Urteil fällen und eine unschuldige Person für schuldig beziehungsweise umgekehrt – eine schuldige Person für unschuldig erklären, entsteht dadurch Karma?

Sri Chinmoy: Sofern es sich nicht um Betrug handelte, wenn der Irrtum unbeabsichtigt geschah und die Beteiligten völlig überzeugt waren, dass ihre Art diesen Fall zu behandeln, absolut richtig ist, könnte ihnen der Supreme aufgrund ihrer Unschuld vergeben. Er könnte ihnen aber auch ein Art Strafe auferlegen.

Wenn du die höchste Instanz bei der Verurteilung von Menschen darstellst und dir unterläuft ein Fehler, weil du das Gesetz nicht kennst, dann ist das eine sehr, sehr ernste Angelegenheit – besonders dann, wenn jemand zum Tod verurteilt wird oder eine andere schwere Bestrafung erhält. Wenn jemand ein Richter ist, muss er seine Arbeit genau kennen. Wenn es sich nur um ein oder zwei Monate unschuldiger Gefangenschaft handelt, so könnte der Supreme der Person vergeben und das Gesetz des Karmas aufheben. Doch wenn eine unschuldige Person eine sehr schwere Strafe erhält, wird die große Unwissenheit denjenigen, der auf dem Richterstuhl sitzt, nicht retten. Der Richter muss sich über den Fall genauestens informieren und über genug Weisheit verfügen, ihn ordentlich zu bearbeiten und abzuschließen. Seine mangelnden Kenntnisse sind keine Entschuldigung; er sollte mehr Weisheit und Kapazität besitzen.

Frage: Ich meditiere niemals bewusst auf meine Seele; ich meditiere nur auf den Supreme. Ist das ein Fehler?

Sri Chinmoy: Es ist kein Fehler, sich auf den Supreme zu konzentrieren! Vielleicht ist der Supreme ein bisschen höher als deine Seele!

Wie viele Menschen denken schon täglich an ihre Seele, ganz davon zu schweigen, dass sie deren Existenz fühlen, was noch viel schwieriger ist. Viele Menschen betreten einen Tempel oder eine Kirche, doch wie viele davon schenken dem Altar die gebührende Aufmerksamkeit? Einige Menschen kommen in den Tempel um zu arbeiten, andere wiederum nur, um ihn gesehen zu haben; doch wie viele schauen sich den Altar an? Der Körper ist unser Tempel und im Körper befindet sich die Seele, der Altar. Doch wir messen der Seele nicht die geringste Bedeutung bei. Viele meiner Schüler, ganz zu schweigen von anderen Menschen, sind sich ihrer Seele nicht bewusst oder denken nicht einmal eine Sekunde am Tag an sie. Und doch ist unsere Seele unser kostbarster innerer Reichtum; sie ist der kostbare innere Reichtum unseres Körpers, unseres Vitalen, unseres Verstandes und unseres Herzens.

Die meiste Zeit handeln wir wie die Krähe. Wenn die Krähe frisst, hält sie ihre Augen geschlossen. Sie fühlt, wenn sie selbst niemanden sieht, können die anderen sie auch nicht sehen. Wir Menschen handeln genauso. Da unser drittes Auge geschlossen ist und wir unsere Seele nicht sehen können, hegen wir den Glauben, dass uns niemand beobachted. Doch wir werden vom jemandem mit weit geöffneten Augen beobachtet und dieser Jemand ist unsere Seele. Die Seele schläft nicht. Die Seele beobachtet uns jeden Augenblick. Wenn wir ein bisschen an die Existenz der Seele glauben, können wir behaupten, die Seele beobachte uns insgeheim. Doch die Seele beobachtet uns nicht insgeheim; sie beobachtet uns ganz offen; nur wir erkennen sie nicht.

Da wir nicht empfinden, dass ein Beobachter in uns ist, erlauben wir unserem Verstand oder unserem rastlosen Vitalen uns zu beherrschen. Wir erlauben unserem physischen Bewusstsein, uns zu allerlei ungöttlichen Handlungen anzustiften und wir fühlen, dass sich nur unser Verstand und unser Vitales unseres Benehmens bewusst sind. Doch ganz gleich, was der Körper, das Vitale, der Verstand und das Herz in und durch uns tun wollen, wenn wir fühlen, dass eine dritte Partei existiert, die unendlich höher und besser ist und die uns beobachtet, werden wir uns gezwungen fühlen, uns zu benehmen. Wenn im gewöhnlichen Leben ein Kind merkt, dass sein Vater es beobachtet, wird es nicht so schnell etwas Unrechtes tun. Es weiß, dass der Vater es bestrafen könnte, wenn es unrecht handelt. Doch wenn das Kind glaubt, dass der Vater in seinem Büro oder sogar verreist sei, wird es tun, was immer es will.

Es kann sich auch jemand vormachen, dass sein schlechtes Benehmen völlig geheim ist und die Seele ihn nicht sehen kann. Doch er hält sich nur selbst zum Narren. Die Seele beobachtet ihn ständig, doch sie wird nicht sogleich handeln; sie wartet auf den richtigen Augenblick, um ihn zu erleuchten oder zu bestrafen. Aber selbst die Bestrafung ist eine Erleuchtung.

Wenn wir also an die Existenz der Seele glauben, werden wir unser äußeres Leben zwangsläufig ernster nehmen, weil wir wissen, dass wir keine Erlaubnis besitzen, gewisse Dinge zu tun. Doch wenn wir nicht an die Seele glauben, wenn wir nicht die Notwendigkeit verspüren, die Seele zufrieden zu stellen, dann gibt es für uns kein spirituelles Leben.
Dieser Körper wird gehen, dieses Vitale wird gehen, dieser Verstand wird gehen – alles wird uns verlassen, bis auf die Seele. Die Seele nimmt den Körper an, um ihn zu transformieren und um das göttliche Licht zu manifestieren. Dann, nach vierzig, fünfzig, sechzig, siebzig oder achtzig Jahren kehrt die Seele in ihre eigene Region zurück. Wenn der Körper, das Vitale und der Verstand gute Dienste geleistet haben, nimmt die Seele die Quintessenz ihrer Errungenschaften mit. Doch wenn sie nichts Gutes geleistet haben, nimmt die Seele weder vom Körper noch vom Vitalen noch vom Verstand etwas mit. Das Herz vollbringt normalerweise einige gute Dinge, deshalb kann die Seele vom Herzen etwas mitnehmen. Später, nach einer gewissen Zeit, nimmt die Seele einen neuen Körper, ein neues Vitales, einen neuen Verstand und ein neues Herz an.

Frage: Als mein erster Ehemann starb, fühlte ich seine Seele in mich eintreten.

Sri Chinmoy: Die Seele kann nicht in einer anderen Person leben, doch sie kann einige ihrer göttlichen Qualitäten bei einer anderen Person zurücklassen. Die Seele ist wie eine wohlduftende Blume. Wenn die Blume verwelkt ist, verbleibt der Duft noch für einige Zeit. Als dein Mann starb, könnte er einige göttliche Qualitäten seiner Seele zurückgelassen haben.

In deinem Fall, war das, was du gefühlt hast, nicht die Seele deines Mannes, sondern es waren die guten Eigenschaften der Seele oder man könnte auch sagen, die Erinnerungen der Seele. Zwischen dir und deinem Mann gab es viele, viele positive Vorkommnisse und die Erinnerung an einige dieser höchst erstaunlichen Vorkommnisse blieb in dir. Doch die Seele selbst kann nach dem Tod nicht in einem anderen Menschen verweilen, sie muss in die Seelenwelt zurückkehren.

Frage: Als er starb, empfand ich mich selbst als halbtot.

Sri Chinmoy: Wenn sich ein Ehepaar sehr nahesteht und einer der beiden stirbt, so trifft das den Hinterbliebenen sehr schwer. Wenn sie sich nicht nahestehen, geschieht nichts. In Indien sterben nach dem Tod der Ehemänner die Frauen oft innerhalb von sechs Monaten oder zwei, drei Jahren, weil sie sich als völlig tot empfinden. Das gleiche geschieht auch bei den Männern, wenn ihre Ehefrauen sterben. Es gibt aber auch immer wieder Ausnahmen. Doch wenn du ein indisches Dorf besuchst, wirst du sehen, dass sehr viele Fälle so verlaufen sind. Jene, die auf der Erde zurückbleiben beten zu Gott, dass Er sie zu ihren Liebsten bringt, wo immer sie sich auch aufhalten mögen. Sie wollen nicht mehr auf der Erde verweilen, denn hier kann sie nichts mehr zufrieden stellen. Sie haben vielleicht Kinder oder andere Verwandte, doch sie lieben ihre dahingeschiedenen Ehemänner oder Ehefrauen so sehr, dass sie nicht mehr hierbleiben wollen.

Frage: Wie erkennen wir eigentlich, ob wir uns der Verwirklichung nähern?

Sri Chinmoy: Je größer unsere Fähigkeit wird, falsche Kräfte in uns loszuwerden, desto näher kommen wir unserer Bestimmung. Wenn wir in unserem Verstand heute weniger Unreinheit haben als gestern, nähern wir uns der Verwirklichung. Wenn wir in unserem spirituellen Leben aufrichtiger sind, wenn die Probleme unseres niederen Vitalen reduziert sind, wenn wir weniger Zweifel empfinden als vor zwei Wochen, nähern wir uns der Verwirklichung. Unser Verstand vermag aufzuzählen, welche negativen und un­streb­samen Kräfte wir viele Jahre lang beherbergt haben. Wenn wir eine Verringerung dieser schlechten Eigenschaften erkennen, bedeutet das, dass uns die strebenden Kräfte liebevoll umarmen und uns zum Licht führen. Wenn wir erkennen, dass wir in unserem Leben mehr gute als schlechte Eigenschaften besitzen, kommen wir unserer Bestimmung näher. Doch wenn wir erkennen, dass die schlechten Eigenschaften bei uns vorherrschen, haben wir uns gar nicht gut verhalten.

Das ganze Problem im Leben liegt in unserem Gehorsam. Wir wollen die schwierigen Dinge nicht erledigen; nur was uns leichtfällt, tun wir gerne. Wir wissen, was richtig ist, aber wir wollen dem einfachen Weg folgen. Amerikaner nehmen nicht gerne Befehle entgegen, doch wir vergessen dabei, dass wir jeden Augenblick auf irgendjemanden oder auf irgendetwas hören. Meistens gehorchen wir unserem dummen Verstand oder unserem Vitalen. Wir handeln nicht unbewusst. Wir wissen, was wir tun; wir handeln aus Überzeugung.

Spirituelle Meister, die das Höchste verwirklicht haben, können, wenn sie es wünschen, ihrem eigenen Verstand Befehle erteilen. Doch bei gewöhnlichen Menschen befiehlt zumeist der Verstand, wie sie sich verhalten sollen. Und nachdem er Befehle erteilt hat, tauchen Sorgen und Ängste auf. Zu Beginn, wenn wir diesen falschen Kräften erliegen, schenken sie uns ein paar Süßigkeiten. Wir genießen diese Süßigkeiten und erfahren eine falsche Zufriedenheit. Doch letzten Endes werden wir erkennen, dass wir von diesen Süßigkeiten keine wahre Zufriedenheit erhalten können, folglich fordern wir diese falschen Kräfte heraus. Wenn wir spirituell entwickelt sind, fordern wir diese Kräfte sofort heraus und letzten Endes werden wir sie besiegen. Dann erhalten wir wahrhaftige Zufriedenheit.

Frage: Hat der Supreme denselben Vorrat an unendlicher Gerechtigkeit wie an unendlichem Mitgefühl?

Sri Chinmoy: Wir können wohl vom unendlichen Mitgefühl des Supreme sprechen, aber nicht von Seiner unendlichen Gerechtigkeit, weil sie eigentlich nicht existiert. Er besitzt die Fähigkeit unendliche Gerechtigkeit zu zeigen, doch Er wendet sie nicht an. Unsere Aufrichtigkeit kann die vielen schlechten, ungöttlichen Dinge aufzählen, die wir in unserem Leben machen. Wenn Gott uns gerecht bestrafen wollte, dann wären wir verloren. Wir können natürlich auch behaupten, dass wir für all die guten Dinge, die wir tun, keine ordentliche Belohnung oder Befriedigung erhalten. Doch wenn wir einen Vergleich ziehen zwischen den guten Dingen, die wir bewusst durchführen, und den schlechten Dingen, die wir bewusst durchführen, so sage ich euch, dass unsere guten Taten zur Bedeutungslosigkeit verblassen!

Wie viele Menschen werden gefasst, verglichen mit der Anzahl an kriminellen Handlungen, die im äußeren Leben geschehen? Verbrechen geschehen überall, doch wie viele Menschen werden bestraft? Dann gibt es auch noch die inneren Verbrechen. Es zählt zu den inneren Verbrechen, wenn man jemanden zu zerstören versucht oder den schlechten Wunsch hegt, den Fortschritt einer Person zu verhindern. Jemanden zu hassen, weil er oder sie schöner ist als wir es sind, ist ein inneres Verbrechen genauso wie jemanden zu verfluchen, weil wir auf diese Person eifersüchtig sind. Wer erhält eine Bestrafung für diese Schandtaten? Würde Gott Seine unendliche Gerechtigkeit auf dieselbe Weise wie Sein unendliches Mitgefühl einsetzen, wären wir nicht mehr hier. Gott würde dann immer mit einer eisernen Rute vor uns stehen! Wenn wir eine falsche Handlung durchführten, wäre es aus mit uns.

Gott hat unendliches Mitgefühl, doch innerhalb Seines Mitgefühls befindet sich auch Weisheit. Wir können Gottes Weisheit nicht von Seinem Mitgefühl trennen. Wir könnten behaupten, Gottes Mitgefühl sei nichts als Dummheit, doch das ist nicht wahr. Gott wendet Sein Mitgefühl an, weil Er fühlt, dass diese Arznei besser als jede andere wirkt. Doch es könnte eine Zeit kommen, wo Er sieht, dass Seine Mitgefühlsmedizin nicht mehr wirkt. Dann wird Er eine andere Arznei anwenden: Seine Gerechtigkeit. Doch diese bestimmte Arznei wird Er nur bei äußerst seltenen Gelegenheiten einsetzen, nämlich dann, wenn Sein Mitgefühl überhaupt keinen Erfolg zeigt. Tag für Tag fahren wir damit fort, das Falsche zu tun und wir denken, Gott bemerke es nicht. Er bemerkt es; doch die Stunde, zu der Er Seine eiserne Willenskraft oder Sein Gerechtigkeitslicht einsetzt, hat für Ihn noch nicht geschlagen. Er wendet für dich, für mich, für alle anderen noch immer Seine Mitgefühlshöhe an. Doch wenn es absolut unvermeidlich ist, muss Er Sein Gerechtigkeitslicht einsetzen. Aber auch zu diesem Zeitpunkt bestraft Er uns eigentlich nicht; Er versucht nur, die angreifenden Kräfte zu vertreiben. Unsere Seelen handeln auf dieselbe Weise. Jahrelang sehen sie bei unseren unrichtigen Handlungen zu. Eines Tages werden sie uns bestrafen. Die Stunde ist jedoch noch nicht gekommen. Die Gerechtigkeit des Supreme wird also zur rechten Stunde auftauchen. Doch warum sollten wir Ihn dazu bringen, Seine Gerechtigkeit anzuwenden? Wenn wir wissen, dass Er unendliches Mitgefühl besitzt, dann sollten wir versuchen, Seines Mitgefühls würdig zu sein. Lasst uns versuchen, Ihn auf Seine eigene Weise zufrieden zu stellen und unseren Willen mit Seinem Willen zu vereinen.

Frage: Verringert sich mit der Zeit das Mitgefühl Gottes für den Menschen?

Sri Chinmoy: Der Supreme ist nicht wie die Sonne! Wissenschaftler behaupten, dass die Sonne in ein paar Jahren, Gott allein weiß in wie vielen Jahren, schmelzen wird und weder Licht noch Wärme existieren werden; sie sagen, die Sonne verliert an Kraft. Ein Mensch kann hoch springen, wenn er jung ist, doch im Alter verliert er diese Fähigkeit. Ein junger Mann besitzt dichtes, welliges Haar, doch später wird er in seinem Leben kahlköpfig sein. Doch mit dem Supreme verhält es sich anders!

Die indische Tradition besagt, eine hohe Stirn verheiße Glück. Eines Tages, ich vollendete soeben den Weitsprung, sprach mich ein Freund an: „Oh, du wirst Großes leisten! Du besitzt eine hohe Stirn.“ Also ging ich zu meiner Schwester Ahana und erzählte ihr: „Ich werde ein bedeutender Mensch werden!“ Sie antwortete mir: „Ja, ja. Dann warte einmal die nächsten zehn Jahre ab und dann wirst du sehen, was eine hohe Stirn bedeutet. In zehn Jahren wirst du all deine Haare los sein!“ Auf ihre liebevolle Art verpasste sie mir eine kalte Dusche!

Wenn ich einen Dollar besitze und ihn dir gebe, habe ich kein Geld mehr. So verhält es sich auf der äußeren Ebene. Doch die Kapazität Gottes ist grundlegend verschieden; sie ist mit Weisheit vergleichbar. Wenn du deine Weisheit jemand anderem angedeihen lässt, verlierst du sie deshalb nicht. Im Gegenteil, du erhältst mehr. Wenn der Lehrer seine Schüler unterrichtet, verliert er sein Wissen nicht; er vermehrt es. Und ebenso verringert sich auch nicht die Fähigkeit des Supreme. Er vergrößert jeden Augenblick Seine Fähigkeit, ob es sich nun um Mitgefühl, Vergebung oder um etwas anderes handelt. Seine Fähigkeit vergrößert sich ständig – wir sind uns dessen nur nicht bewusst.

Wenn es uns gelingt, während unserer Meditation tief nach innen zu tauchen, und sei es auch nur einige Sekunden lang, dann können wir in das universelle Bewusstsein eintreten und zum Universum selbst werden. In zwei, drei Sekunden können wir zur Weite selbst werden. Denkst du, dass der Supreme selbst, der Herr des Universums, sich nicht auch ausdehnen kann? Wenn ich, indem ich richtig handle, gut werden kann, wenn ich meine innere Liebe, mein inneres Licht und andere Qualitäten vergrößern kann, ist es dann dem Supreme nicht auch möglich, sich selbst zu transzendieren? Unendlichkeit ist nicht nur ein Begriff im Wörterbuch. Unendlichkeit bedeutet die Ausdehnung des Selbst. Im Falle des Supreme ist jede Sekunde mit Selbst-Ausdehnung, Selbst-Enthüllung und Selbst-Manifestation ausgefüllt.

Teil III

SCA 279-282. Die folgenden Fragen wurden in Myanmar, im Januar 1995 gestellt.

Frage: Mir scheint, dass der Mensch von heute nur mehr Umstände erklärt. Wann wird das aufhören?

Sri Chinmoy: Wir benötigen Erklärungen, weil wir den Verstand anstelle des Herzens benutzen. Der Verstand wird mit Erklärungen zufrieden gestellt, doch warum brauchen wir diese Art Zufriedenheit? Wenn ich Milch trinke, brauche ich keinen Fachmann für Milch, der mir erklärt, dass sie gut schmeckt und mir Kraft gibt. Wenn ich eine Blume in den Händen halte und ihre Schönheit bewundere, benötige ich keine wissenschaftliche Abhandlung, warum die Blume schön ist und duftet. Alleine indem ich die Schönheit und den Duft der Blume genieße, erhalte ich volle Zufriedenheit. Erklärungen sind nur Verschwendung kostbarer Zeit, besonders im spirituellen Leben. Die Person, die erklären will, ist ein Narr und die Person, die etwas erklärt haben will, ist gleichermaßen ein Narr. Jedes Mal, wenn wir den Versuch unternehmen etwas zu erklären oder etwas erklärt bekommen, nähren wir nur unseren begründenden Verstand. Doch Gott wendet diesen begründenden Verstand nicht an. Man kann zum Vergleich das Dribbeln beim Fußballspiel heranziehen. Sagen wir, ich dribble immer mit dem linken Fuß, damit der Tormann glaubt, ich versuche mit dem linken Fuß ein Tor zu erzielen. Doch ich täusche nur vor, den linken Fuß zu verwenden; den eigentlichen Treffer erziele ich mit dem rechten Fuß. Der Tormann stellt sich die ganze Zeit auf einen Schuss vom linken Fuß ein, doch ich erziele das Tor mit dem rechten Fuß. Auf ähnliche Weise werden wir niemals für alle Vorkommnisse und Geschehnisse bereit sein, wenn unser Erwartungs-Verstand dem Ball folgt.

Gott spielt Sein Spiel mit uns auf dieselbe Weise. Wenn wir versuchen, unseren Verstand zu verwenden, sind wir verloren, denn Gott ist nicht an den Verstand gebunden. Er ist an nichts gebunden und Er will, dass wir es genauso wenig sind. Ein Kind erhält Freude dabei, wenn es zickzack läuft, ein bisschen auf der einen Seite und dann auf der anderen Seite und Gott ist nichts anderes als ein ewiges Kind.

Frage: Wie können wir über den Verstand hinausgehen?

Sri Chinmoy: Der Verstand ist ein Dschungel, das Herz ein Garten. Deshalb sollten wir so viel Zeit wie möglich in unserem Herzensgarten verbringen und mit seiner Schönheit und seinem Duft eins werden. Sobald wir später die Fähigkeit erlangt haben, werden wir den Dschungel säubern und ihn mit den wunderschönen Blumen unseres Herzens bepflanzen.

Frage: Wie können wir die Lieblichkeit und Reinheit von Mutter Natur empfinden, wenn wir an einem Ort wie New York leben?

Sri Chinmoy: Spirituell gesehen hilft uns die strebende Mutter Natur, das ist wahr. Doch wenn wir tief nach innen tauchen, erkennen wir, dass die wahrhaftige Strebsamkeit von einer höheren und zugleich tieferen Quelle stammt. Jene Menschen, die an einem so wunderbaren Ort wie Wood­stock leben, besitzen nicht mehr Strebsamkeit als Menschen, die in New York leben. Mutter Natur bietet uns voller Eifer ihre Hilfsbereitschaft an, doch wo ist unsere Empfänglichkeit? Viele Menschen besuchen die Kirche, doch ihr Verstand und ihr Herz befinden sich woanders. Du suchst diesen Ort hier auf, um mit mir zu meditieren, doch deine Gedanken kreisen vielleicht um irgendeine Person. Der Tempel steht bereit, doch der Sucher ist nicht bereit. Sagen wir, Mutter Natur sei der Tempel. Besuchst du den Tempel, um Gott zu verwirklichen oder um zu sehen, wer diesen Ort noch aufsucht? Wenn es dein Feind ist, sagst du vielleicht: „Diesen Tempel brauche ich nicht.“ Wenn wiederum dein Freund kommt, sagst du vielleicht: „Jetzt habe ich die Gelegenheit, mit ihm zu plaudern.“ Wo bleiben dann dein Gebet und deine Meditation?
Menschen wohnen an Orten voller Naturschönheit, nicht weil sie eine wahre, psychische, innere Notwendigkeit verspüren, sondern weil sie dadurch eine Art mentale Freude erfahren. Es ist richtig, dass Mutter Natur uns spirituell zu helfen vermag. Doch steigert sich unsere Strebsamkeit tatsächlich, wenn wir Mutter Natur aufsuchen oder verlieren wir uns in anderen Aktivitäten?

Frage: Warum verschmutzt und zerstört die Menschheit Mutter Natur?

Sri Chinmoy: Mutter Natur wird von den unstrebsamen Wirklichkeiten des Lebens verschmutzt und zerstört. Das ist sehr traurig. Sie ist so hilflos geworden und die Menschen, die sie zu erhalten versuchen, helfen in keiner Weise. Sie reden nur und reden und reden! Regierungen können auch nur reden. Sie treten hervor und sagen: „Ja, wir wollen die Bäume und Felder erhalten.“ Doch ihre Taten sprechen vom Gegenteil.

Wir Menschen erblicken überall Feinde, wir denken, dass jemand kommt und uns angreifen wird. Deswegen wenden wir all unser Geld und unsere Energie auf, um uns selbst mit Macht auszustatten. Damit wir unsere Feinde bekämpfen können, zerstückeln wir Mutter Natur und plündern ihre Ressourcen. Für uns zählt nur noch der wissenschaftliche und chemische Fortschritt; doch dieser Fortschritt raubt Mutter Natur ihre Schönheit und Stärke. Der Anstieg der Chemikalien und der Fortschritt von Mutter Natur können nicht Hand in Hand gehen. So lange die Angst auf dieser Erde existiert, wird Mutter Natur ihre Göttlichkeit niemals erfüllen können. Nur wenn wir die anderen Menschen nicht mehr als unsere Feinde betrachten, werden wir fähig sein, Mutter Natur intakt zu halten.

Teil IV

SCA 283-284. Die beiden folgenden Fragen wurden von Frau Hanne Strong gestellt, Gattin von Herrn Maurice Strong, Generalsekretär der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung.

Hanne Strong: Die Degeneration der Erde ist bereits so stark fortgeschritten, dass große Mystiker, Schamanen und spirituelle Menschen behaupten, wir hätten den Punkt ohne Umkehrmöglichkeit bezüglich der Meere, der Erde und der Wälder schon erreicht. Wie lautet ihre Meinung dazu?

Sri Chinmoy: Wenn wir anfangen, die richtigen Dinge zu tun, können wir auch immer wieder neuen Fortschritt erzielen. Sagen wir, aufgrund unserer Dummheit zerstören wir den Ozean; nur mehr ein paar Tropfen des Ozeans sind übrig. Doch wenn wir beginnen, die richtigen Dinge zu tun, werden die Tropfen letzten Endes wieder zu einem Ozean anwachsen. Es kommt manchmal vor, dass in einem Garten keine Blumen sind. Doch wenn ein sehr geschickter Gärtner Hand anlegt, werden in diesem Garten sehr bald wieder wundervolle Pflanzen, Blumen, Bäume und Früchte wachsen.

Hanne Strong: Aber wenn der Boden unfruchtbar ist, so ist er unfruchtbar. Wenn der Wald abgeholzt wird, ist er abgeholzt. Wenn der Ozean weg ist, so ist er weg.

Sri Chinmoy: Wir sollten die Macht der Spiritualität nicht unterschätzen. Gebet und Meditation bedeuten neues Leben. Wenn wir beten und meditieren bringen wir stets wachsendes, göttliches Bewusstsein in unser Leben. Sie sagen, Mutter Natur werde zerstört. Doch Mutter Natur ist nichts anderes als Gott, die Schöpfung. Wir beten also zu Gott dem Schöpfer, dass Er Gott die Schöpfung rette. Er, der erschuf, kann wieder eine neue Schöpfung erschaffen – kraft unserer Gebete und Meditationen.

Frage: In dem Film „Apollo 13“ pflegen die Menschen einen sehr intensiven Umgang zu Maschinen und entfernen sich immer weiter von der Natur. Ist dieser Umgang mit den Maschinen gut für die Menschen? Ist es gut für die Menschen, in den Weltraum zu fliegen und Dinge zu unternehmen, die unnatürlich sind? Haben diese Dinge für die Menschen einen Nutzen?

Sri Chinmoy: Durch diese Art von Handlung entfernen wir uns immer mehr von der Natur. Natürlich, Gott ist überall. Er ist sowohl der Schöpfer als auch die Schöpfung. Man kann Gott sogar in der Wissenschaft finden, denn die Wissenschaft selbst ist Gottes Schöpfung. Doch jene Art der Verbindung mit Gott, die uns die Wissenschaft gewährt, ist nicht sehr direkt.

Die Weltraumerforschung ist wie ein Feuerwerk für uns. Sie erfreut uns, doch sie kann unser Bewusstsein nicht auf eine höhere Stufe bringen; sie hat keine tragende Kraft. Im Film „Apollo 13“ sehen wir Menschen, die den Mond betreten. Wie genießen es, doch es ist vor allem das Vitale in uns, das diesen Genuss verspürt. Die Seele verspürt keinen Genuss. Nicht einmal das Herz empfindet Freude, denn das Herz will die Melodie wahrnehmen, die die Erde mit dem Himmel in Einklang bringt, doch diese Melodie kann es nicht hören.

Die Wissenschaft ist mit einer Kuh vergleichbar, die an einem Pfosten festgebunden ist. Der Kuh wird nur ein begrenzter Freiraum gewährt, doch innerhalb ihrer Grenzen zerstört sie alles. Sieht die Kuh einen Eimer, so stößt sie mit Sicherheit gegen ihn. Sie erhält Freude, wenn sie den Eimer wegstoßen kann. Doch diese Art der Freude ist eigentlich Zerstörung. Glücklicherweise wurde der Kuh eine Grenze gesetzt. Sie kann nicht weiter gehen als das Seil es ihr erlaubt. Auf ähnliche Weise wird die Fähigkeit der Wissenschaft immer begrenzt bleiben, ganz gleich, wie viele Jahrhunderte oder Jahrtausende auch vergehen. Die Wissenschaft durchläuft Fortschritt und Entwicklung; Wunder werden im Sekundentakt fabriziert. Man drückt auf einen Knopf und zündet damit an einem fernen Ort eine Atombombe. Doch wenn eine Sache keine schöpferische Kraft besitzt, wird sie niemals die Fähigkeit besitzen, das Leiden von Mutter Erde mit dem Lächeln von Vater Himmel zu vereinen.

Die Wissenschaftler mögen wohl den Mond betreten und ein paar Steine untersuchen, doch das Bewusstsein des Mondes werden sie nicht entdecken. Nur durch Gebet und Meditation kann man das Bewusstsein des Mondes erfahren oder mit der Seele des Mondes in Kontakt treten. Wissenschaftler achten den Mond nicht als einen heiligen Platz, der von innerem Streben durchdrungen ist. Nein, sie betrachten ihn als eine brachliegende Fläche, die für Experimente genutzt werden kann. Wenn sie etwas Schönes finden, reißen sie es an sich und schlagen es mit ihren wissenschaftlichen Instrumenten in Stücke. Doch diese wissenschaftlichen Instrumente werden niemals die Seele oder die Göttlichkeit des Mondes enthüllen. Niemals, niemals! Die Wissenschaft wird also niemals die wahre Göttlichkeit des Mondes entdecken; nur Suchende werden sie entdecken.

Teil V

SCA 285-295. Die folgenden Fragen wurden am 25. und 26. Januar 1995 in Maui, Hawaii gestellt.

Frage: Ist das spirituelle Leben heutzutage einfacher oder weniger streng als früher?

Sri Chinmoy: Im Altertum unterzogen spirituelle Meister ihre Schüler sehr strengen Prüfungen und Tests. Matsyendranath verlangte zum Beispiel von Gorokshanath, dass er sein Auge herausreißen müsse und dieser gehorchte sofort. Das machte Gorokshanath zu dem, der er war und er erlangte sehr große, okkulte Kräfte. Zu jener Zeit mussten die Schüler – allein um zu einem Schüler des Meisters zu werden – eine wahre Tortur durchlaufen! Der Initiationsprozess war äußerst schwierig. Wenn ich einen Schüler initiiere, biete ich der Seele des Schülers nur Licht an, dann liegt es am Vitalen und am Mentalen, das Licht der Seele zu akzeptieren. Wenn sich dann diese Person dazu entschließt, nicht mein Schüler zu sein, sondern seinen Segen woanders zu suchen, so macht das nichts! Wir alle sind eine Familie.

Heutzutage ist alles billig – so billig wie Wasser. Wasser wiederum ist Leben. Nehmen wir kein Wasser zu uns, sterben wir. Doch in Sachen Strenge gibt es zwischen der Spiritualität vor zweihundert, vierhundert oder siebenhundert Jahren und der Spiritualität des zwanzigsten Jahrhunderts keinen Vergleich! Auf vielfältige Weise haben wir das spirituelle Leben einfacher und leichter gestaltet. Zu behaupten, es gäbe eine sofortige Gottverwirklichung, vergleichbar etwa mit einem Instantkaffee, wäre vermessen. Doch wir vereinfachten Spiritualität wirklich in einem sehr starken Ausmaß. Aufgrund der Weltprobleme, des Leids, der Unvollkommenheiten und Schwächen, die man im zwanzigsten Jahrhundert vorfindet, wendet Gott Seinen Mitgefühlsaspekt viel, viel, viel öfter an als Seinen Gerechtig­keits­aspekt.

Frage: Spirituell gesehen – entwickelt sich die Welt weiter oder zurück?

Sri Chinmoy: Die Welt war vor zwanzig Jahren für gewisse Dinge noch nicht bereit, doch heute ist sie dazu bereit. Betrachten wir einmal die Annehmlichkeiten und Erleichterungen, die uns die moderne Wissenschaft in den letzten fünfzig Jahren gebracht hat. Dieselbe Art von Fortschritt wurde in der spirituellen Welt vollbracht. Vor ein- oder zweihundert Jahren war es für spirituelle Sucher extrem schwer, Erfahrungen zu sammeln; Erfahrungen, die ihr jetzt sammeln könnt. Zur Zeit der Vedischen Seher benötigten die Menschen viele Jahre, um diese Erfahrungen zu durchlaufen – Erfahrungen, für die sie nichts unversucht ließen und nach denen sie sich aus der Tiefe ihres Herzens sehnten. Die Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts können diese Erfahrungen vielleicht in ein paar Tagen oder in ein paar Monaten durchlaufen. Doch in der Vergangenheit benötigte man sehr viel Zeit, um ein bisschen Fortschritt zu erzielen oder um einen Funken Frieden zu erlangen. Heutzutage – wie Sri Aurobindo beschreibt – erscheinen spirituelle Persönlichkeiten, die um ein Vielfaches mächtiger sind als die Vedischen Seher. Deswegen schreitet die Welt immer weiter voran. Andererseits erreichten einige Meister der Vergangenheit wie Krishna und auch andere nicht nur das Höchste, sondern sie wurden selbst zum Höchsten.

Generell können wir sagen, dass die Schüler heutzutage über viele Möglichkeiten verfügen, die die Schüler in der Vergangenheit nicht hatten. Wenn man heute Inspiration durch Gebet und Meditation mit einer großen Gruppe sucht, steigt man in das Auto und fährt zur Kirche.

Wo konnte man zur Zeit der Vedischen Seher tausende Menschen finden, die beten und meditieren, so wie wir sie heute bei unseren Friedenskonzerten antreffen? Wenn viele Menschen gemeinsam aufrichtig streben, entsteht dadurch oft mehr Intensität, als wenn eine Person es alleine macht. Wenn sich im schweren Kampf gegen die Unwissenheit auf der einen Seite zehn oder zwölf Personen befinden, wird dort mehr Stärke vorhanden sein. Einige der Sucher mögen schwächlich sein, doch sogar ihre geringe Kraft unterstützt dich, eine bessere Meditation zu haben. Wenn jemand allerdings schwach ist und du deine Zeit damit vergeudest, an ihn oder an sie auf eine negative Weise zu denken, wirst du scheitern, wenn die Zeit für dich gekommen ist, mit aller Kraft zu ziehen und deine ganze Stärke einzusetzen.

Auch heutzutage gibt es immer Vor- und Nachteile, doch im Großen und Ganzen ist es heute um vieles leichter als in der Vergangenheit. Andererseits besaßen die Sucher in der Vergangenheit eine größere Intensität und mehr Strebsamkeit. Heute gibt es mehr Ablenkung; wir besitzen wunderbare Freunde wie den Fernseher und ähnliches. In der gegenwärtigen Zeit stehen uns mehr äußere Möglichkeiten offen, doch diese sind nicht von spirituellem Nutzen.

Frage: Was genau meinst du, wenn du über unsere höchste Meditation sprichst?

Sri Chinmoy: Jeder hat seinen eigenen Standard. Meine höchste Meditation ist vielleicht nicht ganz so hoch wie die eines anderen. Gemäß meines eigenen Standards habe ich heute meine höchste Meditation; morgen wird sie vielleicht nicht dieselbe Höhe erreichen und übermorgen könnte es passieren, dass sie nur eine äußerst geringe Höhe aufweist. Wenn wir unsere höchste Meditation erfahren, so ist an diesem Tag unsere Liebe für den Supreme, unsere Hingabe an den Supreme und unsere Ergebenheit gegenüber dem Supreme absolut bemerkenswert. Man könnte es auch anders ausdrücken und sagen, dass Gott uns an diesem Tag bedingungslos mit Seinem Mitgefühl überschüttet und wir deswegen diese Art von Liebe, Hingabe und Ergebenheit empfinden. Vielleicht will Gott an diesem Tag auch etwas in und durch uns vollbringen und Er ist der Meinung, dass wir bereit sind, Sein Mitgefühl anzunehmen. Wenn die äußere Welt uns verführt oder uns lockt, müssen wir uns diese glücklichen Augenblicke in Erinnerung rufen. Wir erfuhren die höchste Wonne, weil wir die richtigen Dinge in unserem Leben gewählt hatten: unsere Liebe, unsere Ergebenheit und unsere Hingabe gegenüber dem Willen Gottes. Wenn wir uns in dem Augenblick in dem uns unstrebsame Kräfte angreifen oder wir ihnen gestatten, uns anzugreifen, an diese Wonne erinnern können, erhalten wir hiervon Inspiration, diesen feindlichen Kräften zu widerstehen.

Frage: Können wir unsere Gottverwirklichung verlieren, indem wir versuchen, sie zu enthüllen oder zu manifestieren?

Sri Chinmoy: Zuerst kommt die Gottverwirklichung. In deinem Herzensgarten siehst du die schönste Blume – die Gottverwirklichungs-Blume. Du wirst zu dieser Blume. Dann bringst du sie aus deinem zentralen Sein hervor und enthüllst sie der Welt; nicht um damit zu prahlen, sondern um die Schönheit und den Duft deiner Herzensblume anderen Menschen anzubieten. Manche wollen nach ihrer Verwirklichung das Licht Gottes nicht enthüllen, weil es so schwierig ist. Sie sagen: „Was kümmert es mich, ob andere glauben, dass in meinem Herzen die schönste aller schönen Blumen ist? Wenn sie nicht glauben, dass ich den göttlichen Frieden habe, den sie benötigen, so muss ich es ihnen nicht beweisen.“ Sie sagen sich auch: „Wer weiß, ich könnte das Licht Gottes auch verlieren, während ich es enthülle und manifestiere.“

Doch andere wollen den Frieden und das Licht, das sie in sich tragen, teilen, denn sie fühlen, dass sich die Menschen ohne Frieden und ohne Licht elend fühlen. Das ist der Edelmut und Großmut jener wagemutigen Seelen, die Gott zu enthüllen und manifestieren versuchen. Sie fürchten sich nicht, ihren inneren Reichtum zu verlieren. Sie fühlen: „Solange ich eine Sache nur besitze, kann ich sie verlieren, denn mein Besitz ist von mir getrennt. Wenn zwischen meiner Existenz und meiner Verwirklichung ein Unterschied vorhanden ist, kann ich meine Verwirklichung natürlich verlieren. Doch wenn ich zu dem geworden bin, nach dem ich mich gesehnt habe, wie könnte ich das verlieren? Was ich habe, kann ich verlieren; doch was ich bin, kann ich nicht verlieren.“


Es ist aber auch möglich, eine vorübergehende Gottverwirklichung zu erlangen. Als Arjuna eine Vision des Krishna-Bewusstseins gewährt wurde, erlangte er eigentlich nicht die Gottverwirklichung und deswegen war sie auch nicht von Dauer.

In einem anderen Fall kam das Krishna-Bewusstsein in einen sehr großen spirituellen Meister herab, verschwand aber wieder. Achtundzwanzig Jahre dauerte es, bis dieser Meister erklären konnte, dass das Krishna-Bewusstsein vollständig in seine Person herabgekommen sei.

Doch wenn man das höchste Bewusstsein einmal wahrhaftig verwirklicht hat, kann es einen niemals mehr verlassen.

Frage: Wie sollen wir mit unseren Fehlern umgehen?

Sri Chinmoy: Am Anfang schätzen wir all unsere Fehler – entweder bewusst oder unbewusst. Wenn wir dann weise geworden sind, fühlen wir uns schlecht, weil wir diese Schwächen geschätzt haben. Doch sogar wenn wir unsere Schwächen überwinden wollen, fühlen wir uns hilflos. Das ist der Zeitpunkt, an dem wir Entschlossenheit benötigen, welche durch die Gnade Gottes zu uns kommen muss.

Alles muss Schritt für Schritt vonstatten gehen. Zu Beginn schätzen wir bewusst oder unbewusst all unsere Schwächen, welche in Form von Versuchungen an uns heran­treten. Später erkennen wir, dass diese Fehler nicht gut sind, und trennen uns von ihnen. Wir wollen nicht unsicher sein, wir wollen nicht eifersüchtig sein. Wir wollen keinen Zweifel, keine Unsicherheit oder ähnliches haben. Dann entschließen wir uns, diese Schwächen zu besiegen. Zu diesem Zeitpunkt dürfen wir mit unseren Bemühungen nicht nachlassen, wir müssen fest entschlossen sein. Und woher stammt diese Entschlossenheit? Ihre Quelle ist das Mitgefühl Gottes. Letzten Endes also müssen wir uns der Quelle zuwenden, die Gottes Mitgefühl ist, um die Entschlossenheit zu erlangen, all unsere Fehler zu besiegen.

Frage: Was ist Poesie?

Sri Chinmoy: Ich vertrete immer die Meinung, dass der Mensch Prosa schreibt, doch es ist Gott, der in und durch den Menschen Poesie schreibt. In der Poesie trägt uns jedes Wort in das Unerkennbare – an einen Ort, wo enorme Freude herrscht. Wir denken vielleicht, dass wir völlig verloren sein werden, sobald wir in das Unerkennbare eintreten. Doch wir sind nicht verloren; wir fliegen. Poesie ist intuitiv, deswegen sollten wir nicht versuchen, sie zu verstehen. Nicht den Verstand benötigen wir, um Freude zu erlangen, sondern das Herz.

Frage: In welcher Beziehung stehen Fleiß und Durchhaltevermögen?

Sri Chinmoy: Fleiß beschleunigt alles; er schreitet am schnellsten voran. Mit Fleiß können wir den Himalaya besteigen. Doch manchmal, wenn Hürden und Hindernisse auftreten, gibt der Fleiß auf. Mit all unserem Fleiß versuchen wir es einmal, zweimal, dreimal; dann geben wir auf. Wir treten an eine Person heran und fragen um dieses und jenes, doch nach zwei oder drei Versuchen empfinden wir, dass es unter unserer Würde liegt, noch einmal danach zu fragen. Das ist unser Misserfolg. Doch wenn sich Durchhaltevermögen zum Fleiß gesellt, sind wir gerettet.

Wenn jemand erfolgreich ist, spricht man über ihn: „Oh, er hatte Glück.“ Doch es ist kein Glück. Dieselbe Person hatte einen Misserfolg nach dem anderen; viele Male befand sie sich in einer extrem unglücklichen Situation. Doch was diese Person von den anderen unterscheidet ist, dass sie nicht aufgegeben hat und letzten Endes war ihr der Erfolg sicher. Viele Menschen sind fleißig, doch dieser Fleiß verschwindet nach zwei Tagen. Für sie sind zwei Tage mehr als ausreichend. Wenn sich in diesen zwei Tagen kein Erfolg einstellt, überbringen sie mir die Nachricht: „Ich versuchte es wirklich, aber es ist unmöglich.“ Um erfolgreich zu sein, müssen wir unseren Fleiß Tag für Tag aufrechterhalten. Fleiß kann Berge versetzen. Doch wenn der Fleiß nicht ausreicht, brauchen wir Durchhaltevermögen und Geduld.

Frage: Wie kann ich meine Kritik an anderen vermeiden und was kann ich tun, wenn andere mich kritisieren? Manchmal werde ich sehr wütend.

Sri Chinmoy: Wenn dich jemand kritisiert, stelle dir diese Person als Insekt oder Wurm vor und empfinde dich selbst als den stärksten und größten Elefanten. Da du so groß bist, brauchst du diesem kleinen Insekt oder winzigen Wurm nicht deine Aufmerksamkeit schenken. Vivekananda erzählte die Geschichte von einem Elefanten, der zum Markt marschierte, um an Bananen zu gelangen, und von den Hunden, die ihn anbellten. Der Elefant kümmerte sich gar nicht um die Hunde; er marschierte einfach zum Markt und aß so viele Bananen, wie sein Herz begehrte.

Wenn dich also jemand kritisiert, musst du dich selbst davon überzeugen, dass du weitaus stärker bist als die Kritik, die du erhältst.

Wenn du selbst an jemanden Kritik üben willst, fühle sofort, dass der Störfaktor in dieser Person eine Art Schwach­­­­­stelle in ihr ist. Fühle auch, dass ihre falschen Handlungen aus einer bedauernswerten Schwäche heraus entstehen. Versuche nun zu fühlen, dass deine Kritik ihre Schwäche nur vergrößert und es schlimmer macht. Du musst auch fühlen, dass deine Kritik alle möglichen Arten von Leiden in dieser Person verursacht. Versuche dann dieses Leiden in dein eigenes System zu holen – in deine Hände, deine Beine, in deinen Kopf. Du wirst sofort sagen: „Mein Gott, das ist so schmerzhaft, so schmerzhaft!“ Dann wirst du erkennen, wieviel Pein du dieser Person verursachst.

Du kannst dir auch vorstellen, dass deine kritisierenden Worte wie Pfeile sind, die du auf diese Person abschießt und dass nun ihr gesamtes Wesen blutet. Wenn du sie bluten siehst, wird dich dein mitfühlendes Einssein elend fühlen lassen. Es ist jene Art mitfühlenden Einsseins, die Lord Buddha mit dem Vogel empfand, der von einem Pfeil verwundet wurde. Wenn du dich selbst mit dem Leid der anderen Person identifizierst, wirst du empfinden: „Ganz gleich wie nutzlos und wertlos diese Person auch ist, so habe ich doch kein Recht, dieses Leid in ihr hervorzurufen. Ich habe diese Welt betreten, um mein Einssein mit den anderen Menschen zu errichten und nicht um sie mit meiner Kritik zu zerstören.“ Dein Einsseins-Herz wird dann jede weitere Kritik an dieser Person verhindern. Diese Ideen, die ich euch hier mitteile, sind sehr praktisch.

Du kannst noch etwas anderes tun. Du kannst fühlen, dass die Kritik, der du in deinem Wesen gegenüber einer anderen Person pflegst, eigentlich eine sehr schwere Last ist. Und dass auch die Kritik, die gegen dich gerichtet ist, eine sehr schwere Last darstellt, die durch die andere Person auf dich geworfen wurde. Wie kannst du dich bewegen oder auch nur atmen, wenn du zwei sehr schwere Lasten auf deinen Schultern trägst? Du musst dich beider Lasten entledigen. Du musst sie abwerfen, damit du auf dem schnellsten Weg deiner Bestimmung entgegenlaufen kannst.
Hier ist noch eine weitere Möglichkeit. Fühle jedes Mal, wenn du jemanden kritisierst, dass du einen schwarzen Fleck auf dem Mond seines Herzens erschaffen hast. Du vermagst niemals wahrhaftige Freude zu erlangen, indem du die Schönheit seines inneren Herzens-Mondes schmälerst. Du musst auch fühlen, dass, wenn du ihn kritisierst, er auch dich kritisieren und dadurch die Schönheit deines inneren Mondes zerstören wird. Keiner von euch kann glücklich sein, indem ihr gegenseitig eure innere Schönheit zerstört. Deshalb solltest du fühlen, dass sich dein Glück nur gemeinsam mit dem Glück der anderen Person einstellt; es muss simultan sein. Wenn du seinen Mond nicht verdunkelst, wird er auch deinen Mond nicht verdunkeln und ihr werdet beide glücklich sein.

Frage: Manchmal sinkt mein Bewusstsein wegen meiner Umwelt.

Sri Chinmoy: Das ist der Grund, warum manche Menschen in den Höhlen des Himalayas verweilen. Sobald sie in ein Dorf kommen, um ein Glas Milch oder ein paar Früchte zu bekommen, bemerken sie, dass ihr Bewusstsein fällt. Also sind sie bereit, auf Milch und Früchte zu verzichten, und überantworten ihren Körper Gott. Doch das ist nicht unsere Philosophie. Wir empfinden die Meditation und das spirituelle Leben als ein Boot. Und weil wir uns in diesem Boot befinden, vermag das Wasser nicht, uns zu benetzen. Wenn unsere Meditation wirklich solide ist, wenn wir jeden Tag zwei Stunden seelenvoll und kraftvoll meditieren können, wird uns die Kraft unserer Meditation mit Sicherheit vor Schaden bewahren.

Doch wenn wir während der Meditation an das morgendliche Frühstück oder an jemanden denken, der uns beleidigt hat, dann ist diese Art Meditation nutzlos. Die Uhr wird uns sagen, dass wir drei Stunden meditiert haben, doch während dieser drei Stunden besuchten wir so viele eigenartige Länder und trafen so viele Menschen! Würden wir unsere Gedanken zählen, die wir während unserer Meditation hatten, wären wir geschockt. Deshalb ist unsere höchste Meditation vielleicht nicht ausreichend. Für uns mag sie sogar die höchste sein, doch sie ist nicht jene Art stiller Meditation, die fortgeschrittene Sucher haben, ganz zu schweigen von der Meditation spiritueller Meister. Wenn ich ein Stabhochspringer bin, so genügt es nicht, meine höchste Höhe zu springen; ich muss einen olympischen Standard oder einen Weltmeisterschaftsstandard erreichen. Ich muss auf eine gewisse Höhe kommen.

Frage: Du hast uns erzählt, dass der Prozess der erfolgreichen Gottverwirklichung zu fünfundneunzig Prozent aus der Gnade Gottes und zu fünf Prozent aus persönlichen Bemühungen besteht. Doch wenn wir dann Gott verwirklichen, würden wir erkennen, dass sogar unsere fünf Prozent eigentlich Gottes Gnade waren. Wenn das der Fall ist, wie kann dann ein Sucher für seinen Erfolg oder Misserfolg verantwortlich sein?

Sri Chinmoy: Wenn du Gott verwirklichst, erkennst du zu diesem Zeitpunkt, dass alles völlig bedingungslos von Gott kam. Warum bist du um sechs Uhr morgens aufgestanden, um zu beten und zu meditieren, während deine Freunde und Bekannten es nicht taten? Es geschah deshalb, weil etwas in deinem Inneren dem Wunsch Gottes oder dem Willen Gottes entsprach. Gott war es möglich, dir Seinen Willen zu vermitteln, während jemand anderes nicht genügend Empfänglichkeit besaß. Von jenem Zeitpunkt an, wo du fühlst, dass Gottes Wille in und durch dich wirkt, trägst du die Verantwortung, dass du das, worum Gott dich bittet, gebetserfüllt und seelenvoll tust. Nur wenn du es nicht gebetserfüllt und seelenvoll durchführst, wirst du gerügt.

Gott wird dich nicht rügen, wenn du keinen Erfolg hast, doch Gott wird dich mit Sicherheit rügen, wenn du es nicht fröhlich, seelenvoll und hingebungsvoll versuchst. Gott wird dich nur rügen, wenn du es nicht in einem göttlichen, hinge­bungs­vollen Geist versuchst. Deine Verantwortung liegt nur darin, die Reise mit der richtigen Einstellung zu machen; wenn sich kein Erfolg einstellt, so liegt das nicht in deiner Verantwortung. Erfolg und Misserfolg befinden sich zu Seinen Füßen. Deine Aufgabe besteht darin, Ihm die Resultate glücklich und gebetserfüllt darzubringen.

Was bedeutet das? Nehmen wir an, du hast erwartet, dass eine gewisse Angelegenheit ganz nach deinen Vorstellungen abläuft; du hast sehr hart dafür gearbeitet, doch es ist nicht eingetroffen. Nehmen wir an, du hast damit gerechnet, dass deine Tochter die Führerscheinprüfung bestehen würde; doch sie ist durchgefallen. Mit so viel Hoffnung, Fleiß und Freude hast du mit ihr geübt. Wenn du dich nun spirituell verhalten willst, musst du, wenn sie durchfällt, dieselbe Energie und Empfindungen zu Gottes Füßen darbringen, die du hattest, als du noch voller Hoffnung warst, dass sie die Prüfung besteht.

Frage: Wie wichtig ist der gesunde Menschenverstand?

Sri Chinmoy: Der gesunde Menschenverstand ist Weisheit. Nehmen wir an, ich betrachte eine Flamme. Sie ist so eindrucksvoll schön, dass ich sie berühren will. Doch mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich mir bei einer Berührung mit Sicherheit die Hand verbrennen werde. Wir beginnen also unsere Reise mit unserem gesunden Menschenverstand, doch ab einem gewissen Zeitpunkt müssen wir über den Menschenverstand hinausgehen, jene Weisheit nutzend, die wir uns entweder in unseren vergangenen Leben oder in unserem gegenwärtigen Leben angeeignet haben. Wir erreichen dann eine gewisse Ebene oder Höhe, wo wir erkennen, dass unser gesunder Menschenverstand nicht länger funktioniert. Von dieser Ebene aus müssen wir vorwärts und aufwärts streben, bis das Reich des gesunden Menschenverstandes weit, weit hinter uns liegt.

Teil VI

SCA 296-304. Die folgenden Fragen wurden im April und Mai 1995 gestellt.

Frage: Du erzählst uns oft die Geschichte, in der Lord Krishna von Arjuna die Farbe einer Frucht, die auf einem nahegelegenen Baum wächst, wissen will. Jedes Mal, wenn Arjuna eine Farbe nennt, behauptet Krishna, es sei eine andere Farbe, und Arjuna wechselt sofort seine Meinung, um mit Krishna überein zu stimmen. Wenn wir nun gemeinsam mit dir arbeiten, wie sollen wir wissen, wann wir mit dir übereinstimmen und wann wir unsere eigene persönliche Meinung anbieten sollten?

Sri Chinmoy: Ein spiritueller Meister befasst sich mit sehr vielen Ebenen des Bewusstseins. Es existiert eine Bewusst­seinsebene, die in der irdische Wirklichkeit nicht als solche existiert. Wenn du behauptest, etwas sei blau oder rot, beschreibst du damit die irdische Realität. Doch die Realitäten in den höheren Welten sind nicht damit vergleichbar. Diese hängen völlig von Gott oder den kosmischen Göttern ab. Lord Krishna wusste, dass die Früchte, die Arjuna betrachtet, auf der irdischen Ebene eine bestimmte Farbe haben. Doch er wollte, dass Arjuna eine höhere Ebene erklimmt, eine Ebene, in der die Früchte nicht einmal existieren, wo selbst der Baum nicht existiert. Auf jener Ebene existiert einzig und allein das Einssein mit Gottes Willen. Für Arjuna verkörperte Lord Krishna Gott. Um nun diese höhere Ebene zu erreichen, benötigte Arjuna Einssein mit dem Willen Lord Krishnas.

Ganz gleich, wie oft Krishna sich selbst widersprach, Arjuna stimmte mit ihm überein. Wäre Arjuna ein gewöhnlicher Mensch gewesen, hätte er gefragt: „Wie oft muss ich dir noch zustimmen? Du hast mich korrigiert und ich stimmte dir zu. Nun hast du es dir wieder anders überlegt! Was bist du nur für ein Mann?“ Doch Arjuna reagierte nicht auf diese Weise. Er zeigte Gehorsam und legte eine enorme Geduld an den Tag. Alle spirituellen Menschen müssen diese Art der Prüfung durchlaufen.

Arjuna mag dumm erscheinen, da er ständig seine Meinung änderte. Doch Arjuna war kein Narr. Er war nicht so gut gebildet wie sein Bruder Yudhishthira, doch noch immer sehr viel besser als die meisten Menschen seiner Zeit, einschließlich Bhima, seine anderen Brüder, seine Cousins usw. Doch Arjuna erkannte, dass er sowohl über die Form als auch über das Formlose hinaus gehen muss, um mit Lord Krishna eins zu sein. Sein Gebet lautete: „Herr, ich will eins sein mit Dir. Ich will durch Deine Augen sehen; ich will mit Deinem Herzen fühlen.“ Manche Menschen sind überaus klug. Sie sprechen dieses Gebet, doch sie sehen weiterhin mit ihren eigenen Augen und fühlen weiterhin mit ihren eigenen Herzen. Doch Arjuna gehört nicht zu ihnen; für ihn bestand dieses Gebet nicht nur aus leeren Worten. Er wusste, dass Lord Krishna Gott war. Aus diesem Grund gab er ein Versprechen: „Herr, von nun an, werde ich mich Dir völlig hingeben und mit Deinem Willen eins werden.“

Diese Art des Einsseins existiert auch in der gewöhnlichen menschlichen Welt. Eine bengalische Mutter wird ihrem Kind das Wort „Phul“ beibringen, das Blume bedeutet. Doch ein kleines Kind wird lange brauchen, bis es das Wort richtig aussprechen kann. Es sagt „phu, phu“ und schafft es nicht, den Buchstaben „l“ auszusprechen. Auch nach zwanzig Mal sagt es noch immer phu, phu. Die Mutter bemerkt, dass das Kind eine enorme Freude erhält, wenn es phu sagt. Wenn ihr Herz nun ganz von Einssein erfüllt ist, beginnt sie ebenfalls phu zu sagen, um das Kind glücklich zu machen. Ihre Liebe zum Kind ist unendlich wichtiger für sie, als die richtige Aussprache des Wortes. Ihre Mutterliebe existiert zu einhundert Prozent auf der menschlichen Ebene und sie ist dermaßen stark, dass sie sich der Sprache ihres Kindes unterordnet. Manchmal kann man diese bengalischen Mütter noch nach zwanzig oder dreißig Jahren diese falschen Wörter aussprechen hören, die sie von ihren Kindern gelernt haben. Noch immer erhalten sie so viel Freude von diesen Kinderwörtern. Das nennt man auf der gewöhnlichen menschlichen Ebene Liebe zwischen zwei Menschen.

Wenn eine Mutter auf der menschlichen Ebene eine Blume „phu“ nennen kann, um ihr kleines Kind zu erfreuen, kann sich dann ein Schüler auf einer göttlichen Ebene nicht der Art des Meisters, so wie dieser die Realität erkennt, hingeben? Wenn der Meister behauptet, eins und eins ergäbe vier, so würden gewöhnliche Menschen sagen: „Der Meister ist offensichtlich ein Idiot. Ich will nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden.“ Doch der wahrhaftige Schüler wird sagen: „Mein Meister ist ein Ozean aus Liebe, Licht und Glückseligkeit. Wenn er sagt, eins und eins ergibt vier, so muss er recht haben.“ Jene Schüler, die darauf bestehen, dass eins plus eins zwei ergibt, sind vom mathematischen Standpunkt aus korrekt, doch spirituell gesehen sind sie Millionen und Milliarden von Meilen von der höchsten Wahrheit entfernt.

Wenn du auf der menschlichen Ebene einem kleinen Kind schmeichelst, so wird es in die Küche gehen und dir etwas Köstliches zu essen bringen. Wenn du ihm nicht zustimmst, wird es dir nichts bringen. Manchmal handelt Gott genauso wie ein kleines Kind. Indem du auf dich selbst hörst, erhältst du sicher eine gewisse Zufriedenheit. Doch wirst du den Liebes- und Lichtozean deines Meisters erhalten? Wer wird ihn dir gewähren? Derjenige, mit dem du nicht übereinstimmen konntest?

Das Problem ist Folgendes: Jeder Mensch hat auf der mentalen Ebene gewisse Ideen formuliert. Doch ein spiritueller Meister kümmert sich nicht um deine mentalen Ideen; er interessiert sich nur, wie viel Einssein du mit ihm errichtet hast. Wenn du mit ihm übereinstimmst, schenkt er dir solch ein besonderes Lächeln, so viel Zuneigung, so viel Segen. Ganz gleich, wie überzeugt dein Verstand auch ist, er kann dir niemals dieses Lächeln, diese Zuneigung und diesen Segen bringen. Du musst einen Vergleich ziehen. Erkenne den Unterschied, was dein eigener Verstandesraum dir geben kann und was der Herzensraum deines Meisters dir geben kann. Indem du dem Meister zustimmst, wirst du viel mehr vom inneren Reichtum des Meisters erhalten, als wenn du an deinem eigenen beschränkten mentalen Konzept von der Wahrheit festhältst.

Frage: Während der Schlacht von Kurukshetra stieg Krishna von seinem Streitwagen herab um am Kampf teilzunehmen, obwohl er einen Eid schwor, dies nicht zu tun. Ich frage mich, was uns das über die Persönlichkeit Krishnas verrät.

Sri Chinmoy: Als Arjuna Vishma erblickte, wie dieser durch das Schlachtfeld auf sie zukam, sagte er zu Krishna: „Wir waren sehr jung, als wir unseren Vater verloren. Vishma wurde zu unserem Vater. Solche Zuneigung, solche Liebe hegte er für uns. Es gab nichts, das wir nicht für ihn getan hätten. Er steht mir so nahe. Ich kann nicht gegen ihn kämpfen.“

Krishna sprach zu Arjuna: „In der inneren Welt ist er bereits tot. Du musst gegen ihn kämpfen!“ Doch Arjuna konnte sich noch immer nicht überwinden, gegen seinen Großonkel anzutreten; also verließ Krishna mit seinem Diskus den Streitwagen. Als sich Krishna entschied zu kämpfen, sagte er: „Meine Liebe zu Arjuna ist um ein Vielfaches wichtiger als mein sogenanntes Versprechen. Die Menschen werden behaupten, dass ich mein Wort nicht halte. Es interessiert mich nicht. Ich will zeigen, dass meine Liebe zu meinem Arjuna unendlich wichtiger ist, als vor den Augen der Welt meine Ehre zu bewahren. Ich bin bereit, gegen das gewöhnliche Licht der Moral zu verstoßen, um den Sieg für Arjuna zu erlangen.“

Als Vishma bemerkte, dass Krishna selbst gekommen war, um gegen ihn zu kämpfen, eilte er mit großen Schritten herbei, um getötet zu werden. Er sagte: „Mein Herr, mein Herr, ich weiß wer Du bist! Wenn Du mich tötest, machst Du mich zum glücklichsten Menschen. Einerseits bin ich traurig, dass Du Dein Versprechen brichst. Doch ich bin auch so glücklich, dass ich durch Deine Hand sterben werde. Töte mich, töte mich! Ich verzehre mich danach, von Deiner Hand getötet zu werden!“

Dann entschied Arjuna sich: „Nein, nein, ich bin bereit zu kämpfen!“ Er zog Krishna zurück in den Streitwagen und bekämpfte Vishma mit höchster Entschlossenheit. Zu guter Letzt wurde Vishma tödlich verwundet und Arjuna brachte seinem Großonkel Wasser. Als Arjuna bemerkte, dass Vishma weinte, sagte er zu Krishna: „Mein Großonkel verhielt sich immer völlig korrekt. Er war so gut, so göttlich. Warum muss er leiden? Warum sind Tränen in seinen Augen?“

Krishna antwortete Arjuna: „Warum fragst du mich? Frage ihn! Er wird es dir sagen!“ Also fragte Arjuna seinen Großonkel: „Sag mir bitte, warum du weinst, Großonkel. In unserem Königreich existiert niemand, der so göttlich ist wie du. Du selbst hast uns verraten, wie wir dich töten können. Wer sonst auf dieser Welt wäre so edelmütig? Doch warum weinst du nun, wo dein Tod sich dir nähert? Hast du Angst vor dem Tod?“

Vishma antwortete: „Du Narr! Ich weine nicht, weil ich Angst vor dem Tod habe, sondern weil die Pandavas dermaßen viel Leid erdulden mussten. Krishna, der Herr des Universums, war ständig mit euch und für euch. Wie kommt es dann, dass ihr so viel gelitten habt? Ich kann das Spiel des Herrn nicht verstehen. Deswegen fließen meine Tränen.“

Krishna antwortete ihm: „Dies ist meine Schöpfung. Niemals wirst du sie verstehen können. Meine Mysterien sind unergründlich.“

Die Mahabharata ist sehr, sehr schön und zugleich sehr, sehr tief. Auf der mentalen Ebene können wir manche Dinge, die Krishna tat, nicht rechtfertigen. Doch seine Göttlichkeit ist Rechtfertigung genug.

Frage: Hielt irgendjemand von den Kauravas bewusst zu den Pandavas?

Sri Chinmoy: Kurz bevor die Schlacht begann, tat Yudhish­thira etwas sehr Bemerkenswertes. Er stellte sich vor den Feind hin und sprach: „Wenn irgendjemand von euch zu uns wechseln will, so ist jetzt der Zeitpunkt gekommen. Wir werden euch willkommen heißen!“

Diese Worte vernehmend kam einer von Duryodhanas eigenen Brüdern und sagte: „Meine Brüder sind schlechte Menschen. Sie sollen sterben. Lasst mich auf eurer Seite kämpfen.“ Dieser Bruder hieß Yuyutsu. Gandhari war nicht seine Mutter, sondern er war der Sohn einer Shudrafrau. Als die Schlacht von Kurukshetra ein Ende fand, war er der Einzige der Brüder, der noch lebte.

Frage: Wenn jemand mit einem bestimmten Gott oder einer bestimmten Göttin verbunden ist, nimmt dann dieser Gott oder diese Göttin besonderen Anteil an diesem Menschen?

Sri Chinmoy: Anteilnahme ist definitiv vorhanden und die kosmischen Götter und Göttinnen werden helfen, vorausgesetzt diese Person führt ein gutes, spirituelles Leben. Die Schüler einer Schule besitzen nicht alle denselben Standard; der Lehrer muss Tom, Dick und Harry unterrichten. Doch wenn es ein paar ausgezeichnete Schüler gibt, die dem Lehrer Freude bereiten, schenkt er diesen Schülern mehr Aufmerksamkeit. Privat sagt er zu ihnen: „Kommt zu mir nach Hause. Ich werde euch noch mehr lehren.“ Aber einen drittklassigen Studenten wird er nur während der Schulstunden unterrichten. Im spirituellen Leben verhält es sich ebenso: Ist jemand ein guter Sucher, so wird er mehr Aufmerksamkeit und innere Anteilnahme von den Göttern und Göttinnen erhalten, die sein Schicksal lenken. Doch man darf nicht vergessen, dass die kosmischen Götter nur über eine beschränkte Autorität über diese Person verfügen; der Supreme alleine hat volle Autorität.

Am Anfang werden die kosmischen Götter und Göttinnen dem Sucher, wenn er betet und meditiert, auf mannigfaltige Art und Weise helfen. Aber dann, wenn sie erkennen, dass der Sucher ihre Höhe erreicht oder gar über ihre Höhe hinausschreitet, werden sie sich gegen ihn stellen. Zuerst nähren sie dich und nähren dich gut; doch dann wenden sie sich gegen dich. Doch wenn du über ihr Reich hinausschreiten kannst, werden sie dir wieder extrem nahestehen und dir helfen, denn sie erkennen, dass du mit dem Absoluten in Kontakt stehst.

Die kosmischen Götter werden jedoch nicht involviert, wenn man einen spirituellen Meister hat. Sie werden zu lieben Verwandten, weil der spirituelle Meister anstelle des Suchers einen direkten Kontakt mit dem Höchsten, dem absoluten Supreme unterhält. Wir haben keinen täglichen Kontakt zu unseren Verwandten. Wir sehen sie einmal im Monat oder einmal in sechs Jahren. Doch unsere Eltern sehen wir täglich. Es ist also unser spiritueller Meister, mit dem unsere Seele einen täglichen Austausch aufrechterhalten sollte.

Frage: Welchen Grund haben die Götter oder Göttinnen, sich uns in den Weg zu stellen?

Sri Chinmoy: Niemandem ist es recht, wenn ein anderer über ihm steht. Die Puranas sind mit Geschichten über die eifersüchtige und unsichere Parvati durchzogen. Sie ist eine kosmische Göttin; die Menschen verehren sie. Doch Parvati verzehrt sich jeden Augenblick danach, noch schöner zu sein oder jemanden zu verfluchen! Betrachtet einmal diesen menschlichen Aspekt! Aber andererseits beten wir zu Parvati für unsere Erleuchtung, für unsere Befreiung, für alles.

Frage: Haben die kosmischen Götter und Göttinnen die Fähigkeit, spirituellen Fortschritt zu machen?

Sri Chinmoy: Die Evolution benötigt die menschliche Inkarnation, doch sie nehmen keine menschliche Inkarnation an. Die Mythologie beinhaltet viele Geschichten, in denen ein Gott den anderen verflucht, damit er in eine Familie der Dienerkaste geboren wird; doch das sind nur Geschichten. Eigentlich nehmen die kosmischen Götter keine menschliche Inkarnation an, weil sie keine evolutionären Wesen sind. Vor tausenden Jahren begannen sie zu meditieren und erlangten spirituelle oder okkulte Kräfte und enormes Licht und das stellte sie zufrieden. Sie erreichten eine gewisse Höhe, welche viel, viel erhabener ist als die Höhe gewöhnlicher Menschen. Doch sie werden nicht mehr höher aufsteigen.

Gemäß unseres gegenwärtigen Standards erscheinen uns die kosmischen Götter grenzenlos. Sagen wir, wir besitzen einen Dollar und die kosmischen Götter besitzen zehn Millionen Dollar. Doch zehn Millionen Dollar sind nicht der höchstmögliche Betrag. Nach den zehn Millionen kommt eine Milliarde und so weiter. Wir haben das Gefühl, dass die kosmischen Götter mit der Grenzenlosigkeit vertraut sind, doch das ist nicht der Fall. Für das ist es notwendig, einen physischen Körper anzunehmen und von der tierischen Ebene zur menschlichen und von dort weiter zur göttlichen Ebene und letzten Endes zum Supreme aufzusteigen.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Menschen, wenn man sie mit den kosmischen Göttern vergleicht, wie kleine Kinder. Ein Kind ist so klein; wer kann sich schon vorstellen, dass es eines Tages ein Meter achtzig sein wird? Aber obwohl wir augenblicklich sehr schwach sind, endet unsere Evolution niemals, denn die Menschen verfügen über den ewigen Hunger, das ewige Streben, höher und immer höher aufzusteigen. Indem wir beten und meditieren und unseren Willen dem Willen Gottes unterordnen, können wir Menschen letzten Endes zu Heiligen werden, dann zu Yogis und schließlich über das Reich der kosmischen Götter hinausgehen.

Frage: Verfluchen sich die kosmischen Götter noch immer gegenseitig und kämpfen sie gegeneinander, so wie es in den Puranas beschrieben ist?

Sri Chinmoy: Zu dieser Zeit, vor dreitausend bis vor fünftausend Jahren, befand sich die Entwicklung auf diesem Niveau. Manchmal hörten die kosmischen Götter nicht auf den Absoluten Supreme, obwohl sie den Willen Gottes sehr gut kannten und schufen Disharmonie unter sich. Sie waren nicht bereit, sich irgendjemandem hinzugeben, nicht einmal dem Supreme. Doch die spirituellen Meister lehren uns, sich dem Willen Gottes hinzugeben. Jesus Christus lehrte uns: „Dein Wille geschehe.“ Das ist der Beweis, dass wir uns verbessert haben.

Wir müssen uns ebenfalls bewusst sein, dass sich die Welt in jenen Tagen auf einem bestimmten Bewusstseinsniveau befand und sich die kosmischen Götter ständig mit der unvollkommenen Natur der Wirklichkeit auseinander- setzen mussten. Manchmal zeigten sie Mitgefühl oder Vergebung, doch meistens zeigten sie Macht. Willkürlich benutzten sie den Machtaspekt Gottes, um ihre Überlegenheit zu demonstrieren – um andere zu besiegen und um über das menschliche Leben zu regieren. Sie kümmerten sich nicht um Gott die Schöpfung; sie waren bereit, sie innerhalb eines Augenzwinkerns zu zerstören. Doch mit Macht können wir niemanden auf Dauer besiegen; wir können jemand anderen nur für fünf Sekunden oder fünf Tage besiegen. Nur wenn wir jemanden durch die Liebe besiegen, wird unser Sieg immerwährend sein. Und Freude, die durch Überlegenheit eintritt, ist ebenso keine wahre Freude, während jene Freude, die sich durch auf Liebe gegründetes Einssein einstellt, die wahre Freude ist.

Als Amerika die Atombomben auf Nagasaki und Hiroshima warfen, ergab sich Japan. Aber gewann Amerika das Herz Japans? Liebten oder respektierten die Japaner die Amerikaner für die Zerstörung ihres Landes? Nein! Indem ich eine Bombe auf deinen Kopf werfe, kann ich dich einige Jahre lang ruhigstellen. In dieser Zeit halte ich mich für die glücklichste Person der Welt. Doch letzten Endes werde ich erkennen, dass viele Menschen schlecht von mir sprechen und ich plötzlich keine Freude mehr habe. Jeder will von anderen bewundert werden. Wirst du mich lieben und bewundern, wenn ich dich umbringe? Nein! Doch wenn ich mit geöffneten Armen auf dich zugehe und dich umarme, dann wirst du mein Freund sein wollen.

In den Puranas wurde vieles geschrieben, einfach um die Geschichten interessanter zu gestalten. Wenn wir dann das Ganze lesen, sagen wir: „Ach, diese kosmischen Götter sind genauso wie wir.“ Aber wer würde wirklich tausende von Jahren um Milch oder um Schönheit beten? Doch die kosmischen Götter waren bereit, tausende von Jahren für alles zu beten, nach dem ihnen der Sinn stand, auch für den Tod eines Anderen. Andererseits waren die tausend Jahre, von denen gesprochen wird, nicht wirklich tausend Jahre; manchmal war es gar nur ein Jahr. Doch würden wir wirklich ein Jahr lang für irgendetwas beten – sogar wenn es sich dabei um unseren allergrößten Wunsch handeln würde? Wenn wir etwas nicht über Nacht bekommen, dann sagen wir: „Ach, das ist nicht für mich bestimmt.“ Nach zwei Wochen oder zwei Monaten sagen wir: „Da keine Hoffnung mehr besteht, gebe ich auf.“ Doch die Götter machten weiter. Nicht einmal die Dämonen oder Asuras gaben sich so leicht geschlagen. Sie wollten die Götter aus dem Himmel vertreiben, so beteten und meditierten sie jahrelang mit aller Strenge. Sie sagten: „Solange wir unser Ziel nicht erreicht haben, hören wir nicht auf.“ Diese Geschichten lehren uns, dass nichts leicht errungen wird; sie lehren uns die Notwendigkeit von Geduld und Ausdauer. Ganz gleich, welchen Wunsch oder welche Strebsamkeit wir haben, sie lehren uns, nicht aufzugeben, bevor wir unser Ziel erreicht haben.

Frage: In einem deiner Gedichte erwähnst du, dass Gott alles für uns tun wird, wenn jeder unserer Atemzüge seelenvolle Dankbarkeit verkörpert. Diese Art Dankbarkeit scheint weit außerhalb unserer Reichweite zu liegen. Wie können wir sie empfinden?

Sri Chinmoy: Dankbarkeit findet man nicht in Humor­losigkeit oder in Strenge; man findet sie nicht in einem morbiden Leben. Dankbarkeit kommt von Lieblichkeit – Lieblichkeit im Leben, Lieblichkeit im Atem. Die Lieblichkeit und Süße unserer eigenen Natur, unseres eigenen Charakters, unserer eigenen Bewegungen wird ewig dauernde Dankbarkeit erschaffen. Dankbarkeit ist nichts anderes als ein spontanes Empfinden von Süße, welches nicht einmal in Worte ausgedrückt werden muss. Ein Kind sagt zu seiner Mutter vielleicht nicht „danke“, doch die Lieblichkeit seines gesamten Wesens wird durch seine Augen in Form eines Lächelns ausgedrückt. Er kennt nicht das Wort „Dankbarkeit“, doch wenn die Mutter sein süßes Lächeln sieht, weiß sie, dass das Kind voll Dankbarkeit ist. Also je mehr Lieblichkeit wir in unserem Herzen und in unserem Wesen zu erschaffen vermögen, desto einfacher wird es, Gott Dankbarkeit anzubieten.

Ein Weg, um Süße zu erlangen, wäre eine wunderschöne, duftende Blume zu betrachten. Wenn wir die Blume anschauen und den Duft einatmen, werden wir bewusst oder unbewusst mit ihrer Schönheit und mit ihrem Duft eins. Sobald wir das tun, tritt ihrer Lieblichkeit in uns ein oder unsere eigene Lieblichkeit kommt zum Vorschein; manch­mal geschieht beides gleichzeitig. Unser gesamtes Wesen wird süß und es fällt uns leichter, gute Gedanken zu haben. Wenn wir wirklich unsere gesamte Aufmerksamkeit mit Hilfe dieser Blume auf die unschuldige Schönheit von Gottes Schöpfung richten, werden unreine Gedanken – nicht nur die Gedanken des niederen Vitalen, sondern auch Eifersucht und Gemeinheit – verschwinden und nur süße Gedanken übrig bleiben. Und wenn Süße in unserer Natur zum Vorschein kommt, dann ist es sehr einfach, Dankbarkeit anzubieten.

Eine andere Möglichkeit, Dankbarkeit zu empfinden, ist daran zu denken, was aus uns geworden wäre, hätte Gott uns Sein Licht nicht gezeigt. Wir wären jemand anderes – auf dem Tiefpunkt der Evolution. Doch anstatt uns Gott auf negative Art zu nähern, ist es besser, dies auf eine positive Weise zu tun. Wir sagen: „O Gott, ich bin Dir so dankbar und ich werde Dir ewig dankbar bleiben, denn Du zeigtest mir Dein Licht und Du gestattest mir, in Deinem Licht zu verweilen.“

Frage: Wie können wir lieblicher werden?

Sri Chinmoy: Der direkte Weg, um Lieblichkeit in dein Leben zu bringen, ist Einfachheit. Reine Menschen können manchmal auch ziemlich arrogant sein. Die indischen Heiligen sind rein, doch wenn du versuchst, eine Blume aus ihrem Garten zu entwenden, werden sie dir den Kopf einschlagen, weil für sie Gerechtigkeit an erster Stelle steht! Doch wenn man nur ein einfaches Leben führen will, wird man einem Dieb, der einem die Decke stehlen will, noch hinterherlaufen, um ihm auch noch das Kissen geben. Man wird dem Dieb sagen: „Du verlangst nach diesen Dingen mehr als ich, also behalte sie. Ich bin zufrieden, wenn ich in der Nacht den Mond betrachten kann.“ Auf diese Weise gestaltest du dein Leben immer einfacher und verlässt dich mehr und mehr auf Mutter Natur. In dieser Art des einfachen Lebens wächst Lieblichkeit.

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