Teil VII — Kurze Haare und Bärte

Frage: Warum verlangst du von deinen männlichen Schülern, ihre Haare kurz zu schneiden und keine Bärte zu tragen?

Sri Chinmoy: Mein inneres Gefühl sagt mir, dass Männer frischer, schöner und attraktiver aussehen, wenn sie kurze Haare haben. Die Schwingungen, die ich von ihnen erhalte, sind sehr viel besser, wenn sie kurze Haare haben als wenn sie lange Haare haben. Auch kommen ihre männlichen, ihre dynamischen Eigenschaften unmittelbar zum Vorschein, wenn ihr Haar kurz ist.

Wenn ich in die Seele schaue, sehe ich, dass es für einen Mann völlig unnötig ist, sich lange Haare wachsen zu lassen. Bei Frauen ist es in Ordnung. Männer und Frauen haben verschiedene Seeleneigenschaften, die sie manifestieren müssen. Wenn ihr jemanden anschaut, dann sollte euch sein Aussehen sofort das Gefühl geben, dass es ein Mann oder eine Frau ist. Mann und Frau sind wie die linke und die rechte Hand. Die rechte Hand sollte die Rolle der rechten Hand und die linke Hand sollte die Rolle der linken Hand spielen. Als ich einige meiner Schüler zum ersten Mal sah, konnte ich mit meinen menschlichen Augen nicht sofort erkennen, ob sie Männer oder Frauen waren.

Wenn Männer langes Haar haben, waschen sie es oft nicht oder halten es nicht in Ordnung. In dieser Beziehung sind Frauen im allgemeinen besser. Dann, wenn andere neben jemandem mit schmutzigem oder ungekämmtem Haar sitzen, fühlen diese sich unwohl; es stört ihre Meditation. Auch wenn jemand einen so großen Bart hat, dass er sein ganzes Gesicht verdunkelt, erhalten die Leute, die neben ihm zu meditieren versuchen, eine Art unnatürliche Schwingung von ihm – auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist. Sie haben das Gefühl, dass er sie absichtlich störe. Er mag der Meinung sein, dass es sein Gesicht sei und dass er sich einen Bart oder lange Haare wachsen lassen könne, wenn er wolle; aber was für ein Recht hat er, Probleme für andere zu schaffen? Er sagt vielleicht: „Es geht dich nichts an, ob ich lange Haare habe. Schließlich ist es mein Leben. Ich bin für mich selbst verantwortlich.“ Wenn er sagt, er folge keinem Meister und meditiere für sich selbst, dann kann er natürlich tun, was er will. Aber wenn er einem Meister folgt und dieser Meister noch andere spirituelle Kinder hat, dann braucht es etwas Disziplin, damit die Schüler einander inspirieren können. Der Meister kann dann nicht jedem Schüler erlauben, all seinen Neigungen zu folgen.

Ein Sucher sehnt sich nach seiner eigenen Rettung und stört dabei doch bewusst oder unbewusst die sehr geringen Möglichkeiten oder Fähigkeiten seiner Mitmenschen. Wir sind in die Welt gekommen, um Gott zu lieben. Wenn wir wirklich Gott lieben, dann lieben wir auch die Menschheit. Wenn wir unsere Brüder und Schwestern lieben, dann wollen wir ihnen wenigstens insofern helfen, als wir ihre Strebsamkeit nicht beeinträchtigen. Wenn wir mit einem kleinen Opfer anderen helfen können, sollten wir das tun. Meine Philosophie ist Liebe, meine Philosophie ist Ergebenheit, meine Philosophie ist Selbsthingabe. Natürlich ist meine Philosophie nicht für jedermann geeignet.

Ich bestehe absolut auf kurzen Haaren für meine männlichen Schüler. In seltenen Fällen mache ich bei Bärten eine Ausnahme. Aber ich muss meinen Prinzipien treu sein, denn sie basieren auf meiner eigenen inneren Verwirklichung. Wenn ich weiß, dass auf einem bestimmten Pfad ein Tiger lauert, dann werde ich diesen Pfad nicht nehmen und auch denen, die ich liebe, raten, diesen Pfad zu meiden. Aber wenn jemand anders den Tiger nicht sieht und nicht daran glaubt, dass dort ein Tiger lauert, dann geht er auf diesem Pfad weiter. Es gibt viele Meister, die langes Haar billigen, und es steht euch vollkommen frei, ihnen zu folgen. Aber wenn ihr meinem Pfad folgen wollt, dann wisst ihr nun, was ich will. Ich brauchte überhaupt keine Rechtfertigungen abzugeben, aber ich erkläre euch meine Gründe, damit euer Verstand versteht und befriedigt ist.

Wenn jemand mit der Bitte zu mir kommt: „Bitte hilf mir, Gott zu verwirklichen“, dann nehme ich an, dass dieser Mensch weiß, dass er selbst nicht in der Lage gewesen ist, dies alleine zu erreichen. Während Tausenden von Jahren hat er versucht, Gott zu verwirklichen. Ich sage ihm im Inneren: „Du bittest mich um etwas sehr Hohes, sehr Tiefes und sehr Bedeutsames. Es ist sehr schwierig, aber ich werde dir helfen. Ich nehme die Herausforderung an.“ Nun, da ich ihm einen Gefallen tue, bitte ich auch ihn, mir einen Gefallen zu tun. Was er sich von mir erbittet, ist eine lebenslange, äußerst schwierige Aufgabe. Den kleinen Gefallen, den ich mir von ihm erbitte, ist sehr leicht zu erfüllen. Er braucht nur ein paar Minuten, seine Haare zu schneiden und seinen Bart zu rasieren. Wenn er mir nicht einmal einen so kleinen Gefallen tun kann, warum sollte ich dann mein Leben damit verbringen, ihn zufriedenzustellen? Und was wird geschehen, wenn ich ihn bitte, eine wirklich strenge spirituelle Disziplin zu befolgen?

Ein aufrichtiger spiritueller Sucher wird sich aus seinem Bart und seinen langen Haaren nicht mehr machen als aus Gott. Wenn der Meister ihm Freude gibt, wenn er fühlt, dass dieser Meister für ihn bestimmt ist und fähig sein wird, ihn zu Gott zu bringen, dann wird er seine Haare und seinen Bart gerne aufgeben.

Fortschritt im spirituellen Leben ist eine Sache des Annehmens. Der Meister muss den Schüler annehmen und der Schüler muss den Meister annehmen. Der Meister ist jemand, in den ihr all euren Glauben setzen könnt. Es sollte für euch fraglos sein, dass er es besser weiß als ihr. Sonst sagt der Meister heute etwas und es gefällt euch nicht. Morgen sagt er etwas anderes, und auch dann werdet ihr etwas auszusetzen finden. Auf diese Weise werdet ihr überhaupt keinen Fortschritt machen. Ihr müsst mit Glauben beginnen und dürft euren fragenden und zweifelnden Verstand nicht mit eurem Leben der Strebsamkeit in Konflikt kommen lassen.

Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Willen des Meisters und dem Ziel. In seinem Willen selbst ist das Ziel, und das Ziel ist sein göttlicher Wille. Der Meister hat das Höchste verwirklicht. Wenn jemand zu einem Teil des Höchsten werden will, dann wird ihm der Meister sagen, was er am besten tun soll. Der Meister ist nicht nur ein Mensch, sonder der Stellvertreter Gottes, des Supreme. Gott ist dein Meister; Gott ist sein Meister; Gott ist der Meister von uns allen.

Sri Chinmoy, Primer, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2020
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