Der Körper, die Festung der Menschheit

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Teil I — Die drei Körper: physischer, subtiler und kausaler Körper

Frage: Warum haben wir einen physischen Körper?

Sri Chinmoy: Die Seele, die ein bewusster, göttlicher Teil Gottes ist, muss im physischen Körper leben, um Fortschritt zu machen. In der Kirche steht der Altar. Ebenso ist auch der Körper ein Tempel und die Seele ist der Schrein dieses Tempels. Der Körper ist unser äußerer Schutz und gleichzeitig unser Instrument zur Manifestation im Physischen. Ohne Körper ist die Seele hilflos. Bis die Manifestation im Physischen stattfindet, können wir der Welt nicht die wirkliche Wahrheit anbieten. Der Sinn des Körpers besteht darin, die Wirklichkeit der Seele zu offenbaren. Die Seele benötigt den Körper, um die innere Wahrheit, die göttliche Wahrheit zu offenbaren. Der Körper benötigt die Seele, um die höchste Wahrheit zu verwirklichen.

Wenn die Seele uns zu einer Handlung inspiriert, gibt sie uns auch die dazu notwendige Fähigkeit. Leider hören weder der unstrebsame Körper, noch das Vitale, noch der Verstand auf die Seele. Vom Körper, dem Vitalen und dem Verstand erhalten wir Botschaften, doch diese Botschaften sind nicht die inneren Anweisungen der Seele. Die Wünsche des Körpers widersprechen den göttlichen Notwendigkeiten der Seele oft diametral, denn dieser materielle Körper ist die Unbewusstheit selbst.

Wenn jemand beginnt, bewusst und seelenvoll zu streben, dann beginnt nach und nach sein ganzes inneres Wesen zu streben. Dann beginnt seine Seele, sein Herz, sein Verstand, sein Vitales und zuletzt auch sein Körper zu streben. Wenn das Physische des Suchers beginnt mit der Inspiration und dem inneren Streben der Seele eins zu werden, dann findet Gott in dem Sucher ein bereites Gefäß.

Frage: Worin besteht der Unterschied zwischen dem physischen Körper und dem subtilen Physischen?

Sri Chinmoy: Der Körper ist eine feste, greifbare Form. Im Körper befindet sich der subtile Körper, der die gleiche Form besitzt wie der physische Körper. Der subtile Körper hingegen ist ohne körperliche Substanz.

Frage: Heißt das, dass der subtile Körper eine weniger dichte Form der Materie ist? Durchdringt er den physischen Körper oder lebt er in diesem?

Sri Chinmoy: Der subtile Körper besitzt zweifellos nicht die Dichte des physischen Körpers. In Wirklichkeit haben wir drei Körper. Je tiefer wir nach innen gehen, um so subtiler werden diese Körper. Jeder Mensch besitzt den physischen Körper, den man im Sanskrit sthula sharira nennt. Im physischen Körper gibt es einen anderen Körper, den subtilen Körper, genannt sukshma sharira. Und im subtilen Körper gibt es einen dritten Körper, den kausalen Körper oder karana sharira. Bevor die Schöpfung begann – die Schöpfung, die wir überall sehen – existierte Hiranyagarbha. Hiranyagarbha ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet goldener Schoß (Hiranya bedeutet Gold und garbha bedeutet Schoß). Unsere physischen Augen werden niemals in der Lage sein, dieses Hiranyagarbha zu sehen oder zu fühlen. Doch dort keimte ursprünglich die Saat der Schöpfung. Der kausale Körper trat von dort ins Dasein.

Im kausalen Körper besitzen wir alle Eigenschaften in Samenform. Im subtilen Körper beginnt die Offenbarung einiger Dinge aus dem kausalen Körper. Im groben physischen Körper nehmen wir die Wahrheit, Wirklichkeit, Erfahrung und Verwirklichung zuletzt wahr. Der physische Körper ist wie ein riesiger Banyanbaum, der aus einem winzigen Samen entstand. Wenn wir den kausalen Körper mit dem physischen Körper vergleichen, ist der Unterschied einfach unglaublich. So findet die Manifestation statt: vom kausalen zum subtilen und vom subtilen zum groben physischen Körper.

Der kausale Körper hat die Fähigkeit uns zu erfüllen. Er erfüllt uns im Verlauf der Zeit durch das fortschreitende Rad der Evolution. Die Reise beginnt mit dem kausalen Körper, doch wir erfüllen uns mit dem physischen Körper und das ganze Universum erfüllt sich selbst durch die äußere Form.

Mit physisch meinen wir das äußere Bewusstsein des Universums. In seiner Samenform nennt man es karena sharira, aber letztlich wächst dieser Same zum grenzenlosen Universum heran. Wenn es sich ausdehnt, erreicht es automatisch das Höchste. Hier werdet ihr der Meinung sein, dass die Ausdehnung und das Erreichen des Höchsten zwei verschiedene Dinge sind. Doch im Fall Gottes, im Fall der Seele, ist es nicht so. Was immer auch den letzten Winkel des Universums erreicht hat, es ist bedeutungslos, wenn es nicht auch das Höchste erreicht hat. Gott wird niemals unerfüllt bleiben und Er wird uns niemals erlauben, unerfüllt zu bleiben. Deshalb werden wir unweigerlich das Höchste, das Weiteste und das Tiefste erreichen.

Frage: Welcher der drei Körper macht psychische Erfahrungen?

Sri Chinmoy: Alle drei Körper machen psychische Erfahrungen. Sobald man eine wirkliche spirituelle Erfahrung erhält, sieht man diese Erfahrung in allen drei Körpern. Wenn es sich um die Verwirklichung handelt, sieht, fühlt und wird man die Wahrheit in allen drei Körpern. Dies gilt nicht für kleinere Erfahrungen. Wenn es sich nur um ein einfaches, irdisches Geschehen handelt. das nicht so wichtig ist, erhält nur der physische oder der subtile Körper diese Erfahrung. Wenn es sich aber um etwas Ernsthaftes, Wichtiges und Bedeutsames handelt, wird die Erfahrung in allen drei Körpern wahrgenommen.

Frage: Ist es der physischen Form möglich, gleichzeitig in zwei Welten zu leben?

Sri Chinmoy: Man benötigt keine zwei Körper, um in zwei Welten gleichzeitig leben zu können. Der physische Körper reicht dafür aus. Wenn eure spirituellen Fähigkeiten weit entwickelt sind, könnt ihr nicht nur in zwei, sondern in vielen Welten oder an vielen Orten gleichzeitig wirken. Der physische Körper wird an einem Ort sein, aber durch eure intuitiven Fähigkeiten, eure innere Schau oder eure inneren Wesen könnt ihr einen anderen Ort, einen entfernten Ort entweder in dieser oder einer anderen Welt erforschen.

Frage: Kann der subtile Körper an anderen Orten erscheinen?

Sri Chinmoy: Der subtile Körper, der genauso aussieht und handelt wie der physische Körper und von anderen wahrgenommen werden kann, kann an einem Ort erscheinen, während der physische Körper an einem anderen Ort weilt. Wir lassen das Physische zurück und geben dem subtilen Physischen mit dem Licht unserer Seele an jedem beliebigen Ort Gestalt. Was die Seele im Bruchteil einer Sekunde auszuführen vermag, wird zwanzig Jahre dauern, wenn wir es auf normale irdische Weise tun müssen.

Doch während sich die Seele und das subtile Physische außerhalb des Grob-Physischen befinden, darf der Körper nicht berührt oder auf irgendeine Weise gestört werden. Geschieht dies dennoch, so verliert der Körper seine Reinheit und seine Göttlichkeit und er beginnt sofort zu verfallen. Danach fällt der Seele die Rückkehr äußerst schwer. Auch unter idealen Bedingungen muss die Seele nach elf bis dreizehn Stunden in den Körper zurückkehren, sonst steht sie vor verschlossenen Türen.

Frage: Kann man den kausalen oder den subtilen Körper sehen?

Sri Chinmoy: Nur verwirklichte Seelen und große spirituelle Sucher können den kausalen Körper sehen. Normale Menschen können den kausalen Körper nicht sehen und ganz gewöhnliche Menschen sehen auch den subtilen Körper nicht. Oft sieht oder fühlt man den subtilen Körper, wenn die Kundalinikraft erweckt ist, denn die Kundalini befindet sich im subtilen Körper. Man sieht und fühlt ihn auch, wenn ein neues Licht in unseren physischen Körper herabsteigt. In diesem neuen Licht können wir plötzlich den subtilen Körper sehen. Es gibt jedoch noch andere Möglichkeiten, den subtilen Körper zu sehen.

Wenn wir den subtilen Körper sehen, erhalten wir wahre Zuversicht in unserem Dasein. Zur Zeit widersprechen wir uns ständig. Erst sagen wir, dass wir etwas sind und etwas haben, im nächsten Augenblick sagen wir, dass wir nichts sind und nichts haben. Wenn wir jedoch unseren subtilen Körper regelmäßig sehen, erhalten wir wahre Zuversicht, dass wir etwas besitzen, das zu haben und zu zeigen sich lohnt.

Frage: Leben der kausale und der subtile Körper länger als der physische Körper oder sind alle drei Körper vergänglich?

Sri Chinmoy: Alle drei Körper, der kausale, der subtile und der physische Körper sind bis zu einem gewissen Grad vergänglich. Sie verlieren ihre Existenz, wenn die Seele den Körper verlässt. Sobald die Seele geht, löst sich der Körper in die fünf Elemente auf. Doch der kausale Körper bleibt manchmal länger bei der Seele, da in ihm die Fähigkeit der Seele in Samenform vorhanden ist.

Wenn sich die Seele später neu inkarniert, nimmt sie einen neuen kausalen, einen neuen subtilen und einen neuen physischen Körper. Zuerst nimmt sie sich einen kausalen Körper. Aus dem kausalen Körper entsteht der subtile Körper. Der subtile Körper ist wie der äußere Körper, aber wir sehen ihn nicht, solange wir die innere Schau nicht besitzen. Zum Schluss kommt der äußere Körper.

Frage: Wie kann man im subtilen Körper Bewusstsein entwickeln?

Sri Chinmoy: Im subtilen Körper gibt es bereits Bewusstsein. Im subtilen Körper wirkt das Bewusstsein kraftvoll, vehement und seelenvoll, aber hier auf der physischen Ebene wirkt es nicht. Deshalb solltet ihr versuchen im unwissenden und lethargischen physischen Körper Bewusstsein zu entwickeln.

Vom kausalen Körper kommt das Bewusstsein in den subtilen Körper herab. Bewusstsein bedeutet Gott in seinen unendlichen Formen mit unendlichen Fähigkeiten. Im subtilen Körper hat jedermann außerordentliche Fähigkeiten. Nur im Physischen haben wir keine Fähigkeiten. Die drei Körper sind wie Sprossen einer Leiter. Die dritte Sprosse – das Physische – empfängt nicht, was die zweite Sprosse anzubieten hat. Die unendlichen Möglichkeiten des kausalen Körpers kommen in den subtilen Körper herab. Da aber das Physische nicht strebt, ist das Subtile nicht stark genug, seine Fähigkeiten an das Physische weiterzugeben. Das Subtile ist mehr als bereit zu geben. Doch wenn das Physische nicht strebt, wenn es keine bewusste Anstrengung unternimmt, hinaufzusteigen, gibt es für die beiden keinen Treffpunkt.

Wie kann man das physische Bewusstsein nähren und entwickeln? Das Bewusstsein im Physischen kann man nur durch entsprechende Selbstdisziplin entwickeln. Unser tägliches Leben setzt sich aus zwei Dingen zusammen: etwas zu tun oder etwas zu unterlassen. Wenn sich dir etwas Falsches anbietet, dann unterlasse es. Wenn du etwas Richtiges siehst, dann tue es. Auf diese Weise erweitert sich dein Bewusstsein automatisch. Wenn du etwas Falsches tust, bindest du dein Bewusstsein. Wenn du von Versuchungen gefangen gehalten wirst, die du im Augenblick nicht überwinden kannst, dann versuche deine Handlung für eine Weile zu verzögern. Verzögere sie bis morgen. Und am nächsten Tag versuche sie um einen weiteren Tag hinauszuschieben. Schiebe auf diese Weise deine falsche Handlungsweise immer weiter hinaus. In der Zwischenzeit wirst du viele gute Dinge tun und aufgrund dieser Taten wirst du die Anzahl der Soldaten in deiner göttlichen Armee vergrößern. Dann wird es dir leichter fallen, die Versuchung zu überwinden. Auf diese Weise kann man das Bewusstsein im Physischen entwickeln.

Frage: Stimmt es, dass alle Krankheiten im subtilen Körper beginnen und sich dann im physischen Körper manifestieren?

Sri Chinmoy: Das ist nicht unbedingt so. Es ist eine Theorie und es ist etwas Wahres daran, denn oftmals beginnt die Unvollkommenheit direkt im physischen Körper, ohne dass es mit dem Subtilen zusammenhängt. Der grobe physische Körper strebt nicht und beherbergt einige Unvollkommenheiten. Aus diesem Grunde bekommt er Krankheiten.

Wenn eine Krankheit zuerst den subtilen Körper angreift, bevor sie in den physischen Körper kommt und die betreffende Person sich dessen bewusst ist, dann hat sie Zeit dagegen anzukämpfen, um zu verhindern, dass die Krankheit in den physischen Körper eindringt. Wenn hingegen die Krankheit den physischen Körper direkt angreift, bleibt dem Opfer kaum Zeit, ihr Eindringen zu verhindern.

Teil II — Hatha-Yoga (Körperstellungen) und körperliche Fitness

Frage: Ist Hatha-Yoga zur Konzentration, Meditation und Kontemplation notwendig? Ist es für die Gott-Verwirklichung unerlässlich?

Sri Chinmoy: Wenn dein Körper nicht stark genug ist, dann leidest du heute unter Magenschmerzen, morgen unter Kopfschmerzen und tags darauf wirst du ein anderes Leiden haben. Dann wird es dir natürlich schwer fallen, dich zu konzentrieren oder zu meditieren. Deshalb ist es wichtig, den Körper fit zu halten. Die Asanas aus dem Hatha-Yoga sind für den Körper viel besser als die kraftvollen Übungen, die wir im Westen kennen. Asanas haben auf deinen Körper eine beruhigende Wirkung, wenn du sie nicht übertreibst. Wenn man Asanas zu dynamisch ausführt, können sie aggressive Gefühle hervorrufen. Wenn du sie jedoch richtig ausübst, erhältst du eine freundliche, milde und weiche Schwingung.

Hatha-Yoga mag uns spirituell ein wenig helfen, doch wir müssen uns bewusst sein, wo wir uns auf unserer spirituellen Reise befinden. Wenn wir sehr unruhig sind, können wir zu Beginn Hatha-Yoga machen, um zu lernen, wie man ruhig und bewegungslos sitzt.

Doch wenn wir nicht ständig ein Opfer der Rastlosigkeit sind, benötigen wir Hatha-Yoga nicht, selbst wenn wir ganz am Anfang stehen. Bei der Meditation treten wir automatisch in einen stillen und ruhigen Zustand ein. Wir sind der Meinung, dass wir durch Hatha-Yoga unser Leben regulieren und disziplinieren können. Doch wenn wir richtig meditieren und durch die Meditation Lebensenergie in uns eintritt, wird unser Leben automatisch diszipliniert. Den göttlichen Frieden und das göttliche Licht, das wir brauchen, können wir durch Hatha-Yoga nie, niemals erlangen.

Wie uns Yoga-Übungen Stille und Ruhe bringen, so bringen uns Atemübungen Ausgeglichenheit. Dies ist jedoch kein wirklicher innerer Frieden. Es ist nur eine zeitweilige Ausgeglichenheit. Nur Konzentration, Meditation und Kontemplation bringen uns wirklichen Frieden.

Wenn dein Ziel darin besteht, deinen Körper entspannt und fit zu halten, dann kann dir Hatha-Yoga mit Sicherheit helfen. Doch wenn du deinen Kurs im inneren Leben erfolgreich beenden möchtest, musst du die Schule der Konzentration, der Meditation und der Kontemplation besuchen. Hatha-Yoga ist wie der Kindergarten, während du die Absicht hegst, einen Universitätsabschluss zu erlangen. Es gibt viele ausgezeichnete Schüler, die nicht in den Kindergarten gingen. Sie haben ihn ausgelassen und sind gleich zur Grundschule gekommen, von wo aus sie auf das Gymnasium und später auf die Universität gewechselt sind.

In Indien gibt es Hunderte und Tausende von wahren Suchern, die niemals irgendwelche Übungen ausgeführt haben. Ich war in einem Ashram, wo ich Übungen für meinen Körper ausführte. Aber sogar in diesem Ashram empfahl der spirituelle Meister den Suchern niemals Asanas, um spirituellen Fortschritt zu machen. In vielen spirituellen Gemeinschaften Indiens werden keine Asanas ausgeführt. Die Sucher beginnen direkt mit innerem Streben und mit Meditation.

Man begeht einen Fehler, wenn man glaubt, dass man als Experte in Hatha-Yoga Gott verwirklichen oder schnellen Fortschritt auf dem Weg zur Gottverwirklichung machen kann. Es gibt viele Menschen auf der Erde, die Sport betreiben und ihren Körper top-fit halten. Es gibt Ringer, Akrobaten und Athleten, die einen sehr starken und gesunden Körper besitzen, doch Gottverwirklichung ist in dieser Inkarnation nichts für sie. Sie sind körperlich stark, doch um ihre spirituelle Stärke kümmern sie sich nicht. Glücklicherweise oder unglücklicherweise besteht keine direkte Beziehung zwischen physischer Stärke und spiritueller Stärke oder Fähigkeit. In jedem indischen Dorf gibt es eine gewisse Anzahl von kleinen Jungs, die Hatha-Yoga wesentlich besser vorführen können, als die Swamis hier im Westen. Die Natur hat es sie gelehrt, Mutter Indien hat es sie gelehrt. Aber Gottverwirklichung wird für diese kleinen Jungs noch lange ein unerreichbares Ziel bleiben.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, was wir eigentlich wollen. Hatha-Yoga hat uns etwas sehr Begrenztes anzubieten, Meditation bietet uns etwas vollkommen Unbegrenztes an. Wenn du sagst: „Lass mich zuerst das Begrenzte erreichen, in das Unbegrenzte will ich erst zu einem späteren Zeitpunkt wachsen“, so ist das in Ordnung. Wenn du jedoch die Fähigkeit und die Bereitschaft besitzt, direkt in den weiten Ozean zu springen, wird Gott dich nicht darum bitten, in einem Schwimmbad zu schwimmen. Doch wenn dir die Fähigkeit fehlt, gleich in den Ozean zu springen, sagt Gott zu dir: „Geh ins Schwimmbad und genieße es für eine Weile.“

Mein Yoga hat nichts gegen Hatha-Yoga einzuwenden; doch gleichzeitig ist mein Yoga der Ansicht, dass die innere Stärke auch die äußere Stärke zum Vorschein bringen wird. Das heißt, wenn ich Gott wirklich liebe, wird sich mein ewiger Vater der Bedürfnisse meines Körpers annehmen. Er wird mir einen ausreichend kräftigen Körper geben, damit ich meine innere Arbeit fortsetzen kann. Wenn ich bereit bin, mich selbst hinzugeben oder wenn ich meinem Geliebten, meinem Vater, etwas anbiete, wird Er natürlich auch an die Bedürfnisse meines Körpers denken, denn Er weiß, dass es mir nicht möglich ist, Ihn als ein göttliches Instrument zu erfüllen und für Ihn auf der Erde zu arbeiten, solange mir die notwendigen körperlichen Voraussetzungen dafür fehlen.

Wenn du willst, kannst du täglich fünf bis zehn Minuten lang Asanas machen, um den Körper fit zu halten. Wenn du jedoch vor dem Meditieren zwei Stunden Hatha-Yoga übst, dann ist das reine Zeitverschwendung.

Frage: Welche Bedeutung hat körperliche Fitness?

Sri Chinmoy: Durch das innere Streben unserer Seele, durch unsere innere Widmung und unsere Selbsthingabe ist es uns möglich, die höchste Wahrheit zu erreichen. Nachdem wir den Höchsten – den Supreme – verwirklicht haben, besteht unsere Aufgabe darin, den Supreme zu erfüllen, indem wir Ihn hier auf der Erde manifestieren. Für die Manifestation des Supreme hier auf Erden ist körperliche Fitness unerlässlich. Wenn wir Ihn offenbaren und manifestieren wollen, muss unser Körper zu unserem göttlichen Instrument werden. Wenn der Körper nicht trainiert ist, kann die Manifestation nicht oder nur in einem sehr beschränkten Ausmaß erfolgen. Aus diesem Grund müssen wir dem Sport und körperlichen Übungen ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit schenken. Ansonsten werden wir ständig schwach und krank sein. Das heißt jedoch nicht, dass wir die besten Läufer oder die besten Athleten der Welt sein müssen. Doch wir müssen den Körper entsprechend den Bedürfnissen unserer inneren Entwicklung in Form halten.

Der Körper braucht richtiges Training, um die Botschaft der Seele empfangen zu können. Wenn der Körper kräftig und gesund ist, kann er die Botschaft der Seele uneingeschränkt empfangen und wir haben die Möglichkeit zu einem vollkommenen Gefäß und Instrument des Göttlichen zu werden. Dann ergänzt sich das innere Streben der Seele und das Streben des Körpers.

Aus diesem Grund bitte ich euch, regelmäßig zu trainieren. Der Tag wird kommen, wo euer starker Körper für die Manifestation des Supreme notwendig sein wird. Je höher und je tiefer ihr geht, desto mehr wird es für euch notwendig werden, eure innere Göttlichkeit zu offenbaren und zu manifestieren und dafür ist körperliche Fitness von größter Wichtigkeit.

Frage: Kann man sagen, dass für die Menschen im Westen Asanas als Entspannungsmethode wichtiger sind als für die Menschen im Osten, weil die Bevölkerung Indiens und des Orients von Natur aus mehr Frieden im Verstand besitzen als wir?

Sri Chinmoy: Bis zu einem gewissen Grad ist es wahr, dass im Westen größere Angespanntheit herrscht und die westlichen Menschen mehr Frieden im Verstand brauchen. Aber im Osten und vor allem in Indien herrscht große Armut, und auch diese Armut schafft Ängste, Sorgen, Anspannung und Aufruhr. Asanas helfen dem Körper sich zu entspannen. Sie sind ein sehr gutes Mittel, um den Körper gelöst und in guter Verfassung zu halten. Aber du wirst enttäuscht werden, wenn du Frieden im Verstand durch die Entspannung des Körpers erwartest. Die Entspannung, die du durch das Ausführen der Asanas erhältst, ist kein wahrer Frieden. Wenn du unendlichen ewigen Frieden oder eine Änderung deines inneren Bewusstseins erhalten willst, können dir Asanas nicht viel helfen.

Frage: Wenn man beides macht, sowohl Meditation als auch Hatha-Yoga-Übungen, sollte man in dem Fall vor den Übungen meditieren?

Sri Chinmoy: Es empfiehlt sich, die Hatha-Yoga-Übungen vor der Meditation zu machen. Nach dem Ausführen der Hatha-Yoga-Übungen solltest du dich etwa fünfzehn Minuten lang ausruhen, indem du dich hinlegst. Danach kannst du meditieren. Führe bitte nicht mehr als fünf oder sechs Übungen am Tag aus. Diejenigen, die täglich meditieren, sollten nicht länger als eine halbe Stunde, im Höchstfall eine Stunde Hatha-Yoga machen. Du kannst jeden Tag einige grundlegende Übungen und zusätzlich einige andere machen, doch die Übungszeit sollte nicht mehr als eine halbe Stunde betragen. Nach eineinhalb Stunden Hatha-Yoga wird es dir ungemein schwer fallen, in die Meditation einzutreten.

Frage: Ich habe Schwierigkeiten in der Lotus-Stellung zu sitzen.

Sri Chinmoy: Es ist auch nicht notwendig im Lotussitz zu meditieren. Doch du solltest darauf achten, dass dein Rücken gerade ist. Manche Menschen lehnen sich am Stuhl an oder sinken in sich zusammen, doch das ist nicht gut. Die Lotus-Stellung ist gut, weil sie den Körper ruhig hält. Es gibt viele, die drei oder vier Stunden lang in der Lotus-Stellung verharren können, deren Verstand jedoch umherwandert, während andere mit ruhigem und stillem Verstand auf einem Stuhl sitzen. Das Wichtigste ist ein gerader Rücken und ein ruhiger Verstand ohne Gedanken.

Frage: Ist es notwendig, die Hände während der Meditation in eine bestimmte Stellung zu bringen?

Sri Chinmoy: Es ist nicht nötig, die Hände in einer bestimmten Position zu haben. Meditation sollte innerlich und voller Hingabe praktiziert werden. Wenn du innere Stille und Ruhe besitzt, braucht du dir keine Sorgen um deine äußere Haltung zu machen. Lass die Hände, wo immer sie sein mögen. Die Hauptsache ist die Meditation. Wenn du meditierst, sollte deine ganze physische, vitale und mentale Existenz in die Meditation eintreten. Was die innere Erfahrung betrifft, so kannst du deine Hände überall hinlegen. Doch es ist wichtig die Hände entspannt zu halten. Du kannst sie mit nach oben gerichteten, halb geöffneten Fingern auf den Knien ruhen lassen. Es gibt auch verschiedene Mudras, mit unterschiedlichen Fingerstellungen. Sie sind jedoch nur für Anfänger hilfreich, um den physischen Verstand zu inspirieren, in ein tieferes Bewusstsein einzutreten. Wenn du mehr darüber wissen willst, es gibt ein ganzes Fachgebiet, das Hasta Mudra genannt wird. Hasta bedeutet Hand und Mudra bedeutet Stellung. Es beschäftigt sich mit Hand- und Fingerstellungen.

Frage: Worin besteht der spirituelle Sinn sportlicher Wettkämpfe?

Sri Chinmoy: Unser Ziel besteht nicht darin, der beste Athlet der Welt zu werden. Unser Ziel besteht darin, den Körper fit zu halten, Dynamik zu entwickeln und dem Vitalen unschuldige Freude zu geben. Im sportlichen Wettbewerb sollte unser vorrangiges Ziel darin bestehen, uns selbst zu übertreffen und nicht andere. Wenn wir im äußeren Leben mit unseren Freunden laufen, sehen wir, wer tatsächlich der Beste ist. Ohne einen Vergleichswert können wir unsere eigene Fähigkeit schlecht einschätzen. An sportlichen Wettkämpfen nehmen wir nicht teil, um andere zu besiegen, sondern um unsere eigene Fähigkeit hervorzubringen. Unsere größte Fähigkeit kommt zum Vorschein, wenn wir mit anderen zusammen sind. Sie inspirieren uns, unser Äußerstes zu geben und wir inspirieren sie, ihr Äußerstes zu geben. Darum existiert für uns sportlicher Wettbewerb.

Wenn es uns gelingt an sportlichen Wettbewerben mit voller Hingabe teilzunehmen, erhalten wir große Freude und machen wirklichen spirituellen Fortschritt. Doch sobald wir uns auf egoistische Weise an anderen messen, leiden wir äußerlich und innerlich. In diesem Fall werden wir vom Höchsten, dem Supreme, keinen Segen erhalten, auch wenn wir als Erster in das Ziel einlaufen und wenn wir nicht als Erster durchs Ziel gehen, werden wir uns selbst verfluchen.

Frage: Kann man Pratyahara unabhängig von den anderen Sadhanas ausüben?

Sri Chinmoy: In der spirituellen Disziplin gibt es acht Stufen: Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi. Yama ist Selbstkontrolle und moralische Abstinenz. Niyama ist die strenge Beobachtung von Benehmen und Charakter. Asanas sind Stellungen, um den Körper zu beruhigen und ihn zu einem aufnahmefähigen Instrument zu machen. Pranayama ist das systematische Atmen, um den Verstand ruhig zu machen und ihn unter Kontrolle zu bringen. Pratyahara ist die Abwendung vom Leben der Sinne. Dharana ist die Fixierung des Bewusstseins auf Gott. Dhyana ist Meditation und Samadhi ist Trance, die absolute Vereinigung des individuellen Bewusstseins mit dem universellen Bewusstsein.

Sobald wir beginnen, bewusst zu streben, brauchen wir nicht durch alle Anfangsstadien hindurchzugehen. Weder Asanas noch Pranayama sind für die Meditation notwendig. Selbstkontrolle, Abwendung vom Sinnesleben und Fixierung des Bewusstseins auf Gott sind zu einem gewissen Grad notwendig, bevor wahres inneres Streben in unser unerleuchtetes menschliches Leben kommt. Dann beginnt unsere Reise. Wenn wir inneres Streben besitzen, können wir mit Konzentration, Meditation und Kontemplation beginnen.

Wenn du also deine nach außen fließende Energie zurückziehen und sie auf dein wahres Wesen und dein wahres Bewusstsein richten willst, also Pratyahara ausübst, dann ist seelenvolles Streben von äußerster Wichtigkeit. Es ist nicht nötig, dass du erst Yama, Niyama, Asanas und Pranayama übst. Wenn du wirkliches inneres Streben nach dem Höchsten möchtest, dann wirst du sofort versuchen, die falschen Dinge aufzugeben. Du wirst von selbst ein moralisches und kontrolliertes Leben führen. Du wirst aufhören, Dinge zu tun, die deinem spirituellen Leben schaden. Dein innerer Ruf, dein inneres Streben wird dich zwingen, die ersten beiden Stufen zu üben. Du wirst auch erkennen, dass die dritte und vierte Stufe nicht notwendig sind. Es gibt ein Sprichwort, das sagt „Langsam aber sicher gewinnt man das Rennen“, du kannst Stufe für Stufe, langsam aber sicher gehen. Doch es gibt auch den sonnenerleuchteten Weg. Alle Wege führen zum selben Ziel, doch dieser Weg wird dich schneller dorthin bringen als alle anderen. Es ist der Weg der Konzentration, der tiefen Meditation und der zielgerichteten Kontemplation. Natürlich kann man Pratyahara praktizieren, ohne die anderen Disziplinen ausgeübt zu haben. Aber es ist auch möglich, Pratyahara zu übergehen und gleich mit Dharana oder Dhyana zu beginnen. Viele Sucher haben es getan und waren auf ihrer spirituellen Reise erfolgreich. Jeder muss für sich selbst spüren, ob gewisse Stufen notwendig sind. Ich habe meinen Schülern gesagt, es sei keinesfalls notwendig, vor Dhyana zu beginnen. Sie meditieren mit mir und haben hohe und erhebende Erfahrungen, ohne all die vorangehenden Stufen durchlaufen zu haben. Aber es gibt andere Meister, die ihre Schüler bitten, durch andere Stufen zu gehen. Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Jeder hat seine eigene Art, die Wahrheit zu verwirklichen und sie dann anderen darzubieten. Wenn du aufrichtig genug bist, einen Weg bis zum Ende zu verfolgen und wenn du einen spirituellen Meister oder einige Freunde hast, die im spirituellen Leben weit fortgeschritten sind, dann kannst du ihre Hilfe und ihre Anregungen, wie man im spirituellen Leben am schnellsten Fortschritt macht, annehmen.

Teil III — Pranayama und Yoga-Atmung

Fage: Was ist Prana?

Sri Chinmoy: Prana ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet soviel wie Atem, Lebensatem oder Lebensenergie. Diese Lebensenergie ist nichts Materielles oder Körperliches, das von Wissenschaftlern oder Ärzten gesehen werden kann, aber es ist für unser Leben unentbehrlich. Der Urgrund des Prana ist der Supreme. Prana ist in unserem Leben genauso wichtig wie das Atman, das unsere Seele, unser Selbst ist. Leben ist der verkörperte und manifestierte Atem.

Es gibt fünf Arten von Prana. Das erste Prana ist das eigentliche Prana, die Lebensenergie in uns. Wo immer Leben ist, ist auch Prana. Das zweite ist Apana. Diese Energie wird speziell für Ausscheidung und Neubildung gebraucht. Das dritte ist Samana. Samana befindet sich in der Nabelregion und wird zur Verdauung und Nahrungsaufnahme benötigt. Das vierte heißt Vyama. Es befindet sich im Lotus unseres spirituellen Herzens. Um diesen Lotus gibt es 101 Nerven und von jedem dieser Nerven aus verzweigen sich wieder 101 Nerven; jeder von ihnen verzweigt sich dann in 72.000 Äste und durch alle diese Nerven bewegt sich Vyama. Diese Zahlen mögen fantastisch klingen, aber viele Seher und Yogis haben sie wirklich gezählt. Als ich zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre alt war, wollte ich diese Nerven zählen und begann. Ich zählte einige tausend und dann stellte sich ein leuchtendes Wesen vor mich und sagte: „Verschwende deine Zeit nicht. Die Seher haben Recht.“

Die letzte Art von Prana ist Udana. Udana befindet sich in der Mitte der Wirbelsäule. Dieses Prana ist sehr wichtig. Wenn das Udana zur Zeit des Todes von der Mitte der Wirbelsäule nach oben geht, so kommt man in eine der höheren Welten. Geht es nach unten, so kommt man in eine der niederen Welten. Jede Stelle des Körpers repräsentiert ein Loka, eine himmlische Welt. In Indien versuchen die Verwandten und Freunde eines Sterbenden immer zu beobachten, von welcher Stelle des Körpers der letzte Lebenshauch des Sterbenden kommt. Kommt er von einer Stelle unterhalb des Nabels, so muss man in die niedere Welt gehen und sehr leiden. Kommt er von oberhalb des Nabels, geht man in die höheren Welten, um sich an der Glückseligkeit des Supreme zu erfreuen.

Frage: Wie können wir aus Prana den größten Nutzen ziehen?

Sri Chinmoy: Wenn das Prana mit dem kosmischen Willen eins wird, bedeutet das augenblicklich eine große Errungenschaft in unserem inneren Leben. Die Errungenschaft kann in Form von Frieden, in Form von Freude oder in Form von Erfüllung zu uns kommen. Wenn es uns gelingt, dass wir uns während der Meditation unseres Atems gewahr werden, wird es uns dabei helfen, uns des großen Atems, dessen Instrumente wir sind, bewusst zu werden. Wenn der Fluss des Prana zu Beginn unserer Meditation spontan, stetig und unbehindert ist, kann das innere Wesen unseren inneren Reichtum hervorbringen und es kann uns das Höchste fühlen und verwirklichen lassen. Um das Beste aus Prana machen zu können, müssen wir in unserem inneren und äußeren Leben vollkommen rein sein. Wenn wir dann das Prana, die Lebenskraft, im Dienst für den Supreme einsetzen, werden wir zum größten Stolz des Supreme.

Frage: Könntest du etwas über das Geheimnis der Yoga-Atmung oder des Pranayamas sagen?

Sri Chinmoy: Nach unserer Hindu-Philosophie gibt es drei grundlegende Arten von Yoga: Jnana Yoga, Karma Yoga und Bhakti Yoga – den Weg des Wissens, den Weg der Tat und den Weg der Ergebenheit. Im Jnana Yoga, dem Weg des Wissens, gibt es eine Unterart, die man Raja Yoga nennt. Raja heißt König. Raja Yoga wird auch der königliche Yoga genannt. Hier gibt es acht Stufen oder Stadien des Suchers auf seiner Reise zu Gott. Die vierte Stufe heißt Pranayama. Es ist der Yoga des systematischen und kontrollierten Atmens. Wir atmen alle, doch die meisten von uns wissen nicht, wie man richtig atmet. Wenn wir jedoch richtig atmen, können wir uns von Krankheiten befreien und letztlich sogar den Tod besiegen.

Es gibt zwei Arten von Atem: Prana und Apana. Wenn wir kosmische Energie einatmen, um unser Leben zu reinigen und zu aktivieren, dann nennt man den Atem Prana. Wenn wir unsere Unreinheiten ausatmen, nennt man das Apana. Wenn wir Prana einatmen, besiegen wir Krankheiten und wenn wir Apana ausatmen, bringen wir die Organe in guten Zustand. Hier ist eine leichte Übung, die du jederzeit machen kannst: Atme beim Gehen ganz gleichmäßig fünf Schritte lang ein und dann fünf Schritte lang aus. Wenn du so einige Häuserblocks entlang gehst, wirst du dich erfrischt fühlen.

Im richtigen, systematischen Atmen gibt es drei Stufen: die erste Stufe ist Puraka, das Einatmen, die zweite Stufe ist Kumbhaka, das Anhalten des Atems und und die dritte Stufe ist Reschaka, das Ausatmen. Beim Einatmen solltest du fühlen, dass du den Atem des Surpeme, des göttlichen Geliebten einatmest. Während du den Atem anhältst, solltest du den alles erfüllenden Atem des Supreme fühlen. Wenn du dann ausatmest, solltest du fühlen, dass du Gottes unsterblichen Lebensatem Seiner gesamter Schöpfung anbietest.

Um systematisch zu atmen, sollte man beim Einatmen in Gedanken oder in Stille das Wort Puraka wiederholen. Während man den Atem anhält, sollte man in Stille das Wort Kumbhaka wiederholen. Beim Ausatmen sollte man in Stille das Wort Reschaka wiederholen. Doch man kann auch beim Einatmen, beim Anhalten des Atems und beim Ausatmen den Namen Gottes wiederholen. Du solltest den Namen Gottes verwenden, den du gebrauchst, wenn du zu Gott betest – Supreme, Gott, Aum – welcher Name dir auch immer am Besten gefällt. Wenn du in Schwierigkeiten oder in Gefahr bist, sagst du sofort den Namen von irgendjemanden, weil du fühlst, dass er derjenige ist, der dir helfen kann. Auch während du atmest, solltest du fühlen, dass der, der in deinem Leben an erster Stelle steht, angerufen werden sollte.

Der Rhythmus deines Atems ist sehr wichtig. Wenn du eine Sekunde lang oder während einer Wiederholung von Gottes Namen einatmest, dann solltest du den Atem vier Sekunden lang beziehungsweise vier Wiederholungen lang anhalten. Für das Ausatmen solltest du zwei Sekunden beziehungsweise zwei Wiederholungen brauchen. Das Atmen sollte leicht und leise ausgeführt werden. Das Ein- und Ausatmen sollte so geschehen, dass sich ein Faden vor deiner Nase nicht bewegen würde.

Beim normalen Atmen arbeiten gewöhnlich beide Nasenlöcher. Aber wenn wir korrekt wechselseitig durch je ein Nasenloch atmen, werden wir augenblicklich von Ängsten, Sorgen und Depressionen des Verstandes und vielen anderen, uns störenden Dingen befreit. Das wechselseitige Atmen durch die Nasenlöcher ist eine sehr wichtige Atemübung. Wir beginnen, indem wir mit dem rechten Daumen unser rechtes Nasenloch schließen. Dann atmen wir mit dem linken Nasenloch ein, während wir nur einmal lautlos den Namen Gottes, Supreme oder Puruka sagen. Dann schließen wir das linke Nasenloch mit dem kleinen Finger der rechten Hand und wiederholen viermal lautlos den Namen Gottes, Supreme oder Kumbhaka, während wir den Atem anhalten. Zuletzt nehmen wir den Daumen vom rechten Nasenloch und atmen aus, während wir zweimal in Stille den Namen Gottes, Supreme oder Rechaka wiederholen.

Nach einiger Zeit können wir die Anzahl der Wiederholungen nach und nach erhöhen. Anstelle des kurzen Eins-Vier-Zwei-Atmens können wir in einem Vier-Sechzehn-Acht Rhythmus atmen. Es gibt Yogis in Indien, die diese Übung stundenlang machen, doch die Übung sollte ohne Anstrengung und Zwang ausgeführt werden.

Wenn diese Übung übertrieben wird, besteht die Gefahr, dass man herzkrank wird. Darum muss Pranayama von jemandem gelehrt werden, der es unter der Anleitung einer großen spirituellen Persönlichkeit praktiziert hat. Wenn man es alleine übt, besteht die Gefahr, dass man seine Gesundheit gefährdet, anstatt davon zu profitieren. Es ist deshalb am besten, mit der Eins-Vier-Zwei-Technik zu beginnen. Man kann diese Übung dreimal am Tag machen, früh am Morgen, am Mittag und am Abend. Du wirst selbst fühlen, wie weit du die Übung mit der Zeit ausdehnen kannst.

Während wir so atmen, sollten unsere Gedanken sehr, sehr rein sein. Wenn ein unreiner Gedanke während des Einatmens in uns eintritt, ist es als würden wir Gift zu uns nehmen. Wenn Begrenzungen, das Ego oder irgendwelche Gedanken in uns eintreten, die uns letztlich binden, sind diese wie Gift, das in uns eindringt. Wenn wir drei- oder viermal täglich diese Übung seelenvoll ausführen, werden wir sehr großen Nutzen daraus ziehen.

Dieses Pranayama besiegt Raum und Zeit. Wenn wir es wirklich erfolgreich ausführen können, können wir leicht Krankheiten besiegen und spirituelle Kräfte erlangen. Im Augenblick bin ich hier, doch wenn ich an meine Mutter, meinen Vater oder an meine Freunde denke, die weit entfernt leben und ich diese Atemübung erfolgreich beherrsche, kann ich in das Bewusstsein eines jeden eindringen und volles Wissen darüber erhalten, was er denkt. Wenn du starke Kopfschmerzen oder andere Beschwerden hast, dann kann dir dieses wechselseitige Atmen in vielfacher Hinsicht helfen, deinen Zustand zu verbessern. Wenn du Angst davor hast etwas Gutes zu tun oder zu jemandem zu sprechen, dann mache zwei oder drei Minuten lang Pranayama und du wirst in der Lage sein, das zu tun, was du vorhattest. Wenn du dich über jemanden ärgerst und deinen Ärger besiegen möchtest, dann beginne im selben Augenblick mit der Atemübung, ganz gleich, wo du dich befindest, ob du sitzt oder ob du stehst und dein Ärger wird verschwinden.

Du glaubst vielleicht, dass es nicht möglich ist, länger als einige Minuten ohne Atem zu leben. Aber wenn man diese Übung praktiziert, kannst man sogar mehrere Stunden ohne Atem verharren. Es ist nicht nur möglich, es ist unausweichlich. Dies ist meine eigene persönliche Erfahrung. Ich lernte die Übung vor zwanzig Jahren. Ob ihr es mir glaubt oder nicht, ich war in der Lage, meinen Atem zweieinhalb Stunden lang anzuhalten. Abends ging ich oft in einen Park in der Nähe meines Hauses um zu meditieren und dabei praktizierte ich Pranayama. Wenn ich es kann, dann habt auch ihr die Fähigkeit es zu tun, das heißt, wenn ihr es wollt.

Viele von euch haben schon von Kundalini gehört. Es handelt sich um einen sehr geheimen Yoga. Im Rückgrat unseres subtilen Körpers befinden sich drei Energiekanäle. Sie heißen Ida, Pingala und Sushumna. Pingala steht in Verbindung mit der Sonne, Ida mit dem Mond und Sushumna mit dem Höchsten. Wir haben sechs spirituelle Zentren in der Wirbelsäule, die durch diese drei Kanäle verbunden sind. Wenn wir diese Zentren öffnen können, erlangen wir unendlichen Frieden, unendliches Licht und unendliche Kraft. Es gibt noch ein Zentrum, das wir Sahasrara nennen, der tausendblättrige Lotus. Es befindet sich im Großhirn und wird nicht zu den anderen sechs Zentren gezählt. Die anderen Zentren sind Muladhara am unteren Ende der Wirbelsäule, Svadhistana in der Höhe der Milz und Manipura am Nabel. Anahata befindet sich in der Herzgegend, Vishudda wird dem Kehlkopf und Ajna der Stirn zugeordnet. Wir können diese Zentren durch die Kraft unserer Konzentration oder durch spirituelle, wechselseitige Atmung öffnen.

Für unsere Befreiung brauchen wir nicht unbedingt Jahre, es kann eine Angelegenheit von Monaten sein. Man kann Selbstverwirklichung in sechs Monaten, acht Monaten oder in einem Jahr erreichen, wenn man die Fähigkeit besitzt, seinen Atem zu kontrollieren und seine Aufmerksamkeit auf jedes der sechs spirituellen Zentren zu richten. Dies ist keine theoretische Idee von mir. Es gab viele große indische Sucher, die dies durch das Üben von Pranayama nach einem Zeitraum von sieben bis acht Monaten erlangten. Die Übung muss jedoch mit äußerstem Vertrauen und großer Hingabe durchgeführt werden. Der Strebende muss völlige Meisterschaft über die Sinne und über den Verstand erlangt haben. Wenn man dieses Pranayama aufrichtig und ergeben üben kann, dann ist Selbstverwirklichung für jeden hier in diesem Raum in diesem Leben erreichbar.

Frage: Ist die Atemübung, die du eben beschrieben hast, unbedingt notwendig, um das dritte Auge zu öffnen?

Sri Chinmoy: Die Atemübung ist ein sehr wirkungsvoller Weg, um das dritte Auge zu öffnen, sie ist aber nicht unbedingt erforderlich. Wenn du das innere Wesen zum Vorschein bringen kannst, wenn die Gnade des Höchsten herabkommt oder wenn deine Konzentration und deine Willenskraft sehr intensiv sind, dann kannst du das dritte Auge auch ohne Atemübungen öffnen. Atmung ist eine der effektivsten Methoden, doch man kann nicht sagen, dass sie unbedingt notwendig sei.

Frage: Kann man die Kraft der Kundalini zurückerhalten, wenn man sie schon fast einmal erlangt hatte?

Sri Chinmoy: Natürlich kann man sie zurückerhalten. In Indien ist es oft geschehen, dass ein Sucher auf seiner spirituellen Suche begann, die Kundalini zu erwecken. Dann ist die Kundalini wieder eingeschlafen, weil das innere Streben des Suchers noch nicht stark genug war, um diesen Prozess weiterzuführen.

Kundalini ist in allen Yoga-Richtungen das Geheimnis der Geheimnisse. Die Kundalini schläft in jedem Menschen am unteren Ende der Wirbelsäule. Mit unserem inneren Streben und unserer Konzentration können wir diese Kundalini erwecken. Es gibt verschiedene Wege, die Kundalini zu erwecken. Soeben habe ich das Pranayama angesprochen. Wenn es der Wunsch des spirituell verwirklichten Meisters und der Wille des Supreme ist, kann der Meister durch einen bloßen Blick oder durch eine Berührung die Kundalini erwecken. Während eines Traumes kann das Göttliche oder der Meister die Kundalini erwecken.

Wenn Musiker oder Sänger tief in ihren Gesang oder in ihr Spiel vertieft sind, können sie ihre Kundalini erwecken und ihre Chakren öffnen. Beethoven machte diese Erfahrung sehr, sehr oft. Obwohl er keine spirituelle Persönlichkeit war, spürte er sehr oft die Erweckung seiner Kundalini. In Indien gibt es viele Sänger und Tänzer, die während ihrer Vorführung in ihrer höchsten und tiefsten Konzentration die Erfahrung der Kundalini machen. Es gibt verschiedene Wege, um zu dieser Erfahrung zu gelangen. Wenn der Prozess einmal angefangen hat und dann wieder eingeschlafen ist, kann man sicher sein, dass er durch geeignete Übungen wieder beginnen wird.

Frage: Ist diese Atemtechnik in Indien weitgehend bekannt und atmen die Menschen dort besser als hier?

Sri Chinmoy: Diese Atemtechnik ist weitgehend bekannt, doch die Leute sind dumm. Sie kennen das Geheimnis, aber sie üben nicht. Es gibt sogar Lehrer, die diese Kunst nur lehren, ohne sie selbst auszuüben.

Frage: Welche Rolle spielt Pranayama im spirituellen Leben?

Sri Chinmoy: Im spirituellen Leben hängt die Bedeutung des Pranayama vom Einzelnen ab. Es gibt viele Menschen, die mit Meditation beginnen, ohne zuvor Atemübungen gemacht zu haben. Sie rufen statt dessen das Licht und die Anwesenheit Gottes an. Sie fühlen, dass sie durch die Anrufung göttlicher Gnade, göttlichen Schutzes, göttlichen Friedens und göttlichen Lichts ihre Natur genauso wirkungsvoll ändern und ihr Leben genauso wirkungsvoll reinigen können, wie dies durch Pranayama möglich wäre.

Wenn ein Sucher dem Yoga des gewidmeten Dienstes folgen will, dem Yoga der Liebe, der Ergebenheit und der Selbsthingabe, dem Yoga innerer Weisheit oder wenn er das psychische Wesen hervorbringen möchte, um sich vom Psychischen, dem göttlichen Kind in ihm, leiten und zu Gott bringen zu lassen, dann muss dieser Sucher dem Prana nicht viel Beachtung schenken. Er muss seine ganze Aufmerksamkeit auf den höchsten Frieden, die höchste Glückseligkeit und Kraft lenken, die er von oben herabbringen möchte. Wenn Frieden, Glückseligkeit und Kraft in ihn eintreten, bringen sie automatisch den unendlichen Lebensatem mit sich. Dieser verwandelt den endlichen, begrenzten Lebensatem, den der Strebende bereits besitzt. Deshalb muss er das systematische Einatmen, Anhalten und Ausatmen nicht üben. Das Licht, das er in sein System bringt, wird seinen Atem und seine Lebensenergie gemäß der göttlichen Notwendigkeit in ihm regulieren.

Die einzige Atemübung, die ein spiritueller Sucher wirklich braucht, besteht darin, Reinheit einzuatmen. Wenn der Sucher sich beim Einatmen bewusst vorstellt und fühlt, dass er Vollkommenheit von oben einatmet, dann werden die Begrenzungen in seinem System automatisch verwandelt. Sobald wir bewusst einatmen, gewinnt das Prana mehr Wert für uns. Es ist jedoch nicht nötig, durch viele strenge Atemübungen zu gehen, um Gott zu verwirklichen. Wenn wir mit einem ergebenen Gefühl für den Supreme und die Menschheit langsam und tief einatmen, können wir mit einem vergöttlichten Atem in die Welt hinaustreten. Wenn wir in einem spontanen Gefühl der Ergebenheit einatmen, können wir dem Supreme ebenso wie der Menschheit spirituell und materiell dienen.

Frage: Man hat mir erzählt, dass die Energie auf der einen Seite der Wirbelsäule zwei Stunden lang hinab fließt und dann zwei Stunden lang auf der anderen Seite, wenn man normal durch beide Nasenlöcher atmet. Dieser Vorgang würde sich jedoch ändern, wenn man wechselseitig durch die Nasenlöcher atmet. Ist das wahr?

Sri Chinmoy: Nein, das stimmt nicht. Während des normalen Atmens durch beide Nasenlöcher geht die Energie einfach die Wirbelsäule hinauf und hinunter. Spirituelle Meister sind sich dessen bewusst, normale Menschen nicht. Prana steigt aufwärts, um Verwirklichung zu geben und abwärts, um zu transformieren. Wenn es hinaufsteigt und durch das _Sahasrara_-Chakra austritt, berührt es das Höchste. Es ist wie eine Verbindung zwischen Himmel und Erde. Wenn es abwärts fließt, hilft es uns, fest in der Materie, in der physischen Welt zu stehen. Während des wechselseitigen Atmens fügst du deinem Atem konzentrierte Energie zu, um dein System zu reinigen und göttlich zu aktivieren.

Für die meisten Menschen sind zwölf bis fünfzehn Atemzüge pro Minute normal. Doch es gibt Menschen, welche als Ergebnis des wechselseitigen Atmens nur drei oder vier Mal in der Minute atmen müssen. Die Schildkröte ist das Symbol der Unsterblichkeit. Sie atmet ungefähr dreimal pro Minute. Deshalb lebt die Schildkröte jahrhundertelang während wir nur fünfzig, sechzig oder siebzig Jahre leben.

Diese Atemtechnik schenkt uns in allen Bereichen des Lebens Erfolg. Sie erschließt uns augenblicklich die innere Welt und vereint uns mit der Essenz unserer Existenz. Von der Seele aus erreichen wir die Quelle und in der Quelle ist alles Erfolg und Erfüllung.

Alles was du tust, wirst du besser machen, wenn du deinen Atem ohne Anstrengung für einen längeren Zeitraum anhalten kannst. Ich war einmal ein guter Hundertmeter-Sprinter. Man sagt, dass man beim Hundertmeter-Start einmal einatmen soll und dann während der ganzen Strecke nicht mehr. Wenn du beim Rennen drei- oder viermal atmest, bist du verloren. Manchmal war es mir nicht möglich, in einem Atemzug zu laufen und ich musste ein zweites Mal atmen. Obwohl ich zwölf Jahre lang den ersten Platz behaupten konnte, weiß ich, dass ich viel besser gelaufen wäre, wenn ich in der Lage gewesen wäre, die Strecke stets in einem Atemzug zurückzulegen. Alles was du tust, kannst du besser machen, wenn du richtig einatmest und den Atem anhältst. Aber es muss leicht gehen, ohne die Lunge zu überanstrengen.

Wenn wir während des Tages normal atmen, werden unsere Lungen nicht einmal drei- oder viermal mit ihrer vollen Kapazität beansprucht. Richtiges Atmen ist sehr wichtig. Wie du weißt, leben wir in einer Wirtschaftswelt. Wir versuchen stets alles wirtschaftlicher zu gestalten. Wenn wir das wechselseitige Atmen erlernen können, dann handeln wir wirtschaftlich. Und wenn wir das wechselseitige Atmen beherrschen, sind wir augenblicklich erfolgreich.

Frage: Kannst du über die verschiedenen Aspekte des Göttlichen sprechen, die angerufen werden können, wenn man durch das linke und das rechte Nasenloch atmet?

Sri Chinmoy: Ihr alle atmet ein und aus. Versucht bitte zu beobachten, ob ihr hauptsächlich durch das linke oder durch das rechte Nasenloch atmet. Diejenigen, die vor allem durch das linke Nasenloch einatmen, wiederholen bitte das Wort Mond, und diejenigen, die durch das rechte Nasenloch einatmen, wiederholen bitte das Wort Sonne.

Wenn du dein Schicksal ändern willst, gibt es eine sehr bedeutsame und wirkungsvolle Methode. Angenommen, du beobachtest am Tag oder in der Nacht, dass dein linkes Nasenloch funktioniert, dein rechtes jedoch nicht. Versuche dann, dich ein paar Minuten lang auf den Mond zu konzentrieren oder auf ihn zu meditieren. Du wirst die Eigenschaften des Mondes erhalten: Frieden, Heiterkeit und subtile Glückseligkeit. Wenn du feststellst, dass dein rechtes Nasenloch funktioniert, dann konzentriere dich auf die Sonne. Du wirst dann die Eigenschaften der Sonne erhalten: Dynamik und göttliche Kraft. Wenn du jedoch diese Kraft missbrauchst, wenn du nicht nach dynamischer Kraft und stärkender Kraft strebst, dann wird diese Kraft zu Aggression und wenn du den Frieden und die subtile Glückseligkeit missbrauchst, dann wirst du sofort von Trägheit, Lethargie und Faulheit angegriffen. Diese werden versuchen, vollständige Kontrolle über dein Leben zu erlangen. Wenn du dich träge fühlst, wenn du nichts tun möchtest, wirst du feststellen, dass dein linkes Nasenloch arbeitet. Aber wenn du voller Tatendrang bist und etwas tun möchtest, denn funktioniert das rechte Nasenloch.

Bei intensivem Körpertraining sind beide Nasenlöcher gleichermaßen tätig. Es ist dann Sushumna, der Hauptstrang, der aktiviert ist. Wenn beide Nasenlöcher funktionieren, wirken göttlicher Frieden und göttliche Kraft gleichzeitig in dir. Aber du musst dich ihrer bewusst sein und sie immer intensiv anrufen.

Du atmest jeden Tag. Versuche deinen Atem während deinen täglichen Aktivitäten zu beobachten. Wenn du dir pro Stunde auch nur fünf Minuten lang deines Atems bewusst sein kannst, ist das wunderbar. Wenn du richtig atmest, kannst du jeden Tag mehr Kraft und Frieden herab bringen, um deine Unwissenheit zu erleuchten.

Während deiner tiefsten Meditation solltest du überhaupt nicht an deinen Atem denken. Du brauchst nicht daran denken, ob du mit dem linken oder mit dem rechten Nasenloch einatmest oder ob beide Nasenlöcher funktionieren. Das ist überhaupt nicht notwendig. Denn während deiner Meditation, kümmert sich die Seele um dich und hat die volle Verantwortung für deinen Atem übernommen.

Frage: Wann treffen sich der einströmende und der ausströmende Atem?

Sri Chinmoy: Ein- und Ausatmung müssen sich nicht unbedingt treffen. Das wichtigste ist, dem eingeatmeten Atem zu folgen. Mit diesem Atem kannst du deinen Körper, dein Vitales, deinen Verstand, dein Herz und deine Seele kräftigen. Mit dem hinaus gehenden Atem kannst du deinen Körper, dein Vitales, deinen Verstand und dein Herz reinigen.

Wenn du Ein- und Ausatmung vereinen willst, musst du dein inneres Streben über den Körper hinaus tragen. Wenn du den letzten Atemzug zum _Sahasrara_-Zentrum am Scheitel des Kopfes lenken kannst, dann wird der Atem durch dieses Zentrum fließen und der hereinkommende Atem, der von Gott, vom Höchsten kommt, kann ihn an diesem Punkt treffen.

Frage: Wenn ich versuche, tief nach innen zu gehen, wird meine Konzentration durch meine Atmung gestört. Wie kann ich meinen Atem kontrollieren?

Sri Chinmoy: In dieser Situation solltest du so langsam und ruhig wie möglich atmen. Dabei solltest du fühlen, dass vor dir und um dich herum ein Strom von Energie fließt. Sobald du diesen Energiestrom sehen und fühlen kannst, solltest du versuchen ihn in dein System zu bringen. Wenn der Energiestrom in dich eindringt, wird dein Atem kontinuierlich und spontan fließen, ohne deine Meditation zu stören.

Teil IV — Schlaf und Körperbewusstsein

Frage: Ich fühle, dass ich morgens eine Schlacht gegen mein Vitales verliere, wenn ich zum Meditieren aufstehen möchte und nicht aufstehen kann.

Sri Chinmoy: Das grobe Physische hindert dich am Aufstehen, nicht das Vitale. Doch das Vitale hilft dem Physischen dabei, mehr Schlaf zu genießen. Die Lethargie des Physischen und des ungöttlichen Vitalen ist stärker als das innere Streben deines Herzens. Durch größere Strebsamkeit im Herzen kannst du das Vitale und den Körper, die diese extreme körperliche Trägheit hervorrufen, besiegen. Danach wird es dir möglich sein, aufzustehen.

Vor dem Einschlafen solltest du dich fünf Minuten lang auf die Zeit konzentrieren, zu der du aufstehen willst. Wenn du um viertel vor sechs aufstehen willst, dann stelle dir die Zeiger einer Uhr mit dieser Uhrzeit bildhaft vor deinem Gesicht vor. Du wirst sehen, dass dir das Aufstehen am folgenden Morgen leichter fällt. Es kann zwei, drei Tage oder auch eine Woche dauern, aber ich versichere dir, dass du aufstehen kannst, denn du wendest den bewussten Willen der Seele an, bevor du am Abend zu Bett gehst. Dieser bewusste Wille wird eins mit der irdischen Zeit, welche die Uhr repräsentiert. Er wird in die irdische Zeit eindringen und ihr befehlen. Am frühen Morgen, wird die Seele in die irdische Zeit treten und ihr befehlen, sich vor dich zu stellen. Es wird dir dann leichter fallen, aufzustehen und zu der gewünschten Stunde zu meditieren.

Jene, die um sechs Uhr oder sechs Uhr dreißig meditieren, sollten sich nach der Meditation nicht mehr hinlegen. Einige wenige von euch meditieren um drei Uhr dreißig, um vier Uhr dreißig oder um vier Uhr fünfundvierzig. Jene von euch, die vor fünf Uhr meditieren, können danach noch einmal einige Minuten oder eine halbe Stunde zu Bett gehen, wenn sie es für notwendig halten. Aber jene, die um sechs Uhr meditieren, sollten nicht wieder zu Bett gehen. Es ist schädlich, denn der Tag dämmert schon und die Eigenschaften des Tages sind bereits in euch eingedrungen. Die Eigenschaften der Nacht sollen von jenen des Tages getrennt werden. Die Nacht hat ihre Rolle in eurem inneren Streben bereits gespielt, indem sie euch Erholung schenkte. Nun spielt der Tag seine Rolle mit dynamischer Aktivität, die eine Form des inneren Strebens in der physischen und materiellen Welt darstellt.

Frage: Was können wir tun, wenn wir spät in der Nacht Auto fahren und müde werden oder wenn wir wenig Schlaf hatten und am Morgen nicht gut aufstehen können, aber weder Kaffee noch Tee trinken?

Sri Chinmoy: Du sagst, dass du während der Fahrt manchmal müde bist. Nun, warum sollten Kaffee oder Tee deine Retter sein? In einem solchen Fall stehen dir spirituelle Hilfen zur Verfügung, die weit mehr Kraft besitzen als Kaffee oder Tee. Wenn du während des Fahrens müde wirst, dann halte an und atme einige Male tief ein. Führe dann einige Male die zuvor beschriebene wechselseitige Atemübung durch. Diese Übung schenkt dir augenblicklich Energie. Versuche anschließend mit der Kraft deiner Konzentration bewusst göttliche Energie einzuatmen. Fühle beim Einatmen, dass du nicht nur durch deinen Mund, sondern auch durch Augen, Ohren, Stirn, Kopf und Schultern einatmest. Fühle, dass die Energie aus allen Richtungen kommt und durch verschiedene Türen in dich eindringt. Wenn du dir des Energiestromes, der in dich eindringt, bewusst wirst, wirst du natürlich nicht mehr müde sein. Sobald du anfängst gut zu meditieren, nimmst du bewusst oder unbewusst Energie auf. Je mehr Energie du aufnehmen kannst, desto höher wird deine Meditation sein. Und woher kommt diese Energie? Sie kommt vom universellen Bewusstsein.

Eine andere Methode gegen Müdigkeit anzukämpfen besteht darin, den Namen des Supreme oder deines Gurus sehr schnell zu wiederholen. Ihre Namen werden augenblicklich in dein inneres Bewusstsein dringen und du wirst grenzenlose Energie erhalten.

Es kommt nicht darauf an, wie viele Stunden du schläfst, sondern wie gut du schläfst. Wenn du morgens Schwierigkeiten beim Aufstehen hast, musst du dir im klaren sein, dass du von acht Stunden vielleicht nicht einmal eine Stunde gut geschlafen hast. Es gibt eine Art von Schlaf, den man den Yogi-Schlaf nennt. In einer Sekunde Yogi-Schlaf erhalten wir ebensoviel wie von fünfzehn Minuten oder einer halben Stunde normaler Ruhezeit. Wie können wir uns auf diese Weise ausruhen? Wenn du es schwierig findest, morgens aufzustehen, so fühle, dass dein gesamter Körper von Kopf bis Fuß ein Meer des Friedens repräsentiert. Fühle, dass du selbst zum Frieden geworden bist, dass du innen und außen Frieden verkörperst. Versuche bewusst, deine körperliche Hülle zu fühlen, aber fühle gleichzeitig, dass du eine unendliche Ausdehnung von Frieden bist. Wenn du diese Ausdehnung von Frieden bewusst fühlen kannst, wirst du bemerken, dass dein physischer Körper, deine Muskeln, dein Blut und deine Knochen völlig ins Meer des Friedens eingetaucht und darin verschwunden sind.

Frieden kann wie dynamische Stärke wirken. Wenn der Körper etwas tut und sich hin und her bewegt, fühlst du, dass du Kraft besitzt. Doch wahre Kraft existiert im inneren Frieden, nicht in äußerer Aktivität. Wenn du Frieden in unendlichem Maße besitzt, besitzt du die Quelle der gewöhnlichen dynamischen Energie. Wenn du dynamische Energie anrufst, die in Form von Frieden in dir existiert, kannst du leicht aufstehen.

Wenn du zu Bett gehst, versuche zu fühlen, dass du nun vierundzwanzig Stunden schlafen wirst. Nach dem Aufwachen sollte dein erster Gedanke sein, dass du vierundzwanzig Stunden geschlafen hast, auch wenn die Uhr sagt, dass du nur drei oder vier Stunden geschlafen hast. Der Verstand kann das äußere Bewusstsein überzeugen und schon glaubst du es. Dies ist kein Selbstbetrug, es ist der richtige Gebrauch des bewussten Verstandes. Die Zahl vierundzwanzig hat enorme Kraft. Sie gibt uns augenblicklich ein Gefühl von Zufriedenheit, Erleichterung, Vergnügen und Erfüllung.

Frage: Wie können wir während des Schlafens bewusst bleiben?

Sri Chinmoy: In deinem Fall ist dies nicht möglich, denn du meditierst nur eine halbe oder eine Stunde pro Tag. Wenn man während des Schlafes völlig wach und von vitalen, emotionalen Kräften oder falschen Bewegungen ungestört bleiben will, muss man mindestens sechseinhalb Stunden pro Tag meditieren. Während dieser Meditation, darf man nicht ständig auf die Uhr schauen, um herauszufinden, wie viele Stunden schon vorüber sind. Man muss nicht unbedingt die Zeit stoppen, aber man muss sicher sein, dass man mindestens sechseinhalb Stunden am Tag meditiert. Nur wenn man bewusst sechs oder sieben Stunden am Tag meditieren kann – und das nicht nur ein oder zwei Tage lang, sondern einige Monate, vielleicht sogar einige Jahre lang – kann man während des Schafes völlig bewusst bleiben. Man kann dann spüren, in welche Ebenen sich die Seele während des Schlafes begibt. Wie ein Vogel fliegt die Seele von einer Ebene zur anderen. Wenn man meditiert, kann man sich dieser Bewegung völlig bewusst werden.

Aber ich rate niemandem, der im Büro oder in der Schule viel arbeiten muss, sechs oder sieben Stunden am Tag zu meditieren. Zunächst wird das Vitale, solange es noch nicht rein ist, größere Probleme schaffen, als die Meditation Gutes bewirkt. Außerdem wird diese Person ihr geistiges Gleichgewicht verlieren und in eine psychiatrische Klinik gehen müssen. Man kann sich, genauso wie bei körperlichem Training, Schritt für Schritt an täglich sechs Stunden Meditation heranarbeiten. Wenn du den Körper trainierst, übst du jeden Tag und entwickelst dabei deine Muskeln nach und nach. Dann fühlst du dich stark und auch andere fühlen, dass du stark bist. Auf ähnliche Weise musst du mit fünfzehn oder dreißig Minuten Meditation beginnen und kannst dies schrittweise verlängern. In der spirituellen Welt lassen sich die Dinge nicht gewaltsam erzwingen. Langsam aber sicher läufst du dem Ziel entgegen. Bei jedem Schritt musst du dir deiner Sache sicher sein. Wenn du täglich eine halbe Stunde lang meditierst, kannst du versuchen, dies auf fünfundvierzig Minuten oder eine Stunde zu erhöhen, aber nicht von einer halben Stunde gleich auf sechseinhalb Stunden.

Im Augenblick kannst du nicht sechs Stunden lang meditieren und solltest es auch nicht versuchen, doch ich empfehle dir, dass du fünf Minuten lang bewusst Reinheit in deinen Körper einatmest. Während des Tages haben sich viele schlechte Dinge ereignet. Unreinheit, Hässlichkeiten und viele andere ungöttliche Kräfte sind in deinen physischen Körper eingedrungen. Wenn du jedoch nachts Reinheit in dein System aufnimmst, wirst du ein wenig Bewusstheit im Schlaf erhalten, obwohl es nicht die Art von Schlaf ist, die du erhältst, wenn du während des Tages sechs oder acht Stunden lang meditiert hast. Was die meisten von uns Schlaf nennen, ist keineswegs Schlaf, es ist Tod. Während des Schlafes leben wir in der Welt der Toten, der Welt der Untätigkeit und Unbewusstheit.

Frage: Könntest du ein wenig mehr darüber sagen, wie die Seele während des Schlafes zu verschiedenen Ebenen fliegt?

Sri Chinmoy: Es gibt verschiedene Bewusstseinsstadien: Susupti, das man das traumlose Stadium nennen kann, ist der reinste, tiefste und höchste Schlaf, Swapan ist das Traumstadium und Jagriti das Wachbewusstsein. Wenn wir tief schlafen, kann die Seele von einer Bewusstseinsebene zur anderen fliegen. In uns gibt es viele Bewusstseinsschichten, doch wenn wir arbeiten, sprechen oder im weltlichen Treiben mit anderen zusammen sind, dann wird das innere Wesen erdrückt und die Seele erhält keine Gelegenheit zu fliegen. Wir leben in der äußeren Welt und viele dumme Dinge dringen in unseren äußeren Verstand ein, alles ist rastlos. Doch in tiefem Schlaf wird das gesamte Wesen zum Schweigen gebracht und die Seele kann wie ein Vogel von einer Bewusstseinsebene zur anderen fliegen. Wenn die Seele diesen Flug ungehindert durchführen kann, öffnen sich automatisch alle Türen und Fenster unseres inneren Wesens. Wenn die Seele fliegt und alle inneren Türen geöffnet sind, vereint sich das äußere Dasein mit dem Göttlichen und erfährt das Bewusstsein der Glückseligkeit.

Wie kann ein Sucher während des Schlafes bewusst das Gefühl des Einsseins erfahren? Durch ständige Meditation. Es gibt keinen anderen Weg. Ohne ständige Meditation ist es nicht möglich, dass du dir bewusst bist, wenn du in tiefem Schlaf mit deinem Höchsten eins wirst. Du bist dir dessen vielleicht ein paar Sekunden lang oder erst am anderen Morgen bewusst, wenn du von diesem Bewusstsein zurückkommst, aber dies muss nicht unbedingt so sein. Normalerweise bist du dir dessen nicht gewahr, wenn du ganz mit dem Höchsten vereint bist. Wie kannst du also erwarten, die Erfahrung Stunden später zu fühlen? Der einzige Weg, sich dieses Gefühls bewusst zu werden oder die Erfahrung des Einsseins zu erhalten, ist durch ständiges inneres Streben, durch ständige Meditation.

Frage: Gibt es einen Weg, die Zeit während des Schlafes für unseren weiteren Fortschritt zu nutzen, so dass wir das Bewusstsein des Tages die Nacht hindurch mit uns nehmen können?

Sri Chinmoy: Wenn du schläfst, hast du manchmal alle möglichen Träume aus der vitalen Welt, alles reiner Unsinn. Warum hast du diese Träume? Weil dein Schlaf nicht tief ist, weil du nicht vollständig in die Welt des Schafes eingedrungen bist. Wenn du zu Bett gehst, schläfst du in Wirklichkeit möglicherweise jede Nacht nur drei Stunden. Den Rest der Zeit schläfst du nur, weil es noch nicht Zeit zum Aufstehen ist. Was veranlasst dich, so lange zu schlafen? Deine Untätigkeit, dein Körperbewusstsein. Das Körperbewusstsein mag dir das Gefühl geben, dass du am nächsten Tag all deine Probleme lösen und sehr hart arbeiten kannst, wenn du zehn Stunden schläfst. Aber der Schlaf kann deine Probleme und Schwierigkeiten nicht bewältigen. Einzig und allein bewusstes inneres Streben wird dein Leben von Problemen befreien. Wenn du acht, neun oder zehn Stunden schläfst, vergisst du vielleicht deine Probleme. Doch am nächsten Morgen wirst du merken, dass sie mit wesentlich verstärkter Kraft zurückkehren.

Wenn wir die Nacht als etwas ansehen, das uns Bequemlichkeit und friedliche Ruhe schenkt, dann erhalten wir von ihr lethargische Bequemlichkeit statt erfüllende Ruhe. Erfüllende Ruhe lässt sich nur durch die tägliche Arbeit, durch spirituelle Bemühung und spirituelles Erwachen erreichen. Während des Tages haben wir meditiert und hart gearbeitet. Nun kann das Ergebnis dieser Anstrengung während der Nacht genutzt werden. Wenn wir versuchen, das Ergebnis des Tages während der Nacht zu fühlen, sehen wir, dass der Tag tatsächlich in die Nacht eingedrungen ist. Sonst sind Tag und Nacht wie zwei verschiedene Wesen. Um sieben Uhr abends hat der Tag seine Rolle gespielt und die Nacht beginnt. Erst haben wir mit diesem Wesen gespielt und nun müssen wir mit dem anderen spielen.

Für spirituelle Menschen gibt es keine Nacht. Für sie bedeutet Nacht Unwissenheit, Unbewusstheit und Unbewusstsein. Für spirituelle Menschen ist alles Bewusstsein, alles Bewusstheit. Wenn wir das spirituelle Leben annehmen wollen, müssen wir jeden Augenblick wach und aufmerksam sein. Wie? Einfach indem wir den bewussten Teil des Lebens – den Tag – verlängern. Wenn wir während des Tages meditieren, erhalten wir Energie. Lasst uns versuchen, dieses dynamische Gefühl selbst in die Nacht hinein beizubehalten. Lasst uns die Nacht als etwas Kraftspendendes und Erfüllendes, als die Verlängerung des Tages auffassen.

Wenn wir eine oder zwei Stunden lang geschlafen haben und fühlen, dass wir einige Sekunden lang bewusst werden, jedoch nicht meditieren, sollten wir sofort aufstehen und fünf, zehn oder fünfzehn Minuten lang meditieren. Wir müssen fühlen, dass der Tag in unser Bewusstsein eingedrungen ist und unser Tag schon begonnen hat. Was bedeutet dies für uns? Es bedeutetet, dass unser Bewusstsein völlig wach ist. Es ist aufgewacht und wachsam. Der Körper mag schlafen, aber das Bewusstsein ist bereits vollständig erwacht und meditiert für uns. Wenn wir merken, dass wir uns schwer und lethargisch fühlen und dass unser Verstand nicht arbeitet, sollten wir diesem Gedanken keine Beachtung schenken. Es ist falsch zu glauben, dass wir am nächsten Tag nicht arbeiten können, wenn wir jetzt aufstehen. Wir sollten immer versuchen zu fühlen, dass durch unser erwachtes Bewusstsein die Nacht zum Tag verwandelt werden kann.

Dazu möchte ich euch eine lustige Geschichte erzählen? In einigen spirituellen Gemeinschaften müssen alle Mitglieder um drei oder drei Uhr dreißig aufstehen, um zusammen zu meditieren. Direkt nach der Gründung des Ramakrishna Maths verkündete Vivekananda, dass jeder um drei Uhr dreißig aufstehen muss, ganz gleich welche Position er inne hatte. Wenn jemand nicht aufstand, durften diejenigen, die wach waren, eiskaltes Wasser auf den Schlafenden spritzen. Eines Tages fühlte sich der Vorsteher des Maths, Rakhal (Brahmananda), nicht wohl und konnte oder wollte nicht aufstehen. Jemand berichtete Vivekananda, dass Rakhal nicht aufstehen wollte. Vivekananda sagte: „Die gleiche Regel gilt auch für ihn. Geh hin und zieh ihn aus dem Bett.“ Rakhal wurde sehr wütend und wollte das Math verlassen. Er sagte: „Ich bin der Leiter und dieser Junge, ein Schüler von mir, kommt und beleidigt mich. Du weißt, dass ich krank bin, sonst würde ich deine Bestimmungen nicht missachten. Ich gehe, ich will nicht länger hier bleiben.“

Aber Vivekanada war sehr schlau. Er erwiderte: „Wem gehört dieser Ort? Ramakrishna hat mich niemals als seinen Sohn bezeichnet, er hatte stets dich seinen Sohn genannt. Der Besitz des Vaters geht auf den Sohn über. Dieser Ort gehört dir, es ist dein Math. Hier ist die Mission deines Vaters, die Verwirklichung deines Vaters. Du musst bleiben. Ich werde gehen.“ Brahmananda wollte nicht, dass Vivekananda ging und so wurde die Sache beigelegt. Diese Geschichte zeigt, wie Vivekananda es zur festen Einrichtung werden ließ, dass jeder früh am Morgen aufstehen musste, ganz gleiche, welche Position er innehatte. Und es half wirklich.

Frage: Wir als deine Schüler, wie lange sollten wir deinem Gefühl nach nachts schlafen?

Sri Chinmoy: Sieben Stunden sind meiner Meinung nach mehr als genug. Acht Stunden Schlaf sind nichts mehr für euch, aber ich weiß, dass einige von euch immer noch zehn Stunden schlafen. Vielleicht schlaft ihr für mich. Mehr als sieben Stunden Schlaf solltet ihr für euren spirituellen Fortschritt als genauso tödlich ansehen wie Drogen, Alkohol und Rauchen. Wenn ihr zu langes Schlafen in diese Kategorie aufnehmt, wird es euch möglich sein, euch hier zu disziplinieren. Ihr müsst ständig auf der Hut sein.

Ich habe über die Gefahr von Angst und Zweifel gesprochen, aber leider nehmen wir diese Dinge nicht ernst. Wir sagen nur: „Ach, ich besitze die Fähigkeit, diese Kräfte zu besiegen, denn ich bin körperlich stark. Außerdem ist Lethargie etwas sehr Weibliches, sehr Schwaches. Wenn ich will, kann ich sie besiegen.“ Solche Ideen kommen in unseren Verstand. Aber Lethargie, Angst, Zweifel und alle anderen ungöttlichen Kräfte haben ungeheure Kraft.

Betrachtet nur die Eifersucht. Ständig sind wir eifersüchtig, doch wir sind der Annahme, wir könnten Eifersucht augenblicklich besiegen, wenn wir wollten. Dies ist unser menschliches Gefühl. Seit vierzig oder fünfzig Jahren, seit Beginn unseres Lebens sind wir auf diesen oder jenen eifersüchtig gewesen. Doch wir hegen den Glauben, dass wir nicht einmal einen Tag benötigen, um unsere Eifersucht zu besiegen. Wir haben solch ein Vertrauen in uns selbst! Aber lasst es uns versuchen und wir werden feststellen, dass wir fünf Jahre benötigen, um unsere Eifersucht zu besiegen.

Solange wir etwas, das uns im Wege steht, nicht wirklich besiegt haben, sollten wir nicht sagen, dass wir es besiegen könnten. Besiegen wir es zuerst, dann werden wir unsere Stärke sehen. Wir glauben, die ungöttliche Kraft sei etwas sehr Subtiles und Kleines, etwas, das wir leicht zerdrücken können; in Wirklichkeit ist sie aber so machtvoll, dass sie uns völlig ruiniert. Lasst uns zuerst die ungöttliche Kraft ergreifen und vernichten, erst dann können wir sagen, dass wir stark seien.

Frage: Manchmal bin ich nachts nicht müde, sondern liege einfach nur voller Freude im Bett. Sollte ich dann meditieren?

Sri Chinmoy: Wenn du nicht einschlafen kannst und auch nicht von ungöttlichen Gedanken gestört wirst, so bedeutet dies, dass Gott dir eine Gelegenheit gibt, mehr zu meditieren. Wenn du nicht meditieren kannst, kannst du spirituelle Bücher lesen, doch wenn der Schlaf an deine Türe klopft, dann lass ihn herein und quäle dich nicht. Solange du jedoch nicht vom Schlaf gequält wirst, solltest du dich glücklich schätzen, weil du diese Stunden für deine eigenen Zwecke nutzen kannst.

Frage: Welches ist die beste Körperhaltung zum Einschlafen?

Sri Chinmoy: Viele Menschen wissen nicht, wie man richtig schläft. Sie liegen auf dem Bauch, eine absurde Art zu schlafen. In dieser Haltung können Ida, Pingala und Sushumna überhaupt nicht funktionieren. Man muss sich stets dem Licht zuwenden und dem Licht erlauben, in das Herzzentrum einzudringen. Wenn du auf dem Rücken oder auf der Seite schläfst, siehst du Licht. Schläfst du aber auf dem Bauch, wird das Licht augenblicklich verdeckt. Es ist am besten, auf der Seite oder auf dem Rücken zu schlafen. Du solltest auch niemals mit dem Gesicht nach unten schlafen. Außerdem solltest du darauf achten, dass du beim Schlafen deine Arme oder Hände nicht über der Brust verschränkst.

Teil V — Vegetarische Ernährung und Fasten

Frage: Stimmt es, dass der Körper unsere Konzentrationsfähigkeit beeinflusst? Wäre es nicht hilfreich, den Körper zu reinigen und eine bestimmte Ernährung einzuhalten?

Sri Chinmoy: Dies stimmt zu einem gewissen Maße, doch die wichtigste Rolle spielt unser eigenes Bewusstsein. Allein durch eine vegetarische Ernährung wird das Bewusstsein weder reiner noch wird es in höhere Bewusstseinsebenen gehoben. Man kann sich zehnmal am Tag duschen und die größt mögliche äußere Reinheit erlangen, doch ohne seelenvolles Streben wird uns die äußere Reinheit durch das Baden keinen Schritt näher zu Gott bringen. Ein anderer Gottsucher badet vielleicht nur einmal am Tag, doch wenn sein inneres Streben sehr intensiv ist, wird er seinem Ziel mit größter innerer Reinheit entgegen laufen. Die Reinigung des Körpers hilft sicher, aber wenn man die größt mögliche spirituelle Hilfe erhalten möchte, dann ist die Reinigung des Bewusstseins von Bedeutung und nicht die Ernährung, die Sauberkeit oder die körperlichen Übungen.

Frage: Wenn ich Fleisch gegessen habe, merke ich, dass ich nicht gut meditieren kann und unruhig werde. Doch wenn ich kein Fleisch esse, fühle ich mich sehr schwach.

Sri Chinmoy: Du weißt, dass Tiere unruhig, aggressiv, zerstörerisch und unentwickelt sind. Bis zu einem gewissen Maße haben wir das Tierbewusstsein transzendiert und verlassen. Auf der Leiter der Evolution stehen wir nur eine Stufe höher, doch der Unterschied zwischen einem Tier und einem Menschen ist gewaltig. Wenn wir etwas essen, absorbieren wir natürlich die Eigenschaften dieser Nahrung. Was wir in uns haben, wird sich unausweichlich auf irgendeine Weise äußerlich manifestieren. Das augenblickliche Resultat des Fleischessens ist Unruhe, aggressive, destruktive Impulse und Gedanken und ein Absinken des Bewusstseins.

Aber es stimmt nicht, dass man Stärke, Kraft und Energie verliert, wenn man kein Fleisch isst. Es gibt Millionen von Menschen auf der Erde, die kein Fleisch essen und die dennoch körperlich sehr stark und gesund sind. Du hast vielleicht das Gefühl, dass ihre Konstitution anders sei als deine, aber ich möchte dir sagen, dass es in Gottes Schöpfung etwas gibt, das man innere Nahrung nennt. Was ist diese Nahrung? Sie besteht aus Frieden, Licht und Seligkeit und aus allen anderen göttlichen und erfüllenden Eigenschaften. Wenn du richtig seelenvoll strebst, dich richtig konzentrierst und richtig meditierst, kannst du diese innere Nahrung in deinen Körper aufnehmen. Es mag einige Jahre dauern, bis du diesen Grad von innerer Fertigkeit erlangt hast. Bis dahin kannst du versuchen, tief in dich zu gehen und herausfinden, was dir in Wirklichkeit die größte Stärke gibt. Ich kannte Leute, die behaupteten, Fleisch gebe ihnen Stärke, aber als sie tief in sich gingen, entdeckten sie, dass es ihr eigenes Gefühl, ihre eigene Vorstellung von Fleisch war, die ihnen Stärke verlieh. Man kann diese Vorstellung ersetzen und fühlen, dass nicht Fleisch, sondern die spirituelle Energie, die den Körper durchdringt, einem Stärke verleiht. Diese Energie stammt sowohl von der Meditation und dem inneren Streben als auch von der richtigen Ernährung. Die Kraft, die wir vom inneren Streben und der Meditation erhalten, ist unendlich viel stärker als die Kraft, die wir von Fleisch und Fisch erhalten. Deshalb können wir diese Dinge bedenkenlos von unserem Speiseplan streichen.

Du meditierst sehr aufrichtig und ergeben. Du musst nun die Idee loslassen, dass dir Fleisch Kraft schenkt. Diese Idee ist so tief in deinem Verstand verwurzelt, dass du dich nicht von ihr trennen kannst. Wenn du dich völlig von dieser Idee befreit hast, wirst du erkennen, dass es nicht grundsätzlich das Fleisch ist, das dir Kraft verleiht, sondern dass du die Kraft von einer umfassenden gesunden Ernährung, der richtigen geistigen Einstellung sowie von deinem inneren Streben erhältst.

Frage: Wie beeinflussen uns die tierischen Eigenschaften, die wir durch Fleisch zu uns nehmen? Wie geht diese Beeinflussung vor sich?

Sri Chinmoy: In uns sind stets einige negative Kräfte. Wenn negative Kräfte der äußeren Welt wie Unruhe, falsche Gedanken und emotionales Verlangen in uns eindringen, kommen sofort die unerleuchteten Emotionen des niederen Vitalen zum Vorschein, die bereits in uns sind, und antworten auf die falschen Kräfte, die in uns eingedrungen sind. Dann verbinden sich die negativen Kräfte aus unserem Inneren mit den falschen Kräften, die in uns eingedrungen sind und wir fallen ihnen zum Opfer.

Unruhe, negative und vitale Kräfte haben ihre Wurzel in der Nabelgegend. Wenn wir uns fünf Minuten auf unseren Nabel konzentrieren, wird unser Wille so direkt und machtvoll wie ein Pfeil, und kann damit die falschen Kräfte unter Kontrolle bringen. Sie erkennen die Macht unserer Konzentration, sie sehen, dass wir sie zerteilen werden, wenn sie uns Probleme bereiten. Wenn wir die falschen Kräfte, die bereits in uns sind, unter Kontrolle halten können, dann wird es den Kräften, die wir beim Essen von Fleisch aufnehmen, nicht gelingen, Unruhe zu stiften.

Ich wünsche mir, dass all meine Schüler letztlich aufhören Fleisch zu verzehren. Wenn ihr kein Fleisch mehr esst, wird sich euer inneres Streben verbessern. Solange ihr es tut, erhaltet ihr gewöhnlich keine subtilen Erfahrungen, Visionen und Verwirklichungen. Es gab zwar einige spirituelle Meister wie Vivekananda und andere, die Fleisch gegessen haben, doch sie konnten es tun, weil sie in der spirituellen Welt wie brüllende Löwen waren. Sie wurden von den Kräften, die im Fleisch enthalten sind, nicht beeinflusst.

Ich möchte meinen Schülern keine strenge vegetarische Ernährung vorschreiben, jeder soll für sich selbst wählen. Wenn der Arzt jemandem rät, während eines kürzeren Zeitraums Fleisch und Fisch zu essen, weil es absolut notwendig sei, so muss diese Person den Rat des Arztes befolgen. Wenn man jedoch das Absolute, das Höchste, die Selbstverwirklichung will, gilt generell, dass man aufhören sollte, Fleisch und Fisch zu essen. Wenn es dir möglich ist, höre heute noch auf. Wenn es aber ein Jahr, zehn oder zwanzig Jahre dauert, dann höre schrittweise auf. Wenn du verwirklicht bist, kannst du Fleisch und Fisch essen, wenn du willst. Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird das tierische Bewusstsein, das im Fleisch steckt, dem aufrichtigen und ergebenen Sucher nicht erlauben, in sein höchstes und tiefste Bewusstsein einzutreten.

Frage: Eine vegetarische Ernährung ist also nicht nötig, um Gott zu verwirklichen?

Sri Chinmoy: Man kann Gott nicht einfach dadurch verwirklichen, dass man sich vegetarisch ernährt. Das ist unmöglich. Es gibt viele Menschen, die streng vegetarisch leben, aber es gibt nicht sehr viele Menschen auf der Erde, die Gott verwirklicht haben. In Indien müssen alle Witwen aus angesehenen Familien vegetarisch leben. Wenn man jedoch alle indischen Witwen zusammen zählt, wird man nicht viele gottverwirklichte Seelen unter ihnen finden. Solange diese Frauen nicht völlig aufrichtig und ergeben meditieren, werden sie kaum spirituellen Fortschritt machen.

Du wirst Gott keineswegs über Nacht verwirklichen, weil du aufhörst Fleisch und Fisch zu essen. Von einem so geringen Aufwand darfst du keine so große Wirkung erwarten. Doch dein inneres Streben wird wachsen und auch deine milden, sanften und strebenden Eigenschaften werden schneller zum Vorschein kommen. Es hängt alles davon ab, wie schnell man Fortschritt machen will. Wenn du fühlst, dass jede Sekunde zählt, wenn du fühlst, dass dein Ziel kein Ende hat, dann ist es das Beste, du erreichst die Dinge, die vor dir liegen, so schnell wie möglich.

Frage: Wenn ein Mensch weiß, dass er auf Gottes Weg ist, würde ihm Fleisch dann nicht automatisch von innen her widerstreben?

Sri Chinmoy: Du beurteilst andere aus deiner Sicht. Swami Vivekananda und andere spirituelle Größen haben bis an ihr Lebensende Fleisch gegessen. Wir können nicht behaupten, dass uns Swami Vivekananda spirituell oder in irgendeiner anderen Weise unterlegen war. Es gibt spirituelle Größen, die sowohl vor als auch nach ihrer Verwirklichung Fleisch gegessen haben. Du hast die Erfahrung gemacht, dass dir Fleisch widerstrebte, sobald du tief nach innen gingst und du ein gewisses Stadium erreicht hattest. Dies ist jedoch keine zwingende Erfahrung.

Frage: Ist vom spirituellen Standpunkt aus gesehen das Essen von Fisch genauso schädlich wie das Essen von Fleisch?

Sri Chinmoy: Fisch ist schlimmer als Fleisch. Die Landtiere sind von Natur aus aggressiv, aber gleichzeitig ist das tierische Blut sehr kraftvoll und stark. Im tierischen Bewusstsein gibt es einen gewissen dynamischen Drang nach vorn. Dieser Drang mag richtungslos und wild sein, doch zumindest ist ein gewisser Vorwärtsdrang vorhanden. Ein Tier rennt umher, es ist nicht zufrieden, wenn es nur an einem Ort bleiben muss. Diese dynamische Eigenschaft kann uns zu einem gewissen Grade kräftigen. Sie schafft jedoch auch Probleme, wenn sie in das menschliche Bewusstsein eindringt. Ihre Rastlosigkeit stört unsere Reinheit und den Frieden unseres Verstandes.

Lammfleisch ist das Fleisch, das am wenigsten schädlich ist. Das Lamm ist ziemlich sanft, während andere Tiere aggressiver sind. Auch das Fleisch vom Huhn ist nicht so schädlich wie rotes Fleisch. Es ist an sich nicht gut, Fleisch zu essen, doch wenn man nicht aufhören kann, ist es besser, Fleisch statt Fisch zu essen.

Spirituell gesehen sind Fische weniger entwickelt als Landtiere. Ein Tier rennt hierhin und dorthin, es bleibt nicht zufrieden an einem Ort. Aber ein Fisch ist ein Geschöpf der Faulheit, Trägheit, Energielosigkeit, Unreinheit und Unbewusstheit. Untätigkeit ist seine Zufriedenheit, Gemeinheit ist seine Zufriedenheit und der Gemeinheit steht die Welt des Todes am nächsten. Wenn wir von Gemeinheit begrenzt werden, kommt der Tod unmittelbar zu uns und bindet uns. Das Bewusstsein eines Fisches dringt augenblicklich in den Schmutz der Unbewusstheit und der Leblosigkeit ein. Möglicherweise bist du der Meinung, dass ein Fisch unschuldig, demütig und mild sei, doch diese Eigenschaften existieren nur an der Oberfläche. Seine inneren Eigenschaften sind Gemeinheit, Untätigkeit, Faulheit und die Dunkelheit selbst. Im Fisch gibt es keinen Sinn für Fortschritt.

Wenn du Fisch essen willst oder Fisch essen musst, dann versuche bitte eher kleine Fische zu essen. Kleine Fische wollen sich manchmal bewusst oder unbewusst dem Licht zuwenden. Aber große Fische wollen sich niemals dem Licht zuwenden, weder bewusst noch unbewusst. Sie verschließen sich dem Licht.

Frage: Wie verhält es sich mit Eiern, Milch und Milchprodukten?

Sri Chinmoy: Milchprodukte sind gut. Sie schaden nicht, denn sie haben nicht dieselben zerstörerischen Schwingungen. Doch jene, die Kundalini Yoga betreiben und ihre spirituellen Zentren öffnen wollen, sollten auch keine Milchprodukte zu sich nehmen. Wenn man eines der sechs größeren Zentren öffnen will, schaden Milchprodukte, da sie das Öffnen der Zentren verhindern. Wenn man jedoch Frieden, Licht und Glückseligkeit erfahren möchte und kein Interesse am Öffnen der Chakren hat, kann man alle Milchprodukte essen.

Frage: Ich habe in einem Buch über Makrobiotik gelesen, dass es nicht gut sei Kartoffeln und Tomaten zu essen. Könntest du mir sagen, ob das stimmt?

Sri Chinmoy: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man alle Gemüsesorten gefahrlos essen kann, wenn man will. Ich kann dir versichern, dass das Essen von Kartoffeln und Tomaten nicht im geringsten schadet. Der einzig wichtige Unterschied besteht zwischen Fleisch und Gemüse.

Frage: Welche Art von Nahrung sollten wir zu uns nehmen, um Reinheit zu erlangen?

Sri Chinmoy: Versucht bitte Fleisch und Fisch zu meiden und natürlich kommen auch Spirituosen und Tabak nicht in Betracht. Alle Früchte und alle Gemüsesorten sowie alle Milchprodukte kann man gut essen. Auch verarbeitete Speisen kann man essen, solange sie der Gesundheit nicht schaden.

Kaffee und Tee sind mit Ausnahme von Kräuter- und Früchtetees ebenfalls nicht gut. Für mich sind Kaffee und schwarzer Tee schwächere Gifte. Sie brauchen nur ein wenig länger, um uns zu töten. Natürlich besitzt jeder Mensch eine gewisse Widerstandskraft. Wenn es sich um ein sehr schwaches Gift handelt, können wir deshalb den Kampf gewinnen, falls wir kämpfen. Aber wir müssen unsere Kraft nicht vergeuden, um gegen diese schwachen Gifte zu kämpfen.

Frage: Wie stellt man am besten auf vegetarische Ernährung um, wenn man gewohnt ist, Fleisch und Fisch zu essen?

Sri Chinmoy: Der sicherste und zuverlässigste Weg besteht darin, Schritt für Schritt zu beginnen. Einer meiner Schüler hatte die Gewohnheit sechsmal am Tag schwarzen Tee zu trinken. Deshalb hatte ich ihn zuerst gebeten, nur noch fünfmal täglich Tee zu trinken, nach einem Monat bat ich ihn, es auf vier Mal täglich zu reduzieren. Mit der Zeit konnte er es ganz aufgeben. Ernste Dinge müssen nach und nach geschehen. Hätte er von heute auf morgen das Teetrinken aufgegeben, wäre er Gefahr gelaufen, ernsthaft zu erkranken. Wenn der Körper nicht stark ist, kann jede plötzliche Veränderung unserer Gewohnheiten einen schweren gesundheitlichen Schaden nach sich ziehen.

Frage: Sag mir bitte, ob ich mit dem Göttlichen in engerem Kontakt stehe wenn ich faste, also nur Wasser und Saft trinke. Hilft uns das bei der Gott-Verwirklichung?

Sri Chinmoy: Wenn du Saft trinkst, fastest du nicht. Viele Leute sagen: „Früh morgens trinke ich eine Tasse Kaffee, mittags nur ein Glas Saft und abends nur ein Glas Milch.“ Das ist ihre Auffassung vom Fasten. Für mich ist dies kein Fasten. Bei wirklichem Fasten darf man nur reines Wasser zu sich nehmen und sonst nichts.

Wenn du dich entscheidest zu fasten, musst du wissen, warum du es tust. Es ist eine Torheit zu glauben, dass man Gott durch Fasten verwirklicht. Gottes wahrer Name ist Glückseligkeit und Freude. Wenn dein Vater reine Freude verkörpert, wird er dich dann darum bitten, dich zu quälen, um zu Ihm zu kommen? Gott verkörpert unendliche Freude und wir wissen, dass Er auch unendliches Mitgefühl besitzt. Er gab dir den Körper – es ist Sein Körper – glaubst du, es würde Ihn freuen, wenn du beginnst, diesen Körper zu quälen? Niemals! Wenn du zu fasten beginnst, um Gott zu verwirklichen, wird Gott sagen, dass du auf dem falschen Weg bist.

Fasten kann uns jedoch beim Abnehmen helfen, einige unserer körperlichen Krankheiten heilen sowie unsere Nerven und unseren Verstand reinigen. Sehr oft nehmen wir ungesunde Nahrung zu uns, so dass unser armer Körper Ruhe und Reinigung benötigt. Wenn wir ungöttliche Menschen und Dinge betrachten, dringen zudem ihre Schwingungen aus der Atmosphäre in uns ein und beeinflussen unseren physischen Körper – die Haut, die Muskeln, die Nerven. Es ist ratsam, einen Tag im Monat zu fasten, um unser System zu reinigen. Wir brauchen Reinheit um Gottes Existenz auf der Erde zu schätzen. Gott lebt in der Reinheit – in reinen Gedanken, reinen Taten und reinem Bewusstsein. Fasten kann uns bei unserer Selbstreinigung beträchtlich helfen. Sobald Reinheit in uns eindringt, gehen wir der Gott-Verwirklichung schneller entgegen. Doch dies ist nur der erste Schritt, Fasten allein wird uns keine Verwirklichung geben.

Um dich zu reinigen, kannst du versuchen, einmal im Monat zu fasten. Dies alles gilt aber nur vom spirituellen Gesichtspunkt aus. Doch ich kenne deine physische Konstitution nicht. Du solltest nur fasten, wenn du gesund und stark bist; andernfalls ist es nicht ratsam. Auch wenn du nicht fastest, kannst du einmal in der Woche weniger essen, falls du ein aufrichtiger Sucher bist. Dies kann man vor allem Sonntags machen, wenn man nicht sehr aktiv sein muss. Viele Leute stehen Sonntags später auf, so dass sie leicht das Frühstück ausfallen lassen können. Mittags können sie sich sagen: „Ich esse jeden Tag. Wenn ich nur heute etwas weniger esse, wird es mir nicht das Geringste ausmachen.“ Beim Abendessen könnt ihr euch sagen: „Mittags habe ich nicht soviel gegessen wie üblich und es hat mir nichts ausgemacht. Ich fühle mich immer noch voller Energie. Warum sollte ich jetzt nicht dasselbe tun?“ Wenn du also einmal in der Woche – besonders Sonntags – leichtere Mahlzeiten zu dir nehmen kannst, wird es dir enorm helfen. Du musst dich so auch keinem strengen und qualvollen Fasten unterziehen, was wirkliche spirituelle Größen nicht empfehlen.

Frage: Wenn uns Fasten wirklich hilft, uns selbst zu reinigen, warum sollten wir dann nicht öfters als einmal im Monat fasten?

Sri Chinmoy: Von Zeit zu Zeit zu fasten hilft uns, unseren Körper zu reinigen. Es schenkt unserem Körper und unseren subtilen Nerven eine Art Ruhe. Dieses Ausruhen unserer Nerven bringt uns eine Art Reinigung, denn unsere subtilen Nerven spielen bei unserer Selbstverwirklichung eine beträchtliche Rolle. Wenn wir jedoch zu oft fasten, wird dies nur unsere Nerven und unseren Körper schwächen und unseren inneren Fortschritt hemmen, statt uns bei unserer Gott-Verwirklichung zu helfen.

Ich möchte euch eine kurze Geschichte erzählen. Der Schüler eines Gurus besuchte einmal Buddha. Buddha fragte ihn: „Kannst du mir sagen, was dein Guru über Gott-Verwirklichung lehrt?“

Der Schüler antwortete: „Was mein Guru mir gesagt hat, ist sehr einfach. Mein Guru sagt, man solle seine Augen schließen, wenn man irgendwohin geht. Dann sieht man keine schönen Frauen, die den Verstand davon ablenken, an Gott zu denken. Außerdem muss man seine Ohren verstopfen.“

„Warum?“

„Damit wir keine ablenkenden Geräusche hören. So hören wir nicht, wenn die Menschen sich streiten oder Klatsch erzählen. Desweiteren muss man seinen Mund geschlossen halten. Wenn man aufhört zu reden, wird man keine Lügen verbreiten.“ Buddha sagte: „In diesem Fall müssten alle, die blind, taub und stumm sind, Gott bereits verwirklicht haben. Lasst uns hingehen und ihre Füße berühren, denn sie sind alle verwirklichte Seelen.“

Buddha lehrte uns den Weg der Mitte, den Weg der Mäßigung. Er versuchte den extremen Weg des Fastens und der Entsagung, fand ihn aber nicht zufriedenstellend. Glaubst du, wir gingen Gott entgegen, wenn wir unsere Sinne, unsere Augen, unsere Nase, unsere Ohren und unseren Mund hungern lassen? Nein! Alles sollte maßvoll sein. Wir sollten alles mit einer göttlichen Absicht, zu einem göttlichen Zweck tun.

Frage: Ich kann nicht meditieren, solange mein Körper nicht zufriedengestellt ist. Wenn ich hungrig oder ärgerlich bin, ist es mir unmöglich zu meditieren.

Sri Chinmoy: Es ist ganz natürlich, dass du nicht gut meditieren kannst, wenn du hungrig bist, Durst hast oder dich ärgerst. Deshalb brauchen wir auch die Vervollkommnung des Physischen. Der Körper muss ruhig und ausgeglichen sein. Im Körper, der äußeren Hülle, befindet sich die Seele. Auch der äußere Tempel muss in Ordnung gehalten werden. Um eine gute Meditation zu erhalten, muss man das Physische gut pflegen. Im großen Epos von Kalidasa, dem Kumar Sambha steht: „_Shariramadyam Khalu…_“ „In der Tat, der Körper ist das erste Instrument spiritueller Disziplin.“ Der Körper darf daher nicht vernachlässigt werden. Wir müssen den Bedürfnissen unseres Körpers Aufmerksamkeit schenken, aber wir dürfen nicht alle Begierden des Körpers als Notwendigkeit ansehen. Wenn wir zu Sklaven unseres Körpers werden, werden wir nie meditieren können.

Frage: Mit welchem Zeitabstand sollte man vor und nach dem Meditieren essen?

Sri Chinmoy: Wenn du nach einer vollen Mahlzeit, wie dem Mittagessen oder dem Abendessen meditieren willst, solltest du mindestens zweieinhalb Stunden warten. Wenn du ein ganz leichtes Frühstück zu dir genommen hast, kannst du nach eineinhalb Stunden meditieren. Vor eineinhalb Stunden wirst du keine tiefe, wahre Meditation haben, weil deine subtilen Nerven schwer und träge sind. Die Hauptstränge – Ida, Pingala und Sushumna – finden es extrem schwierig, kosmische Energie hindurch fließen zu lassen, wenn der Körper gerade eine volle Mahlzeit zu sich genommen hat.

Wenn du mit großer Aufrichtigkeit meditieren willst, solltest du immer mit leerem Magen meditieren. Leer bedeutet nicht völlig leer. Wenn du von Hunger gequält wirst, solltest du etwas ganz Leichtes zu dir nehmen, sonst wird deine Meditation durch den Hunger gestört. Du kannst ein Glas Saft oder Wasser trinken.

Nach dem Meditieren solltest du mindestens eine halbe Stunde lang nichts essen, denn so lange dauert es etwa, bis die spirituellen Kräfte assimiliert sind, die du während der Meditation erhalten hast.

Frage: Man sagt, dass die Yogis in Indien Soma essen und so gewisse Einsichten gewinnen.

Sri Chinmoy: Das Soma, das die Yogis verwenden, ist der Saft der Somapflanze. Nur die vedischen Seher hatten das Wissen, wie diese Pflanze anzuwenden war. Hier im Westen experimentierten die Menschen mit Pflanzen, doch diese haben nichts mit den Somapflanzen zu tun, welche die alten Seher verwendeten. Auch wissen sie nicht, wie die Seher die Somapflanze verwendet haben. Der Verarbeitungsprozess, den die westlichen Menschen anwenden, ist völlig falsch und die Erfahrungen, die sie machen, sind verfälscht. Diese Menschen ruinieren damit einige ihrer subtilen Nerven. Ich habe Schüler, die früher Opfer dieser Drogen waren. Jetzt, da sie das spirituelle Leben äußerst aufrichtig angenommen haben, können sie leicht zwischen wirklichen spirituellen Erfahrungen und den Erfahrungen, die sie vorher hatten, unterscheiden.

Teil VI — Umwandlung und Vervollkommnung des Körpers

Frage: Wie können wir unsere Sinne richtig gebrauchen?

Sri Chinmoy: Die wahre Erfüllung der Sinne wird nur von Gott kommen. Die Sinne sind zwar im Körper, doch der Körper ist nicht ihr Besitzer, der wirkliche Besitzer ist Gott. Wenn wir bewusst zum Besitzer gehen, wird Er uns sagen, wie wir Seine Besitztümer richtig verwenden können.

Die Sinne sind Gottes Instrumente. Gott hat uns mit diesen Instrumenten ausgerüstet, aber wir ziehen es vor, Gott nicht danach zu fragen, wie wir sie benutzen sollen. Statt Gott zu fragen, fragen wir den falschen Lehrer, die Unwissenheit. Noch bevor wir die Unwissenheit bitten, uns zu lehren, kommt sie zu uns und bietet uns ihre Weisheit an. Da wir ihr bis jetzt gerne zugehört haben, müssen wir nun die Konsequenzen tragen.

Wir könnten zum Beispiel unsere Augen dazu benutzen, die göttliche Schönheit der Menschheit und der übrigen Schöpfung Gottes zu sehen. Wir könnten überall das göttliche Licht sehen. Doch wozu benutzen wir unsere Augen? Wir benutzen sie, um die Welt entweder zu besitzen oder von uns zu weisen. Wenn wir etwas sehen, das uns gefällt, versuchen wir sofort, es zu besitzen und wenn wir etwas sehen, das uns missfällt, versuchen wir, es von uns zu weisen. Das gesamte Universum ist voller Licht, doch wir sehen es nicht. Hätten wir uns von Gott zeigen lassen, wie man die Augen, die Nase, die Ohren und die anderen Sinne richtig nutzt, hätte Er uns die richtigen Anweisungen gegeben.

Es ist nie zu spät dafür, Anweisungen von Gott zu bekommen. Besser spät als nie. Jeder Sucher kann bewusst und ergeben zu Gott beten und Ihn bitten, ihm von innen her zu zeigen, wie man die Sinne benutzt. Gott wird überglücklich und stolz sein, wenn Er uns lehren kann. Wir müssen Ihn aber nicht wegen jedem unserer Sinne einzeln fragen, wir müssen uns Ihm nur mit aufrichtigem inneren Streben nähern. Er wird dann in unserem inneren Streben sehen, was wir erstreben.

Frage: Kannst du etwas über die Beherrschung des Körpers sagen?

Sri Chinmoy: Selbstbeherrschung ist im spirituellen Leben äußerst wichtig, bedeutungsvoll und fruchtbar. Ohne Selbstbeherrschung kann es keine Verwirklichung geben. Selbstbeherrschung ist äußerst schwierig zu praktizieren. Wenn man sich selbst beherrschen will, muss man sich der Quelle hingeben. Diese Quelle ist das Licht, diese Quelle ist Gott.

Ein Kind will viele Dinge haben – viele nutzlose und schädliche Dinge. Doch die Mutter weiß, dass es dem Kind sehr schaden wird, wenn sie ihm all diese Dinge gibt und da Mutter und Kind eins sind, wird es ihr genauso schaden. Deshalb erfüllt die Mutter die unzähligen dunklen und destruktiven Wünsche des Kindes nicht. Analog dazu ist der Körper ein Kind. Wenn wir alle Wünsche und Verlangen unseres Körpers erfüllen, ruinieren wir auf lange Sicht unser Leben.

Warum hört der Körper nicht auf uns, wenn wir versuchen, ihn zu kontrollieren? Die Antwort ist sehr einfach: Unser Körper hört nicht auf uns, weil wir nicht auf unsere Seele hören. Der Körper wird dann auf uns hören, wenn wir auf unsere Seele hören.

Frage: Wie kann ich meine materiellen Wünsche unter Kontrolle bringen?

Sri Chinmoy: Zuerst müssen wir uns bewusst werden, ob uns diese materiellen Wünsche wirklich erfüllen oder nicht. Wir haben das Gefühl, wir seien glücklich, wenn unsere Wünsche erfüllt werden. Noch bevor wir begehren, stellen wir uns die Frucht der Wünsche vor, das heißt wir glauben, dass sie uns Zufriedenheit und Erfüllung schenken wird. Doch da wir begonnen haben, ein spirituelles Leben zu führen, werden wir durch unser inneres Wesen fühlen, dass uns unsere Wünsche weder zufrieden stellen noch erfüllen können. Sobald wir das erkannt haben, ist es für uns einfach, den Wünschen und Begehren keine Beachtung zu schenken und unser äußeres Leben anderen Dingen zuzuwenden.

Wenn wir in der gewöhnlichen Welt leben, betrachten wir die Erfüllung unserer Wünsche als Befriedigung. Deshalb hegen wir gewisse Hoffnung Glück zu finden, indem wir versuchen, unsere Wünsche zu erfüllen. Wenn wir jedoch das Leben der Wünsche vom spirituellen Standpunkt aus betrachten, sehen wir, dass es dort weder am Anfang noch am Ende Licht gibt und dass auch inmitten des Wunschlebens kein Licht ist. Das Licht der Wünsche ist von Anfang bis Ende Dunkelheit. Dunkelheit bedeutet das Fehlen göttlicher Zufriedenheit. Weder das Hege der Wünsche, noch ihre Erfüllung schenken uns Zufriedenheit.

Begehren und inneres Streben sind zwei Welten. Für jemand, der kein inneres Streben besitzt, sind die Wünsche das Wichtigste auf Erden, für einen Sucher ist inneres Streben das Wichtigste. Ein gewöhnlicher, nicht strebender Mensch besitzt nicht die Fähigkeit, über die Grenzen des Vergnügens hinauszugehen. Doch wer im Sumpf des Begehrens schwelgt, wird letztlich zur Einsicht gelangen, dass in diesem Sumpf Frustration liegt und in der Frustration Zerstörung. Man erkennt mit der Zeit, dass man im Rachen eines verschlingenden Tigers gefangen ist, solange man im Bereich des physischen und materiellen Begehrens lebt. Doch ein aufrichtiger Sucher beginnt seine Reise mit innerem Streben; die Mitte seiner Reise ist inneres Streben und das Ende seiner Reise ist ebenfalls inneres Streben. Im inneren Streben liegt schon von Beginn an göttliche Erfüllung. Sobald man anfängt innerlich zu streben, fühlt man wahre Erfüllung, denn inneres Streben hat die Fähigkeit, sich bewusst und seelenvoll mit den entferntesten Winkeln des Universums, mit dem tiefsten und innersten Wesen, sowie mit dem höchsten transzendentalen Selbst zu identifizieren.

Wenn wir die wirkliche Notwendigkeit des inneren Strebens verspüren, erkennen wir, dass kein Wunsch – weder ein physischer, vitaler oder mentaler Wunsch – an die Türe unseres Herzens klopfen kann. Statt dessen werden Frieden, Licht, Wonne und andere göttliche Eigenschaften dort verweilen.

Wie ihr wisst, geht die Sonne im Osten auf. Wenn wir früh am Morgen beim Meditieren die Sonne betrachten, richten wir unsere Konzentration und unsere Meditation nach Osten. Wenn wir der Sonne entgegenlaufen, können wir die anderen Richtungen nicht richtig erkennen. Doch wenn wir in Richtung Osten laufen und gleichzeitig unseren Blick nach Westen richten, werden wir an Geschwindigkeit verlieren und stolpern. Wenn wir erkennen, dass das Ziel in einer bestimmten Richtung liegt, müssen wir unsere Aufmerksamkeit in diese Richtung lenken und in diese Richtung laufen. Wir müssen stetig, das heißt jeden Augenblick, unserem Ziel entgegen laufen. Wenn unser Ziel Gott- Verwirklichung und Befreiung ist, sollten wir nicht rückwärts laufen oder umher schauen, sondern nur dem Licht entgegen laufen.

Wie kannst du deine physischen Begehren besiegen? Denke nicht an deine physischen Begierden, denke nur an inneres Streben. Stell dir vor, dass du ein Läufer bist und versuche ständig alles was dich stört und dir im Weg steht, zu überwinden und darüber hinaus zu gehen. Sei ein wahrer Läufer, so dass du die Unwissenheit, die Begrenzungen und die Unvollkommenheit im Rennen weit hinter dir lässt. Die tiefste Sehnsucht in deinem inneren Streben ist die einzige Antwort. Ich habe einen Aphorismus geschrieben, der wie folgt lautet:

Wenn ich denke, sinke ich.
Wenn ich wähle, verliere ich.
Wenn ich mich zutiefst sehne, fliege ich.

Wenn ich an die ganze Welt denke, an weltliche Probleme, sinke ich. Wenn ich wähle, verliere ich wirklich, denn es ist Gott, der alle Entscheidungen in und durch mich machen sollte. Wenn ich mich jedoch vom tiefsten Innersten meines Wesens her nach dem Göttlichen sehne, erhalte ich sofort in unendlichem Maße innere Stärke, innere Kraft, den inneren Drang und die innere Fähigkeit, im Firmament des Lichtes und der Wonne zu fliegen.

Frage: Was ist die höchste Art von Reinheit, nach der ich streben kann?

Sri Chinmoy: Die höchste Art der Reinheit ist die Reinheit im Physischen, das heißt im niederen Physischen, im emotionalen Vitalen. Die Gegend unterhalb des Nabels muss völlig gereinigt werden. Menschen besitzen eine gewisse Reinheit im Herzen. Im Verstand ist sehr wenig Reinheit vorhanden. Im Vitalen sind Reinheit und Unreinheit miteinander vermischt. Dort arbeiten Dynamik und Aggression zusammen. Wenn wir Aggression verspüren, so ist das immer Unreinheit. Wenn wir göttliche Dynamik spüren, dann ist es Reinheit. Unterhalb des Vitalen liegt das Physische. Infolge von Untätigkeit und Lethargie herrscht dort Dunkelheit. Wo Dunkelheit ist, wird Unreinheit unweigerlich ihre Rolle spielen.

Wir müssen nach Reinheit im groben Physischen streben. Wie können wir das tun? Durch unser ständiges Gebet und durch unser ständiges inneres Sehnen nach Licht. Licht und Dunkelheit können nicht zusammen bleiben. Unmöglich! Genau wie Furcht und Mut nicht zusammengehen können, können auch Reinheit und Unreinheit nicht zusammengehen.

Frage: Bleibt in deiner Weltanschauung der Körper immer ein Hindernis in der Kommunikation mit Gott? Kann er nie ein Teil unseres Selbst-Anerbietens an Gott sein?

Sri Chinmoy: Nein, der Körper muss nicht immer ein Hindernis auf dem Weg zur Gott-Verwirklichung darstellen. Der Körper ist zwar im Augenblick unbewusst, doch dies muss nicht immer so bleiben. Ein kleines Kind ist unbewusst, doch es wächst heran und entwickelt sich nach seiner Kind- und Jugendzeit zum Erwachsenen. Betrachten wir den Körper als ein unbewusstes Kind. Das Kind wächst durch die innere Nahrung, welche es von der Seele aufgrund unseres inneren Strebens erhält. Wenn ein Kind in die Schule geht, erhält es Wissen. Ebenso gewinnt es täglich an innerer Weisheit. Ganz ähnlich rufen wir das Licht in uns an, wenn wir beten, uns konzentrieren und meditieren. Dieses Licht versucht, unsere ganze äußere Existenz zu durchdringen.

Du hast völlig recht, wenn du sagst, der Körper sei ein Hindernis. Der Körper ist solange ein Hindernis, bis das Licht der Seele zum Vorschein kommt und die Verantwortung für den Körper übernimmt. Wenn du jedoch sagst, der Körper werde sich immer und ewig der Seele entgegen stellen, dann machst du einen Fehler. Wenn sich der Körper ständig gegen die Möglichkeiten der Seele stellen würde, dann könnte niemand Gott verwirklichen. Gott-Verwirklichung ist nur auf diesem Planeten, auf der Erde, möglich.

Es stimmt, dass sich der Körper zu Beginn gegen den Fortschritt der Seele stellt. Doch mit der Zeit kommt die Seele zum Vorschein und zwingt den Körper, ihr ergebenes Instrument zu werden. Diese Errungenschaft stellt sowohl den Sieg des Körpers als auch der Seele dar. Wenn die Seele den Körper bewusst fühlen lässt, was er tun soll und wenn der Körper gewillt ist, auf die Weisungen der Seele zu hören, dann können der Körper und die Seele gemeinsam laufen. Dann werden Verwirklichung, Enthüllung und Manifestation unvermeidlich. Wenn wir im spirituellen Leben fortgeschritten sind, wenn wir uns unserem Ziel nähern, erkennen wir, dass das physische Bewusstsein ganz ins psychische Bewusstsein eintaucht. Dann sehen wir den Körper in seiner transformierten Leuchtkraft. Seele und Körper werden Teil der einen Wahrheit und diese Wahrheit ist Gott, der Unendliche.

Um Klaviermusik erklingen zu lassen benötigt man ein Klavier und einen Pianisten. Wie kann der Pianist ohne Instrument spielen? Ebenso kann das Klavier ohne Spieler nicht erklingen. So braucht die Seele den Körper, um ihre höchste Mission zu erfüllen. Der Körper braucht die Seele, um seiner Existenz einen Sinn zu geben, um das Höchste zu verwirklichen.

Frage: Wie können wir den menschlichen Körper vergöttlichen?

Sri Chinmoy: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man den Körper vergöttlichen und umwandeln kann. Die eine Möglichkeit besteht darin, dass das Physische zusammen mit der Seele ständig strebt. Die andere Möglichkeit ereignet sich durch Evolution. Nachdem die Seele viele Male in die Seelenwelt gegangen und wieder auf die Erde zurückgekehrt ist, wird die Seele mit der Zeit ein Niveau erreichen, von dem sie hier auf der Erde in der Weise handeln kann, wie der Supreme es will. Dann wird sie in der Lage sein, den Körper von innen her umzuwandeln.

Editor’s introduction to the first edition

The human body, temple of the soul, instrument for the outer expression of man’s inner life: how much do we really know about this, our constant companion? Science is continually discovering more about the body’s potentialities, its limitations, its weaknesses, its strengths. The slow march of evolution is altering it perceptibly. Yet, as much as we study it, as much as we learn about it, as much as we alter or improve it, what we know about the body is practically nothing.

This book answers questions about the body from the spiritual point of view. Sri Chinmoy is a God-realised soul in constant touch with the highest Reality. He sees and knows the human body as God Himself sees and knows it. Sri Chinmoy explains the body as no scientist, physiologist or psychologist can begin to do. His inspiring revelations can guide our lives and illumine our minds on this most significant subject from every point of view.

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