Der Reinheits-Fluss gewinnt

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Teil I — Was ist Reinheit?

Frage: Was ist Reinheit?

Sri Chinmoy: Reinheit ist etwas, das uns fühlen lässt, dass Gott nie von unserer wahren Existenz getrennt werden kann. Ein Mensch voller Unreinheit kann Gott nie mit höchster Aufrichtigkeit sein eigen nennen. Wenn er dies tut, hält er sich nur selbst um Narren. Nur wenn jemand von Reinheit erfüllt ist, kann er Gott wahrhaftig und mit innerer Überzeugung sein eigen nennen.

Wir müssen in unserer ganzen Existenz Reinheit haben. Wenn wir keine Reinheit haben, können wir uns nicht ausdehnen. Reinheit allein kann neunundneunzig Prozent aller Probleme unseres Daseins lösen.

Wir haben das Gefühl, Reinheit sei etwas sehr Zerbrechliches und Feminines, das wir zerdrücken könnten. Doch Reinheit ist weder zerbrechlich noch feminin. Sie ist etwas Solides, Dynamisches und Kraftvolles. Wenn wir uns der dynamischen Eigenschaft der Reinheit bewusst sind, können wir wirklich in jedem Augenblick unseres Erdendaseins ein neues Leben erschaffen.

Es kann in unserem inneren Strebsamkeits-Leben nichts Wichtigeres geben als Reinheit. Diese Reinheit muss von der Seele kommen und permanent in unserem Herzen leben. Vom Herzen muss sie anschließend in den Verstand eintreten und dort dauerhaft verweilen. Vom Verstand muss die Reinheit in das Vitale dringen. Dort ist das Bedürfnis nach Reinheit unentbehrlich. Solange das Vitale nicht rein ist, gibt es keine göttlichen Eigenschaften, die dauerhaft in uns wirken können. Wenn wir Frieden, Licht und Seligkeit für immer in unserem Bewusstsein haben wollen, dann ist Reinheit etwas absolut essentielles.

Frage: Kannst du uns einige Unreinheiten nennen? Beeinflussen sie uns äußerlich ebenso wie innerlich?

Sri Chinmoy: Zweifel, Unaufrichtigkeit, Angst, Sorge, Eifersucht, Verhaftung und alle anderen Unvollkommenheiten oder Begrenzungen sind Unreinheiten. Doch die schlimmste Unreinheit ist der Zweifel oder eine negative Denkweise. Wenn du denkst: „Ich schaffe es nicht das Richtige zu tun. Ich kann nicht an Gott denken. Ich kann nicht auf Gott meditieren. Ich kann nicht die Wahrheit sagen“, dann hegst und pflegst du die schlimmste Unreinheit. Du musst das Licht immer auf eine positive Art sehen. Gegenwärtig kann ich sagen, ich brauche Licht. Ich habe Licht in unendlich kleinem Maße, doch wenn ich sage: „Ich habe überhaupt kein Licht! In mir herrscht nur Dunkelheit“, dann zweifle ich an mir und mache mich selbst zunichte. Wenn ich das sage, drücke ich auch falsche Bescheidenheit aus. Falsche Bescheidenheit ist schlecht. In deinem Herzen bisst du dir bewusst, dass du wesentlich besser bist als du sagst, doch indem du dich bescheiden gibst, versucht du die Zustimmung anderer zu gewinnen. Unaufrichtigkeit wird uns in keiner Art und Weise jemals der Gott-Verwirklichung näher bringen.

Jeden Tag denken und handeln wir. Eine Handlung kann nie von unserem inneren Verstehen getrennt werden. Wenn wir etwas in uns haben, bringen wir es unweigerlich auf irgendeine Weise äußerlich zum Ausdruck. Wenn ich Unaufrichtigkeit in mir habe, werde ich es nach außen zeigen; ich werde im Hause der Unaufrichtigkeit Schutz suchen. Wenn ich hingegen Aufrichtigkeit in mir habe, werde ich im Hause der Aufrichtigkeit Schutz suchen. Unreinheit schließt Unaufrichtigkeit, Zweifel und alle anderen negativen Denkarten ein und beeinflusst unweigerlich unser äußeres Benehmen und unseren inneren Fortschritt.

Frage: Welches ist die höchste Art der Reinheit, nach der ich streben kann?

Sri Chinmoy: Reinheit im Physischen. Das niedere Physische und das emotionale Vitale unterhalb des Nabels müssen vollständig gereinigt werden. Die Menschen besitzen bis zu einem gewissen Ausmaß Reinheit im Herzen. Im Verstand ist sehr wenig Reinheit, und im Vitalen ist die Reinheit völlig mit der Unreinheit vermischt. Dort spielen Dynamik und Aggression zusammen, doch Aggression ist Unreinheit und Dynamik ist Reinheit. Nach dem Vitalen kommt das Physische. Dort herrscht infolge von Lethargie und Trägheit nur Dunkelheit. Und wo Dunkelheit ist, kannst du sicher sein, dass die Unreinheit der Herr ist.

Du musst nach Reinheit im groben Physischen streben. Wie? Durch ständiges erhebendes Gebet und durch ständiges inneres Sehnen nach Licht. Licht und Dunkelheit können nicht zusammen bleiben; dies ist unmöglich. Auch Reinheit und Unreinheit können nicht zusammen bleiben. Wenn du für Reinheit betest, musst du fühlen, dass du in Wirklichkeit Licht brauchst. Doch du darfst das Wort Reinheit nicht einfach wie ein Papagei wiederholen. Du solltest auf das transzendentale Licht meditieren. Wenn Licht in dein emotionales Vitales und in deinen physischen Körper hinabsteigt, wird das Licht automatisch und spontan die bewussten, überbewussten und unbewussten oder niederen Welten in dir reinigen.

Bete bitte für und meditiere auf das innere Licht, das höhere Licht, damit Licht in dich einfließen und dich erleuchten kann. Zuerst wird es dein Bewusstsein, das jetzt noch unbewusst die physische Wahrheit, die Welt der Versuchung, der Frustration und der Zerstörung ausdrückt, reinigen, und dann wird es dein Bewusstsein erleuchten. Du solltest immer versuchen, Licht in deinen unstrebsamen Körper herab zu rufen. Das Herz ist strebsam; im Augenblick brauchst du dich nicht darum zu kümmern. Doch das Physische in dir benötigt eine radikale Umwandlung, und dafür brauchst du physische Reinheit. Reinheit im Physischen erreicht man nur, indem man von oben Licht in das physische und niedere vitale Bewusstsein unterhalb des Nabelzentrums herab bringt.

Frage: Ist es möglich, unabsichtlich in den Schwingungsbereich eines unreinen Menschen zu kommen?

Sri Chinmoy: Ja, das ist gut möglich. Selbst wenn man völlig rein ist, kann man der Unreinheit der anderen zum Opfer fallen. Was in Wirklichkeit geschieht ist, dass der betreffende reine Mensch nicht genügend innere Kraft besitzt, um zu verhindern, dass die Unreinheit der anderen Person in seinen Körper dringt. Darum sagen spirituelle Meister den Suchern häufig, sie sollten nicht mit der äußeren Welt verkehren und sich nicht unter Leute mischen, die nicht rein sind. Die Strebenden selbst mögen völlig rein sein, doch wenn sie gleichzeitig nicht auch sehr stark sind, sind sie hilflos. Ihre Reinheit kann wie eine Rose in Stücke zerrissen werden. Die Rose sieht schön aus, denn sie verkörpert Reinheit. Doch wenn jemand will, kann er die Rose leicht in Stücke zerreißen.

In unserem täglichen Leben begegnen wir oft Leuten und Orten, die sehr unrein sind. Ein spiritueller Mensch, der auf der Straße geht, mag an einem bestimmten Ort gewaltige Unreinheit spüren, wo ein gewöhnlicher Mensch überhaupt nichts bemerkt. Für gewöhnliche Menschen sind alle Orte mehr oder weniger gleich. Doch ein spiritueller Mensch weiß, dass Reinheit und Unreinheit von Ort zu Ort und auch von Person zu Person sehr stark variieren. Was du sagst, ist also völlig richtig. Man kann leicht von der Unreinheit anderer angegriffen werden. Verhindern können wir es nur, indem wir uns mit der Kraft unserer Seele aufladen. Die Kraft der Seele ist immer auf der Hut und kann uns leicht zu Hilfe kommen.

Teil II — Reinheit in den verschiedenen Teilen unseres Wesens

Frage: Auf welchen Teil unseres Wesens sollten wir für Reinheit meditieren?

Sri Chinmoy: Es gibt keine feste Regel, wo wir auf Reinheit meditieren sollten. Einige von uns sollten auf Reinheit im Verstand meditieren, einige sollten auf das Vitale oder den Körper meditieren, andere sollten auf ihr ganzes Wesen meditieren. Auf unser ganzes Wesen meditieren heißt, dass wir innerhalb einer halbstündigen Meditation versuchen fünf Minuten auf unser Herz zu meditieren. Auf diese Weise breitet sich Reinheit in unserem ganzen Wesen aus.

Wir müssen Reinheit durch inneres Streben und durch Meditation auf unser Physisches, unser Vitales und unseren Verstand anrufen. Danach bleiben noch das Herz und die Seele. Die Seele ist immer rein; das Herz kann manchmal unrein sein, wenn die Unreinheit des Vitalen es eingefangen hat. Doch das Herz besitzt unbegrenzte Reinheit, wenn es freien Zugang zur
Reinheit der Seele hat. Das Licht der Seele muss so oft wie möglich in das Herz gebracht werden.

Nachdem wir Reinheit ins Physische gebracht haben, müssen wir fühlen, dass diese Reinheit verankert werden muss. Es gelingt uns vielleicht, in unserem Verstand, Vitalen und Physischen einen Monat lang völlig rein zu sein, doch wenn diese Reinheit nicht fest verankert ist, wird sie nach einiger Zeit vollständig verloren gehen. Wir müssen etwas Immerwährendes erlangen. Zuerst erhalten wir einen vorübergehenden Vorgeschmack der Reinheit. Wenn wir fünf Minuten lang Reinheit haben, wissen wir, dass Reinheit existiert. Wenn diese Reinheit dann nach einigen Tagen oder Stunden verfließt, fühlen wir eine öde Wüste in uns. Wenn wir andauernde Reinheit wollen, müssen wir mit ganzem Herzen in das Leben des inneren Strebens eintreten. Wenn wir etwas Dauerhaftes wollen, müssen wir auf die Seele meditieren, nicht, um die Seele zu reinigen, sondern um das Licht der Seele in allen Teilen unseres Wesens zu verbreiten. Wenn wir auf die Seele meditieren, müssen wir zum inneren Führer oder zu unserer Seele beten, uns bleibende Reinheit im Herzen zu schenken. Wir bringen die Reinheit der Seele in unser Herz, und von dort fließt sie in dem Verstand. Danach tritt sie in das Vitale und dann in den Körper ein. Wir beginnen mit einem vorübergehenden Gefühl der Reinheit. Wenn wir einmal ein wenig Reinheit erhalten, sind wir inspiriert und voller Energie. Wir sehen, dass wir etwas Echtes haben, auch wenn es nicht beständig ist. Sogar vorübergehende Reinheit wird uns Freude schenken. Danach werden wir versuchen, mehr Freude zu erhalten, indem wir etwas Bleibendes erreichen. Wenn wir unsere Lektion mit etwas Einfachem beginnen, erhalten wir Inspiration und machen Fortschritt, Schritt für Schritt. Wenn uns jedoch jemand die Lektionen eines Hochschulstudenten erteilt, während wir uns noch im Kindergarten befinden, werden wir natürlich Angst bekommen und völlig entmutigt sein und uns verloren vorkommen. Zuerst müssen wir versuchen, an einfachen Problemen zu arbeiten, und dann die errungenen Fähigkeiten dazu verwenden, um an schwierigeren Problemen zu arbeiten. Wenn wir die einfachen Probleme lösen, werden wir Freude erhalten. Unsere Freude bereitet uns auf die schwierigen Probleme vor.

Frage: Wie wichtig ist die Sauberkeit des Körpers?

Sri Chinmoy: Körperliche Reinheit ist von größter Wichtigkeit. Es gibt spirituelle Menschen, die die Sauberkeit vernachlässigen. Sie nehmen sie nicht wichtig. Doch wir sorgen für das Physische, denn wir fühlen, dass die Seele im Körper lebt und die Erfüllung der Göttlichen Mission nur durch unseren Köper auf der Erde stattfinden kann. Darum müssen wir den Körper rein halten. Die göttliche Kraft kann nur dann fortwährend in uns sein, wenn wir die Reinheit in allen Teilen unseres Wesens verankert haben.

Frage: Wie kann ich mich von meinen physischen Begierden trennen?

Sri Chinmoy: Da du das spirituelle Leben angenommen hast, musst du dich zuerst fragen, ob dich Begierden befriedigen und erfüllen oder nicht. In deinem inneren Wesen wirst du fühlen, dass sie dich weder befriedigen noch erfüllen. Bevor du etwas begehrst, hast du den Gegenstand oder die Frucht deiner Begierde vor Augen und du glaubst, du würdest glücklich sein, wenn du den Gegenstand erhältst. Leider erhältst du letztlich nur Frustration. Wenn du dieses Resultat spüren kannst, bevor du begehrst, dann kannst du dein Leben leicht von der Begierde abwenden.

In der gewöhnlichen Welt stellst du dir die Erfüllung der Begierden als Befriedigung vor. Darum erhältst du ein gewisses Glücksgefühl, wenn du versuchst, deine Begierden zu erfüllen. Doch wenn du mit deinem Verstand in die physische oder niedere vitale Begierde trittst, bist du gefangen. Du trittst in den offenen Rachen eines verschlingenden Tigers. Wenn du dich auf die Begierde konzentrierst, kannst du in dir fühlen, dass es dort am Anfang kein Licht gibt, dass es am Ende kein Licht gibt und dass es auch in der Mitte kein Licht gibt. Von Anfang bis Ende ist alles nur Dunkelheit, und Dunkelheit bedeutet das Fehlen göttlicher Erfüllung. Inneres Streben ist für den Sucher das Wichtigste hier auf Erden. Doch für einen nicht strebenden Menschen ist die Begierde das Begehrenswerteste auf Erden. Du musst fühlen, dass du inneres Streben willst und nicht Begierde. Ein gewöhnlicher, unstrebsamer oder selbst ein moralisch eingestellter Mensch wird Begierde brauchen, da er noch nicht die Fähigkeit hat, über die Begrenzungen des Vergnügens hinauszugehen. Doch wer sich im Sumpf der Begierde wälzt, wird früher oder später fühlen, dass in der Begierde bereits Frustration enthalten ist und in dieser Frustration Zerstörung liegt. Für den aufrichtigen Sucher leuchtet im inneren Streben göttliche Befriedigung auf. Sobald man zu streben beginnt, wird man wahre Befriedigung fühlen. Diese wahre Befriedigung kommt, weil das innere Streben die Fähigkeit hat, sich bewusst seelenvoll mit den entferntesten Winkeln des Erdballs, mit dem tiefsten und innersten Wesen und mit dem höchsten Transzendentalen Selbst zu identifizieren. Wenn du ein wahres Bedürfnis nach innerem Streben verspürst, wirst du sehen, dass die physischen, vitalen und mentalen Begierden aufhören werden, an die Türe deines Herzens zu klopfen.

Du solltest jeden Augenblick deinem Ziel entgegen streben. Wenn du dich früh am Morgen auf die aufsteigende Sonne konzentrieren und auf sie meditieren willst, musst du nach Osten schauen und nicht in einen andere Richtung. Wenn du nach Westen schaust und nach Osten läufst, wist du stolpern. Wenn du dir deines Ziels, der Gott-Verwirklichung, gewiss sein besiegen, indem du dem Licht entgegen läufst. Denke nicht an deine körperlichen Begierden, sondern an dein inneres Streben. Es stehen dir jeden Tag vierundzwanzig Stunden zur Verfügung. Wenn du eine halbe, eine oder zwei Stunden lang an physische Begierden denkst, dann bereite dich darauf vor, wenigstens dreimal soviel Zeit in bewusster Strebsamkeit zu verbringen. Sonst wirst du nicht viel Fortschritt machen können. Sei ein innerer Läufer und versuche stets, alle Hindernisse zu überwinden, die dir im Wege stehen. Wenn du mit zielbewusster Entschlossenheit vorwärts läufst, werden die Begrenzungen und Begierden in deinem Leben verblassen. Inneres Streben ist die einige Antwort. Entwickle das innere Sehnen. Nach Äußerem sehnst du dich, nach Innerem kannst du dich ebenfalls sehnen. Wenn du ein aufrichtiges inneres Sehnen hast, kannst du spirituell fliegen.

Wenn ich denke, sinke ich
Wenn ich wähle, verliere ich.
Wenn ich sehnsuchtsvoll rufe, fliege ich.

Frage: Du sagtest, dass wir göttliche Gedanken und nicht ungöttliche Gedanken in unserem Verstand hegen sollten. Woran erkennen wir, welche Gedanken göttlich sind?

Sri Chinmoy: Wenn wir göttliche Gedanken hegen, erweitert sich unser Bewusstsein sofort; wir dehnen unser Bewusstsein aus. Wenn wir ungöttliche Gedanken haben, binden wir uns. Wenn wir ‚ich’, ‚mir’ und ‚mein’ sagen, binden wir uns. Dies sind menschliche oder ungöttliche Gedanken. Doch wenn wir göttliche Gedanken haben, sagen wir unmittelbar ‚wir’. Wenn wir uns dann fragen: „Woher kommt dieses Gefühl des Einsseins mit der Menschheit?“, werden wir erkennen, dass es von unserer Quelle kommt, die unendliches Licht oder Gott ist.

Versuche bitte bei jedem Gedanken, den du erhältst, bei jeder Idee, die dir in den Sinn kommt, festzustellen, ob der Gedanke dein Bewusstsein ausdehnt, oder ob er dich bindet. Versuche bitte in jedes Gefühl, in jeden Gedanken einzutreten und zu sehen, ob er dich veranlasst, etwas oder jemanden zu besitzen. Wenn er das tut, dann betrachte ihn als ungöttlichen Gedanken. Wenn wir versuchen jemanden zu besitzen, entdecken wir plötzlich, dass wir bereits besessen werden. Wenn es aber ein erhabener Gedanke ist, werden wir nicht versuchen, jemanden zu besitzen; wir werden versuchen, alle zu erleuchten und zu befreien, denn das Göttliche ist grenzenlos und unendlich.

Frage: Obwohl ich ein Mensch bin und kein Tier, erscheint es mir

manchmal fast unmöglich, mein vitales Leben so zu reinigen, wie ich es nach deiner Ansicht tun sollte.

Sri Chinmoy: Wir beobachten, dass Tiere voller Leidenschaft und Begierde sind, und möchten uns nicht wie Tiere be-nehmen. Obwohl wir immer noch halbe Tiere sind, fühlen wir uns den Tieren überlegen. Doch wenn wir tief in uns gehen, sehen wir Eifersucht, Zweifel, Lethargie und Sorgen in uns. Spirituelle Menschen sehen daher nicht auf die Tiere oder anderen Menschen herab. Sie sagen sich: „Vor zehn oder fünfzehn Jahren oder in einer vergangenen Inkarnation war ich ebenfalls dunkel oder unerleuchtet; ich hatte ebenfalls alle möglichen Begierden und Leidenschaften.“

Ein spiritueller Meister sieht seine eigenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er ist sich bewusst, dass auch er einmal die gleichen Schwierigkeiten hatte, die seine Schüler jetzt haben. Der Meister ist sich seiner Schwächen bewusst, die er zwei oder vier Inkarnationen zuvor hatte. Er weiß, dass es für seine Schüler sehr schwierig ist, Begierden zu überwinden, und er zeigt ihnen aufgrund seiner Identifikation mit ihnen sein Mitgefühl. Doch sein Mitgefühl wird nicht unbestimmte Zeit warten. Sein Mitgefühl will dynamisch handeln. Er wird seinen Schülern sagen: „Schaut, hier ist der Weg. Vor Hunderten vor Jahren begann ich nach Höherem zu streben, und nun habe ich das Ziel erreicht. Jetzt beginnt auch ihr zu streben. Auch ihr werdet das Ziel erreichen.“

Ein Meister wird von seinen Schüler nie etwas verlangen, was sie nicht können. Wenn er einem Schüler sagt: „Du musst deine Sinnesvergnügen kontrollieren, du musst dein Sinnesleben beenden“, weiß er, dass dieser Schüler trotzt seiner schlimmsten Neigungen die Fähigkeit hat, dazu in der Lage ist. Er weiß, dass dieser Schüler wirklich bereit ist, mit ganzem Herzen in das wahre spirituelle Leben einzutreten, und die Unendlichkeit, Ewigkeit und Unsterblichkeit zu erreichen.

Frage: Ich fühle, dass ich Reinheit im Verstand brauche. Deshalb habe ich begonnen am Morgen Japa zu machen. Doch nach einigen hundert Malen ist es für mich eine reine Qual.

Sri Chinmoy: In Indien hatte ich Malaria. Dies ist eine sehr schmerzhafte Krankheit. Wenn du Malaria hast, gibt es keinen einzigen Teil in deinem Körper, wo du nicht unerträgliche Schmerzen verspürst. Die Medizin die dagegen hilft ist Chinin, das schrecklich bitter schmeckt. Ich litt sehr stark unter den Schmerzen dieser Krankheit, und die Medizin selbst war ebenfalls unerträglich schmerzhaft. Doch die Medizin heilte mich, und das Fieber ging weg. Wenn du keine Reinheit im Verstand hast, wirst du dich sehr schlecht fühlen. Japa ist ein Gegengift. Wenn ein Dorn in dir steckt, brauchst du einen zweiten, um ihn herauszuziehen. Wenn dieser zweite Dorn den Dorn in dir berührt, verursacht er große Schmerzen, obwohl er sein bestes versucht, dich zu heilen. Doch wenn es ihm schließlich gelingt, wirst du voller Freude sein. Wenn du also das Gefühl hast, Japa sei schmerzvoll, musst du dich daran erinnern, dass dieser Schmerz nur einige Minuten dauern wird, während der Schmerz deiner mentalen Unreinheit Jahre dauern wird. Die Medizin ist nicht immer süß, doch wenn du die Medizin nicht nimmst, wird die Krankheit nicht geheilt.

Frage: Was ist das psychische Wesen, und was ist seine Rolle in unserem spirituellen Leben?

Sri Chinmoy: Alles hat eine Seele. Diese Wand hat eine Seele, dieser Tisch, alles. Überall kannst du die Anwesenheit der Seele sehen. Doch das psychische Wesen existiert nur in den Menschen. Du kannst kein psychisches Wesen in einem materiellen Gegenstand oder in einem Tier sehen.

Das psychische Wesen ist das unsterbliche Kind in uns. Es ist der Vertreter unserer Seele. Das psychische Wesen hat die unbegrenzte Fähigkeit, uns ins Höchste, ins Reinste, ins Ewige zu führen. Das psychische Wesen ist in unserem Herzen. Es ist pure Reinheit, pures Licht und pures Entzücken. Zuerst erhalten wir einen flüchtigen Blick dieses psychischen Wesens, dann treten wir nach und nach in sein Reich ein. Schließlich spielen wir mit dem psychischen Wesen und sprechen mit ihm. Alles, was wir mit Erdenkindern tun können, können wir auch mit dem psychischen Wesen tun. Wenn wir unser Einssein mit unserem psychischen Wesen fühlen, werden wir nicht nur fühlen, dass wir wahre Kinder Gottes sind, sondern auch, dass wir alle eines Tages Gott verwirklichen und zu Gott werden. All dies stammt vom psychischen Wesen.

Frage: Was sind die vorherrschenden Eigenschaften unseres Körpers, unseres Vitalen und unseres Verstandes?

Sri Chinmoy: Das unerleuchtete Physische liebt es, träge zu bleiben. Untätigkeit ist die eigentliche Natur des Physischen. Das unerleuchtete Vitale ist aggressiv. Es brüstet sich gerne mit seiner Macht. Und der unerleuchtete Verstand zweifelt und verdächtigt alles und jeden.

Wenn wir das spirituelle Leben annehmen, muss der Körper aktiv sein. Auch wenn er zuerst in die falsche Richtung rennt, sollte er doch Bewegung haben. Der Körper soll voller Energie, jedoch nicht ruhelos sein. Sonst wird das Körperbewusstsein schlafen, obwohl der physische Körper nicht vierundzwanzig Stunden am Tag schläft. Ein strebender Körper ist ein aktiver und energischer Körper. Wenn wir nicht streben, schlafen wir. Das Vitale muss dynamisch statt aggressiv werden. Es sollte versuchen, andere anzuspornen und zu inspirieren, statt zu versuchen, sie zu kontrollieren und zu zerstören. Es sollte anderen sagen: „Verschwendet eure kostbare Zeit nicht. Steht auf und tut etwas Gutes für euch selbst oder für die Menschheit.“

Der klare, reine, göttliche Verstand, der vom Licht der Seele erleuchtet ist, wird weit werden. Er wird sagen: „Mich kann nichts binden; ich will niemanden verdächtigen; ich will niemanden verächtlich machen. Im Gegenteil, ich werde mein eigenes Bewusstsein erweitern und anderen helfen, ihr Bewusstsein zu erweitern.“

Wenn wir das spirituelle Leben ausüben, erhalten wir einen aktiven Körper, ein dynamisches Vitales und einen erleuchteten Verstand dieser Art. Wenn wir das spirituelle Leben annehmen, müssen wir uns mit einem Körper zufrieden geben, der fest schläft, mit einem Vitalen, das aggressiv und zerstörerisch ist und mit einem Verstand, der beschränkt ist und sich selbst bezweifeln, kritisieren und verdächtigen will.

Frage: Wie können wir Reinheit erlangen?

Sri Chinmoy: Es gibt verschiedene Wege, Reinheit zu erlangen. Als erstes müssen wir beginnen systematisch zu atmen. Wenn wir einatmen, müssen wir fühlen, dass wir nichts als Reinheit einatmen. Es ist nicht unsere mentale Einbildung; es ist das wirkliche Gefühl, dass die Luft, die wir einatmen, nichts anderes als Reinheit ist. Wenn Reinheit eintritt, ist sie wie ein Strom, der von der Fußsohle bis zum Scheitel unseres Kopfes fließt. Alles in uns wird von diesem Strom gereinigt. Wenn wir mit dieser Reinigung fortfahren möchten, können wir Reinheit nicht nur in unseren Nervenzentren, sondern auch in der ganzen restlichen physischen Existenz verankern. Wenn wir den Namen des Supreme heute fünfhundert Mal wiederholen und die Zahl jeden Tag um einhundert Wiederholungen steigern, bis wir zwölfhundert erreichen, und dann von zwölfhundert die Zahl jeden Tag um einhundert verringern, bis wir auf fünfhundert zurückkommen, werden wir feststellen, dass nicht nur unsere subtilen Nerven und unsere inneren Organe, sondern auch unser ganzer äußerer Körper gereinigt ist. Unsere ganze Existenz wird von Reinheit durchflutet sein. Es ist nicht notwendig, das Wort ‚Supreme’ zu gebrauchen. Einige Sucher, die diese Methode
angewendet haben, haben wundervolle Resultate erzielt, indem sie das Wort ‚Gott’ oder ‚Christus’ benutzten.

Innere Reinheit hängt zu einem gewissen Grade auch von äußerer Sauberkeit ab. Wenn wir in uns etwas Göttliches haben, sollten wir versuchen, uns im äußeren Leben dieselbe göttliche Eigenschaft anzueignen. Manchmal sehen wir Menschen, die nach außen sehr grob und unsauber sind, die jedoch eine vornehme, hohe Seele haben oder sogar gottverwirklicht sind. Doch für einen aufrichtigen spirituellen Sucher sollte das Innere und das Äußere dasselbe sein. Die äußere Schönheit sollte in die innere Schönheit eintreten und die innere Schönheit sollte in die äußere Schönheit eintreten. Wir sollten versuchen, sauber zu sein. Sauberkeit ist äußere Reinheit. Wir sollten täglich duschen oder baden und dabei bewusst fühlen, dass wir nicht nur Sauberkeit erhalten, sondern dass eine wirkliche Reinigung des äußeren Körpers stattfindet.

Es ist ganz einfach, das Physische äußerlich zu reinigen. Doch das Vitale und der Verstand müssen ebenfalls gereinigt werden. Der Verstand kann nur gereinigt werden, wenn wir ausschließlich Gedanken hegen, die sich ausdehnen. Ein Gedanke, der uns bindet, kann nie rein sein. Wenn sich ein Gedanke von einer Einzelperson zur Menschheit und zum gesamten Universum ausdehnet, macht er uns unmittelbar reiner. Je mehr wir uns ausdehnen können, desto leichter fällt es uns, Reinheit zu erlangen. Wenn Reinheit unterdrückt ist, verliert sie ihre Existenz; doch wenn Reinheit ausgedehnt wird, vergrößerst sie ihre Macht. Um vitale und mentale Reinheit zu erhalten, sollten wir unsere inneren Gefühle, inneren Gedanke und inneren Ideen prüfen. Sobald ein Gedanke in unseren Verstand dringt, müssen wir schauen, ob es ein reiner Gedanke ist oder nicht. Ein unreiner Gedanke bindet uns nur, doch seine Fähigkeiten sind sehr beschränkt. Obwohl er zerstörend ist, ist seine Zerstörungskraft begrenzt. Ein reiner Gedanke ist ein Gedanke, der sich selbst und unser Bewusstsein ausdehnt. Er hat unbegrenzte Macht.

Es gibt noch eine weitere Methode, wie wir unsere spirituellen Nerven reinigen können, nämlich durch Erleuchtung und Umwandlung. Wie können wir diese subtilen Nerven erleuchten? Durch inneres Streben. Inneres Streben ist wie eine aufsteigende Flamme, die zum Höchsten empor klettert. Während sie emporsteigt erleuchtet sie unsere Dunkelheit, Unreinheit und all das, was umgewandelt werden muss. Mit der aufsteigenden Flamme des inneren Strebens, die tief in uns ist, können wir unsere gesamte innere und äußere Existenz reinigen. Inneres Streben ist die machtvollste, direkteste und wirkungsvollste Methode, unsere Dunkelheit zu erleuchten und uns Reinheit zu schenken. Um inneres Streben zu erhalten, müssen wir uns konzentrieren und meditieren. Wenn wir uns konzentrieren und meditieren, wird das Streben in unserem Inneren dynamisch wachsen. Um Reinheit zu erlangen, treten wir in die Welt des inneren Strebens ein. Und inneres Streben ist es, das uns zum Höchsten, zum Tiefsten, zum Entferntesten bringen kann. Inneres Streben kann in uns jede Sekunde Wunder vollbringen.

Teil III — Reinheit im Vitalen

Frage: Was ist das Vitale?

Sri Chinmoy: Die Nabelgegend ist die Region des Vitalen, und unterhalb des Nabels ist die Region des niederen Vitalen, wo sich die Sexual-Kräfte befinden.

Frage: Ist es also immer das Vitale, wenn wir etwas in den niederen Regionen fühlen?

Sri Chinmoy: Manchmal ist es schwierig, zwischen dem Herzen und dem Vitalen zu unterscheiden. Manchmal kommen die niederen vitalen Bewegungen zum Vorschein und treten in das Herz ein. Manchmal tritt die süßeste Freude und das süßeste Licht des Herzens in das Vitale, um es umzuwandeln. Bevor es umgewandelt ist, ist das Vitale völlig unrein. Doch sobald es von Reinheit durchflutet ist, ist es reine, göttliche, dynamische Energie.

Frage: Was ist ein vitales Verlangen?

Sri Chinmoy: Normalerweise kommt ein vitales Verlagen von einer sehr niederen Bewusstseinsebene. Diese Ebene ist unerleuchtet, unrein, furchterregend und drohend. Sie führt uns in Versuchung, ein völlig ungöttliches und korruptes Leben zu führen. Wer ein solches Leben führt, sollte fühlen, dass seine Stunde noch nicht geschlagen hat. Dazu kommt, dass ein vitales Verlangen immer zerstörerisch wirkt. Es verkörpert kein Licht und kümmert sich gleichzeitig nicht um Licht.

Frage: Ich finde es schwierig, die Sinne zu kontrollieren. Ist dies ein innerer oder äußerer Konflikt?

Sri Chinmoy: Es ist ein innerer Konflikt, doch wir können die Sinne kontrollieren. Wir werden die Sinne nie dauerhaft beherrschen können, indem wir sie unterdrücken. Unterdrückung erlaubt uns, die Sinne vorübergehend zu kontrollieren, doch letztlich müssen wir die Sinne transzendieren.

Transzendieren ist ein sehr großes Wort. Wie können wir die Begierden oder das Leben der Sinne transzendieren? Durch unserer inneres Streben. Wir müssen den Sinn dieser beiden Wörter kennen. Wenn wir in uns Strebsamkeit fühlen, die hoch, höher und höher geht, wird sie uns mit hinaufziehen. Dann werden die Sinne automatisch gereinigt und unter Kontrolle gebracht; die Sinne oder Emotionen werden transzendiert. Was geschieht jedoch, wenn wir in ständiger Begierde leben? Die hungrigen Sinne kommen zum Vorschein, um gefüttert zu werden. Wir haben Millionen von gewöhnlichen, dummen Wünschen, die wir zu erfüllen versuchen. Wenn die Sinne Nahrung erhalten, werden sie kräftiger, und wir werden von ihnen gefangen gehalten. Auf diese Weise können wir sie nie transzendieren. Wie können wir die Sinne beherrschen, wenn wir sie ständig nähren?

Was tun wir auf der anderen Seite durch bloße Unterdrückung? Wir schlagen den negativen Weg ein. Wir versuchen die Sinne mit Gewalt zu besiegen. Doch indem wir Gewalt anwenden, können wir weder in unserem eigenen Leben noch im Leben anderer jemals Freude haben. Indem wir unsere vitalen Begierden prügeln und schlagen, können wir nie echte Freude erhalten. Nur wenn wir sie mit Erleuchtung überfluten, können wir echte Freude erhalten. Die Sinne können nur unter Kontrolle gebracht werden, wenn sie umgewandelt werden, und es gibt nur einen Weg, sie umzuwandeln: Ständiges, aufrichtiges inneres Streben. Dies ist der einzige Weg.

Frage: Wenn ich eine schöne Frau sehe, dringen immer sexuelle Gedanken in meinen Verstand. Ich versuche sie zu zerstören, doch sie bleiben beharrlich in mir.

Sri Chinmoy: Man kann dieses Problem auf zwei Arten lösen. Sobald du eine schöne Frau siehst, versuche ihren ganzen Körper mit deinem Willen in den Himmel zu heben. Schau sie an, konzentriere dich und hebe sie in die Luft empor, so dass sie wie ein Spielzeugdrachen schwebt. Die andere Art, die einfachere Art ist, nur auf die Füße der betreffenden Frau zu schauen. Indische Sadhus sagen, man solle nur auf die Füße schauen, nicht in die Augen, nicht ins Gesicht. Schau auf die Füße, wenn du von der Versuchung unmittelbar erlöst werden willst. Schau auf die Füße und versuche dann mit deinem ganzen Bewusstsein tief nach innen zu gehen. Dies dauert nur eine Sekunde. Hebe entweder diese Frau empor oder schau auf ihre Füße. Dann werden niedere vitale Gedanken unmittelbar kontrolliert. Viele haben es so gemacht und waren sehr erfolgreich. Ein großer indischer Avatar, Sri Chatanya, pflegte all seinen Schülern zu sagen: „Selbst wenn es deine Mutter ist – schau ihr nicht in die Augen; schau nur auf ihre Füße.“

Doch diese Methoden sind nur für Anfänger. Der Tag wird kommen, an dem du eine Frau mit offenen Augen ansehen und du mit deinen eigenen inneren Erfahrungen, mit deiner eigenen Verwirklichung jenseits des Gefühls von Mann und Frau gehen musst. Es gibt nur ein universales Bewusstsein; es ist weder männlich noch weiblich. Es gibt nur ein Bewusst-sein, das in zwei verschiedenen Formen fließt. Dieses Gefühl kann nur durch unsere eigene innere Entwicklung entwickelt werden. Es ist ein sehr fortgeschrittenes Stadium. Gegenwärtig fühlen wir uns vielleicht nicht einmal eins mit unseren Gliedmaßen. Wenn ich eine Kugel mit meiner rechten Hand weiter stoßen kann als mit meiner linken Hand, so schenke ich meiner rechten Hand mehr Aufmerksamkeit und ignoriere meine linke Hand. Ich habe viele Athleten gesehen, die ihre linke Hand verwünschen, weil sie die Hilfe der linken Hand benötigen, obwohl sie nicht so stark ist wie die rechte. Wenn wir uns nicht einmal mit unseren eigenen Händen eins fühlen können, wie können wir dann mit einem anderen Menschen eins sein? Durch inneres Streben und unsere innere spirituelle Entwicklung wird die ganze Schöpfung unser. Dann gibt es keine Schwierigkeiten mehr.

Frage: Warum bist du nach Amerika gekommen? Die Amerikaner frönen alle der Sexualität. Die Amerikaner sind alle Tiere. Warum bist du nach Amerika gekommen, um diesen Leuten mit deinem spirituellen Licht zu helfen?

Sri Chinmoy: Steht Indien über dem Sex? Ich glaube nicht, dass die Bevölkerung so groß wäre, wenn es in Indien keine Sexualität gäbe. Du verfluchst das amerikanische Leben, doch wer hat dich gezwungen, hier zu bleiben? Du kannst nach Indien zurückgehen, wenn dich das vitale Leben der Amerikaner stört.

Im Augenblick ist Sex fast eine universelle Notwendigkeit. Es ist nicht nur ein amerikanisches, indisches oder europäisches Problem. Wenn man es transzendieren will, gibt es einen Weg: inneres Streben. Doch man hat kein Recht, ausschließlich die Amerikaner zu hassen, oder zu verdammen. Wenn es eine Krankheit ist, so ist es eine universelle Krankheit. Wenn es eine Notwendigkeit ist, so ist es eine universelle Notwendigkeit für jene, die noch nicht bewusst angefangen haben, ihre Unvollkommenheiten und Begrenzungen zu transzendieren. Indiens großer Swami, Vivekananada, glaubte ebenfalls, die Amerikaner seien überhaupt nicht rein, sie seien alle Tiere. Doch Vivekananda kam nach Amerika an das ‚Parlament der Religionen’ in Chicago, und es war Amerika, das sein Licht als erstes annahm, während Indien ihn nicht erkannte.

Reinheit und inneres Streben müssen Seite an Seite gehen. Wenn du auf Reinheit warten willst, bevor du zu streben beginnst, wirst du für alle Ewigkeit warten müssen. Niemand ist rein, bis er sich durch sein seelenvolles Streben gereinigt hat. Wenn der einzelne denkt, er müsse rein sein, bevor er es wagen dürfe, den Namen Gottes auszusprechen, hat er Unrecht. Nur wenn er den Namen Gottes aufsagt, erhält er ein bisschen Reinheit. Wenn er einmal Reinheit erlangt hat und er den Namen Gottes wiederholt, wird sein inneres Streben tiefer und intensiver werden. Inneres Streben und Reinheit gehen Hand in Hand. Inneres Streben vergrößert die Reinheit und die Reinheit vergrößert das innere Streben. Es ist ein gegenseitiger Dienst.

Frage: Ist sexuelle Enthaltsamkeit notwendig, um zu einem höheren Bewusstsein zu gelangen?

Sri Chinmoy: ‚Höheres Bewusstsein’ ist ein vager Begriff. Wenn jemand sagt, „Dies ist mein höheres Bewusstsein“, wird ein anderer sagen: „Mein höheres Bewusstsein ist unendlich viel höher als deines.“ Ein dritter wird sagen: „Ach, meiner Meinung nach ist all dies ein niederes Bewusstsein. Wenn ich dein höchstes Bewusstsein sehe, sehe ich, dass dies meinem niedersten Bewusstsein entspricht.“ Lasst uns statt dessen das Wort ‚inneres Streben’ verwenden.

Wir müssen wissen, wo das Ziel unseres inneren Strebens liegt. Wir müssen wissen, wie hoch wir gehen wollen. Für ein Kind ist ein Meter sehr hoch, doch für einen Erwachsenen ist es sehr niedrig und für einen Piloten in einem Flugzeug ist ein Meter fast gar nichts. Wenn unser inneres Streben steigt, geht es unendlich viel höher hinauf als jedes Flugzeug. Wenn wir nur wenig inneres Streben besitzen und ein gewöhnliches Leben führen wollen, können wir das tun. Jene, die ein wenig inneres Streben haben, sind besser als jene, die überhaupt nicht streben, denn sie versuchen wenigstens ein wenig Licht zu erhalten. Sie bleiben eine Weile im Licht und einen Weile in der Dunkelheit. Sie sind genau wie Babys. Ihre Fähigkeiten sind sehr beschränkt. Es gibt aber auch Menschen, die vierundzwanzig Stunden am Tag im Licht verweilen wollen. Für jene, die das Höchste erreichen möchten, ist physische Enthaltsamkeit notwendig. Wir müssen für alles einen Preis bezahlen. Je höher wir mit unserem inneren Streben gehen, umso größer wird unsere Wonne. Der Strebende muss wissen, was er will. Wenn sein letztes Ziel das Höchste ist, dann muss er nach und nach das Sex-Leben aufgeben. Doch wenn er mit dem Sex-Leben von einem Tag auf den anderen aufhört, wird er ins Verderben laufen. Innerer Reinheit muss schrittweise errungen werden.

Wenn wir etwas viele Jahre lang getan haben und damit auf einmal aufhören, kann sich dieser plötzliche Wechsel auf unsere Gesundheit auswirken. Doch wenn wir es schrittweise tun, wird es uns nicht schaden. Jahrhunderte lang haben wir uns in vielen vorhergehenden Inkarnationen dem Sex hingegeben. Nun beginnen wir zu streben und wollen zum Höchsten gehen.

Wenn wir innere Erfahrungen erhalten, wird unser ganzes Wesen mit tiefer Freude und Ekstase durchflutet werden. Dann werden wir den Unterschied zwischen dem physischen Leben und dem spirituellen Leben, zwischen wirklicher Nahrung und einer Handvoll Erde sehen. Als Kinder haben wir manchmal Erde, Schmutz, Steine und alle möglichen ungöttlichen Dinge gegessen. Damals dachten wir, es sei köstlichstes Essen. Doch wenn wir erwachsen werden, essen wir nur richtige Nahrung. Als Kinder im spirituellen Leben genießen wir ebenfalls ungöttliche Vergnügen. Doch wenn wir heranwachsen, erkennen wir, dass all diese Vergnügen unrein und ungöttlich sind. Dann sind wir bereit, sie aufzugeben.

Frage: Wenn alle Leute dem spirituellen Weg folgen würden, käme eine Zeit, wo sie alle das sexuelle Leben aufgeben. Wenn alle dies täten, gäbe es keine Wiedergeburten mehr!

Sri Chinmoy: Woher willst du wissen, dass es keine Wiedergeburt mehr geben würde? Das siehst du falsch, denn leider bist du noch nicht in die Region der Seele eingetreten.

Menschliche Fortpflanzung ist eine Art, Menschen auf die Erde zu bringen. Du hast den Eindruck, wenn alle ihr Sex-Leben aufgäben, könnte keine Seele mehr in die Welt eintreten. Leider weißt du nicht, dass es in der vitalen Welt, in der intuitiven Welt und in anderen Welten viele Seelen gibt, die ohne diesen Prozess kommen könnten. Die spirituellen Meister sehen dies in der inneren Welt. Diese Seelen werden eine menschliche Form annehmen, ohne durch den gewöhnlichen Prozess zu gehen. In einigen hundert Jahren wirst du es selbst erleben können.

Du weißt, dass wir alle einmal im Tierreich waren. Wir waren alle möglichen Tiere. Doch sind jetzt alle Tiere ausgestorben, weil wir zu Menschen geworden sind? Nein. Wir sind Menschen geworden, doch wir sehen immer noch Tiere um uns herum. Unsere Entwicklung ist sehr weit fortgeschritten, und wir sind im Begriff, Gott zu verwirklichen. Doch es gibt Menschen, die Gott vor Tausenden von Jahren verwirklicht haben und heute vergöttlichte Übermenschen, verwandelte Wesen sind. Wenn sie auf die Welt kommen, kannst du zwischen ihnen und gewöhnlichen Menschen, die nicht streben, denselben Unterschied sehen, wie zwischen uns und den Tieren, die wir einmal waren. Wenn ein verwirklichter Mensch dir seine innere Welt, seinen inneren Frieden, sein inneres Licht und seine innere Macht zeigen würde, würdest du einen unermesslichen Unterschied zwischen dir und ihm sehen.

In der Zukunft werden die Seelen in die Welt herunter kommen, ohne durch den Prozess der menschlichen Fortpflanzung zu gehen. Gottes ewig sich transzendierende Schöpfung wird nie zu einem Ende kommen. Wenn du in die höchste Meditation eintreten könntest, könntest du in die Zukunft blicken und sehen, wie die Seelen in der Zukunft auf die Erde kommen werden. Du hast Fortschritt gemacht und bist nun ein Mensch. Doch du warst einmal ein Tier. Der unvorstellbare Unterschied zwischen einem Tier und einem Menschen ist ähnlich wie der Unterschied, den du zwischen den Menschen, die heute auf der Erde sind und den göttlichen Menschen, die in Zukunft auf der Erde leben werden, sehen wirst.

Frage: Analytiker sagen uns, wir könnten emotionell reif werden, wenn wir unsere Sex-Begierden and die Oberfläche bringen und sie ausdrücken könnten. Doch spirituelle Meister sagen, Sex-Begierden würden dem inneren Wachstum im Wege stehen. Wer hat recht?

Sri Chinmoy: Freud behauptete, Sex gebe es in fast allen zwischenmenschlichen Beziehungen, angefangen bei der Mutter- Kleinkind-Beziehung. Ich bin damit nicht einverstanden. Freud hat die süße Reinheit und die selbstgebende Eigenschaft echter Mutterliebe nicht erkannt. Obwohl Freud ein Pionier auf seinem Gebiet war, sind andere sowohl in seiner Zeit als auch seither viel weiter gegangen. Einer seiner Kollegen, Carl Jung, stimmte der begrenzten Ansicht von Freud nicht zu. Jung legte mehr Gewicht auf das Erblühen der Seele, der Blume in uns. Er sagte, in der Seele liege die Intuition, die Psyche und die Einflüsse des Unbewussten mit seinem angesammelten Wissen und seinen Erfahrungen vieler Lebzeiten. Die Seele ist die Quelle des Heilens und des inneren Wachstums und steht in direktem Kontakt mit der Weisheit des Jenseits.Es ist lächerlich zu versuchen, alle menschlichen und göttlichen Impulse auf den sogenannten Sex-Trieb zu reduzieren. Wenn wir in das spirituelle Leben eintreten, kann uns allein unser inneres Streben nähren, stützen und das Bewusstseins-Licht in unser Leben bringen. Dann reagieren wir auf alle Erfahrungen anders. Die Vorkommnisse des Lebens werden bewusst im Licht der Seele betrachtet, statt sie als aufkommende Probleme zu betrachten, die ständig zu lösen sind.

Frage: Mein spiritueller Meister hat mir gesagt, dass das vitale Vergnügen und das spirituelle Leben einhergehen können. Doch ich finde, dass meine Meditation überhaupt nichts wert ist, wenn ich dieser Philosophie folge. Wie können vitales Vergnügen und Meditation einhergehen?

Sri Chinmoy: Du musst deinen Guru bitten, dir beim Lösen dieses Problems zu helfen. Vielleicht verstehst du nicht, was er mit Vergnügen meinte. Du solltest ihm schreiben oder einen deiner spirituellen Brüder, zu dem du Vertrauen hast, fragen, was seine Philosophie in Bezug auf das vitale Vergnügen wirklich sagt. Da du sein Schüler bist, solltest du seinem Weg und seiner Philosophie folgen. Wenn du siehst, dass die Philosophie deines Meisters tatsächlich diese Art von vitalem Vergnügen erlaubt und du immer noch fühlst, dass du die Erfüllung nicht erreichen kannst, wenn du seinem Weg folgst, dann solltest du den Weg des Meisters verlassen und einen neuen finden, der dich in deinem spirituellen Leben weiterführen kann.

Frage: Manchmal habe ich das Gefühl, ich bestehe aus zwei Personen, die miteinander im Konflikt stehen. Kannst du mir bitte dieses Gefühl erklären?

Sri Chinmoy: Jeder Mensch hat zwei Wesen: das verlangende Vitale und das hingebungsvolle Herz. In dir gibt es jeden Tag eine Auseinandersetzung zwischen den beiden. Wenn du bewusst lebst, wirst du am Ende eines Tages wissen, wie oft du bewusst auf der Seite deines Herzens und wie oft du auf der Seite deines Vitalen gestanden bist.

Teil IV — Emotion

Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen der Emotion und dem Vitalen?

Sri Chinmoy: Emotion und Vitales sind zwei verschiedene Dinge. Man könnte sagen, das Vitale sei das Haus und die Emotion sei der Hausherr in diesem Haus. Das vorherrschende Gefühl ist die vitale Emotion. Doch Emotion kann auch im Körper, im Verstand und im Herzen sein. Emotion in unserem Körper erniedrigt gewöhnlich unser Bewusstsein. Emotion im unreinen Herzen macht uns blind und bindet uns, während uns Emotion im reinen Herzen erleuchtet und befreit. Auch im Verstand gibt es ein wenig Emotion, doch der Verstand ist von Natur aus trocken und besitzt nicht die überschwängliche, unkontrollierte, kindliche oder kindische Emotion des Vitalen. Wenn wir sagen: „Er ist ein emotionaler Typ“, so beziehen wir uns auf seine undisziplinierte und unerleuchtete vitale Emotion. Diese Emotion stammt gewöhnlich von den beiden Zentren unterhalb des Nabelzentrums.

Einige von euch enttäuschen mich sehr stark mit ihren vitalen Emotionsproblemen. Bitte versucht eure vitale Welt zu reinigen. Ich werde auf jeden von euch von jenem Augenblick an zutiefst stolz sein, in dem ich die Reinigung eures Vitalen sehe. Ich werde mit göttlichem Stolz erfüllt sein, dass meine spirituellen Kinder wirklich rein sind.

Wenn keine Anstrengung gemacht wird, das vitale Gefühlsleben in das reinste spirituelle Leben umzuwandeln, werden all deine spirituellen Tätigkeiten eine Art Selbsttäuschung sein, und in Selbsttäuschung gibt es keine Gott-Verwirklichung. Viele sogenannte Strebende glauben, sie könnten ihren spirituellen Meister täuschen. Sie geben sich als reinsten Jungfrauen und vollkommenste Junggesellen aus. Doch Gott hat den wahren spirituellen Meistern ein drittes Auge gegeben, das weit offen ist. Sie sind sich der Unvollkommenheiten und Mängel eines Strebenden stets bewusst.

Wenn du deine vitalen Emotionen in göttliche Freude umwandeln kannst, ist dieses göttliche Gefühl nicht schlecht. Wenn du deine Emotion gebrauchst, um dich zu vergnügen und dich gehen zu lassen, dann ruinierst du dein inneres Leben. Doch wenn du sie zur inneren Entschlossenheit, zur Selbstbefreiung verwendest, dann sind diese Emotionen die stärkste Kraft in dir. Bitte verwende sie auf diese Weise als deinen inneren Beistand.

Frage: Ist es für spirituelle Sucher falsch, ihre Zuneigung zueinander physisch in der Öffentlichkeit zu zeigen?

Sri Chinmoy: Das öffentliche Zur-Schau-Stellen von Gefühlen kann für spirituelle Sucher zu ernsthaften Problemen führen. Du fühlst vielleicht, dein Bewusstsein sei immer sehr hoch, doch das Bewusstsein deiner strebenden Brüder und Schwestern ist vielleicht nicht so hoch wie deines. Du hast kein Recht, durch dein Verhalten in ihrem Verstand ungöttliche Gedanken zu schaffen. Im Privatleben hast du jedes Recht, das zu tun, was du möchtest, doch in der Öffentlichkeit solltest du auch das Recht der anderen im Auge behalten. Ob dein Bewusstsein auf der höchsten Ebene ist oder nicht, wird Gott beurteilen. Doch dein Benehmen kann es für andere, die dich beobachten, schwierig machen, ihr Bewusstsein hoch zu halten. Wenn ihr inneres Streben nicht sehr stark ist, mag dein demonstratives Benehmen ihre Strebsamkeit herabziehen. Wir sind in die Welt gekommen, um andere zu inspirieren. Wenn ihre Strebsamkeit wegen uns fällt, begehen wir ihren Seelen gegenüber ein wahres Verbrechen. Wenn du glaubst, deine Gefühle seien rein genug, dann mach, was immer du machen möchtest, in deinem Privatleben.

Manchmal beklagen sich andere über dein Verhalten. Du tust etwas, was sie selbst auch machen möchten, sich jedoch nicht getrauen. In diesem Falle beklagen sie sich aus Eifersucht. Doch bei anderen Leuten ist keine Eifersucht dabei. Sie sind einfach schwach; sie sind in ihrer Strebsamkeit noch nicht stark oder solide, und so fällt ihr Bewusstsein und ihre Strebsamkeit, wenn sie sehen, wie ihre Freunde sich küssen, umarmen oder einander berühren. Ein Junge kämpft vielleicht damit, sein vitales Leben zu kontrollieren, und obwohl du ihm vielleicht überlegen bist, kannst du sein Bewusstsein erniedrigen und sein niederes Vitales wieder erwecken. Das ist sehr schlecht von dir. Wenn du etwas tust, was die Inspiration und das innere Streben einiger deiner spirituellen Brüder und Schwestern vermindert, dann solltest du aus Güte, Liebe und Rücksicht für sie damit aufhören.

Der physische Austausch von Liebe unter Mädchen ist sehr ungesund; dasselbe gilt für die Jungen und auch, wenn Ehemänner Zuneigung für andere Frauen oder Ehefrauen Zuneigung für andere Männer zur Schau stellen.

Frage: Sollten wir versuchen anderen Menschen bei ihren emotionellen Problemen zu helfen?

Sri Chinmoy: Einer meiner Schüler, der ein Psychologe war, versuchte einmal, zwei Frauen bei ihren emotionellen Problemen zu helfen. Die eine wollte Selbstmord begehen, und die andere wollte ihren Ehemann verlassen. Was geschah? Während er versuchte, ihre vitalen Schwächen zu heilen, wurde er von ihren niederen vitalen Kräften angegriffen und gefangen.

Wer hatte ihn gebeten, ihnen zu helfen? Sein eigenes Ego. Die Freuen kamen nicht zu ihm, um ihre niederen Vital- oder Sex-Probleme zu lösen, sondern suchten Hilfe für ihre Sorgen und ihren Kummer. Es gibt Menschen, die voller Aufrichtigkeit versuchen, anderen zu helfen. Doch sie wissen nicht, dass in dem Augenblick, in dem sie versuchen zu helfen und zu heilen, die ganze Unvollkommenheit des Patienten kommt und sie angreift. Dann sind sie verloren, völlig verloren. Glücklicherweise war dieser Schüler aufrichtig genug. Er kam mit beiden Patientinnen zu mir und nun sind alle Probleme gelöst.

Frage: Wenn ich manchmal neben gewissen Personen stehe, fühle ich große Wärme und eine Art Energieaustausch, ein Ineinander-Schmelzen von Herzen wie es scheint, und einen gewissen Grad von Erregung. Ist dies etwas, wovor ich mich hüten oder etwas, in das ich mich hineinwerfen sollte, oder soll ich einfach alles geschehen lassen, wie es kommt?

Sri Chinmoy: Die Ausdehnung des Herzens ist sehr gut, sehr notwendig. Doch wir müssen wissen, dass wir manchmal statt unseres Herzens das niedere Vitale ausdehnen. Wenn du die beschriebene Erfahrung machst, sei bitte auf der Hut. Die Ausdehnung des Herzens, des psychischen Herzens, des reinen Herzens, ist sehr gut. Doch sehr oft kommt statt dessen das unreine Vitale zum Vorschein.

Frage: Wie können wir die undurchsichtigen, dunklen Gefühle bekämpfen, die an der heutigen Welt rütteln?

Sri Chinmoy: Es gibt nur einen Weg, sie zu bekämpfen: Wir müssen fühlen, dass die Welt nicht um uns oder vor uns, sondern tief in uns ist; deshalb müssen wir versuchen, unsere eigene Reinigung und die Umwandlung unserer Natur zu erlangen. Je mehr unser Inneres gereinigt und umgewandelt ist, desto früher wird die Umwandlung der Welt stattfinden.

Frage: Bedeutet es, dass Gott mit uns zufrieden ist, wenn wir uns die meiste Zeit glücklich fühlen?

Sri Chinmoy: Wenn wir zufrieden und glücklich sind, ist auch Gott zufrieden. Doch uns muss bewusst sein, ob wir wirkliches Glücklichsein erfahren oder nicht. Manchmal sind wir raffiniert. Es bereitet uns Vergnügen, mit unseren Freunden allen möglichen vitalen Klatsch auszutauschen. Wir werden auf jemanden eifersüchtig, und wenn diese Person versagt, erhalten wir boshafte Genugtuung. Wir müssen mit dieser unreinen Freude sehr vorsichtig sein. Wir müssen wissen, ob wir Vergnügen oder reine Freude erhalten. Reine Freude bedeutet unmittelbare Ausdehnung. Wenn wir reine Freude erfahren, wird sich unser Herz unmittelbar ausdehnen. Wir werden wirklich unsere Flügel spreizen und fühlen, dass wir im göttlichen Freiheits-Himmel fliegen. Die ganze weite Welt gehört uns, nicht um darüber zu herrschen, sondern als Ausdehnung unseres Bewusstseins. Wir werden zur Wirklichkeit und Weite. Wenn es hingegen nur vitales Vergnügen ist, wird das Vitale eine Art Stärke gewinnen. Wir werden wie ein Elefant und haben das Gefühl, wir könnten die ganze Welt zertrampeln.

Wenn wir uns mit Befriedigung von jemandem trennen, der etwas Falsches gemacht hat, ist unsere Überheblichkeit zum Vorschein gekommen. Nur durch ein wahres Gefühl inneren Einsseins werden wir eins mit der Weite selbst. Dann dringt keine Angst, kein Zweifel, keine Eifersucht, keine Sorge und keine Begrenzung in uns ein.

Falls wir wirkliche Freude erfahren, können wir fühlen, dass Gott mit uns zufrieden ist. Gottes größte Errungenschaft ist unsere Freude. Wenn wir uns unglücklich, niedergeschlagen und elend fühlen, beherbergen wir ungöttliche, feindliche Kräfte. Wenn wir jedoch wirklich glücklich sind, können wir fühlen, dass wir Gott etwas geben. Es ist Gottes tiefste Freude, dieses Geschenk von uns zu erhalten.

Frage: Wie kann ich Liebe in der physischen Welt ausdrücken und manifestieren?

Sri Chinmoy: Wenn du in der physischen Welt göttliche Liebe ausdrücken und manifestieren willst, musst du deine spirituelle Willenskraft gebrauchen. Diese Willenskraft ist nicht aggressiv; sie ist reine Selbsthingabe. Aufgrund deines bewussten Einseins mit dem Willen des Supremes wird es dir möglich sein, deine spirituelle Willenskraft hervorzubringen. Wenn der Supreme es billigt, wird sich dir von selbst ein Weg öffnen, deine göttliche Willenskraft zu gebrauchen, um Liebe für die Menschheit auszudrücken. Wenn du wirklich diese göttliche Willenskraft besitzt, wird sogar in deinen unbewussten Handlungen deine reine Liebe strahlen. Die Leute um dich werden zweifellos die göttliche Liebe fühlen und aus deiner göttlichen Anwesenheit den größtem Vorteil ziehen.

Du kannst auch durch deine reine Meditation in der physischen Welt Liebe ausdrücken und manifestieren. Versuche in deiner tiefsten Meditation reinste Liebe zu fühlen. Dann denke an den Menschen, den du liebst. Indem du dich auf ihn konzentrierst, kannst du deine reine göttliche Liebe in ihn fließen lassen. Indem du eine Person mit den Augen deiner Seele anschaust, kannst du in der physischen Welt Liebe manifestieren.

Teil V — Begierde

Frage: Sind wir nur auf de Erde, um zu begehren? Ist Begierde die einige Notwendigkeit?

Sri Chinmoy: Wir sind aus zwei Gründen auf der Erde: Um zu begehren und um zu streben. Wir müssen unsere Reise mit Begierde beginnen und mit innerem Streben beenden. Es ist nicht möglich, mit innerem Streben zu beginnen. In jeder menschlichen Inkarnation beginnen wir unserer Reise mit Begierde. Wenn wir jung sind, fallen wir meistens der Begierde zum Opfer. Später erkennen wir dann die Notwendigkeit des inneren Strebens und beginnen ein spirituelles Leben.

Was ist der Unterschied zwischen Begierde und innerem Streben? Begierde bindet uns. Wir begehren immer mehr und mehr. Wenn wir einen Euro haben, versuchen wir zwei Euros zu erhalten. Doch diese Ausdehnung erfolgt in Unwissenheit und Dunkelheit, so dass wir letztlich von unserer eigenen Begierde gebunden sind. Wir mögen zehn Häuser haben, doch wir werden keine innere Befriedigung erhalten. Wir werden durch unseren Besitz gebunden sein. Doch wenn wir streben, beten wir für Licht, Frieden, Glückseligkeit und Kraft. Jedes Gebet ist eine Ausdehnung unserer inneren Freiheit. In der Welt der Begierde ist die Ausdehnung beschränkt, doch in der Welt des inneren Strebens gibt es keine Begrenzungen. Von allen göttlichen Eigenschaften, die wir uns aneignen, erhalten wir in unermesslichem Maße Freiheit.

Im menschlichen Dasein finden wir beides, Begierde und inneres Streben. Wir können Begierde nicht mit innerem Streben gleichstellen, denn es sind völlig verschiedene Dinge. In der Begierde ist immer Spannung, Angst und Sorge enthalten. Wir begehren etwas, fühlen aber gleichzeitig, dass unser Wunsch nicht erfüllt werden wird, da wir dessen unwürdig sind. In innerem Streben ist hingegen große Freude und große Wonne enthalten. Solange wir auf der Erde sind, müssen wir uns im klaren sein, was unser Ziel ist: die Ausdehnung unseres Bewusstseins oder die Vergrößerung unseres Egos. Der schlafende Mensch wird begehren, während der erwachte Mensch streben wird. Das Bedürfnis nach Begierde wird so lange auf der Erde existieren, wie wir uns mehr um die Welt sorgen als um die Unendlichkeit, Ewigkeit und Unsterblichkeit.

Auf der Erde wirken sowohl Begierde als auch inneres Streben. Doch der Tag wird kommen, an dem die ganze Welt transformiert sein wird. Dann werden wir weder Begierde noch inneres Streben benötigen. Es wird nur noch die göttliche Manifestation des Himmels hier auf der Erde geben. Wenn wir wirklich mit dem spontanen inneren Verlangen unserer Seele streben, werden wir erkennen, dass in unserem inneren Streben Gottes Billigung, Gottes Zustimmung und Gottes Erfüllung liegt.

Frage: Du sagst, wir müssten unsere Begierden unter Kontrolle haben, um Gott zu verwirklichen. Heißt das, dass uns immer Begierden umgeben werden, die Seele sie jedoch unter Kontrolle haben wird?

Sri Chinmoy: Vorläufig sind unsere Begierden überhaupt nicht unter irgendwelcher Kontrolle. Unser inneres Streben steht unter der Kontrolle unserer Seele. Wenn wir streben, sagt uns die Seele, wir sollten etwas tun, und wir tun es. Doch wenn wir ein Opfer wilder Begierde sind und uns die Seele aufträgt, dass wir etwas nicht tun sollten, hören wir nicht auf sie. Wir machen es trotzdem, doch die Seele wird letztlich die ihr zustehende Oberhand gewinnen. Es geschieht folgendes: ein Vorgesetzter kommt zum ersten Mal in ein Büro, um jemanden zu ersetzen, der die Stelle zuvor inne hatte. Zuerst machen sich die gewöhnlichen Angestellten seines Büros über ihn lustig. Sie machen alles falsch und weigern sich, auf ihn zu hören. Der Vorgesetzte beobachtet die Situation von seinem Büro aus und weiß, dass er über all dem steht. Nach und nach übt er seine Autorität aus. Wenn die normalen Angestellten seine Macht sehen, werden sie ihn fürchten und auf ihn hören.

So ist es auch im spirituellen Leben. Am Anfang duldet die Seele alles. Der Körper, das Vitale und der Verstand sind widerspenstige Mitglieder der Familie. Sie spotten über die Seele und gehorchen nicht. Sie sind wie unartige Kinder, die nicht baden wollen. Sie stehen vor dem Bad und glauben, das Wasser sei sehr kalt oder unangenehm und wollen nicht hineingehen. Die gehorsamen Kinder gehen von selbst ins Wasser und nehmen ein richtiges Bad. Sie machen die Mutter glücklich. Die Mutter beobachtet die unartigen Kinder etwa eine halbe Stunde lang und wenn sie sieht, dass sie nicht alleine ins Bad gehen, wird sie die Kinder selbst ins Wasser setzen und sie zwingen, ein Bad zu nehmen.

Auch die Seele wartet einige Zeit. Obgleich in der Seele der unnachgiebige Wille des Supremes und Gottes unendliches Licht ist, wartet die Seele, bis ihre Stunde schlägt. Die Zeit wird kommen, da der göttliche Wille durch die Seele ausgeführt werden wird, doch am Anfang bleibt die Seele nur Zeuge. Sie beobachtet, wer gut und wer schlecht ist. Die Seele heißt die guten und göttlichen Mitglieder der Familie, die auf sie hören, willkommen. Sie sagt ihnen: „Lasst uns zusammen laufen.“ Die schlechten Mitglieder der Familie jedoch, jene, die absichtlich Probleme verursachen, übergibt die Seele dem Supreme. Eines Tages wird der Supreme sagen: „Jetzt ist die Zeit gekommen, dein göttliches Licht durch deine göttliche Autorität zu zeigen.“ Dies ist Gottes Stunde für die Seele, um die Dunkelheit von Tausenden von Jahren aus dem menschlichen Bewusstsein zu vertreiben.

Frage: Wie können wir den Wunsch nach der Frucht der Handlung vermeiden?

Sri Chinmoy: Zuerst müssen wir das Wort ‚Wunsch’ verstehen. Wenn wir einen Wunsch erfüllen, fühlen wir uns vielleicht für einen kurzen Zeitraum glücklich, doch bald haben wir einen anderen Wunsch, den wir erfüllen wollen. Die Erfüllung unserer begehrtesten Wünsche hindert uns nicht daran, etwas anderes zu wünschen. Wenn der heutige Wunsch erfüllt ist, sehnen wir uns morgen nach etwas anderem. Wenn die morgigen Wünsche erfüllt sind, überkommt uns übermorgen ein neuer Wunsch.

Wenn wir in der Wunsch-Welt leben, nimmt unser Betteln und Nehmen kein Ende. Wir binden uns ständig, wenn wir nach einem besonderen Ergebnis in unserer Beziehung mit unseren Nächsten und Liebsten sehnen. Begierde bringt uns immer zum selben Punkt: dem physischen Körper. Wie können wir uns aus dieser Gefängniszelle befreien? Nur durch inneres Streben. Wenn wir auf dem Weg des inneren Strebens gehen, wird sie uns sagen, dass das Ziel und der Weg eins sind. Das Ziel ist unendliche, ewige Glückseligkeit und der Weg ist der Weg des inneren Strebens. Im Weg selbst sehen wir das Ziel.

Doch wie können wir uns vom Wunsch nach den Früchten unserer Handlungen befreien? Wenn wir arbeiten, wollen wir natürlich ein Ergebnis sehen. Wenn wir das Gefühl haben, wir hätten etwas getan, werden wir nach dem Ergebnis fragen. Doch wenn wir fühlen, dass es nicht wir sind, die arbeiten, werden wir uns nicht um das Ergebnis kümmern. Wenn wir fühlen, dass jemand anderes arbeitet oder studieret, werden wir uns keine Gedanken über das Ergebnis machen. Lasst uns also fühlen, das jemand anderes in und durch uns arbeitet. Wer ist dieser Jemand? Gott. Wenn Gott der Handelnde ist, muss Er sich um das Resultat kümmern. Der einfachste Weg, uns vom Wunsch nach der Frucht unserer Handlungen zu befreien, ist zu fühlen, dass wir nicht die Handelnden sind. Gott ist der ewige Handelnde, und Er handelt in und durch uns; daher sind die Ergebnisse seine Angelegenheit.

Versuche bitte die Rolle eines bewussten Werkzeugs oder eines Kanals zu spielen, in dem und durch welchen das Göttliche handeln kann. Wir müssen fühlen, dass Gott unendlich ist und wir Seine Kinder sind. Bis wir zu dem geworden sind, was Er hat und was Er ist, können wir nie erfüllt sein. Wenn wir daran denken, dass das unendliche Licht, die unendliche Seligkeit und die unendliche Kraft, die Gott besitzt, letztlich uns gehören werden – da sie unser Geburtsrecht, unser göttliches Erbe sind – werden wir unserer Reise zu einem anderen Ziel beginnen. Diese Reise ist die Reise des inneren Strebens. Auf diese Weise können wir es vermeiden, uns nach den Früchten unserer Handlungen zu sehnen.

Teil VI — Ehe

Frage: Welche Rolle spielt die Sexualität in deinem spirituellen Centre?

Sri Chinmoy: Ich bin voller Liebe und Anteilnahme, doch ich bin bis zu einem gewissen Maße auch strikt. Dies ist einfach unvermeidbar. Unser Centre ist dem höchsten Licht und der höchsten Wahrheit gewidmet. Ich bin mit einer sehr hohen Aufgabe in die Welt gekommen. Ich arbeite jeden Augenblick für die Manifestation des Höchsten. Ich erwarte, dass alle meine spirituellen Kinder von ganzem Herzen mit mir und für mich sind, so wie ich mit ihnen und für sie bin. Ein jeder muss wissen, wo er in Bezug auf seine Hingabe zum Licht steht. Tierisches Sex-Leben kann niemals geduldet oder erlaubt werden, wenn man wahres, bewusstes Einssein mit Gott will. Jeder hat in seinem Leben Begrenzungen und Unvollkommenheiten, doch diese können und müssen umgewandelt werden.

Oft denken die Leute, sie könnten in unserem spirituellen Centre alle Arten von romantischem Leben führen, denn sie wissen, dass der Guru voller Mitgefühl ist. Doch über dem Guru ist jemand, der sich Supreme nennt und der mir nicht erlaubt, solche Dinge zuzulassen.

Da ich euer spiritueller Führer bin, sehe ich mich gezwungen, auch alle daran zu erinnern, warum ihr diesen Weg angenommen habt. Das Sri Chinmoy Centre besteht für die Gott-Verwirklichung und die Gott-Manifestation und nicht für ein romantisches Leben. Wenn ihr das gewöhnliche Leben wollt, steht es euch vollkommen frei, eure Freunde außerhalb des Centres zu finden. Doch kommt nicht mit der Absicht hierher, euren Seelengefährten zu finden. Ich werde euren Seelengefährten nicht liefern können. Ich kam nur deshalb auf die Erde, um euch zu eurem Ziel zu führen, und nicht, um für euch einen Ehemann oder eine Ehefrau zu finden. Wenn ihr in das Eheleben eintreten wollt, so werde ich für immer euer spiritueller Vater bleiben, solange ihr mich mit eurer Strebsamkeit befriedigt. Doch ihr müsst den Supreme in mir mit eurem inneren Streben zufrieden stellen. Ihr könnt den Supreme in mir nicht zufrieden stellen, wenn ihr mir die Schuld gebt, wenn ihr in eurem vitalen Leben etwas falsch macht, oder wenn ihr fühlt, dass ich für eure Liebesaffären verantwortlich bin. Wenn ihr von mir erwartet, dass ich für euer unkontrolliertes vitales Leben die Verantwortung übernehme, werdet ihr enttäuscht sein.

Ich rate den jüngeren verheirateten Paaren, langsam, stetig und unbeirrbar spirituell zu wachsen. Nach einigen Ehejahren oder nach ein oder zwei Kindern muss die Beziehung zwischen dem Ehemann und der Ehefrau eine Beziehung zwischen Bruder und Schwester werden. Wenn ihr wirklich in erster Linie Gott und Gott allein wollt, müsst ihr fühlen, dass alle Männer eure Brüder und alle Frauen eure Schwestern sind. Jene, die immer noch in der romantischen Welt aktiv sind, müssen zuerst lernen, den Unterschied zwischen der Befriedigung, die sie von ihrem romantischen Leben erhalten und der Befriedigung, die sie von der Strebsamkeit der Seele erhalten, zu fühlen. Dann müssen sie ihr äußeres Leben mit ihrem inneren Streben formen. Das Wichtigste ist, zu versuchen, den Supreme in mir zu erfüllen.

Frage: Welchen Zweck hat die Vereinigung zwischen Mann und Frau?

Sri Chinmoy: Wenn die Vereinigung zwischen Mann und Frau stattfindet, misst jeder Partner der Handlung einen größeren oder geringeren Wert bei. Doch wenn im höchsten, tiefsten spirituellen Leben die Verwirklichung des Einsseins mit der ganzen Menschheit zum Vorschein kommt, dient diese gewöhnliche menschliche Vereinigung keinem Zweck mehr.

Man kann mit jemandem Hunderte von Malen eine physische Beziehung haben, doch die wirkliche Vereinigung, die innere Vereinigung, findet nicht statt. Nur wenn wir unsere Seelenvereinigung mit einem Menschen herstellen können, werden wir erfüllt sein. Erst wenn wir uns vom Netz der Unwissenheit befreien und die ganze Erde als unser eigen verwirklichen können, erst wenn wir fühlen, dass die gesamte Menschheit ganz unser eigen ist, können wir die eigentliche Vereinigung herstellen. Physische Vereinigung ist im Vergleich zur alles durchdringenden Vereinigung des spirituellen Einsseins, das wir haben können, keine Vereinigung.

Ich sage euch dies alles vom strikt spirituellen Standpunkt aus. Wir müssen eine gewisse Ebene erreichen, bevor wir die gewöhnlichen menschlichen Beziehungen zurückweisen können. In Indien kommen Schüler häufig zu ihrem Meister und sagen ihm, in der menschlichen Vereinigung gebe es keine Freude. Diese Schüler treten dann in das tiefere spirituelle Leben ein und erhalten von der inneren Vereinigung mit ihrem geliebten Supreme höchste Freude und reinste Wonne. Wonne und Vergnügen sind zwei verschiedenen Dinge. Wenn man sich um das innere spirituelle Leben bemüht, wird man Wonne erhalten. Wenn man sich um das gewöhnliche menschliche Leben bemüht, wird man Vergnügen erhalten. Auf Vergnügen folgt zwangsläufig Frustration, da man im Vergnügen keine dauernde Erfüllung findet. Doch Wonne selbst ist all-erfüllend. Diese Wonne erhalten wir nur in der spirituellen Vereinigung mit dem Göttlichen, mit unserem Inneren Wesen. Wir müssen wissen, was wir wollen. Wenn wir Vergnügen wollen, genügt die Vereinigung zwischen Mann und Frau für eine Weile. Doch wenn wir Wonne wollen, die unsterblicher Nektar, unsterbliche Seligkeit ist, dann müssen wir den Weg der Spiritualität einschlagen und die erhabene Vereinigung zwischen Mensch und Gott herstellen.

Frage: Kannst du bitte etwas über die Ehe in Bezug auf das spirituelle Leben sagen?

Sri Chinmoy: Jede Seele ist ein göttlicher Teil Gottes. Die Ehe ist etwas Heiliges. Die Ehe kann etwas sehr Spirituelles sein. In vielen Ehen sehen wir, dass der Ehemann spirituell ist, die Frau aber unspirituell, oder umgekehrt. In diesem Fall sind beide in einem Tauziehen gefangen. Der Ehemann kann keinen befriedigenden inneren Fortschritt und die Frau keinen befriedigenden äußerem Fortschritt machen. Doch wenn Ehemann und Ehefrau beide beim gleichen Guru sind und tiefsten Glauben in ihren Guru haben, dann können sie zusammen sehr schnellen Fortschritt machen. Weil sie Vertrauen in ihren Guru haben, bringt er göttliche Kraft herunter, um ihnen zu helfen, sie zu führen und zu formen.

In einigen Fällen ist die Ehe nicht notwendig. Wer bereits durch das Familienleben gegangen ist und das Gefühl hat, es sei ein Leben voller Elend und Frustration, sollte den gleichen Fehler nicht wiederholen. Doch jene, die jung und frisch sind, die eine Brücke zwischen der inneren Welt und der äußeren Welt haben wollen, werden keinen Fehler begehen, wenn sie mit dem richtigen spirituellen Partner in das Eheleben eintreten. Wenn es die innere Notwendigkeit verlangt, werden sie jeden Augenblick diese Bindung aufgeben. Alles hängt davon ab, ob Gott will, dass diese Menschen heiraten, oder ob Er will, dass sie unverheiratet bleiben. Jemand, der unverheiratet ist, sollte sich einem Verheirateten gegenüber niemals überlegen fühlen. Gott kann alle sehr schnell zu Sich bringen, ob sie nun verheiratet sind oder nicht.

Frage: Ist die Selbst-Reinigung schwieriger, wenn wir verheiratet sind?

Sri Chinmoy: Wenn dein niederes Vitales sehr stark ist und Reinigung benötigt, dann ist der schnellste Weg zur Reinigung dein beständiges inneres Streben. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, wenn es dir schwer fällt, an deinem spirituellen Weg genügend Freude zu finden, dann muss dein spiritueller Partner – wen immer du auch auswählst – ebenfalls deinem spirituellen Weg angehören. Wenn dein spiritueller Partner einem anderen Weg angehört, wird es zwischen euch große Auseinandersetzungen geben. Jeder wird behaupten, sein Weg sei der beste. Es wird einen Kampf zwischen den Ideen und Idealen der beiden Wege geben. Doch wenn ihr beide dem gleichen Weg folgt, kann jeder den anderen inspirieren. Der Schnellere der beiden wird jeweils dem anderen weiter helfen. Was du zur Reinigung wirklich benötigst, ist inneres Streben. Doch quäle dich nicht. Unterdrückung ist sehr schlecht. Im Verlauf des Reinigungsprozesses musst du die niederen vitalen Bedürfnisse wie das Rauchen, das Trinken und das ungöttliche emotionale Leben auf ein Minimum verringern. Auf diese Weise können wir ständigen Fortschritt machen, langsam aber stetig. Doch versuche nicht, alles auf einmal zu unterdrücken. Deine Selbst-Reinigung wird nicht deshalb äußerst schwierig sein, weil du verheiratet oder ledig bist, sondern weil du versuchst, sie zu erzwingen. In diesem Falle wird es nicht nur äußerst schwierig, sondern gänzlich unmöglich sein.

Frage: Du hattest erwähnt, dass die Rolle des Ehemannes Stille und die Rolle der Ehefrau Kraft sei. Was meinst du damit?

Sri Chinmoy: Die Rolle des Männlichen ist das Erschaffen; die Rolle des Weiblichen ist die Manifestation. Wir neigen zur Ansicht, dass tatkräftig sein und Ergebnisse erhalten, wirkliche Schöpfung sei. Doch dies ist nicht der Fall. Nur in tiefer innerer Stille können wir wirklich erschaffen. Sobald etwas erschaffen ist, muss es für etwas gebraucht werden. Das ist die Rolle der Ehefrau. Sie ist die Kraft. Der Ehemann wird in der Stille alles von einer höheren und tieferen Ebene herabziehen. Die Frau muss diese Wahrheit assimilieren und sie an die Kinder oder an die ganze Menschheit verteilen. Einer muss das Göttliche herab bringen und einer muss es verteilen. Im weltlichen Sinne arbeitet der Ehemann und verdient Geld. Die Frau gebraucht das Geld, um für die Familie zu sorgen. Beides ist gleich wichtig.

Teil VII — Praktische Anweisungen, um Reinheit zu erlangen

Frage: Welches ist der wirkungsvollste Weg, um Reinheit zu erhalten?

Sri Chinmoy: Der wirkungsvollste Weg, Reinheit zu erhalten ist in deinem Fall das bewusste Anerbieten deines Lebensatems an den Supreme. Atme früh am Morgen sieben Mal bewusst ein und versuche beim Einatmen zu fühlen, dass du in Wirklichkeit durch dein Herz und nicht durch deine Nase einatmest. Versuche zu fühlen, dass dein Atem durch das Herzzentrum in dich eintritt. Versuche dann beim Ausatmen zu fühlen, dass dein Atem hinauf bis zu deinem Scheitel steigt und durch den tausendblättrigen Lotus, das Kronen-Zentrum ganz oben auf deinem Kopf, entweicht. Wenn du dir nicht nur vorstellen, sondern auch fühlen kannst, dass du durch dein Herz einatmest, wird unmittelbar Reinheit in dich eindringen und in dir zu kreisen und zu wirken beginnen. Sobald die Reinheit beginnt, ihre Rolle zu spielen, steigt die Unreinheit vom Nabelzentrum und den niederen Zentren aufwärts und entschwindet.

Zuerst treten die göttlichen Soldaten ein und erblicken die ungöttlichen Soldaten. Dann kämpfen die Gegner, bis die göttlichen Soldaten die ungöttlichen Soldaten hinauf gestoßen und sie durch den tausendblättrigen Lotus in den unendlichen Kosmos geworfen haben. Es ist dein Verstand der unbewusst die Unreinheit anzieht; darum musst du über den Verstand hinausgehen. Du musst die unreinen, ungöttlichen Soldaten höher hinauftragen und sie in etwas werfen, das über dem Verstand steht. Mach dies früh am Morgen und wenn möglich auch am Abend. Dann wird dein System ganz bestimmt gereinigt werden.

Frage: Worauf soll ich meine Bemühungen ausrichten, um Reinheit zu erlangen und wie soll ich es tun?

Sri Chinmoy: Jeder muss sich auf ein verschiedenes Zentrum konzentrieren. Du solltest versuchen, dich auf die Stirn, auf das Dritte Auge zu konzentrieren. Ich möchte, dass du deine Vergangenheit völlig vergisst. Deine Vergangenheit war eine bedauerliche Vergangenheit. Auch jetzt noch kommt die Vergangenheit zum Vorschein und verdunkelt deine Gegenwart. Dies ist eine sehr traurige Situation. Ich möchte dir folgendes sagen: Wenn du bewusst oder unbewusst an die Vergangenheit denkst, werden die unreinen Gedanken und unerfüllten Begierden der Vergangenheit zu dir kommen; und wenn du sie unbewusst genießt, hegst du tatsächlich unreine, ungesunde Gedanken.

Von der Vergangenheit kannst du nichts erwarten. Sie hat dir bereits gegeben, was sie dir anzubieten hatte. Die Vergangenheit bot dir ihren Reichtum an, doch dieser Reichtum war nicht erfüllend, er war reine Frustration. Wenn du in dieser Frustration verweilst, musst du fühlen, dass du bewusst und absichtlich in etwas Dunkles, Unsicheres und mehr noch, etwa Unerfülltes eintrittst.

Vom spirituellen Standpunkt aus betrachtet, ist nun alles, was unerfüllt, unverwirklicht und unmanifestiert ist, nicht willkommen. Was wir auf spirituelle Weise manifestieren und enthüllen wollen, muss rein sein. Wenn du dich auf dein Drittes Auge konzentrierst, solltest du versuchen vorwärts zu schauen und dir eine Zukunft vorstellen, die von Licht und Wonne durchdrungen ist und in der es keine Dunkelheit gibt. Wenn wir etwas mit unseren gewöhnlichen Augen betrachten, sehen wir sehr oft ungenau, verzerrt und in schlechtem Licht und was wir sehen ist nicht klar, deutlich oder erfüllend. Doch wenn das dritte Auge etwas sieht, schaut es mit Licht und es sieht das Licht, welches im betreffenden Gegenstand verkörpert ist. Wenn wir uns mit dem dritten Auge konzentrieren, ist alles klar, es gibt keine Dunkelheit, keine Unreinheit mehr.

Konzentriere dich also auf das dritte Auge und erblicke das Licht, trete in das Licht ein, wachse in das Licht. Du wirst erkennen, dass aus diesem Licht die Reinheit geboren worden ist. Wenn du an der Vergangenheit hängst und du ständig das Grab der Vergangenheit aufstichst, wirst du nur Dunkelheit und Unreinheit finden. Laufe dem Licht entgegen. Konzentriere dich auf das dritte Auge, das Ajna Chakra, und du wirst nur Licht um dich herum, vor dir und in dir sehen. Die Reinheit ist dort, im Licht das du dir vorstellst, und im Licht in das du hineinwächst.

Frage: Kann die Unreinheit ganz aus dem Leben entfernt werden? Wie sehr ich es auch versuche – sie scheint wie eine chronische Krankheit bei mir zu bleiben.

Sri Chinmoy: Im spirituellen Leben ist nichts unheilbar. Wir müssen jedoch wissen, wie aufrichtig wir das spirituelle Leben ausüben und wie intensiv wir uns danach sehnen, das letzte Ziel zu erreichen. Unaufrichtigkeit ist eine dauerhafte, aber heilbare Krankheit. Sie kann einige Zeit andauern, doch wenn die göttliche Gnade herabsteigt, kann sie geheilt werden.

Unreinheit ist ebenfalls eine heilbare Krankheit, doch Unreinheit wird länger in uns bleiben als Unaufrichtigkeit. Sogar gewöhnliche, unaufrichtige Menschen fühlen sich inspiriert, wenn sie aufrichtige Menschen um sich sehen und versuchen, aufrichtig zu werden. Sie haben das Gefühl, es sei beschämend, unaufrichtig zu sein, wenn ihre Freunde oder Nachbarn alle die Wahrheit sagen. Unaufrichtigkeit kann man schnell überwinden. Doch im Fall der Unreinheit ist es nicht so einfach. Die Leute mögen viele Jahre lang aufrichtig ein spirituelles Leben führen, doch Reinheit ist nicht einfach zu erreichen. Gewisse Leute haben viele spirituelle Erfahrungen, doch sie verlieren sie sofort wieder. Warum? Weil sie trotz der inneren Tiefe und Höhe ihrer Erfahrungen nicht genug Reinheit haben.

Frage: Was können wir während unserer Meditation tun, um den Verstand, das Vitale und den Körper umzuwandeln oder um dort mehr Reinheit zu erhalten?

Sri Chinmoy: Um die Reinheit des Physischen, des Vitalen und des Verstandes zu vergrößern, sollten wir ein Gefühl dafür bekommen, was Reinheit eigentlich ist. Wenn wir das Gefühl haben, Reinheit sei etwas Flüssiges wie Wasser oder etwas Schwaches, Elastisches oder Zerbrechliches wie ein Spielzeug, dann wird sich Reinheit in unserem Physischen und Vitalen überhaupt nicht ausdehnen. Wenn wir hingegen fühlen, dass Reinheit etwa sehr Kraftvolles ist, wie der stärkste Mann oder wie eine Atombombe, dann kann sie in und um uns ein neues Leben erschaffen. Die Atombombe zerstört, doch die Reinheit hat die positive Kraft einer Atombombe. Reinheit kann in unserem äußeren und inneren Leben eine starke und solide Grundlage aufbauen. Wenn wir das Gefühl haben, Reinheit sei etwas, was uns ein neues Leben gibt, eine neue Welt voller Frieden, Seligkeit und dynamischer Kraft, dann wird unsere Reinheit sofort wachsen. Wenn wir uns dann bewusst sind, dass Reinheit viel für uns tun kann, werden wir sie richtig einschätzen. Dann wird während unserer Meditation Reinheit in unendlichem Maße in uns eintreten, da sie fühlen wird, dass wir ihr die ihr gebührende Wichtigkeit beimessen.

Frage: Ich habe Japa gemacht, um Reinheit zu erlangen, indem ich „Supreme“ gechantet habe. Ist dies die beste Art, Reinheit zu erlangen?

Sri Chinmoy: Japa wird ganz bestimmt Reinheit in dein System bringen. Doch jedes Mal, wenn du Japa machst, musst du die Bedeutung des wiederholten Wortes fühlen. Sonst wird es mechanisch und bedeutungslos werden. Wenn jemand Grundwasser will, muss er viele Tage lang graben. Wenn er nur einen Tag lang gräbt, wird er kein Wasser finden. Wenn er sich beim Graben stets seines Zieles bewusst ist, wird er das Wasser schneller erreichen als sonst. Wenn du Japa machst, musst du stets fühlen, dass Reinheit in dich eintritt oder du in ein Meer der Reinheit tauchst. Wenn du glaubst, die Reinheit würde für immer in dich eintreten, wenn du nur fünf-, sechs- oder siebenhundert Wiederholungen vollendest, wirst du in deiner Erwartung enttäuscht werden. Mit jeder Wiederholung musst du bewusst auf einen bestimmten Punkt zielen. Dann wird schließlich überwältigende Reinheit in dein Leben kommen. Wenn du jedoch ein Mantra unbewusst, automatisch oder auf mechanische Weise wiederholst, wirst du kein zufriedenstellendes Ergebnis erhalten.

Ich habe einen Artikel mit dem Titel „Die Rolle der Reinheit im spirituellen Leben“ (veröffentlicht in dem Buch ’Yoga und das spirituelle Leben’ von Sri Chinmoy) geschrieben. Die in diesem Artikel beschriebene Methode ist zweifellos die beste Methode, um Reinheit im ganzen Wesen herzustellen. Du beginnst mit fünfhundert Wiederholungen und steigerst die Anzahl der Wiederholungen jeden Tag um einhundert, bis du zwölfhundert erreichst, und dann verminderst du sie auf die gleiche Weise wieder. Dies ist ein äußerst wirkungsvoller Weg, um Reinheit in jeder Bewusstseinsebene zu erlangen. Du kannst es jeden Tag tun, doch du musst es von tiefstem Herzen aufsagen und nicht wie ein Papagei. Du musst das Wort jedes Mal seelenvoll aufsagen. Des Weiteren solltest du dein Mantra langsam wiederholen. Wenn du es schnell aufsagst, wird es keine Wirkung auf dich haben.

Frage: Muss man dazu eine Perlenschnur haben, oder kann man beim Japa an seinen Fingern abzählen?

Sri Chinmoy: Du kannst an deinen Fingern abzählen. Ich habe fast nie eine Japakette benutzt.

Frage: Macht es beim Japa einen Unterschied, ob man das Wort schnell oder langsam wiederholt?

Sri Chinmoy: Wenn du Frieden im Verstand oder bleibende Reinheit haben willst, ist es empfehlenswert, den Namen ganz langsam und seelenvoll zu wiederholen. Wenn du hingegen ungöttliche, unreine Gedanken verjagen willst, solltest du den Namen sehr schnell wiederholen. Um den Verstand schnell und vorübergehend zu reinigen, solltest du Japa so schnell wie möglich machen.

Frage: Was empfiehlst du Menschen, die an eine öffentliche Meditation kommen und noch nie zuvor mit einem spirituellen Meister meditiert haben. Wie können sie am besten in dein Bewusstsein eintreten?

Sri Chinmoy: Zuerst sollten sie fühlen, dass der spirituelle Meister ein aufrichtiger Mensch ist. Wenn sie dann einen Schritt weitergehen können, sollten sie fühlen, dass er ein Heiliger ist. Ein Heiliger ist ein Mensch, der in seinem ganzen Wesen Reinheit erstellt hat. Wenn sie das Gefühl haben, er besitze und verkörpere Reinheit, dann besteht der nächste Schritt für sie darin, die Anwesenheit der Reinheit in sich und um sich zu fühlen. Schließlich sollten sie versuchen, in das Meer der Reinheit einzutreten, das der Meister herunter gebracht hat und verkörpert. Wenn es ihnen gelingt, Reinheit zu sehen und zu fühlen und sie danach streben, in das Meer der Reinheit einzutreten, dann können sie alles empfangen. Gemäß ihrer Empfänglichkeit werden sie Frieden, Licht, Glückseligkeit und alle göttlichen Eigenschaften erhalten. Doch wenn keine Reinheit vorhanden ist, wenn sie keine Reinheit im und um den spirituellen Meister sehen, dann ist es ihnen nicht möglich, etwas zu empfangen.

Da ich ein spiritueller Mensch bin, sollten jene, die kommen, um mit mir zu meditieren, Aufrichtigkeit mitbringen und meine Einfachheit, meine Aufrichtigkeit und meine Reinheit fühlen. Dies alles geschieht auf der menschlichen Ebene. Wenn jemand fühlt, dass ich einfach bin, wenn jemand fühlt, dass ich aufrichtig bin, wenn jemand fühlt, dass sich rein bin, dann ist es ihm möglich, alles empfangen, was der Supreme durch mich anbietet.

Frage: Können wir Reinheit erhalten, indem wir in dich eintreten?

Sri Chinmoy: Das ist der einfachste Weg. Es ist das, um was ich meine Schüler bitte. Ich bin bereit, der ewige Müllsammler zu sein, wenn du bereit bist, deine unreinen Gedanken in mich zu werfen. Einige der Mädchen fürchten und schämen sich, ihre unreinen Gedanken in mich zu werfen. Doch weshalb sollten sie sich schämen? Ich bin nicht der Körper; ich bin die Seele. Ich bin euer spiritueller Vater. Ich lebe im unendlichen Ozean des Bewusstsein. Wenn du deine Unreinheiten in mich wirfst, werde ich sie in den unendlichen Ozean der Reinheit werfen. Wirf deine Unreinheiten in mich und nicht in andere. Deine spirituellen Brüder und Schwestern leiden ebenfalls an der Unreinheit. Wenn du deine unreinen Gedanken jemandem anbietest, der bereits an seiner eigenen Unreinheit zu leiden hat, lädst du ihm noch mehr Gewicht auf.

Aufrichtiges inneres Streben und tiefe Meditation sind der beste Weg, um Reinheit zu erlangen. Doch wenn du nicht gut meditieren kannst, wenn dein inneres Streben nicht stark genug ist, dann musst du wissen, dass es jemanden gibt, der wie ein Ozean ist, in den du all deine Unreinheiten werfen kannst. Wenn du dich hineinwirfst, werden all deine Unreinheiten weggewaschen. Doch indem du deine Unreinheiten in dir behältst und sie versteckst, schadest du dir selbst. Du solltest dich wie ein Kind fühlen. Wenn ein Kind schmutzig ist, fürchtet es sich nicht, es seiner Mutter oder seinem Vater zu sagen, da es weiß, dass sie es waschen werden. Gezählt an Jahren seid ihr Erwachsene, doch im spiritueller Hinsicht seid ihr alle Kinder. Fühlt bitte, dass euer spiritueller Vater vor euch steht.

Wenn ich einige von euch segne, sehe ich, dass schlechte Gedanken in eurem Verstand herumschweifen, doch ihr versucht, sie zu verstecken. Ihr denkt: „Ach, Guru wird uns erwischen!“ Euer Guru hat euch erwischt, bevor ihr euch selbst erwischt habt, doch euer Guru ist hilflos, da ihr ihm euere Unreinheiten nicht gebt. Ihr hegt sie nur in eurem Verstand. Wenn ihr sie in mich werft, werde ich sie sofort von euch nehmen.

Fürchtet euch nie vor mir. Wer fürchtet sich? Derjenige, der absichtlich etwas Falsches getan hat. Warum solltest ihr euch vor mir fürchten, wenn ihr nicht bewusst etwas Falsches macht? Bin ich ein Tyrann? Ich glaube nicht. Ich schimpfe nicht ohne jeglichen Grund mit euch. Warum solltet ihr deshalb Angst vor mir haben? Ein Kind hat keine Angst vor seinem Vater. Wenn ihr einen schlechten Gedanken oder eine andere Unreinheit habt, werft sie einfach in mich. Ich bin bereit, sie zu nehmen. Ich werde nicht sagen: „Warum verschmutzt du meine Bewusstsein?“ Nein, ich werde einfach nur nehmen, nehmen und nehmen. Im Inneren meines Körpers, in Inneren meines Verstandes, im Inneren meines Herzens, im Inneren meiner Seele schweift und spielt die Unendlichkeit.

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