Frage: Was ist der Unterschied zwischen dem Bewusstsein, das Buddha erreichte und demjenigen, das Christus erreichte?

Sri Chinmoy: Ihr müsst mir vergeben, doch es wird euch nicht im geringsten helfen, wenn ihr wisst, was Jesus Christus erreichte oder nicht erreichte. Das einzige was zählt ist, ob ihr versucht, in das Ebenbild Christi zu wachsen. Nur das wird euch helfen. Zu wissen, was Christus oder Buddha erreichten, wird euch überhaupt nicht helfen. Nur der Versuch, in das Bewusstsein Christi oder das Bewusstsein Buddhas zu wachsen, wird euch helfen. Die Zeit wird kommen, wo ihr selbst darüber hinauswachsen müsst. Ihr solltet fühlen, dass Gott eine bestimmte Seele nahm und mit einer äußeren Form in die Welt brachte. Er nannte diese Seele Christus, eine andere Buddha. Gott wollte, dass diese Seelen die Rolle des Christus und des Buddha spielten. Er will, dass ihr die Rolle von jemand anderem spielt.

Gott will in und durch jeden auf einzigartige Weise spielen. Die großen Seelen haben ihre Rolle als göttliche Löwen gespielt. Gott möchte nun, dass ihr die Rolle eines kleinen Insekts spielt. Die Avatare haben ihre Rollen höchst zufriedenstellend erfüllt, indem sie sich wie Löwen benahmen. In eurem Fall, falls Gott euch als Insekt haben will, wird Gott zutiefst zufrieden seinen, wenn ihr die Rolle eines Insekts zu Seiner Zufriedenheit spielt. Er wird euch nicht fragen: „Warum habt ihr nicht die Rolle eines Löwen gespielt?“ Er hat euch gebeten, die Rolle eines Insekts zu spielen und Er erwartet von euch nichts anderes. Jede Seele muss ihre Rolle spielen. Christus, Buddha und Krishna haben ihre Rollen erfolgreich gespielt, indem sie bewusste Instrumente Gottes waren. Innerlich spielen sie immer noch ihre Rollen auf der Erde. Nun müssen wir Sucher unsere Rollen spielen. Wenn wir unsere Rollen nicht spielen, wird Gott unerfüllt und unmanifestiert bleiben.

In Indien gibt es spirituelle Lehrer, die ihren Schülern raten, die Ausdrücke Unendlichkeit, Unsterblichkeit und Ewigkeit nicht zu verwenden. Die Schüler sollen einfach an den Ort denken, wo sie sich befinden. Ich habe dieselbe Botschaft für euch. Kümmert euch nicht um das Bewusstsein von Christus oder Buddha. Sorgt euch um euer eigenes Bewusstsein. Strebt ihr innerlich? Wenn ihr innerlich strebt, dann ist Gott mit euch zufrieden. Ich will euch in keinster Weise entmutigen. Doch vieles wollt ihr aus reiner Neugier wissen und diese Dinge stehen euch letztlich nur im Weg. Wenn ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt an das Ziel denkt, das die großen Meister erreicht haben, werdet ihr völlig verloren sein.

In Indien sind viele Menschen verrückt geworden, weil sie ständig an die Verwirklichung Buddhas, Krishnas oder Ramakrishnas dachten, statt an ihren eigenen Weg: Meditation. Sie gelangten da­durch zu der Überzeugung, dass sie selbst das Bewusstsein Krishnas oder Buddhas hätten und verloren ihren Verstand. In Bangladesch gab es viele Menschen, die physisch stark waren, die vitale oder mentale Stärke besaßen und deshalb ständig an Vive­kananda dachten, bis sie das Gefühl erhielten, dass sie selbst ein Vivekananda seien. Doch sobald sie geprüft wurden, sobald sie der Welt gegenüberstanden, erkannten sie, dass sie nur unbedeutende Geschöpfe waren.

Im spirituellen Leben ist es immer ratsamer Schritt für Schritt Fortschritt zu machen. Sobald wir sehr hoch gegangen sind, wird es uns möglich sein, das Bewusstsein von Buddha und von Christus zu sehen. Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es für uns nicht wichtig, an diese Dinge zu denken. Dies würde uns nur verwirren.

Ein Marathonlauf umfasst eine Strecke von etwas mehr als zweiundvierzig Kilometer. Wenn ein Läufer beim Start­schuss daran denkt, dass er das Ziel erst nach zweiundvierzig Kilometern erreicht, wird er völlig entmutigt sein. Er wird denken: „Ich muss zweiundvierzig Kilometer laufen!“ und einfach aufgeben. Beim Laufen sollte er umgekehrt denken und zwar dass er bereits einen Kilometer, zwei Kilometer und so weiter hinter sich gebracht hat. Wenn er bereits am Start an das Ziel denkt, das er erreichen soll, wird er all seinen Mut verlieren. Er wird sich sagen, das sei unmöglich. Wenn ein Kind im Vorschulalter an seinen Uni­versi­tätsabschluss denkt, während es noch dabei ist, das Alphabet zu lernen, wird ihm dies überhaupt nichts nützen. Wenn es seinen Uni­versi­täts­abschluss so schnell wie möglich erhalten will, verliert es höchstens seinen Verstand. Doch wenn es fühlt, dass es jetzt in den Kindergarten, morgen in die Grundschule, später auf eine weiterführende Schule und letztlich an die Universität gehen wird, ist es ständig inspiriert.

Sri Chinmoy, Avatare und Meister, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2005
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