Frage: Ich möchte den Unterschied zwischen Seele und Geist (spirit) wissen. Ich weiß, dass es zwei völlig verschiedene Dinge sind, aber ich kann den Unterschied nicht verstehen.

Sri Chinmoy: So, wie der Begriff im Westen gebraucht wird, ist ein Geist eine vitale Einheit und gewöhnlich ist er nicht gut. Die Seele verkörpert Gott und ist tief in unserem Inneren; sie ist ein Teil des Selbst. Durch die Seele dringen wir durch unsere alldurchdringende Göttlichkeit ein. Wenn wir den Begriff „Seele“ gebrauchen, bezieht er sich auf einen Funken des Selbst, des Allwissenden und Allmächtigen. Ein Geist, wie wir den Ausdruck hier gebrauchen, bezieht sich auf eine vitale Einheit, die unbefriedigt oder unzufrieden ist, wenn der betreffende Mensch stirbt und für eine gewisse Zeit in der vitalen Welt bleibt. Es gibt viele, viele störende, hindernde, konfliktauslösende Kräfte, welche die Form von Geistern annehmen. Diese Geister versuchen, Disharmonie, Trennung und so weiter zu schaffen. Das ist ihre Funktion.

Manchmal helfen Geister auch jemandem dabei, Informationen in der vitalen Welt darüber zu sammeln, was dort geschieht oder was morgen oder übermorgen geschehen wird. Sie haben diese Fähigkeit, weil die vitale Welt höher ist als die physische Welt. Wenn man auf einen Baum klettert und von der Krone hinunterschaut, hat man eine größere Aussicht und kann alles klarer sehen. Von der vitalen Welt aus ist es einfacher, die Ereignisse der physischen Welt zu beobachten. Von der physischen Welt hingegen ist es sehr schwierig, in die vitale Welt einzutreten. Hier kommen Spiritismus und okkulte Praktiken ins Spiel.

Sehr oft sagen Geister zu einem Menschen, dass sie seine verstorbenen Eltern oder seine Lieben zu Besuch bringen würden. Ich möchte betonen, dass Leute, die auf diese Geister hören, eine große Dummheit begehen, weil die Geister in Wirklichkeit nicht die Seele jenes Menschen, ihres Liebsten und Nächsten bringen, sondern unzufriedene, hungrige Wesen aus der vitalen Welt.

Einige Geister ergreifen Besitz von der Existenz der Leute, die mit ihnen verkehren. Die äußeren Wesen dieser Leute erlauben es den Geistern, in sie einzudringen – mit dem Resultat, dass sie besessen werden. Manchmal sagen diese Leute viele Dinge voraus, die dann eintreffen oder auch nicht. Leider bringt sie das aber nicht zum spirituellen Leben. Nach ein paar Jahren sagen die Geister: „Gib mir jetzt den Lohn. Ich gab dir Name und Ruhm. Du wusstest überhaupt nichts über die Vergangenheit oder die Zukunft. Ich zeigte sie dir, also musst du mir jetzt den Lohn dafür geben.“ Was kann er geben? Sein Name und sein Ruhm können die hungrigen Geister nicht erfreuen, also erwürgen ihn die Geister. Viele, viele schwarze Magier und Leute, die mit Geistern verkehrt haben, wurden erwürgt oder getötet. Ich weiß es, weil ich in der Nähe einiger solcher Fälle gewesen bin.

Um zu dem Begriff „Geist“ (spirit) zurückzukommen: In Indien gebrauchen wir das Wort mit einem großen S. Dann bedeutet es etwas anderes als im Westen. Dieser Geist (Spirit) ist die männliche Form von Gott, die nicht in die Welt der Schöpfung eintritt. Er ist das unmanifeste Jenseits, das Selbst. Wenn wir in das innere Leben eintreten und spirituellen Fortschritt machen, uns selbst verwirklichen und uns von Angst, Zweifel und Beschränkung befreien, gewinnen wir freien Zutritt zum Geist (Spirit). Dort erlangen wir unsere eigene Identität mit der kosmischen Schau und Wirklichkeit. Dieser Begriff des Geistes (Spirit) ist im Westen nicht gebräuchlich. Im Westen gebrauchen wir das Wort Geist (spirit), um uns auf den Spiritismus und die Wesen der vitalen Welt zu beziehen.

Sri Chinmoy, Astrologie, das Übernatürliche und das Jenseits, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2009
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