Frage: Könntest du bitte erklären, auf welche Art das Gesetz des Karmas in diesem und im nächsten Leben auf uns einwirkt?

Sri Chinmoy: Wir tragen die Vergangenheit in uns. Es ist wie ein kontinuierlicher Strom. „Wie man sät, so erntet man.“ Wenn wir etwas falsch machen, müssen wir uns im klaren sein, dass wir heute oder morgen in der physischen oder in der inneren Welt das Resultat erhalten werden. Wenn wir ständig stehlen, werden wir eines Tages erwischt und ins Gefängnis gesteckt. Wir werden vielleicht nicht heute erwischt, doch eines Tages werden wir erwischt. Und wenn wir etwas Gutes tun, wenn wir beten, wenn wir meditieren und göttliche Dinge tun, dann werden wir auch davon das Ergebnis erhalten. Manchmal sehen wir, wie jemand, der etwas falsch gemacht hat, die Welt genießt. Doch möglicherweise hat er in seiner unmittelbar vergangenen Inkarnation etwas Außergewöhnliches, etwas Wunderbares getan, und erfreut sich nun am Resultat seiner guten Tat, während die Ergebnisse seiner schlechten Tat noch nicht begonnen haben, Früchte zu tragen. An seinem Lebensabend oder in einem zukünftigen Leben wird er bestimmt bestraft werden.

Bei gewöhnlichen, unstrebsamen Menschen ist karmische Verfügung unvermeidlich. Das karmische Gesetz bindet uns ständig. Wie eine Schlange windet es sich um uns. Wir müssen die Rechnung bezahlen – das Gesetz des Karmas ist erbarmungslos. Auf der anderen Seite gibt es so etwas wie göttliche Gnade. Wir waren vielleicht unwissend und machten einiges falsch. Aber wenn wir bittere Tränen vergießen und nach Vergebung rufen, dann wird Gottes Anteilnahme natürlich auf uns herabströmen. Wenn jemand ein spirituelles Leben beginnt, kann sein Karma leicht aufgehoben werden, wenn es Gottes Wille ist, der durch einen spirituellen Meister wirkt. Langsam kann Gottes unendliche Gnade die Ergebnisse seines schlechten Karmas aufheben und die Ergebnisse seines guten Karmas vorzeitig wirksam werden lassen. Wenn ein Sucher das spirituelle Leben nicht nur will, sondern das spirituelle Leben auch jeden Tag praktiziert, dann kann er über dem Gesetz des Karmas stehen, denn Gott durchströmt den ergebenen Kopf und das hingegebene Herz des Strebenden unweigerlich mit Seiner grenzenlosen Gnade. Wir können natürlich nicht fortwährend etwas Schlechtes tun und glauben, dass Gott uns immer vergeben wird. Nein. Aber wenn Gott einen seelenvollen Schrei sieht, der sich von innen her ausbreitet, wenn Er sieht, dass wir aufrichtig und strebsam sind und aus dem Netz der Unwissenheit befreit sein wollen, wird Er uns nicht nur vergeben, sondern auch die notwendige Kraft geben, den gleichen Fehler nicht noch einmal zu machen.

Wenn wir in unserer nächsten Inkarnation zurückkommen, bestimmt das Ergebnis unseres vergangenen Karmas den Startpunkt unserer Reise. Wenn wir vieles falsch gemacht haben, können wir nicht erwarten, in unserem nächsten Leben die höchste Wahrheit zu verwirklichen. Aber mit Gottes Gnade können wir leicht die falschen Dinge, die wir in diesem Leben bereits gemacht haben, neutralisieren.

Sri Chinmoy, Tod und Wiedergeburt, The Golden Shore GmbH, Nürnberg, 1999
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