Frage: Wie lehrst du uns zu meditieren?
Sri Chinmoy: Anleitungen zur Meditation müssen individuell gegeben werden. Nehmen wir an, ich habe zehn Schüler. Es stimmt, dass sie sich gemeinsam auf der Suche befinden. Vielleicht sind sie auch alle gemeinsam am selben Tag zu mir gekommen. Nun, im gewöhnlichen Leben sehen wir, wenn zehn Personen am selben Tag in die Schule eintreten und sich in einer Klasse befinden, dass der Lehrer allen denselben Unterricht erteilt. Nachdem der Unterricht vorbei ist, gehen die Schüler nach Hause und üben denselben Lernstoff als Hausaufgabe. Obwohl vielleicht ein Schüler viel besser ist als die anderen, werden alle auf die gleiche Weise behandelt.Im spirituellen Leben haben auch nicht alle denselben Standard. Einige sind Anfänger, andere sind schon weiter fortgeschritten. In der Schule hat der Lehrer vielleicht zehn Schüler mit unterschiedlichem Standard, aber leider muss er allen denselben Unterricht erteilen. Nun magst du behaupten, dass ich dies ebenfalls tue. Wenn ich hier bin, gebe ich Unterricht ab, halte Vorträge und beantworte Fragen. Dies ist die Art und Weise, wie ich euch lehre.
Doch am Morgen oder während des Tages, wenn ich auf jede einzelne Person, die ich als meinen Schüler betrachte, meditiere, gebe ich das Bewusstsein, das ich dir gebe, niemand anderem. Ich werde deiner Fähigkeit entsprechend in dein Inneres vordringen und du wirst gemäß deiner Empfänglichkeit von mir empfangen können. Ich motiviere und inspiriere jeden einzelnen Schüler gemäß der Akzeptanz, wie er mich annehmen kann, gemäß seiner Fähigkeit, das Licht zu empfangen, und gemäß seiner Fähigkeit, das Licht zu manifestieren. Dies mache ich nur, wenn jemand mein Schüler ist; Schüler anderer Meister müssen dafür zu ihren eigenen Meistern gehen. Äußerlich habe ich nur einigen wenigen Schülern Meditationsanleitungen gegeben; innerlich hingegen habe ich sie vielen, sehr vielen Schülern gegeben. Und wie vermittle ich diese Meditationsanleitungen? Ich dringe in jede Seele vor und sage ihr, was sie in ihrem äußeren Leben tun soll. Die Seele braucht einen Tag, zehn Tage, fünfzehn Tage oder drei Monate, um den physischen Verstand zu überzeugen, wie er meditieren soll und warum er meditieren soll.
Hätte ich nur wenige Schüler, so könnte ich heute dir eine besondere Meditation empfehlen und morgen einem anderen Schüler. Ich könnte auf diese Weise lehren. Doch wie sollte ich das bei so vielen Schülern bewerkstelligen? Es ist unmöglich. Daher muss ich in das Bewusstsein und in die Seele einer jeden Person vordringen und sehen, was dieser bestimmte Mensch am meisten braucht oder auf welche Weise er die in ihm liegende Göttlichkeit manifestieren will.
Wir sind alle Sucher. Deine Seele möchte vielleicht, dass du die Wahrheit durch Kraft verwirklichst und manifestierst. Mit Kraft meine ich die göttliche Kraft, nicht die menschliche Kraft, die zerstören, verwunden und töten möchte. Dein Sitznachbar wiederum möchte Gott vielleicht durch Liebe, Ergebenheit und Selbsthingabe manifestieren. Ich kann eine Meditation also erst dann vergeben, wenn ich weiß, was die Seele möchte. Ein spiritueller Meister weiß, was jede einzelne Seele braucht und will. Er sagt dann dem Einzelnen innerlich: „Folge dieser Regel.“ Äußerlich wird vielleicht nicht die Gelegenheit haben, es ihm mitzuteilen, aber innerlich sagt er: „Dies ist die Art und Weise, wie du die Wahrheit verwirklichen und manifestieren solltest.“
Der Meister muss also zum Bewusstsein oder zur Seele der Schüler vordringen und sie die individuelle Meditation lehren. Wenn die Schüler vor ihm sitzen, meditieren sie gemeinsam, doch jeder einzelne Schüler hat innerlich eine ganz andere Meditation. Ihr Standard ist unterschiedlich und niemand meditiert auf die gleiche Weise. Wir können eine Stunde oder zwei Wochen lang gemeinsam meditieren, doch die tägliche Meditation ist von enormer Bedeutung, denn du nährst deine Seele täglich auf besondere Weise. Deine Seele bekommt die Nahrung auf besondere Weise.