Frage: Guru, es fällt mir sehr schwer, an mich zu glauben. Wird sich mein Glaube entwickeln, wenn ich ein spirituelles Leben führe?

Sri Chinmoy: Ja. Sei dir bewusst, dass du Gottes Sohn bist und nicht Gottes Sklave. Wenn du Gott deinen Vater nennen darfst, kannst du sagen: „Mein Vater ist reich. Mein Vater ist eine bedeutende Persönlichkeit. Mein Vater ist gütig. Wenn er gütig ist, wird er auch zu mir gütig sein. Wenn er reich ist, wird er auch mir etwas von seinem Reichtum geben.“ Ein Sohn wird dieses Gefühl haben.

Empfindest du deine Beziehung zu Gott hingegen wie die eines Herrschers zu seinem Sklaven, wie sollst du dann an dich glauben können? Ein Sklave wird sagen: „Heute ist er mein Herr, aber schon morgen kann er mich hinauswerfen.“ Ein Sklave kann den Reichtum oder die Fähigkeiten seines Herrn niemals für sich beanspruchen, der Sohn hingegen schon. Ein kleines Kind mag erst sieben Jahre alt sein, aber es ist überzeugt davon, dass, wenn sein Vater reich, angesehen und gebildet ist, es seinen Besitz und diese Eigenschaften von ihm erben wird. Und der Vater wird sie ihm auch mit Freuden geben. Mit der Einstellung eines Sklaven hingegen würde es denken: „Ach, mein Herr will mich nur ausbeuten. Ich werde seinen Besitz und seine guten Eigenschaften nie für mich beanspruchen können.“

Wenn du also an dich glauben willst, musst du dir zuerst darüber klar werden, welche Art von innerer Verbindung oder Beziehung du zu deinem Inneren Führer hergestellt hast. Wenn es sich um eine Beziehung wie zwischen Vater bzw. Mutter und Sohn, oder Liebhaber und Geliebtem, oder um eine Beziehung zwischen zwei sehr engen Freuden handelt, kannst du alles von Gott erwarten. Gelingt es dir hingegen nicht, diese Art der süßen Einheit mit Gott herzustellen, wie willst du dann Vertrauen haben? Wenn du denkst: „Gott ist so fern; Er ist der über allem erhabene Gott und ich bin nur eine unbedeutende Kreatur“, dann fehlt das Gefühl des Einsseins. Wenn du dich als winzige Ameise siehst und Gott als riesigen Elefanten, wirst du natürlich sagen: „O weh, wie soll ich je so viel Kraft und solche Fähigkeiten erlangen können? Ich bin doch so schwach und unbedeutend!“

Stellst du dir Gott aber als jemanden vor, der mehr als bereit ist, dir alles zu geben, was Er hat, so wirst du fühlen: „Wenn die Zeit reif ist und ich sie brauche, wird mir die Kraft des Elefanten zuteil werden.“ Wenn du dieses Gefühl entwickelt hast und fühlst, dass dir der Vater alles, was du brauchst, geben wird, wirst du wie von selbst Glauben haben.

Wenn du Glauben an dich hast, wirst du sagen: „Wie kann ich etwas Ungöttliches tun? Ich bin Gottes Sohn. Wie kann ich mich mit der Unwissenheit abgeben? Das ist unter meiner Würde.“ Auf diese Weise wirst du rasch zu deiner wahren Göttlichkeit finden. Versuche daher in deinem spirituellen Leben dein Einssein mit Gott als etwas äußerst Süßes, Reines und Erfüllendes zu empfinden. Dann wirst du von allein Glauben entwickeln. Wenn du fühlst: „Er gehört mir; ich gehöre Ihm“, wirst du reichlich Glauben an dich haben.

Sri Chinmoy, Vollkommenheit und Transzendenz, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2008
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