Frage: Ich glaube, dass wir uns jeden Tag hingeben müssen. Ein Tag allein reicht nicht aus. Ist das richtig?

Sri Chinmoy: Das ist vollkommen richtig. Wir müssen uns jeden Tag von neuem hingeben. Und ich möchte betonen, dass diese Hingabe nicht nur jeden Tag, sondern jede Stunde, jede Minute und jede Sekunde gelebt werden muss. Jede Sekunde müssen wir unsere Hingabe erneuern. Wenn wir das nicht tun, mögen wir uns vielleicht früh am Morgen Gott hingeben; während des Tages jedoch, wenn wir schlechte, entmutigende Nachrichten erhalten, kann es sein, dass wir uns plötzlich völlig gegen Gott wenden. Am Morgen fühlen wir, dass Gott gnädig ist; darum können wir uns Ihm hingeben. Während des Tages jedoch passieren vielleicht einige negative Dinge. Dann bezeichnen wir Gott als das Schlimmste aller Geschöpfe und verweigern Ihm unsere Hingabe. In einem Moment sind wir mit Gott zufrieden und sagen: „Gott, ich gebe mich Dir hin.“ Aber schon im nächsten Moment denken wir: „Jetzt muss ich mich schon wieder hingeben. Wie soll ich das nur tun?“

Ob wir nun lesen, essen, kochen oder uns unterhalten – in jedem Augenblick sollten wir fühlen, dass wir uns im Schoße Gottes, des Supreme, befinden. Ein Kind hat im Schoß der Mutter das Gefühl, vollkommen zu sein. Solange es im Schoß der Mutter ist, liegt es in der Verantwortung der Mutter, für das Kind zu sorgen. Genauso solltest du im spirituellen Leben fühlen, dass du dich im Schoß des Supreme befindest.

Niemand kann vierundzwanzig Stunden am Tag jede Sekunde meditieren. Niemand kann vierundzwanzig Stunden am Tag sagen: „Ich gebe mich hin.“ Aber wir können ständig in unserem Geist oder in unserer Vorstellung den Gedanken hegen, uns im Schoß des Supreme zu befinden. Wir brauchen es uns nur vorzustellen, und diese Vorstellung allein wird das Wunder bewirken, unsere Hingabe dauerhaft zu machen. Nur tun wir das leider nicht. Wir meditieren vielleicht eine halbe oder ganze Stunde und anschließend zehn Stunden nicht mehr. Am Abend meditieren wir dann wieder. Aber inzwischen sind sehr viele Probleme in unser Leben getreten. Wer gestattet all diesen Problemen, in unser Leben zu kommen? Wir selbst, weil wir zwischen unserer ersten und unserer zweiten Meditation einen so großen Abstand lassen. Das können wir leicht vermeiden, wenn wir fühlen können, dass wir ständig im Schoß des Supreme sitzen.

Sri Chinmoy, Vollkommenheit und Transzendenz, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2008
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