FEHLER, DIE WIR WÄHREND DES BETENS BEGEHEN

Um Spannungen während des Meditierens oder Betens zu verhindern, sollten wir versuchen unsere ganze Aufmerksamkeit auf das Herz zu richten und nicht auf den Verstand. Zuerst sollten wir versuchen unsere Quelle im Herzen zu sehen. Von dort werden wir ein Fließen spüren, das sich entweder nach oben oder nach unten bewegt. Wir sollten versuchen das Fließen zu steuern, so dass es sich vom Herzen aus nach oben bewegt. Dieses Fließen, welches göttliche Gnade ist, ist wie Wasser. Wenn wir beten oder meditieren, sollten wir fühlen, dass wir im Inneren graben. Natürlich wird das all-nährende Wasser hervorquellen, da dieses Wasser von seiner unendlichen Quelle gespeist wird: Gott.

Anstrengung und intensives Beten sind zwei verschiedene Dinge. Wir können intensiv beten, ohne unsere Nerven anzustrengen. In einem Gebet kann größte Intensität liegen, Intensität ist jedoch nicht das Gleiche wie Anstrengung. Wenn wir uns anstrengen, machen wir uns vollkommen starr. Die Anstrengung muss nicht unbedingt in den Armen oder Beinen sein; sie kann auch in der Umgebung der Nase oder der Stirn sein, so als ob wir bewusst und absichtlich unsere Stirn runzeln würden.

Wenn wir mit geschlossenen Augen beten und manchmal einige Sekunden lang einschlafen, ist das nicht schlimm. Wenn wir eine halbe Stunde lang gebetet und meditiert haben und dann eine Sekunde lang schlafen, sollten wir fühlen, dass wir nicht wirklich schlafen, sondern uns nur eine friedvolle Pause gestatten. Doch wenn unser Gebet nur ein kurzes Gebet und ein langes Nickerchen ist, dann ist diese Art von Gebet nutzlos. Wenn wir die Angewohnheit haben oft einzuschlafen, dann ist unser Gebet kein Gebet. In diesem Fall sollten wir mit geöffneten Augen beten.

Wir wissen, dass Reinheit in einem engen Verhältnis mit der Gottsuche steht. Wenn wir uns jeden Tag duschen, erhalten wir ein Gefühl der Sauberkeit und wenn wir tief ins Innere der Sauberkeit gehen, erhalten wir ein Gefühl der Reinheit. Was ist wirkliche Reinheit? Wirkliche Reinheit ist ein innerer Altar, ein unablässiges Erinnern an Gott in uns. Wir beginnen damit, dass wir uns die Hände, das Gesicht und unseren Körper waschen, weil uns äußere Sauberkeit beträchtlich hilft. Sie überzeugt unseren Verstand, dass wir in ein Leben der Reinheit eintreten und sie gibt uns eine subtile Schwingung, die wir ansonsten nicht hätten.

Für ein wirkliches Gebet sind sowohl äußere Disziplin als auch innere Disziplin erforderlich. Wenn wir fünf Minuten beten wollen, gibt es viele Dinge, die wir beachten müssen. Wir müssen still sitzen, wir müssen unseren Rücken gerade halten, wir müssen unsere Gedanken kontrollieren und so weiter. Doch die Zeit wird kommen, wenn wir in der Lage sein werden, selbst im Liegen zu beten. Wenn wir jedoch als Anfänger im Liegen beten wollen, werden wir nur in die Welt des Schlafes eintreten. Wenn wir fortgeschritten sind, können wir alles tun, was wir wollen.

Wenn unser Gebet und unsere Meditation ungezwungen sind, das heißt ohne bestimmte äußere Form sind, bedeutet das nicht, dass sie schlecht sind. Doch am Anfang unseres spirituellen Lebens werden wir von etwas Formlosen keine Intensität er- halten. Wenn wir uns zwanglos über etwas unterhalten oder uns zwanglos mit jemandem treffen, mag uns das Vergnügen bereiten, aber es liegt keine Intensität darin. Nur wenn wir Intensität besitzen, werden wir wirkliche Freude erhalten. Zwanglose Dinge, besonders wenn es innere Dinge sind, werden automatisch losgelöst sein, weil sie keinen Mittelpunkt finden, keine Energie, nichts, das ihnen helfen würde, für eine längere Zeit zu bleiben. Es ist kein fortbestehendes Leben in ihnen. Die Form des Rituals gibt ihnen ein festes Fundament, auf dem sie ruhen.

Diese so genannten Rituale sind zu Beginn von höchster Notwendigkeit, weil der physische Verstand überzeugt werden muss. Der Tag wird anbrechen, an dem das Physische vollkommen überzeugt sein wird. Dann wird der Sucher direkt mit der Seele verkehren und Teil des Bewusstseins der Seele werden. Zu dem Zeitpunkt werden wir keine Rituale mehr benötigen. Wenn Intensität vorhanden ist, können wir die Quelle und das Ziel sehen. Intensität ist wie eine Kugel, die mit einer positiven Kraft und Bestimmung von diesem zu jenem Ort geht. Ohne Intensität kann unser Gebet sein Ziel nicht erreichen. Beim Beten ist es das Beste, sehr formell und systematisch vorzugehen, eine Absicht zu haben und eine Vorgehensweise. Aber wir sollten uns auch der Gefahr bewusst sein, dass das Gebet leicht mechanisch werden kann, wenn es zu formell wird.

Sri Chinmoy, Gebetswelt, Mantrawelt, Japawelt, The Golden Shore Verlagsges.mbH, 2018
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