Teil V — Schüler und Center

Frage: Warum nimmst du nicht jeden an, der dein Schüler werden will?

Sri Chinmoy: Es gibt Meister, die sich eine große Zahl von Schülern wünschen und jeden annehmen, der ihrem Pfad folgen will. Aber ich bin sehr strikt. Ich habe kein Interesse daran, eine große Zahl von Schülern zu haben; mich interessiert allein die Aufrichtigkeit und die Strebsamkeit meiner Schüler. Ich akzeptiere auch keine Drogenabhängige, Alkoholiker oder Hippies. Nicht dass ich diese Leute nicht mag, aber sie suchen eine andere Art von Glück, als ich ihnen bieten kann. Ich habe mich selbst mit dem Hippie-Bewusstsein, mit dem Bewusstsein des Alkoholikers und des Drogenabhängigen identifiziert und weiß daher, was in ihnen steckt. Ich bezweifle ihr Streben nicht, nur hungern sie nach etwas, das ich nicht habe. Wie kann ich sie betrügen und sagen: „Kommt zu mir, und ich werde euch geben, was ihr wollt?“

Wir haben in unserem New York Centre vier oder fünf Schüler, die einst drogenabhängig waren. Sie haben mir ein Bild geschickt, und ich sagte ihnen: „Wenn ihr zwei Monate lang ohne Drogen leben könnt, werde ich euch annehmen.“ Sie taten es und haben sich nun für immer geändert. In ihrem Fall sah ich, dass ihr inneres Streben stärker war als ihr Drogenproblem, und sie haben mir bewiesen, dass ich recht hatte. Aber die meisten dieser Leute – neunundneunzig von hundert – leben in der Welt der Selbsttäuschung und der Flucht. Wir kümmern uns um die Wirklichkeit, die Gott geschaffen hat, aber sie schaffen sich unglücklicherweise ihre eigene Wirklichkeit, die völlig falsch ist.

All die Leute, die ich nicht als meine Schüler annehme, sind auch Gottes Kinder, und Gott kümmert sich um sie viel besser, als wir es uns vorstellen können. Aber ich bin nicht dazu qualifiziert, sie zu lehren. Um ganz offen zu sein: Ich bin dazu nicht fähig. Ich bin nicht kompetent, ich bin nicht bereit und ich habe keine Zeit dazu. Es gibt viele Leute, denen ich helfen kann, und ich fühle, dass meine Zeit wie die aller anderen wertvoll ist. Gott hat mich gesandt, um jenen zu helfen, die für mein Boot bestimmt sind und denen zu helfen ich in der Lage bin.

Wenn ich dich nicht annehme, dann glaube bitte nicht, dass du nicht für das spirituelle Leben bestimmt bist. Nein. Du magst enorme Strebsamkeit haben, und ich mag mit dir sehr zufrieden sein, aber als aufrichtiger Mensch muss ich dir sagen, dass du meiner Meinung nach am schnellsten vorwärts kommst, wenn du einem anderen Pfad folgst. Und Gott, der mein Vater und dein Vater ist, wird nicht mit mir zufrieden sein, wenn ich zehn Millionen Schüler annehme, die nicht in mein Boot passen, den Fortschritt von anderen im Boot verlangsamen und das Boot zum Kentern bringen. Nein! Er wird nur dann mit mir zufrieden sein, wenn ich jene mitnehme, die für mich bestimmt sind und den anderen sage, dass sie zu jemand anderem gehören. Ich gebe keine Namen von anderen Meistern, weil ich vom Schüler und vom Meister leicht missverstanden werden könnte. Aber soviel kann ich sagen: Wenn du das Gefühl habt, du bist nicht für meinen Pfad bestimmt, dann bist du sicher für einen anderen Pfad bestimmt. Viele Wege führen zum Ziel, und jeder Strebende muss einen Weg einschlagen. Jene, die nicht für meinen Pfad bestimmt sind, tun das Richtige, wenn sie einen anderen Weg gehen, und wir tun das Richtige auf unserem eigenen Weg, und zwar auf die Weise, die Gott will.

Sri Chinmoy, Primer, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2020
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