Okkulte Kräfte

Es gibt höhere Okkultisten und niedere Okkultisten. Die niederen Okkultisten kämpfen in der vitalen Welt um okkulte Kraft. So wie Menschen in der äußeren Welt um Macht kämpfen, so kämpfen unerleuchtete Okkultisten in der inneren Welt, der vitalen Welt, ebenfalls um Macht. Wenn ein Okkultist fest schläft, kann ein anderer kommen, ihn okkult angreifen und versuchen, ihm seine okkulte Kraft wegzunehmen. Das ist einst einem meiner Onkel mütterlicherseits passiert. Zum Glück war mein Onkel stärker als der Okkultist, der ihn angriff, und er besiegte ihn.

Doch die höheren, die spirituellen Okkultisten, würden so etwas nie tun. So verhält es sich auch mit spirituellen Meistern, den wirklichen Yogis. Wenn sie okkulte Kräfte besitzen, versuchen sie nicht andere spirituelle Meister anzugreifen oder zu besiegen, um damit ihr okkulte Macht zu vergrößern.

Allerdings nehmen spirituelle Meister manchmal unklugen Suchern okkulte Kraft weg. Manchmal sehen sie, dass ein Sucher im Grunde aufrichtig ist, doch er hat ein wenig okkulte Kraft erlangt und ist dabei, sie zu missbrauchen. Aus ihrem unendlichen Mitgefühl heraus können die Meister dann solchen unglücklichen Suchern ihre okkulte Kraft wieder wegnehmen, damit sie wieder zu ihrem spirituellen Leben zurückfinden und die höchste Wahrheit verwirklichen. Wenn die Zeit reif ist und die Sucher bereit sind, ihre okkulte Kräfte weise zu gebrauchen, geben die Meister sie wieder zurück.

Bei mindestens einer Gelegenheit nahm Sri Ramakrishna auf die ausdrückliche Anweisung von Mutter Kali einer oder zwei Personen ihre okkulte Kraft weg. Sri Ramakrishna brauchte ihre okkulte Kraft nicht, denn er besaß selbst okkulte Kraft in grenzenlosem Maß. Er nahm diesen Suchern diese Kraft nur zu ihrem eigenen spirituellen Wohl weg. Diese Sucher waren im Grunde aufrichtig. Sie hatten die Fähigkeit, nach der höchsten Wahrheit zu schreien, doch sie wurden durch ihre okkulte Kraft abgelenkt und schenkten ihrem wirklichen spirituellen Leben keine Aufmerksamkeit mehr.

Im Falle eines anderen spirituellen Meisters begannen er und sein jüngerer Bruder fast zur selben Zeit mit Yoga. Doch als der ältere Bruder eine Shakti annahm, die ihm bei seiner spirituellen Arbeit helfen sollte, verließ ihn der jüngere Bruder und gründete einen eigenen Ashram. Er besaß auch ein wenig okkulte Kraft, doch als er begann, sie zu missbrauchen, nahm sie ihm sein älterer Bruder weg. Nun schrieb der jüngere Bruder flehentliche Briefe an seinen älteren Bruder und klagte: „Ich weiß, dass du unendlich viel mehr okkulte Kraft besitzt als ich. Warum hast du mir dann das bisschen okkulte Kraft, das ich habe, weggenommen?“ Doch der ältere Bruder antwortete: „Ich habe es zu deinem eigenen spirituellen Wohl getan. Auch wenn du mich verlassen hast, habe ich immer noch grenzenlose Anteil-nahme für dein spirituelles Leben. Ich will, dass du das Höchste verwirklichst. Ich möchte nicht, dass du deine Zeit damit verschwendest, mit deiner okkulten Kraft anzugeben und dadurch deine ganze Spiritualität und all deine göttlichen Möglichkeiten zu verlieren.“

Sri Chinmoy, Kundalini - die Kraft der göttlichen Mutter, The Golden Shore Verlagsges. mbH, Nürnberg, 2018
Übersetzungen dieser Seite: Russian , Italian , Slovak , Czech , Spanish
Diese Seite kann zitiert werden unter Verwendung des Zitierschlüssels kmp 9