Frage: Können wir eigentlich erkennen, ob eine Botschaft vom Herzen kommt?

Sri Chinmoy: Du magst annehmen, eine Botschaft komme von deinem Herzen, doch direkt neben dem Herzen befindet sich dein Vitales. Das spirituelle Herz liegt nicht in der Mitte der Brust, sondern etwas rechts davon, während sich das Vitale auf der linken Seite befindet. Es kann das dynamische Vitale sein; es kann das emotionale Vitale sein. Das Vitale ist so irreführend. Es schwebt um das Herz herum und hält dich zum Narren. Und wenn sich das Vitale dem Verstand nähert, erhält es von dort Nahrung. Der Verstand versorgt das Vitale mit einem äußert köstlichem Ermutigungs-Mahl, denn er will mit dessen Hilfe das Herz besiegen. Er versucht auf Biegen und Brechen, die göttlichen Impulse des Herzens zu Fall zu bringen.

Das spirituelle Herz wird vom Verstand bekämpft und von dem Vitalen betrogen. Die meisten Menschen verwechseln das emotionale Vitale mit dem strebenden Herzen und glauben, es sei so leuchtend, so erhaben, so subtil, so rein. Nur spirituelle Meister, die Gott verwirklicht haben, sind in der Lage, stets die wahre innere Stimme zu erkennen. Ansonsten lässt uns die innere Stimme, die einen bestimmten Ursprung hat, fühlen, dass sie von wo anders herkommt.

Auch jene Stimme, die nicht vom Vitalen sondern vom Verstand kommt, wird von den Menschen sehr oft für die innere Stimme gehalten. Der Verstand spricht und gleichzeitig hört der Verstand auch zu. Während der Verstand zuhört, beeinflusst er jedoch den Körper, das Vitale und auch das Herz. Ich hatte einige Schüler, die im festen Glauben waren, sie hätten innere Botschaften erhalten, während sie auf mein Bild meditierten. Sie bestanden darauf, dass diese Botschaften, die von meinem Bild stammten, höher oder authentischer seien, als jene Botschaften, die ich ihnen direkt auf der physischen Ebene, von Angesicht zu Angesicht gab. Das ist die Dumm­­heit des menschlichen Verstandes.

Sri Aurobindo hatte einen Schüler, der kurz vor der Verwirklichung stand. Er stammte wie ich aus Chittagong. Als er begann innere Botschaften zu erhalten, sagte Sri Auro­bindo zu ihm persönlich: „Nein, diese Botschaften kommen von deinem Vitalen, von deinem Verstand. Es sind falsche Kräfte.“ Der Schüler erwiderte: „O nein, du bist in einer solch leuchtenden Form zu mir gekommen und sagtest mir dieses und jenes.“ Sri Aurobindo antwortete: „Wenn ich dein Guru bin, wieso hörst du dann nicht auf mich? Höre einfach auf das, was ich dir persönlich mitteile und schaue nicht auf mein Bild. Wenn du zwischen meinem Bild und mir selbst wählen müsstest, wie würdest du dich entscheiden? Höre wenigstens so lange noch auf mich, wie ich mich noch auf der Erde befinde.“ Doch der Schüler erwiderte: „Nein, wenn ich dein Bild be­trachte, dann stellen sich hohe Erfahrungen ein.“ Sri Auro­bindo sagte ihm, dass es nur mentale Halluzinationen sind, doch er hörte nicht auf ihn. Anstatt Gott zu verwirklichen, wurde er von den falschen Kräften gefangen genommen, die ihn zum Narren hielten.

Ich sage all meinen Schülern, wenn ihr euch als meine Schüler betrachtet, dann hört bitte auf mich und nicht auf mein Bild, falls ihr zwei verschiedene Antworten erhalten solltet. Das Bild hat nicht mich erschaffen, ich habe das Bild erschaffen. Wenn ich euch äußerlich etwas mitteile, so ist es das, woran ihr euch halten solltet. Hört auf die Botschaften, die meinen Mund verlassen, wenn diese anders sein sollten, als jene Botschaften, die ihr von meinem Bild zu erhalten glaubt.

Sri Chinmoy, Sri Chinmoy antwortet, Teil 5, The Golden Shore Verlagsges.mbH, Nürnberg, 2004
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